Muskel-Skelett-System
Sind Schmerzen nach einer OP normal?
Veröffentlicht am:13.08.2021
4 Minuten Lesedauer
Wer ambulant oder stationär operiert wird, muss damit rechnen, dass nach dem Eingriff Schmerzen auftreten können. Dank modernder Schmerztherapien können diese jedoch gut behandelt werden. Für eine erfolgreiche Genesung ist eine effektive Behandlung sogar besonders wichtig. Da Schmerzen individuell wahrgenommen werden, ist es für die Schmerztherapie entscheidend, dass Patienten ihre behandelnden Ärzte und Pflegepersonal informieren und sich selbst vor dem Eingriff umfassend aufklären lassen.
Warum es wichtig ist, Schmerzen nach einer OP zu lindern
Dass nach einer Operation Schmerzen auftreten, ist normal und bei vielen Patienten der Fall. Sie werden als „postoperative Schmerzen“ („post“ bedeutet „nach“) bezeichnet und fallen je nach Eingriff unterschiedlich stark aus. Doch egal, wie stark die Schmerzen sind, sie sollten nicht ausgehalten werden. „Mit den modernen Behandlungsverfahren, die uns heute zur Verfügung stehen, können postoperative Schmerzen bei jedem Patienten effektiv gelindert werden“, sagt Prof. Dr. Sandra Kampe. Die Fachärztin für Anästhesiologie und Schmerztherapie ist an der Ruhrlandklinik der Universitätsmedizin Essen als Chefärztin tätig.
Starke Schmerzen können auch den Heilungsprozess beeinträchtigen und verzögern. „Ohne Schmerztherapie steigt die Komplikationsrate, außerdem besteht das Risiko, dass die Schmerzen dauerhaft bleiben“, erklärt Prof. Dr. Kampe. Es ist wichtig, dass eine rasche Mobilisation nach einer Operation stattfindet. Je nach operativem Eingriff fällt diese anders aus, soll aber den Patienten ermöglichen, rasch wieder auf die Beine zu kommen. Wenn keine rasche Mobilisation nach einer Operation stattfindet, wie Aufsitzen, Aufstehen oder Gehen, kann das zahlreiche negative Konsequenzen haben:
- Die Muskeln bilden sich zurück.
- Das Risiko für die Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombose) erhöht sich.
- Die Kreislauf- und Lungenfunktion sowie der Magen-Darm-Trakt sind beeinträchtigt.
„Ohne Schmerztherapie steigt die Komplikationsrate, außerdem besteht das Risiko, dass die Schmerzen dauerhaft bleiben.“
Prof. Dr. Sandra Kampe
Chefärztin der Anästhesiologie und Schmerztherapie an der Ruhrlandklinik der Universitätsmedizin Essen
Lassen Sie sich vor dem Eingriff aufklären
Vor dem ambulanten oder stationären Eingriff findet ein Aufklärungsgespräch statt, das Patienten nutzen sollten, um alle ihre Fragen anzubringen. „Patienten, die vor der Operation informiert werden, welcher Verlauf erwartet wird und welche Medikamente zum Einsatz kommen, können besser einschätzen, wann sie Schmerzmittel benötigen und diese auch einfordern“, sagt die Expertin.
Lassen Sie sich folgende Punkte erklären:
- Werden Schmerzen nach der Operation auftreten?
- Welche Anzeichen deuten auf Komplikationen hin?
- Welche Schmerzmittel kommen zum Einsatz und welche Nebenwirkungen können diese haben?
- Können Sie Schmerzen nach einem ambulanten Eingriff selbst behandeln?
In manchen Fällen kann auch eine patientenkontrollierte Analgesie (PCA) in Frage kommen. Analgesie bedeutet Schmerzbehandlung. „Als effizient hat sich vor allem eine sublinguale PCA mit dem Opioid Sufentanil (Zalviso) erwiesen“ sagt Prof. Dr. Kampe. Hier kann sich der Patient selbst eine vorher bestimmte Dosis eines Schmerzmittels in Tablettenform verabreichen. In sublingualer Form heißt, dass die Tabletten unter die Zunge gelegt werden und sich dort auflösen. „Für aufgeklärte Patienten ist diese Methode gut geeignet, sie führt zu einer höheren Patientenzufriedenheit“.
Außerdem gibt es auch nicht-medikamentöse Techniken gegen die Schmerzen, die schon vor dem Eingriff besprochen werden können. Prof. Dr. Kampe: „Um Schmerzen erträglicher zu machen, ist jedes Verfahren hilfreich, das dem Patienten guttut.“ Das können etwa Entspannungstechniken, Atemübungen, Krankengymnastik oder Musik sein. „Auch die positive Unterstützung durch andere Menschen kann helfen“.
Welche Leistungen bietet die AOK für Heilmittel an?
Die Leistungen der AOK unterscheiden sich regional. Mit der Eingabe Ihrer Postleitzahl können wir die für Sie zuständige AOK ermitteln und passende Leistungen Ihrer AOK anzeigen.
Informieren Sie aber auch Ihre Ärztin oder Ihren Arzt über Vorerkrankungen, um die bestmögliche Schmerzbehandlung zu erhalten. Teilen Sie etwa mit, wenn bereits Schmerzen bestehen oder Sie Medikamente einnehmen. Auch ein Konsum von größeren Mengen Alkohol (oder andere Drogen) sollte mitgeteilt werden.
„Es ist entscheidend, dass vor der Operation mitgeteilt wird, wenn eine Affinität zu THC, Alkohol oder anderen konsumierten Drogen besteht. Denn nur so können Schmerzmittel richtig dosiert werden“.
Informieren Sie das Krankenhauspersonal nach dem Eingriff
Nach einer ambulanten oder stationären Operation wird man Sie mehrfach zu Ihren Schmerzen befragen. Es ist wichtig, sie möglich exakt zu beschreiben. Stellen Sie sich auf folgende Fragen ein:
- Wie stark sind die Schmerzen in Ruhe?
- Wie stark sind die Schmerzen bei Belastung?
- Wo empfinden Sie die Schmerzen?
- Wie fühlen sich die Schmerzen an? (zum Beispiel dumpf, stechend oder brennend)
Wichtig: Schmerzempfinden ist sehr individuell. Zwei Personen im gleichen Alter können den Schmerz nach der gleichen Operation ganz unterschiedlich wahrnehmen. Deswegen ist es so entscheidend, dass Sie Ihre Schmerzen genau beschreiben. Denn sie werden danach behandelt, wie stark Sie sie empfinden. Dafür wird die sogenannte numerische Rating-Scala (NRS) angewendet. Prof. Dr. Kampe erklärt: „‚0‘ bedeutet kein Schmerz, ‚10‘ bedeutet den schlimmsten vorstellbaren Schmerz.“ In Ruhe sollte sich der vom Patienten bestimmte Wert unter drei, bei Belastung unter fünf befinden.
Welche Schmerzmittel werden nach einer OP eingesetzt?
Je nachdem, welcher Eingriff vorgenommen wurde, können unterschiedlich starke Schmerzen auftreten. Dementsprechend kommen verschiedene Schmerzmittel zum Einsatz, die die WHO in einem Stufenschema zusammengefasst hat:
- Bei kleineren Operationen / leichten Schmerzen: Nicht-Opioide (zum Beispiel Wirkstoffe wie Metamizol, Paracetamol oder nicht-steroidale Antirheumatika wie Iboprofen.
- Bei größeren Operationen / mittelstarken bis starken Schmerzen: schwache oder stärkere Opioide.
Die Substanzgruppen werden häufig auch kombiniert. „Um postoperative Schmerzen zu behandeln, wird eine Basisanalgesie (diese hält 24 Stunden an) und bei Bedarf gegebenenfalls eine sogenannte Bedarfsanalgesie verordnet.“, erklärt Prof. Dr. Kampe „Die Bedarfstherapie kann zum Beispiel bei der Mobilisation zum Einsatz kommen“.