Krebs
Stammzellen spenden, wie funktioniert das genau?
Veröffentlicht am:10.12.2021
4 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 02.01.2023
Menschen mit Erkrankungen des blutbildenden Systems oder angeborenen Immundefekten benötigen manchmal eine Stammzelltherapie. Dazu ist eine Stammzellspende mit passenden Merkmalen erforderlich. Doch wie spendet man Stammzellen und worauf ist zu achten?
Stammzellspende: Was ist das?
Bei manchen bösartigen Erkrankungen des Bluts wie zum Beispiel Leukämien bietet nur eine Stammzelltransplantation eine Heilung. Dabei werden die „kranken“ blutbildenden Zellen zunächst vernichtet und dann durch gesunde „fremde“ Stammzellen ersetzt. Gesunde Menschen können diese Stammzellen spenden, da ein normales Knochenmark diese wieder nachbilden kann.
Zum Hintergrund
Der menschliche Körper besteht aus unterschiedlichen Geweben. Teilt sich beispielsweise eine Zelle unserer Haut, entstehen zwei neue Hautzellen. Stammzellen hingegen können noch mehr. Am bekanntesten und am besten erforscht sind dabei die Stammzellen im Knochenmark. Sie haben das Potenzial, sich in Richtung aller Blutbestandteile zu entwickeln.
Die Herausforderung dabei ist und bleibt, für die Empfänger die passenden Stammzellen und damit den passenden Spender oder die passende Spenderin zu finden, denn: Spender oder Spenderin und Empfänger oder Empfängerin müssen in bestimmten Gewebemerkmalen möglichst genau übereinstimmen. Diese Merkmale werden humane Leukozyten-Antigene (HLA) genannt und sind bei Geschwistern oft kompatibel, jedoch leider nicht immer. Nur etwa 30 Prozent der Erkrankten finden einen passenden Spender oder eine passsende Spenderin in ihrer Familie. Darum benötigen viele Betroffene die Hilfe von Fremden.
Wer darf alles Stammzellen spenden?
Stammzellen spenden darf jede gesunde Person im Alter zwischen 18 und 60 Jahren, die mindestens 50 Kilogramm wiegt. Eine Neuregistrierung ist nur bis zum 55. Lebensjahr möglich. Bestimmte Erkrankungen schließen eine Spende aus. Dazu gehören unter anderem:
- Blut- und Blutgefäßerkrankungen
- Krebs
- Diabetes, der mit Insulin behandelt wird
- Infektionskrankheiten wie Hepatitis B und C, aber auch HIV- oder Jakob-Creutzfeld-Infektionen
- Autoimmunerkrankungen, zum Beispiel Multiple Sklerose, Morbus Basedow, Rheumatoide Arthritis und Morbus Crohn
Besteht eine Schwangerschaft oder eine aktive Infektion oder wurde jemand gerade operiert, sind das auch Gründe, warum man erst mal nicht Stammzellen spenden kann – jedoch sind das zeitlich begrenzte Ausschlusskriterien.
Wie wird man Spender von Stammzellen?
Wer Stammzellen spenden möchte, kann sich bei einer von vielen Stammzellspenderdateien anmelden, zum Beispiel bei der DKMS. Das Zentrale Knochenmarkspender-Register sammelt alle Daten von registrierten Spendenden und ermöglicht eine zentralisierte Suche.
Nötig ist zuerst aber eine Typisierung, um die ganz spezifischen Gewebemerkmale, also HLA-Antigene, zu erfassen. Das Verfahren dafür ist ganz unkompliziert: Ein einfacher Abstrich der Mundschleimhaut oder eine Blutentnahme reichen aus.
Man kann sich in einer öffentlichen Aktion typisieren lassen oder aber auch ein Set für zu Hause anfordern und nach dem Abstrich einschicken. Interessierte, die etwa bei der DKMS Spender oder Spenderin werden möchten, müssen die Kosten auch nicht selbst tragen.
Als Frage bleibt: Stammzellen spenden, wie funktioniert das genau? Im ersten Schritt werden Gewebemerkmale eines Patienten oder einer Patientin mit der Datenbank abgeglichen. Finden sich geeignete Spendende, werden diese benachrichtigt und angefragt. Aber niemand muss Stammzellen spenden; der Eintrag in Datenbanken verpflichtet nicht zu einer späteren Spende.
Die periphere Stammzellenspende
Eine Hauptmöglichkeit, Stammzellen für die Behandlung zu gewinnen, ist die periphere Stammzellenspende. Hierbei erhalten Spendende zunächst ein spezielles Mittel, einen Wachstumsfaktor. Dieser sorgt dafür, dass im Knochenmark viele Stammzellen entstehen und danach ins Blut gelangen. Sie können dann direkt aus dem Blut gewonnen werden. Dabei kommt eine sogenannte Apheresemaschine zum Einsatz. Wie bei einer Blutentnahme wird Blut abgenommen, das Apheresegerät isoliert und sammelt die Stammzellen, während andere Bestandteile des Blutes wieder in den Körper des oder der Spendenden gelangen. Das Arzneimittel zur Stammzellspende kann Nebenwirkungen hervorrufen, zum Beispiel grippeähnliche Symptome, Knochenschmerzen oder selten auch eine Vergrößerung der Milz. Langzeitfolgen sind aber nicht bekannt. Die Spende ist nahezu schmerzfrei und dauert circa drei bis fünf Stunden.
Wie funktioniert eine Knochenmarkspende?
Es ist auch möglich, Knochenmark direkt zu spenden – das ist bei etwa 20 Prozent aller Spenden der Fall. Die Entnahme geschieht im Krankenhaus unter Vollnarkose. Bei dem Eingriff entnehmen Ärzte aus dem Beckenkamm (der oberen Kante des Beckens) mit einer speziellen Punktionsnadel 0,5 bis 1,5 Liter Knochenmarkblut – das sind circa 5 Prozent des gesamten Knochenmarks. Daraus lassen sich im Labor Stammzellen isolieren. Das Knochenmark selbst wird innerhalb weniger Wochen nachgebildet.
Tut eine Knochenmarkspende weh?
Da eine Knochenmarkentnahme unter Vollnarkose stattfindet, spüren Spendende während des Eingriffs keine Schmerzen. Es werden allerdings mehrere kleine Einstiche mit der Punktionsnadel vorgenommen, deren Einstichstellen im Nachhinein empfindlich sein oder leichte Schmerzen verursachen können. In der Regel halten diese Beschwerden nur einige Tage an.
Welches Risiko besteht bei einer Knochenmarkspende?
Zu bedenken ist: Jede Vollnarkose ist mit einem – wenn auch geringen – Risiko verbunden. Generell ist die Gefahr von Komplikationen bei gesunden Spendenden jedoch sehr gering. Die Wunde kann sich entzünden, was ebenfalls nur selten passiert.
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Wie läuft die Stammzelltransplantation für Patientinnen und Patienten ab?
Für die bevorstehende Transplantation der Stammzellen zerstören Ärzte und Ärztinnen im ersten Schritt das erkrankte Knochenmark mit einer hochaktiven Chemotherapie und/oder einer Bestrahlung des gesamten Körpers. Anschließend wird die Stammzelltransplantation durchgeführt. Dazu werden die den Spendenden entnommenen Stammzellen auf die Empfangenden übertragen. Dies geschieht über eine Infusion. Die Stammzellen siedeln sich im Knochenmark an, welches dann neue und gesunde Blutzellen herstellt.
Chance auf Heilung
Ein Stammzelltransplantation ist risikoreich und bedeutet eine große Belastung für den Körper. Das Immunsystem wird stark geschwächt und ist somit anfällig für Erreger. Darum werden Chancen und Risiken auch genau abgewogen. Doch ist sie erfolgreich, kann eine Stammzelltransplantation für Betroffene dauerhafte Heilung bedeuten.