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Gesundheitsmagazin

Immunsystem

Eisbaden: So gesund ist der Sprung ins kalte Nass

Veröffentlicht am:20.01.2022

4 Minuten Lesedauer

In Skandinavien ist es längst gute, kalte Tradition. Auch in Deutschland hat das Eisbaden immer mehr Anhänger. Doch wie wirkt es auf den Organismus und tut es dem Körper wirklich gut?

Frau mit Mütze geht Eisbaden.

© iStock / Halfpoint

Warum Eisbaden immer beliebter wird

Die Luft hat um die vier Grad, das Wasser gerade mal die Hälfte. Es regnet und stürmt. Trotzdem kann ich es kaum abwarten, die warme Winterkleidung mit dem Badeanzug zu tauschen. Zaghaft und ungeduldig zugleich geht es dann in die eiskalte Nordsee. Es fühlt sich an wie kurz vor einer wichtigen Prüfung. Aber umkehren gilt nicht.

Dann der erlösende Moment: das Eintauchen mit dem ganzen Körper. Ein Weckruf, der alle Sinne schärft. Das Wasser umhüllt mich wohlig – wie eine leichte Feuchtigkeitscreme, die meine Haut durstig aufsaugt. Augenblicke, in denen ich mich in die Kälte hineinfallen lasse wie in ein kuschelweiches Sofa. Einfach herrlich!

Wer aktuell am Ufer von Seen, Flüssen oder am Meer spazieren geht, trifft auf immer mehr Menschen, die dort ein winterliches Bad nehmen. Auch Vereine wie die „Berliner Seehunde“ oder die „Leipziger Pinguine“ freuen sich über die steigenden Mitgliederzahlen. Aber ist Eisbaden gesund?

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Was passiert beim Eisbaden im Körper?

Porträt von Hanns-Christian Gunga, Professor für Weltraummedizin und extreme Umwelten an der Berliner Charité.

© Die Hoffotografen GmbH

„Es kommt vor allem auf die Dauer an. Drei Minuten sollte das Eisbad nicht übersteigen“, erklärt Hanns-Christian Gunga, Professor für Weltraummedizin und extreme Umwelten an der Berliner Charité. „Ein kurzer Kältereiz ist ein sehr gutes Training für die Gefäße“, so der Experte.

„Denn wenn die Temperatur auf der Haut sinkt, ziehen sich die Gefäße schlagartig zusammen. Das Blut von Armen und Beinen wird ins Körperinnere geleitet, um die Organe vor der Kälte zu schützen.“ Beim Aufwärmen weiten sich die geschlossenen Gefäße wieder, das Blut durchströmt dann den Körper regelrecht. Davon profitiert auch das Immunsystem.

„So werden auch die Schleimhäute besser durchblutet, Viren und Bakterien wird das Eindringen in den Nasen-Rachen-Raum erschwert. Schöner Nebeneffekt: Sauerstoff und andere Nährstoffe werden dabei in die hautnahen Gefäße gepumpt. Das sorgt für einen rosigen Teint“, sagt Gunga.

Kurbelt Eisbaden den Kalorienverbrauch an?

Bei einer Studie des National Institute of Health in den USA stellte sich heraus, dass auch die Fettverbrennung durch den Kältereiz angekurbelt wird: Er aktiviert das braune Fettgewebe, das Energie, Zucker und Fett fast ausschließlich in Wärme umwandelt. „Das ist eine Art Sicherheitsmechanismus des Körpers, um nicht auszukühlen“, erklärt Professor Gunga. „In der Wissenschaft wird derzeit diskutiert, wie viele Kilokalorien täglich dadurch tatsächlich extra verbraucht werden. Manche Studien ergaben 500 Kilokalorien mehr, bei anderen konnte nur ein zusätzlicher Verbrauch von 30 Kilokalorien pro Tag festgestellt werden.“

Ist Eisbaden gesund für das Herz?

Das winterliche Bad hat auch noch einen weiteren wichtigen gesundheitlichen Aspekt für das Herz-Kreislauf-System. „Das Kälte-Wärme-Wechsel-Training beugt Ablagerungen in den Arterien vor und schützt so vor Bluthochdruck – einer der Risikofaktoren für Schlaganfall und Herzinfarkt“, erläutert Professor Gunga. Aber er warnt: „Einem Kälteschock sollte sich nur aussetzen, wer keine Herz- oder Gefäßprobleme hat. Klarheit gibt ein Gesundheits-Check beim Arzt.“ Da Kinder schneller auskühlen als Erwachsene, empfiehlt es sich, die Kleinen mit regelmäßigen kalten Duschen gut vorzubereiten. Schwangere sollten laut Professor Gunga aufs Eisbaden lieber komplett verzichten.

„Das Kälte-Wärme-Wechsel-Training beugt Ablagerungen in den Arterien vor und schützt so vor Bluthochdruck – einer der Risikofaktoren für Schlaganfall und Herzinfarkt.“

Prof. Hanns-Christian Gunga
Hochschullehrer für Weltraummedizin und extreme Umwelten am Zentrum für Weltraummedizin der Charité in Berlin

Hilft Eisbaden gegen Depressionen?

Auch die Psyche profitiert laut dem Experten vom Kältereiz: „Nicht nur die Durchblutung der Hirngefäße wird gefördert. Der Körper schüttet auch einen Hormoncocktail aus Kortisol, Adrenalin, Noradrenalin und Endorphinen aus. Das sorgt für das Glücksgefühl.“ Aber als besonders positiven Aspekt sieht Professor Gunga, dass Eisbaden die mentale Stärke fördert.

„Der Erfolg des eigenen Handelns ist sofort spürbar. Ein Projekt, das Überwindung kostete, wurde gemeistert. Dieser Effekt macht selbstsicher – und dafür braucht es nur drei Minuten.“ Zurück zu Hause lasse ich mich mit einem herrlichen Kribbeln auf der Haut und einem warmen Glücksgefühl im Bauch aufs Sofa sinken. Jede Zelle des Körpers scheint müde und hellwach zugleich. Und das Gefühl ist da, jede Hürde im Leben überwinden zu können. Schon allein dafür lohnt sich das Bad in den kalten Fluten.

Junger Mann versucht sich im Eisbaden.

© iStock / CharlieChesvick

Eisbaden regt nicht nur die Durchblutung an, auch Glücksgefühle werden dabei freigesetzt.

Was muss man beim Eisbaden beachten?

TippsAusführung
VorbereitungMit kalten Duschen oder Wechselduschen an den Kältereiz herantasten. Oder bereits im Herbst mit dem Baden anfangen und dann jede Woche mindestens einmal trainieren.
Immer in BegleitungFür den Notfall sollte immer jemand dabei sein, der helfen kann – wenn er auch nur am Ufer steht.
Sanfter EinstiegWer zum ersten Mal zum Eisbaden geht, sollte nur wenige Sekunden im Wasser bleiben. Dann langsam steigern.
Kopf über WasserNicht ins Wasser springen, sondern langsam und Schritt für Schritt eintauchen. Der Kopf sollte immer trocken bleiben. Hilfreich: Mütze oder Badekappe tragen.
Schal um den HalsAm Hals befinden sich die meisten Kälterezeptoren. Daher sollte er nach dem Bad bedeckt werden.
AufwärmenSowohl vor als auch nach dem Baden aufwärmen, etwa durch zügiges Gehen oder Joggen.

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