Herz & Kreislauf
Ist Sex gefährlich für das Herz?
Veröffentlicht am:01.03.2023
4 Minuten Lesedauer
Unsicherheit führt bei vielen Herzpatienten zu sexueller Enthaltsamkeit. Das kann die Partnerschaft belasten und ist aus medizinischer Sicht meist gar nicht nötig – ganz im Gegenteil. So genießen Sie Ihr Liebesleben sorgenfrei.
Inhalte im Überblick
Sex ist gut für Herz und Kreislauf
Viele Menschen mit Herzerkrankungen wie Vorhofflimmern oder einer Herzrythmusstörung sind sich unsicher, wie viel Sexualität sie sich zutrauen dürfen. Eine US-Studie ergab, dass jeder zweite Mann und 60 von 100 Frauen ihre sexuellen Aktivitäten nach einem Herzinfarkt zurückfahren. Jeder zehnte Patient beider Geschlechter verzichtete danach komplett auf Sex. Aus medizinischer Sicht wäre das aber gar nicht nötig: Experten sind sich einig, dass die gesundheitlichen Risiken durch Sex verschwindend gering sind. Im Gegenteil: Herzpatienten, die sexuell aktiv sind, fühlen sich fitter, selbstsicherer, weniger gestresst und glücklicher in ihrer Partnerschaft.
Alle Fragen zum „Wie lange?“, „Wie oft?“ und „Wie überhaupt?“ kann Ihr behandelnder Arzt oder Ihre Ärztin am besten beantworten. Zugegeben – viele Ärzte sprechen das Thema Sexualität von sich aus nicht unbedingt an. Scham ist hier trotzdem nicht angebracht. Es geht schließlich um Ihr Wohlbefinden und Ihre Partnerschaft. Also ergreifen Sie einfach die Initiative bei Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin und fragen Sie nach. Um den Einstieg zu erleichtern, haben wir häufige Fragen schon mal für Sie beantwortet.
Wie lange sollte ich nach einem Infarkt warten, bis ich wieder Sex habe?
Diese Frage kann Ihnen nur Ihr Arzt oder Ihre Ärztin genau beantworten. In der Regel sind nach einem leichten Herzinfarkt zehn bis 14 Tage Pause angebracht. Nach einer Operation am Herzen sollten Sie sich etwa sechs bis acht Wochen in Enthaltsamkeit üben. Ein Belastungs-EKG kann Aufschluss darüber geben, ob Ihr Körper sich ausreichend erholt hat.
Wie hoch ist das Risiko für einen Herzinfarkt beim Sex?
Tatsächlich schätzen Experten und Expertinnen das Risiko für einen Herzinfarkt beim Sex als sehr gering ein. Das bestätigt unter anderem eine Untersuchung der Universität Ulm an über 500 Infarktpatienten: Nur drei von ihnen hatten eine Stunde vor dem Vorfall Sex. Zudem ist unklar, ob es der Sex war, der den Infarkt ausgelöst hat.
Die körperliche Belastung beim Sex wird sehr häufig überschätzt. Bei den meisten Paaren steigt der Puls nicht über 130 Schläge pro Minute, der Blutdruck nicht über 170 mmHg. Vorausgesetzt, der Gesundheitszustand ist stabil, kann daher das Liebesleben durchaus genossen werden. Eine Faustregel lautet: Wer zwei Stockwerke Treppen steigen kann, ohne Atemnot oder Seitenstechen zu bekommen, ist auch gesund genug für Sex.
Gibt es Stellungen, die ich meiden sollte?
Solange Sie keine Beschwerden haben, dürfen Sie beim Sex alles ausprobieren, was Ihnen gefällt. Wenn Sie unsicher sind, können Sie sich langsam herantasten, mit weniger anstrengenden Stellungen beginnen und Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner erst einmal die aktive Rolle überlassen. Vor allem, wenn es krankheitsbedingt eine längere „Bett-Pause“ gab, sollten Sie sich Zeit nehmen, um sich wieder aufeinander einzustimmen. Wichtiger als die Wahl der Stellung ist, dass Sie mit Ihrem Gegenüber offen sprechen.
Wann sollte ich lieber auf Sex verzichten?
Menschen mit fortgeschrittener Herzschwäche (NYHA-Klasse III) oder einer instabilen Herzerkrankung sollten sich von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin grünes Licht geben lassen und bis dahin auf den Liebesakt verzichten. Das heißt aber nicht, dass Sie in dieser Zeit völlig enthaltsam sein müssen. Auch Kuscheln, Küssen und zärtliche Berührungen schaffen Intimität und werden von vielen Menschen als befriedigend empfunden. Tauschen Sie sich mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner darüber aus, welche Formen der Sexualität Sie beide sich wünschen.
Was mache ich, wenn ich beim Sex Herzrasen oder Brustschmerzen bekomme?
Treten während des Verkehrs Beschwerden wie Atemnot, Brustschmerzen oder Herzrasen auf, sollten Sie den Sex unterbrechen und ggf. Ihr Nitrospray einnehmen. Klingen die Beschwerden nach spätestens 20 Minuten nicht ab, sollten Sie den Notruf wählen. Wenn Sie einen Defibrillator tragen, besteht übrigens keine Gefahr für Ihre Partnerin oder Ihren Partner. Wenn das Gerät Stromimpulse abgibt, werden die Menschen in Ihrer unmittelbaren Nähe davon nicht getroffen.
Darf ich potenzsteigernde Mittel einnehmen?
Durch die Erkrankung selbst oder durch die blutdrucksenkenden Medikamente, die sie einnehmen müssen, haben viele herzkranke Männer mit Erektionsstörungen zu kämpfen. Keinesfalls sollten Sie ohne ärztliche Absprache potenzsteigernde Mittel (sogenannte PD-5-Hemmer) wie Viagra und Co. einnehmen. Diese erweitern– genau wie Ihre Blutdruckmedikamente – die Blutgefäße. Dadurch kann der Blutdruck gefährlich absinken. Am besten, Sie lassen sich von Ihrem behandelnden Arzt oder Ärztin beraten, ob und wie Sie potenzsteigernde Mittel einnehmen dürfen.
Kann ich etwas tun, um für Sex fit zu sein?
Je besser Ihr allgemeiner Gesundheitszustand ist, umso weniger Probleme wird es auch beim Sex geben. Dazu können Sie eine Menge beitragen, zum Beispiel
- Ihre Medikamente wie ärztlich verordnet einnehmen,
- auf gesunde Ernährung achten und
- sich regelmäßig bewegen.
Das alles trägt dazu bei, Ihre Grundfitness zu verbessern. Wer übergewichtig ist, kann auch ein paar Kilo abnehmen. So fühlen Sie sich attraktiver und steigern zusätzlich Ihre Fitness. Falls Sie Ihrem Körper noch kein moderates Training auf eigene Faust zutrauen, können Sie sich auch einer Herzsportgruppe anschließen. Dort lernen Sie unter professioneller Anleitung Ihre Belastungsgrenzen kennen. Das hilft Ihnen vielleicht auch im Bett besser einzuschätzen, was Sie sich zutrauen können. Wenn Sie an Herzschwäche leiden, sollten Sie eine Stunde vor dem Sex keine schweren Mahlzeiten zu sich nehmen und auf Alkohol verzichten. Nutzen Sie das sexuelle Vorspiel, um Ihren Körper „aufzuwärmen“. Bei Unwohlsein, Kurzatmigkeit oder Müdigkeit legen Sie eine Pause ein.