Immunsystem
Wie HIV übertragen wird und wie man sich vor einer Ansteckung schützt
Veröffentlicht am:02.10.2023
6 Minuten Lesedauer
HIV zählt zu den schwer übertragbaren Krankheitserregern. Ansteckungsgefahr besteht, wenn Körperflüssigkeiten mit hohen Virusmengen in den Körper gelangen – zum Beispiel beim ungeschützten Vaginal- und Analverkehr. Schutz bieten Kondome, Femidome, Safer Use und Medikamente, die die Vermehrung der Viren unterdrücken.
Was ist HIV und wie kann es im Alltag übertragen werden?
HIV und AIDS werden in der Umgangssprache oft gleichgesetzt. Doch nur, wenn eine HIV-Infektion nicht behandelt wird, entwickelt sich daraus die tödliche Erkrankung AIDS. Das HI-Virus greift dann das Immunsystem so stark an, dass sich lebensbedrohliche Erkrankungen wie zum Beispiel bestimmte Formen der Lungenentzündung, ein Pilzbefall der Speiseröhre oder auch ein Karposi-Sarkom, eine seltene Krebserkrankung, entwickeln können.
Das HI-Virus (Human Immunodeficiency Virus, zu Deutsch Immunschwächevirus) ist also der Erreger und AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome, zu Deutsch erworbenes Immunschwächesyndrom) das Krankheitsbild. Letzteres tritt heute in Deutschland allerdings nur noch sehr selten auf, da das HI-Virus medikamentös gut behandelbar ist.
Doch wie ansteckend ist HIV? Das HI-Virus ist schwerer übertragbar als andere Viren oder Bakterien. Es wird weder durch engen Hautkontakt noch durch die Luft übertragen. Nicht ansteckend sind:
- Husten oder Niesen
- Umarmen
- Schmusen, Streicheln, Petting oder Küssen
- Alltagssituationen wie ein gemeinsamer Kinobesuch oder auch gemeinsamer Sport
- Medizinische und kosmetische Behandlungen sowie das Tätowieren und Piercen stellen bei Einhaltung aller Hygienevorschriften kein Infektionsrisiko dar.
Auch das gemeinsame Benutzen von Geschirr, Toiletten, Handtüchern und Bettwäsche sowie die Zusammenarbeit mit HIV-positiven Menschen führt nicht zu einer Ansteckung. Selbst Oralverkehr gilt als relativ sicher und auch das Risiko, sich durch eine Bluttransfusion mit dem HI-Virus zu infizieren ist in Deutschland äußerst gering. Speichel, Schweiß, Tränenflüssigkeit, Urin oder Kot enthalten zu wenig HI-Viren für eine Ansteckung. Aber wie wird HIV dann übertragen?
HIV – diese Übertragungswege gibt es
Eine Ansteckungsgefahr besteht, wenn HI-Viren in großer Menge durch Körperflüssigkeiten wie Blut (auch Menstruationsblut), Sperma oder Vaginalsekret in den Körper gelangen. Infektionswege können hierbei sein:
- Sexualkontakt mit einer infizierten, nicht behandelten Person. Die meisten HIV-Infektionen erfolgen über ungeschützten Geschlechtsverkehr. Die Schleimhäute in der Vagina, am Gebärmutterhals und im Enddarm sind äußerst empfindlich – genauso wie die Innenseite der Vorhaut und die Harnröhre. Viren werden von ihnen leicht aufgenommen – auch, wenn nicht in den Körper ejakuliert wird. Umgekehrt können diese Schleimhäute aber auch viele Viren enthalten. Andere vorliegende sexuell übertragbare Erkrankungen wie zum Beispiel Chlamydien, Tripper oder Syphilis erhöhen das Risiko einer Ansteckung mit HIV.
- Drogenkonsum mit infiziertem Injektionsmaterial – zum Beispiel beim Teilen von Nadeln und Spritzen.
- Von der Mutter mit unbehandelter HIV-Infektion auf das Kind während der Schwangerschaft, der Geburt oder des Stillens.
Wann ist das Risiko für eine HIV-Ansteckung besonders hoch?
In den ersten Wochen nach einer Infektion mit HIV vermehren sich die Viren im Körper stark, weshalb die Viruslast, also die Anzahl der Viren im Blut, besonders hoch ist. Viele Betroffene wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie sich infiziert haben. In dieser Phase geschehen die meisten Ansteckungen. Durch antiretrovirale Medikamente, die regelmäßig und ein Leben lang eingenommen werden müssen, wird die Vermehrung der Viren so unterdrückt, dass sie im Blut nicht mehr nachweisbar sind. HIV ist dann nicht mehr übertragbar.
Wie kann man sich vor einer HIV-Ansteckung schützen?
Bei sexuellen Kontakten schützen Kondome und Femidome („Frauenkondome“) zuverlässig nicht nur vor einer Infektion mit dem HI-Virus, sondern auch vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen wie zum Beispiel Hepatitis B und C (Leberentzündung) oder Chlamydien (Entzündungen an den Harn- und Geschlechtsorganen). Frauen können sich zudem mit Femidomen schützen, die in die Vagina eingeführt werden. Beim Oralverkehr bieten sich sogenannte Dental Dams, auch Lecktücher genannt, an. Das sind hauchdünne quadratische Tücher aus Latex oder anderen Materialien, die über Scheide oder Anus gelegt werden. Auch sie verringern – bei richtiger Anwendung – das Risiko, sich mit anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen anzustecken.
Bei den anderen Übertragungswegen gibt es folgende Schutzmaßnahmen:
- Drogenkonsum: Hier ist auf „Safer Use“ zu achten, das heißt: immer neues Injektionsmaterial verwenden.
- Schwangerschaft, Geburt, Stillen: Auch Frauen mit einer HIV-Infektion können schwanger werden und vaginal entbinden – ohne ihr Kind zu gefährden. Voraussetzung dafür ist eine wirksame HIV-Therapie, die am besten schon vor der Schwangerschaft begonnen wurde, aber auch während der Schwangerschaft noch möglich ist. Sie verhindert, dass sich das HI-Virus auf das Kind übertragen kann. So ist eventuell nach Abwägung von Nutzen und Risiko auch das Stillen nach der Geburt möglich. Eine entsprechende medizinische Begleitung und Beratung bereits beim Kinderwunsch und dann vor, während und nach der Schwangerschaft ist sehr wichtig. Ausführliches Informationsmaterial für Menschen mit einer HIV-Infektion und Kinderwunsch gibt es zum Beispiel bei der Deutschen Aidshilfe.
Was ist eine PrEP und wie schützt sie vor HIV?
Besteht ein erhöhtes Ansteckungsrisiko, kann auch eine sogenannte Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) von einem dafür fachlich befähigten Arzt oder einer Ärztin verschrieben werden. Eine PrEP kommt allerdings nur für bestimmte Personengruppen infrage und sollte generell kein Ersatz für Kondome sein.
Menschen mit PrEP-Behandlungsbedarf können sein:
- Partner oder Partnerinnen von Menschen mit einer HIV-Infektion, die keine Therapie machen (können) oder bei denen die Therapie (noch) nicht wirkt.
- Personen, die ungeschützten sexuellen Kontakt zu Menschen haben, bei denen eine unerkannte HIV-Infektion möglich beziehungsweise das Ansteckungsrisiko mit HIV erhöht ist.
- Drogeninjizierende Personen, die keine sterilen Spritzbestecke verwenden.
Bei einer PrEP wird das HI-Virus daran gehindert, sich nach dem Eindringen in die Zellen zu vermehren. Dafür bedarf es jedoch einer ausreichenden Menge an den PrEP-Wirkstoffen im Blut und in den Schleimhäuten, weshalb eine tägliche Einnahme nach den Empfehlungen des behandelnden Arztes oder der behandelnden Ärztin notwendig ist. Wird das Medikament falsch eingenommen oder abgesetzt, ist der Schutz vor einer HIV-Infektion nicht mehr gegeben. Zudem können sich Resistenzen im Körper bilden, die eine spätere HIV-Therapie erschweren können. Eine medizinische Begleitung bei einer PrEP ist deshalb unabdingbar. In einer auf HIV spezialisierten Praxis werden darüber hinaus regelmäßig Tests auf HIV sowie die Nierenfunktion durchgeführt. Untersuchungen der Niere sind wichtig, weil sich das PrEP-Medikament negativ auf die Leistungsfähigkeit der Nieren auswirken kann. Die Kosten einer PrEP werden von gesetzlichen Krankenkassen in der Regel übernommen. Privatversicherte sollten bei ihrer Krankenkasse in jedem Fall nachfragen.
Das Medikament, das zur PREP benutzt wird, enthält zwei Wirkstoffe, die auch für die Behandlung einer HIV-Infektion zum Einsatz kommen. Diese beiden Wirkstoffe gelangen unter anderem in die Zellen der Schleimhäute von Darm und Vagina und verhindern dort die Vermehrung von HI-Viren.
Was ist eine PEP?
In Notfällen – wenn beispielsweise beim Sex mit einer HIV-infizierten Person das Kondom reißt – oder es zu einer Verletzung durch ein mit HIV-kontaminiertes Instrument- oder Injektionsbesteck gekommen ist –, kann eine sogenannte Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) in Frage kommen. Am besten wendet man sich dazu so schnell wie möglich an eine HIV-Notfallambulanz oder eine HIV-Schwerpunktpraxis. Dort kann der Arzt oder die Ärztin die notwendigen Medikamente zu Lasten der Krankenkasse verschreiben. Die PEP-Medikamente werden über einen Zeitraum von ungefähr vier Wochen eingenommen und sollen eine Vermehrung des Virus verhindern. Der Behandlungsbeginn soll bis zu 24 und maximal 72 Stunden nach dem Ereignis begonnen werden. Optimal wären zwei Stunden. Nach heutigem Kenntnisstand ist ein Beginn der Behandlung nach mehr als 72 Stunden nach dem Ereignis nicht mehr sinnvoll.
Wer sich zum Thema HIV und Schutz bei sexuellen Kontakten informieren oder beraten lassen möchte, der findet unter anderem bei der Deutschen Aidshilfe verschiedene Angebote.