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Gesundheitsmagazin

Herz & Kreislauf

Herzstolpern – wenn das Herz aus dem Takt gerät

Veröffentlicht am:10.06.2022

5 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 05.09.2023

Betroffene nehmen Herzstolpern als unregelmäßigen Herzschlag wahr. Manche sind besorgt, weil es ihnen vorkommt, als würde ihr Herz kurz aussetzen. Welche Ursachen Herzstolpern hat und warum meist kein Grund zur Sorge besteht, verrät ein Experte.

Eine ältere Frau auf einem Sofa verspürt ein Herzstolpern und fasst sich an die Brust.

© iStock / dragana991

Herzstolpern ist ein weitverbreitetes Phänomen. Dabei kommt es zu zusätzlichen Herzschlägen, die den Herzrhythmus kurz aus dem Takt bringen.

Porträt von Prof. Dr. Frank Breuckmann, Kardiologe und Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie an der Klinik Kitzinger Land.

© Olaf Nitz

Prof. Dr. Frank Breuckmann, Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie an der Klinik Kitzinger Land, erklärt im Interview, wieso es auch bei Gesunden zu Herzstolpern kommen kann und erläutert, bei welchen Anzeichen man unbedingt eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen sollte.

Herzstolpern: Begriffsklärung und Symptome

Was ist Herzstolpern?

In der Regel spüren wir unseren Herzschlag nicht, aber beim Herzstolpern schon. Herzstolpern ist häufig und bezeichnet im Wesentlichen das Auftreten von Extraschlägen des Herzens. In der Fachsprache werden diese Schläge Extrasystolen genannt. Bei manchen Patienten ist dies völlig asymptomatisch, das heißt, es gibt keine erkennbaren Symptome. Herzstolpern kann dann ein Zufallsbefund sein, zum Beispiel im Rahmen eines Routine-Elektrokardiogramms (EKGs) oder einer Blutdruckmessung. Andere Patienten erleben diese „Hüpfer“ oder Aussetzer als störend oder beängstigend. In aller Regel ist einfaches Herzstolpern jedoch ungefährlich.

Wie kann sich Herzstolpern bei mir bemerkbar machen?

Menschen, die Herzstolpern tatsächlich spüren, berichten über einzelne Extraschläge, kurze Phasen von unregelmäßigem Puls, Schlagen des Herzens bis „in den Hals“ oder ein Stocken, mit dem Gefühl, Luft holen zu müssen. Meist ist dies nur kurz anhaltend oder betrifft nur einzelne Herzschläge. Häufige und/oder längere Phasen bedürfen der weiteren Abklärung.

„In aller Regel ist einfaches Herzstolpern ungefährlich.“

Prof. Dr. Frank Breuckmann
Kardiologe und Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie an der Klinik Kitzinger Land

Ursachen und Risikofaktoren für Herzstolpern

Wie kommt es zu Extrasystolen?

Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Extraschläge können in verschiedenen Teilen des Herzens entstehen. Dies können zum einen die Vorhöfe, zum anderen die Herzkammern sein. Solange es bei einzelnen Extrasystolen bleibt, ist die Ursache meist harmlos – ungeachtet des Ursprungs. Sind die Episoden häufiger oder anhaltend, halten wir Kardiologen eher die ventrikulären Extraschläge, das sind die Extraschläge, die aus den Kammern herrühren, für bedenklich.

Auf welche Krankheiten kann Herzstolpern hinweisen?

Auch wenn sich im Rahmen einer Abklärung meist kein besorgniserregender Befund finden lässt, kann Herzstolpern – wenn es episodenhaft, anhaltend, bewusstseins- oder kreislaufbeeinträchtigend auftritt – auch erstes Symptom oder Warnzeichen ernsterer Erkrankungen sein. Sollte eine organische Ursache dahinterstehen, können Herzrhythmusstörungen, sogenannte Arrhythmien, ausgelöst werden: zum Beispiel durch Durchblutungsstörungen des Herzens, Entzündungen des Herzens, Herzklappenfehler oder eine Herzmuskelschwäche. Erkrankungen des Stoffwechsels und der Schilddrüse oder anderer Organe sind seltener ursächlich.

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Gibt es Risikofaktoren für Herzstolpern wie Alter oder Geschlecht?

Sollte eine organische Ursache hinter den Beschwerden stehen, ist höheres Lebensalter sicherlich ein Risikofaktor. Das heißt aber nicht, dass das Alter selbst schon ein Risikofaktor für Herzstolpern ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Geschlecht. Auch hier können spezifische Situationen, wie zum Beispiel hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren der Frau, ein Risikofaktor für das Auftreten von Herzstolpern sein. Weibliches Geschlecht an sich stellt jedoch keinen dominanten Risikofaktor dar.

Kann Herzstolpern mit meiner Lebensweise zusammenhängen?

Herzstolpern kann sicherlich durch bestimmte Lebensweisen provoziert werden. Zum Beispiel fördern anregende Substanzen das Auftreten von Extraschlägen – dies kann sich vom Koffein über Nikotin und Alkohol bis hin zu anregenden Drogen erstrecken. Aber auch psychischer Stress und Schlafmangel können das Herz aus dem Takt bringen.

Gibt es Medikamente, die als Nebenwirkung Herzstolpern begünstigen?

Eine Reihe von Medikamenten kann Herzstolpern begünstigen. Dies können zum Beispiel kortisonhaltige Medikamente, Asthmasprays, Entwässerungstabletten oder Schilddrüsenmedikamente sein. Selbst Medikamente, die wir gegen Herzrhythmusstörungen einsetzen, können Rhythmusstörungen und Herzstolpern auslösen. Es empfiehlt sich, dies anhand der Medikamentenverordnungstabelle von einem Arzt individuell prüfen zu lassen.

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Bei einem jungen Mann wird von einer Ärztin in einer Praxis ein EKG durchgeführt.

© iStock / Tashi-Delek

Bei anhaltendem Herzstolpern ist ein EKG zur Klärung hilfreich.

Wann Herzstolpern harmlos ist und wann ich zum Arzt gehen sollte

Kann selbst dauerhaftes Herzstolpern unbedenklich sein?

Wenn keine Krankheit dahintersteht und keine Beeinträchtigungen im täglichen Leben bestehen, kann auch dauerhaftes Herzstolpern unbedenklich sein. Meist hilft es, den Patienten Ängste zu nehmen – das Herz bleibt nicht komplett stehen. Sport und Entspannungstechniken können helfen. Außerdem sind die klaren, bereits genannten Begünstiger zu meiden.

Bei welchen Anzeichen sollte man eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen?

Hierzu eines vorweg: Generell ist es für Ärzte schwierig, Herzstolpern objektiv einzuordnen, da zum konkreten Zeitpunkt des Arztbesuchs oftmals gerade keine Beschwerden auftreten. Ein Arzt ist aber unbedingt aufzusuchen, wenn das Herzstolpern anhaltend auftritt oder mit Brustschmerzen, Atemnot, Schwindel oder Ohnmachtsanfällen einhergeht. Bei Unsicherheiten lohnt sich immer, ein EKG und gegebenenfalls ein Langzeit-EKG als Erstmaßnahme schreiben zu lassen. Dabei werden die elektrischen Herzströme, die den Herzschlag regeln, gemessen und grafisch als Kurven dargestellt. Nach der Anamnese, also der Klärung der medizinischen Vorgeschichte im Patientengespräch, und entsprechend dem Stromlinienverlauf des EKGs entscheidet sich dann, ob und inwieweit eine weitere kardiologische Abklärung notwendig wird.

„Ein Arzt ist unbedingt aufzusuchen, wenn das Herzstolpern anhaltend auftritt oder mit Brustschmerzen, Atemnot, Schwindel oder Ohnmachtsanfällen einhergeht.“

Prof. Dr. Frank Breuckmann
Kardiologe und Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie an der Klinik Kitzinger Land

Zwischen harmlosem Herzstolpern und ernster Arrhythmie zu unterscheiden kann also schwerfallen?

Zumindest ist es ohne EKG-Dokumentation schwierig, hier eine genaue Abgrenzung vorzunehmen. Sollten Risikofaktoren in der Anamnese, der körperlichen Untersuchung, im Ruhe-EKG oder den Laboruntersuchungen auftauchen, sogenannte Red Flags, empfiehlt sich die genauere Diagnostik. Dabei zielt die Diagnostik darauf ab, behandelbare Ursachen der Arrhythmien zu identifizieren und gezielt zu behandeln. Jede Art der Dokumentation hilft uns Medizinern. Nicht selten werden mittlerweile EKGs, die Smartwatches liefern, in die Entscheidungsfindung miteinbezogen.

Folgeerkrankungen sind bei unregelmäßigem Herzschlag selten

Gibt es Folgeerkrankungen von Herzstolpern?

Je nachdem ob eine Grunderkrankung hinter dem Herzstolpern steht, kann Herzstolpern zwar mehr oder weniger schlimm sein, aber echte Herzfolgeerkrankungen von einfachen Extraschlägen sind extrem selten und vielmehr psychosomatisch zu finden. Nur in seltenen Fällen – wenn das Herz längere Zeit, komplex und anhaltend aus dem Takt gerät – können ernsthafte Folgeerkrankungen wie Herzmuskelschwäche begünstigt werden. Sollte es im Kontext des Herzstolperns zu Vorhofflimmern kommen, das ist eine häufige Form von Herzrhythmusstörungen, kann das Schlaganfallrisiko erhöht sein.

„Herzfolgeerkrankungen von einfachen Extraschlägen sind extrem selten.“

Prof. Dr. Frank Breuckmann
Kardiologe und Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie an der Klinik Kitzinger Land

Welche Behandlungsformen gibt es?

Sollte es sich am Ende herausstellen, dass es sich um die gängigen harmlosen Extraschläge handelt, ist eine spezifische medikamentöse Therapie in aller Regel nicht nötig. Manchmal kann zumindest übergangsweise eine medikamentöse Unterstützung hilfreich sein (zum Beispiel durch einen Betablocker). Aber nur bei ernsthaften Rhythmusstörungen – also bei Rhythmusstörungen, die über das vereinzelte Herzstolpern hinausgehen – kann eine spezifische medikamentöse Therapie notwendig werden. Auch Verödungstherapien können hierbei zum Einsatz kommen. Dies wird alles während der Abklärungsuntersuchungen eruiert und im Rahmen der Festlegung des Behandlungsplans besprochen. Erfreulicherweise wird dies die allermeisten Patienten mit einfachem Herzstolpern jedoch nicht betreffen.

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