Immunsystem
Wie gefährlich ist eine Pilzinfektion mit Candida auris?
Veröffentlicht am:07.01.2025
7 Minuten Lesedauer
Der Hefepilz Candida auris ist für Menschen mit gesundem Immunsystem in der Regel harmlos. Betroffen von einer schweren Infektion sind meist immungeschwächte Patientinnen und Patienten, die in Pflegeheimen leben oder in Krankenhäusern behandelt werden.
Inhalte im Überblick
- Symptome: Wie zeigt sich eine Infektion mit Candida auris?
- Wie kann man sich mit Candida auris anstecken?
- Candida auris: Verbreitung und Meldepflicht
- Warum kann sich Candida auris so verbreiten?
- Wer ist besonders gefährdet, sich mit diesem Hefepilz anzustecken?
- Wie kann man Candida auris erkennen und behandeln?
- Wie kann man eine Infektion mit dem Hefepilz verhindern?
Symptome: Wie zeigt sich eine Infektion mit Candida auris?
Candida auris ist ein Hefepilz der Gattung Candida, von denen bisher weltweit mehr als 150 bekannt sind. Im Jahr 2009 wurde diese Candida-Art erstmals in Japan als Auslöser einer Gehörgangsinfektion identifiziert. Seitdem trägt der Hefepilz den Zusatz „auris“, lateinisch für „Ohr“.
Man unterscheidet zwischen der Kolonisation und der Infektion durch Candida auris. Sprechen Medizinerinnen und Mediziner von einer Kolonisation – auch „Besiedlung“ – meinen sie damit, dass eine bestimmte Anzahl der Candida auris-Erreger auf der Haut einer Patientin oder eines Patienten nachgewiesen werden konnte, ohne dass es zu einer Erkrankung gekommen ist. Häufig findet sich diese Besiedlung in der oder um die Achselhöhle und in der Leistengegend.
Kommt es jedoch zu einer Infektion durch Candida auris, kann es schnell ernst werden: Der Pilz kann schwere Entzündungen im gesamten Körper verursachen. Besonders bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem treten dann Wund- und Gewebsinfektionen, Harnwegsinfekten sowie Entzündungen des äußeren Gehörgangs auf. Damit verbunden sind die typischen Symptome einer Infektion wie Schmerzen, Fieber oder Schüttelfrost.
Über die Blutbahn kann sich die Infektion im gesamten Körper ausbreiten. Dies wird auch als Candidämie oder invasive Pilzinfektion bezeichnet. Das kann alle inneren Organe und den gesamten Blutkreislauf betreffen, was im schlimmsten Fall zu einer Blutvergiftung (Sepsis), Organversagen und sogar zum Tod führen kann.
Wie kann man sich mit Candida auris anstecken?
Zu einer Übertragung von Candida auris kommt es vor allem in Einrichtungen des Pflege- und Gesundheitsbereichs. Es betrifft also im Wesentlichen Menschen, die sich in einer stationären oder ambulanten medizinischen Behandlung befinden. Medizinerinnen und Mediziner sprechen dann von einer „nosokomialen“ Infektion, auch als Krankenhausinfektion bekannt (abgeleitet von den griechischen Wörters „nosos“ = Krankheit und „komein“ = pflegen).
Der Hefepilz kann lange auf Oberflächen von Türklinken oder Betten überleben und auch Gebrauchsgegenstände und medizinische Geräte wie Stethoskope oder Blutdruckmanschetten besiedeln. Werden diese Geräte dann zur Behandlung von Patientinnen oder Patienten genutzt, kann der Pilz übertragen werden. Bei einer Abwehrschwäche oder über offene Wunden ist es möglich, dass der Hefepilz auch ins Innere des Körpers gelangt und eine Infektion der inneren Organe und der Blutbahn zur Folge hat. Kommt es jedoch lediglich zu einer Kolonisierung, also einem Befall mit Candida auris auf der Haut, führt dies nicht zu einer invasiven Infektion. Die betroffene Patientin oder der Patient kann jedoch ohne selbst zu erkranken zum Überträger oder zur Überträgerin des Pilzes auf einen anderen Menschen werden.
Denn, anders als andere Candida-Arten, ist Candida auris von Mensch zu Mensch übertragbar, was bereits zu größeren Ausbrüchen in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen geführt hat. Eine weitere Möglichkeit der Ansteckung ist die sogenannte Schmierinfektion. Candida auris kann zum Beispiel im Wundsekret, im Urin, in Atemwegsmaterial (Sputum) und weiteren Körpersekreten sowie auf der Haut nachgewiesen werden. Der Hefepilz gelangt über dieses infizierte Material von einer befallenen Oberfläche wie einem medizinischen Gerät oder einer Türklinke auf den Menschen.
Passende Artikel zum Thema
Candida auris: Verbreitung und Meldepflicht
Seit seiner Entdeckung 2009 steigen die Candida auris-Fallzahlen stetig an. Die relativ neue Hefepilzart ist inzwischen auf der ganzen Welt verbreitet. In einigen Gebieten wie Indien, Südafrika sowie Teilen von Spanien und Italien kommt es „endemisch“, also gehäuft, aber begrenzt zu Candida auris-Fällen. In Europa ereigneten sich bislang in Großbritannien, Spanien und Italien Ausbrüche von Candida auris-Infektionen in Krankenhäusern (Stand 2023). Zusätzlich wurden aus allen europäischen Ländern vereinzelte Fälle gemeldet.
In Deutschland wurde der Hefepilz 2015 erstmals identifiziert, bis 2019 konnte Candida auris bei zehn Patientinnen und Patienten nachgewiesen werden. Eine geringe Steigerung der Zahlen gab es 2021 und 2022 mit jeweils zwölf Fällen, wie das Robert Koch-Institut im Epidemiologischen Bulletin berichtet.
2023 stiegen die Fallzahlen in Deutschland erneut an. Das Nationale Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk) registrierte 77 Fälle, wovon die meisten jedoch „nur“ eine Kolonisation, also einen Nachweis von Candida auris ohne Erkrankung betrafen. Dennoch entspricht der Wert von 2023 in etwa dem Sechsfachen der Fälle aus den Vorjahren. Todesfälle durch Candida auris sind in Deutschland bisher nicht bekannt. Im Juli 2023 wurde schließlich eine gesetzliche Meldepflicht für den Nachweis von Candida auris im Blut und auf sterilen Materialien im Gesundheitsbereich sowie für Ausbrüche von Infektionen eingeführt. Von der Meldepflicht bisher nicht betroffen sind die Besiedlungen auf der Haut, die ohne weiteren Krankheitsverlauf bleiben.
Warum kann sich Candida auris so verbreiten?
Einer der Gründe, warum sich Candida auris relativ schnell ausbreiten kann, ist seine Resistenz gegen viele Antimykotika. Der Hefepilz ist also unempfindlich gegen Mittel, die üblicherweise gegen Pilzinfektionen eingesetzt werden. Infektionen sind so schwerer zu behandeln. Deswegen wird Candida auris bereits als multiresistenter Erreger eingestuft.
Ein multiresistenter Erreger, kurz MRE, überträgt sich am häufigsten von Mensch zu Mensch. Dies geschieht meist in Krankenhäusern, Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen. Für gesunde Menschen sind MRE im Prinzip kein Problem. Doch gerade in Gesundheitseinrichtungen finden sich viele kranke oder immungeschwächte Menschen, für die ein multiresistenter Erreger schnell zum Risiko werden kann.
Darüber hinaus sind viele der üblichen Desinfektionsmittel, die in Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen des Gesundheitsbereichs angewandt werden, unwirksam gegen Candida auris.
Passende Artikel zum Thema
Wer ist besonders gefährdet, sich mit diesem Hefepilz anzustecken?
Besonders gefährdet, sich mit Candida auris zu infizieren, sind Patientinnen oder Patienten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, da sie meist vorerkrankt oder etwas älter sind. Ein weiteres Risiko besteht für Menschen, die mit medizinischen Geräten wie Venen- oder Harnwegskathetern versorgt werden, Magensonden tragen oder auf ein Beatmungsgerät angewiesen sind.
Allgemein stecken sich Menschen mit einem geschwächten Immunsystem schneller mit einem Krankheitserreger wie Candida auris an. Das betrifft beispielsweise
- kleine Kinder, deren Immunsystem noch nicht voll ausgereift ist,
- ältere Menschen, deren Immunsystem schwächer wird,
- Personen nach einer Organtransplantation,
- Patientinnen oder Patienten nach einer Operation,
- Krebspatientinnen und -patienten während einer Chemotherapie,
- Menschen mit Diabetes,
- Menschen, die häufig Antibiotika einnehmen.
Wie kann man Candida auris erkennen und behandeln?
Wichtig ist es, den Hefepilz schnell und genau als Candida auris zu identifizieren. Hierzu nimmt man beispielsweise Abstriche von der Haut. Bei einer bereits bestehenden Infektion eignen sich sowohl Proben aus dem Wund- oder Atemwegssekret als auch Blut- oder Urinproben, je nach Körperregion der Infektion.
Anschließend kommt die Probe ins Labor, wo sie kultiviert wird, damit ein Pilz – falls vorhanden – herangezüchtet werden kann. Das dauert mehrere Tage. Anhand des Aussehens der herangezüchteten Kultur identifizieren Expertinnen und Experten den Pilz.
Die Behandlung einer Infektion erfolgt mit geeigneten Antimykotika, also Antipilzmitteln. Medizinerinnen und Mediziner richten die Therapie auch an der Grunderkrankung der Betroffenen, ihrem Alter, der Schwere der Infektion, einer Einschränkung des Immunsystems sowie der Nierenfunktion aus.
Da Candida auris gegen viele Antimykotika resistent ist, sind die Therapiemöglichkeiten eingeschränkt. Meist kommen erst einmal sogenannte Echinocandin-Antimykotika zum Einsatz. Schlägt diese Behandlung nicht an, wird ein anderes Antipilzmittel, in der Regel Amphotericin B oder eine Kombination aus mehreren Arzneistoffen, herangezogen.
Gesunde Menschen, bei denen lediglich eine Kolonisation, also eine Besiedlung von Candida auris nachgewiesen wird, werden nicht mit einem Antimykotikum behandelt. Bei besiedelten Patientinnen und Patienten mit einem geschwächten Immunsystem kann der Hefepilz jedoch in den Körper eindringen und eine Infektion verursachen. Deswegen sind hier äußerst gründliche Hygienemaßnahmen und Beobachtung angeraten.
Wie kann man eine Infektion mit dem Hefepilz verhindern?
In den meisten Fällen kommt es bei einem Candida-auris-Befall nicht zu einer Infektion. Deswegen reicht es zunächst, die Kontaktpersonen zu überwachen. Patientinnen und Patienten im Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung, die sich tatsächlich infiziert haben, sollten separat von anderen Personen untergebracht werden. Dazu kommen entsprechende Hygienemaßnahmen. Hierzu gehört eine gründliche Reinigung der Hände mit Wasser, Seife und Desinfektionsmitteln. Das gilt nicht nur für das medizinische Fachpersonal, sondern auch für Besucherinnen und Besucher im Krankenhaus oder im Pflegeheim. Oberflächen sollten mit Desinfektionsmitteln gereinigt werden, die gegen Candida auris wirksam sind. Medizinisches Personal sollte im Umgang mit den infizierten Patientinnen und Patienten zusätzlich Handschuhe und Schutzkleidung tragen.
Gesunde Menschen profitieren von einem starken Immunsystem und müssen im Grunde keine Infektion mit Candida auris befürchten. Um eine gute Abwehr zu bewahren oder diese zu stärken, ist es ratsam, auf eine ausgewogene und vollwertige Ernährung zu achten, Stress zu reduzieren und häufige Antibiotika-Verschreibungen bei Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin zu hinterfragen.
Passende Angebote der AOK
AOK-Clarimedis: medizinische Informationen am Telefon
Weitere Fragen zu verschiedenen gesundheitsrelevanten Themen beantwortet Ihnen AOK-Clarimedis – der medizinische Informationsservice. Für AOK-Versicherte ist dieser Service kostenfrei.