Krebs
Ein Leben ohne Prostata: Sind Inkontinenz und Impotenz immer die Folge?
Veröffentlicht am:28.10.2021
6 Minuten Lesedauer
Die Diagnose Prostatakrebs liegt schon eine Weile zurück, der erste Schock ist verdaut und die Behandlungsschritte sind eingeleitet. Die Prostata soll entfernt werden – bald steht die Operation an. Doch was bedeutet das für den Mann? Welche Auswirkungen hat die Entfernung der Prostata?
Entfernung der Prostata
Krebs ist aggressiv – und so auch häufig die Behandlung. Um die Tumorzellen zu bekämpfen und das Leben des Betroffenen zu retten, gerät gesundes Gewebe häufig in Mitleidenschaft. Das hat mal mehr, mal weniger große Auswirkungen. Bei bestimmten Formen von Prostatakrebs wird das Organ entfernt, mit unerwünschten Folgen.
Die Funktion der Prostata
Die walnussförmige Drüse, auch unter dem Namen Vorsteherdrüse bekannt, sitzt um die Harnröhre herum, direkt unterhalb der Harnblase. In diesem Bereich laufen die Harn- und Samenwege zusammen. Sie produziert einen Teil der Samenflüssigkeit des Spermas, in welcher sich die Spermien besonders gut bewegen können, und sorgt durch Zusammenziehen der Muskulatur für den Samenerguss.
Die Prostata ist kein lebenswichtiges Organ, und bei Prostatakrebs ist die Entfernung eine Möglichkeit der vollständigen Heilung für die Betroffenen. Doch eine solche Operation kann Neben- und Nachwirkungen haben. Das löst große Ängste und Fragen bei den Betroffenen aus, zum Beispiel:
- Kann man gut ohne die Prostata leben?
- Wie lange dauert die Heilung nach einer Prostata-OP?
- Wie wird mein Sexualleben danach aussehen?
- Werde ich für immer impotent sein?
- Werde ich inkontinent?
- Kann ich noch Kinder zeugen?
Hier erfahren Sie, welche Folgen die Entfernung der Prostata haben kann.
Inkontinenz als mögliches Risiko
Einige Männer können den Harn nach der Prostatektomie, der Entfernung der Prostata, nicht mehr gut halten und haben mit Inkontinenz zu kämpfen. Vor allem direkt nach der Operation, beim Husten oder Niesen, tritt Urin aus. Der Grund dafür: Bei der Operation werden auch Teile der inneren Schließmuskulatur der Blase entfernt. Diese kontrolliert das Öffnen und Schließen der Blase. Ist sie defekt, kann sie nicht mehr richtig schließen und Harn tritt unkontrolliert aus.
Für viele Patienten ist das aber nur vorübergehend der Fall. Nach einer gewissen Zeit kann die äußere Schicht des Schließmuskels die Aufgabe übernehmen und den Harn wieder besser kontrollieren:
- Drei Monate nach der Operation hat jeder zweite Mann Probleme mit Inkontinenz.
- Eineinhalb Jahre nach der Operation haben noch 4 bis 21 von 100 Männern gelegentlich Probleme, ausgelöst durch Niesen oder Husten.
- Dauerhaft leben aber sieben Prozent aller Männer nach der Operation mit einer Harninkontinenz.
Was tun bei Inkontinenz?
Mit einem gezielten Training des Beckenbodens kann es Ihnen gelingen, wieder Herr über Ihre Blase zu werden. Am besten erlernt man die Übungen bereits vor der Therapie, etwa im Rahmen einer Physiotherapie. Auch im Alltag können Sie einiges für Ihren Beckenboden und die Kontinenz tun. Die Prostata Hilfe Deutschland gibt Tipps dazu.
Es bestehen aber noch mehr Möglichkeiten für Männer mit Inkontinenzproblemen: Über Behandlungsformen wie Biofeedback, Elektro- oder Magnetstimulation, eine medikamentöse Therapie oder auch Operationen kann Ihr behandelnder Arzt Sie aufklären.
Uneingeschränkt leben mit Inkontinenz
Bei manchen Patienten aber bleibt die Blasenschwäche. Da Inkontinenz leider noch ein Tabuthema ist, ziehen sich die Betroffenen aus Scham und Sorge vor unangenehmen Situationen mehr und mehr zurück. Es gibt jedoch Hilfsmittel, die Sie im Alltag nutzen können. Sie helfen Ihnen dabei, sich sicher zu fühlen und peinliche Momente zu vermeiden.
So gibt es dünne Einlagen und auch Inkontinenz-Slips in Drogerien, Apotheken und Sanitätshäusern – für jede Art und Stärke der Blasenschwäche im Einweg- und Mehrwegformat. Sie schließen Gerüche ein, saugen Flüssigkeit auf, sind unauffällig und einfach im Gebrauch. Aber zugegeben: Das Tragegefühl ist anfangs gewöhnungsbedürftig. Doch mit etwas Zeit und Geduld sind diese Hilfsmittel eine gute Möglichkeit, um mit einem sicheren Gefühl aus dem Haus zu gehen. Lassen Sie sich im Krankenhaus durch einen Spezialisten oder durch Ihren Urologen beraten.
Impotenz als mögliches Risiko
Leider auch eine häufige und zudem stark belastende Nebenwirkung der Behandlung von Prostatakrebs ist die erektile Dysfunktion (Impotenz). Die für eine Erektion zuständigen Potenznervenfasern liegen direkt um die Prostata herum. Bei der Operation können diese verletzt werden. Zwar sind die Operationstechniken heute viel schonender, dennoch sind circa 30 von 100 Männern nicht mehr in der Lage, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten. Auch kann der Penis sich verkrümmen oder verkürzen. Eine eingeschränkte Sexualität als Folge kann Betroffene stark verunsichern und das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität beeinträchtigen.
Dazu kommt, dass die vollständige Entfernung der Vorsteherdrüse auch Zeugungsunfähigkeit für den Mann bedeutet. Bei Kinderwunsch besteht die Möglichkeit, vor der Behandlung Spermien einzufrieren.
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Was tun bei Impotenz?
Zum Teil können die Nervenfasern sich wieder regenerieren und sich so auch die Potenz verbessern, jedoch nicht immer. Ein Gespräch mit Ihrem Arzt im Rahmen der Krebsnachsorge ist dann ein wichtiger Schritt. Er kann Sie über verschiedene Möglichkeiten aufklären, um Ihnen wieder eine Erektion und ein zufriedenstellendes Sexualleben zu ermöglichen. Optionen sind zum Beispiel medikamentöse Therapien oder mechanische Hilfsmittel.
Das Sexualleben ist ohne Prostata also keinesfalls Geschichte, auch wenn es sich womöglich verändert. Diese Veränderungen könnten auf Sie zukommen:
- Der penetrierende Geschlechtsverkehr wird vermutlich aufgrund der Impotenz schwieriger werden. Mit etwas Geduld und Fantasie können Sie womöglich neue Formen der Sexualität und Intimität für sich entdecken und so Ihr Sexualleben bereichern.
- Rein körperlich ist die Erektion für einen Orgasmus gar nicht nötig: Sie können Orgasmen haben, denn die sensiblen Nerven an Eichel und Penis sind weiterhin empfänglich für Berührungen und nicht durch die Operation beeinträchtigt.
- Da die Prostata die Samenflüssigkeit bereitstellt, werden Sie nur noch einen sogenannten „trockenen Orgasmus“ erleben. Das Ejakulat bleibt aus.
- Unabhängig von der Impotenz kann es als mögliche Folge der Behandlung auch zu Orgasmusstörungen und zu einer Beeinträchtigung der Libido kommen.
Leben ohne Prostata: über Gefühle reden
Nicht zu unterschätzen sind die Emotionen, die mit einem erfüllten Sexualleben einhergehen. Stress und hoher Erwartungsdruck, Ängste und Zweifel nehmen Einfluss auf die Libido, aber auch auf die Potenz.
Ein offenes Gespräch mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin kann helfen, die Gefühle gegenseitig zu sehen und so auch den inneren Druck zu verringern. Denn Studien haben gezeigt, dass bei der Erkrankung Prostatakrebs und ihren Folgen auch die Partner stark mitleiden.
Wenn Sie unglücklich mit Ihrer Situation sind und nicht mehr weiterwissen, kann professionelle Unterstützung in Form einer Psychotherapie oder einer psychoonkologischen Beratung ebenso helfen wie der Austausch mit anderen Betroffenen.
Sprechen Sie über Ihre Ängste und Sorgen. Mit Gleichgesinnten fällt es Ihnen womöglich leichter.
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Wie lässt sich die Entfernung der Prostata vermeiden?
Bei einigen Formen von Prostatakrebs ist es möglich, die Erkrankung zunächst zu kontrollieren. Dies bezeichnet man als aktive Überwachung (active surveillance) – hierzu ist aber eine frühestmögliche Diagnose notwendig. Daher ist die Krebsfrüherkennung so wichtig. Einmal im Jahr können Männer ab 45 Jahren Ihre Prostata bei Ihrem Hausarzt oder einem Urologen untersuchen lassen. So können Veränderungen früh erkannt und gut behandelt werden.
Auch die Wahl des Krankenhauses für die operative Behandlung ist enorm wichtig – die Inkontinenz- und Impotenzraten nach den Operationen unterscheiden sich deutlich von Klinik zu Klinik. Die Krankenhaussuche im AOK-Gesundheitsnavigator hilft Ihnen dabei, die richtige Klinik für die Behandlung zu finden. Sprechen Sie auch mit Ihrem betreuenden niedergelassenen Urologen – er wird Ihnen bei der Entscheidungsfindung zur Seite stehen.