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Atemwegsinfekten aktiv vorbeugen – das hilft allen
Veröffentlicht am:12.07.2022
9 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 19.08.2022
Durchschnittlich viermal im Jahr plagen Atemwegsinfekte Erwachsene – Kinder erwischt es sogar noch viel häufiger. Die wirksamste Vorbeugung: Jeder ergreift für sich selbst Vorsichtsmaßnahmen und stärkt sein Immunsystem.
Was löst eine Atemwegsinfektion aus?
Pendler kennen es, auch Eltern, deren Kinder in Betreuungseinrichtungen sind, ebenso Menschen, die im Großraumbüro arbeiten oder viele Hände schütteln: Einer niest und alle fühlen sich auf einmal krank. Tatsächlich verbreiten sich viele Keime, die die Atemwege angreifen, rasend schnell über die Luft. Die Tröpfchen fliegen beim Husten oder Niesen durch das Zugabteil, das Büro, das Spielzimmer. Hallo Schniefnase, Husten, Fieber & Co.!
Unsere Atemwege sind die Transportstraßen für den lebensnotwendigen Sauerstoff. Sie sind wie eine kuschelige Rutschbahn für die Luft. Wir atmen sie über Mund und Nase ein, sie wird erwärmt, gereinigt und weitertransportiert.
Schleimhäute kleiden die Bronchien aus und befeuchten die einströmende Luft. Flimmerhärchen, die sich ständig gegen den Luftstrom bewegen, halten die Atemwege frei von Staub, Schleim und Fremdkörpern. Schleim wird im Rachen ausgehustet oder verschluckt. Ein geschmeidiges System – solange es funktioniert. Aber leider ist es anfällig für Infektionen, die das Gleichgewicht stören. Einmal aus dem Rhythmus gekommen, steckt Schleim fest und verursacht Probleme beim Atmen. Der Beginn einer möglichen Atemwegsinfektion.
Aufbau der Atemwege
Die oberen Atemwege umfassen Mund- und Nasenhöhle, Nasennebenhöhlen, Rachen und Kehlkopf. Mit den unteren Atemwegen sind Luftröhre und Bronchien gemeint, die in die Lunge münden. Im Brustkorb nimmt der Sauerstoff verschiedene Abzweigungen. Die Luftröhre teilt sich in die Hauptbronchien auf, die führen in die Lunge und verästeln sich dort. Sie werden immer feiner und kleiner. Am Ende der Bronchienästchen sitzen die Lungenbläschen. Hier wird das Gas ausgetauscht: Blut fließt vorbei, nimmt den eingeatmeten Sauerstoff mit und transportiert Kohlendioxid zu der Luft, die wir ausatmen.
Typischer Verlauf einer Atemwegsinfektion
Schnupfen, Grippe, Nebenhöhlenentzündung, Rachenentzündung oder akute Bronchitis – Atemwegsinfekte starten fast immer mit laufender Nase, Kratzen im Hals, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen, man fühlt sich fiebrig, schlapp und antriebslos.
Das Tückische daran: In die bereits geschädigte Schleimhaut können Bakterien der eigenen Schleimhautflora eindringen und eine bakterielle Sekundärinfektion (zusätzliche bakterielle Infektion) kann die Folge sein. Vermehren sich die Bakterien, kann aus der einfachen viralen Erkältung – meist durch Viren verursacht – eine bakterielle Nebenhöhlenentzündung, eine Bronchitis oder eine Lungenentzündung entstehen. Auch die echte Grippe nimmt bei einer solchen zusätzlichen bakteriellen Infektion einen schwereren Verlauf.
Wieso sind Kinder häufiger von Atemweginfekten betroffen?
Atemwegsinfekte bringen vor allem Eltern von Kleinkindern zur Verzweiflung, denn gefühlt schließt sich ein Infekt dem nächsten an. Vier bis zehn Infektionen pro Jahr sind für Kinder unter zwei Jahren normal; sogar bis zu dreizehn, wenn sie in Gemeinschaftsbetreuungen untergebracht sind. Sind die Kinder zwei Jahre alt, sind es immer noch vier bis acht Atemwegsinfekte und bis zu zwei Magen-Darm-Infektionen pro Jahr.
Der Grund hierfür? Kinder stecken sich gegenseitig schnell an. Beim Basteln und Spielen sind die Köpfe eng zusammen, sie teilen Spielzeug und nehmen es mit dem Händewaschen nach dem Niesen nicht so genau. Manche Erkältungswelle legt ganze Kitas, im wahrsten Sinne des Wortes, flach – inklusive Betreuungspersonal und Eltern. Denn Erkältungserreger sind fies: Infizierte stecken oft andere schon an, noch bevor sich die ersten Symptome zeigen und man sich krank fühlt.
Gerade Mandelentzündungen treten bei Kindern sehr häufig auf. Das liegt daran, dass das Immunsystem noch in der Lernphase ist: Jeder Fremdkörper im Mund gilt erst einmal als Eindringling und aktiviert die Schutzmechanismen, also eine Mandelentzündung. Die Mandeln üben dadurch eine wichtige Funktion in der körpereigenen Abwehr aus, deshalb werden sie nur bei wiederholten Entzündungen entfernt, möglichst nur teilweise und nicht in den ersten vier Lebensjahren.
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Wie lassen sich Atemwegsinfekte vorbeugen?
Seien Sie egoistisch – für die Gesundheit aller: Wer sich selbst vor Ansteckung schützt, beugt nicht nur im eigenen Interesse vor, sondern schützt auch andere vor einer Infektion. Je weniger Infektionen entstehen, desto weniger Medikamente müssen eingesetzt werden.
Das schützt vor Ansteckung – der eigenen und der anderer:
- Vermeiden Sie, sich ins Gesicht zu greifen, denn über Augen, Mund und Nase gelangen Erreger in die Schleimhäute
- Hygiene im Alltag: Gründliches Händewaschen (zählen Sie 20 Sekunden oder singen Sie einmal Happy Birthday, während Sie sich die Hände einseifen)
- Handtücher häufig wechseln, nicht mit anderen teilen oder Papiertücher verwenden.
- Rücksichtsvoll in die Armbeuge niesen und husten – Abstand halten
- Papiertaschentücher nur einmal verwenden und sofort entsorgen
- Während einer heftigen Grippe- oder Erkältungswelle auf Händeschütteln verzichten
- Jährliche Grippeschutzimpfungen gegen Influenza-Viren vor allem für Risikogruppen wie chronisch Kranke, beispielsweise Asthmatiker, Diabetiker und Personen mit Herz-Kreislauferkrankungen, Schwangere und Personen über 60 Jahre.
- Kranke und Menschenansammlungen meiden
- Wer einen Infekt mit sich schleppt, sollte keine Schwangeren, chronisch Kranken oder alten Menschen besuchen
Der Husten- und Niesen-Knigge
Beim Husten schleudern wir mit einer Geschwindigkeit von 900 Kilometern pro Stunde explosionsartig die Luft aus dem Rachen. Bei einer Erkältung schnellen so Viren, genauso schnell wie ein Airbus A 380, in unsere nächste Umgebung. Dort bleiben sie an Türklinken, Händen, Kleidung oder Gegenständen haften, wo sie nach kurzem Zwischenstopp dann eine andere Person abholt. Beim Husten und Niesen daher bitte Folgendes beachten:
- Abstand halten
- Das Gesicht abwenden und in die Armbeuge niesen und husten
- Einmal-Taschentücher beim Husten und Niesen vor das Gesicht halten
- Einmal-Taschentücher nach der Verwendung sofort entsorgen
- Statt Schnäuzen besser das Nasensekret hochziehen
- Keine Hände schütteln
- Menschenansammlungen vermeiden
Der Schnäuz-Tipp
Beim Schnäuzen wird nämlich kräftig ausgepustet, dieser hohe Druck kann das Sekret in die Nasennebenhöhlen pressen. Schlimmstenfalls kann dies eine schmerzhafte Entzündung der Nasennebenhöhlen auslösen. Wer trotzdem lieber schnäuzt, sollte darauf achten, nie gleichzeitig Luft durch beide Nasenlöcher zu pressen, sondern ein Nasenloch nach dem anderen zu reinigen. Das vermindert das Risiko einer Nasennebenhöhlenentzündung.
Wann muss ich mit einer Atemwegsinfektion zum Arzt?
Im Herbst und Winter sind die meisten Viren unterwegs, die eine Erkältung (grippaler Infekt) oder die Grippe auslösen. Wenn die Krankheitszeichen plötzlich einsetzen und das Allgemeinbefinden schwer beeinträchtigen, ist es ratsam, direkt einen Arzt aufzusuchen. Besonders bei anhaltend hohem Fieber sollte spätestens ab dem dritten Erkrankungstag der Weg in eine Arztpraxis führen. Bei Säuglingen, Senioren oder Menschen mit einer geschwächten Immunabwehr verlaufen Krankheiten oft schwerer. Auch wer chronisch krank ist oder regelmäßigen Kontakt zu Menschen mit einem erhöhten Risiko hat, sollte Beschwerden sicherheitshalber ärztlich abklären lassen.
Welche Therapie ist bei Atemwegsinfekten sinnvoll?
Wer länger als drei Tage krank ist, braucht in der Regel eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt. Sie sollten dort auch Vorerkrankungen ansprechen oder darauf hinweisen, wenn Sie häufig an Infekten leiden und geschwächt sind. Nach diesen Informationen wird sich die Therapie richten. Kinderärzte kennen ihre kleinen Patienten und deren Lebensumstände meist durch die regelmäßigen Untersuchungen sehr gut und wissen, was im normalen Rahmen ist und wann weitergehende Untersuchungen angesagt sind.
Neun von zehn Erkältungskrankheiten sind durch Viren ausgelöst. Mit Antibiotika können jedoch nur Bakterien bekämpft werden. Ist die Erkältung durch Viren verursacht, kann die Therapie mit einem Antibiotikum daher nichts bewirken und sorgt weder für eine Linderung der Beschwerden noch für eine schnellere Heilung.
Das sind die fünf häufigsten Atemwegserkrankungen
Atemwegserkrankungen und Kälte – das gehört zusammen. Im Winter haben Husten und Schniefnase Hochkonjunktur. Kälte schwächt unser Immunsystem, trockene Heizungsluft reizt die Schleimhäute, wir sind mehr drinnen und enger mit anderen Menschen und deren Keimen zusammen. Leichtes Spiel für Viren und Bakterien in die Schleimhäute einzudringen und die Atemwege anzugreifen. Das sind die häufigsten Erkrankungen.
Erkältung (grippaler Infekt)
Zwei bis vier Tage nach einer Tröpfcheninfektion beginnt sie und dauert etwa eine Woche: Die Krankheitserreger – meist Viren – attackieren in den meisten Fällen die oberen Atemwege. Vor allem im Frühjahr und Herbst hat sie Konjunktur und trifft im Schnitt jeden Erwachsenen zwei- bis viermal pro Jahr.
Risikofaktoren: Schwaches Immunsystem, Stress, zu wenig Schlaf, Krankheiten, starke Anstrengungen beim Sport, große Menschenansammlungen. Die Erkältung verläuft meist harmlos und ohne Fieber.
Akute Bronchitis
Diese Entzündung der Bronchialschleimhäute zählt zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt. Hauptsaison ist der Winter. Die Schleimhäute schwellen an und erschweren so das Atmen. Heftiger Husten, bei dem der Brustkorb schmerzt, ist das häufigste Symptom, oft begleitet von Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen. Bestes Heilmittel: Bettruhe.
Häufen sich bei einem Kind die Bronchitis-Erkrankungen, wird der Arzt abklären, ob eventuell unerkanntes Asthma dahintersteckt.
Grippe
Plötzliches hohes Fieber – das ist typisch für eine Grippe. Diese Infektion mit dem hochansteckenden Influenza-Virus wird durch Tröpfchen beim Sprechen, Niesen oder Husten durch die Luft über kurze Wege übertragen und befällt die Atemwege. Typische Symptome sind neben dem plötzlichen Fieber Abgeschlagenheit, trockener Reizhusten, Kopf- und Muskelschmerzen, Appetitlosigkeit, auch Schweißausbrüche und Halsschmerzen.
Sie dauert zwischen fünf und sieben Tagen, allerdings schwächt meist der begleitende Reizhusten das Immunsystem über eine noch längere Zeit. Das Risiko? Sie ist hochansteckend, schon bevor sich die ersten Symptome zeigen. Zwischen der Ansteckung und dem Ausbrechen der Infektionskrankheit liegen ein bis drei Tage.
Die Grippe sollte nicht unterschätzt werden: Bis zu 20.000 Menschen sterben in Deutschland pro Jahr durch das Grippevirus. Wirksamster Schutz ist eine Grippeschutzimpfung. Sie ist jährlich nötig, da sie auf die jeweils aktuell erwarteten Krankheitserreger abgestimmt ist.
Eine Grippe kann Folgeerkrankungen wie Mittelohr-, Herzmuskel- oder eine Lungenentzündung nach sich ziehen.
Lungenentzündung
Bei der Pneumonie (Lungenentzündung) ist das Lungengewebe entzündet. Bakterien, Viren oder Pilze können diese Infektion hervorrufen. Streptokokken – Streptococcus pneumoniae, eine weit verbreitete Bakterienart – sind der häufigste Grund einer Lungenentzündung. Übertragen durch Tröpfcheninfektion siedeln sie sich im Nasen-Rachen-Raum an.
Bei leichten Infektionen verordnen Ärzte Antibiotika, zumeist Penicillin, in Tablettenform. Das Risiko? Resistente, gegen Medikamente unempfindliche Erreger. Sie machen die Lungenentzündung so gefährlich, da ihre Zahl stark steigt und immer mehr gängige Antibiotika unwirksam werden.
Neue Therapien und Impfstoffe stehen im Fokus der Forschung. Besonders gefährdet sind schwache, chronisch kranke oder ältere Menschen, Säuglinge und Kleinkinder.
Keuchhusten
Der Name kennzeichnet das herausstechende Symptom, den keuchenden Husten, der mehrere Wochen lang dauert und die Erkrankten vor allem nachts plagt. Die krampfartigen Hustenanfälle können sich bis zu Atemnot, Erbrechen oder dem Würgen von Schleim steigern. Die Anfälle können mehrere Minuten dauern.
Pertussis (Keuchhusten) ist hochansteckend und zwar das ganze Jahr über. Keuchhusten wird durch Bakterien ausgelöst, die durch Tröpfcheninfektion übertragen werden. Vorbeugung: Säuglinge werden in der Regel ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat gegen Keuchhusten geimpft.
Diese Grundimmunisierung von Babys und Kleinkindern – bevorzugt mit Kombinationsimpfstoffen als Teil der Sechsfach-Impfung – erfolgt in vier Impfdosen. Erwachsene sollten sich einmalig gegen Keuchhusten impfen lassen.
Die Zahl der Erkrankungen wächst trotzdem, das Alter der Erkrankten steigt und liegt inzwischen bei 42 Jahren. Den Grund sehen Forscher in der Impfmüdigkeit. Der Impfschutz lässt nach und wird nicht mehr aufgefrischt. Keuchhusten kann tödlich sein. Zwei von 1.000 Erkrankten in Industrieländern sterben daran, meist Säuglinge. In Deutschland muss Keuchhusten von den Ärzten an das Gesundheitsamt gemeldet werden.
Tipps bei Atemwegsinfekten
- Bettruhe
- Häufiges Lüften vertreibt die Erreger
- Feuchte Tücher über Heizkörper halten die Raumluft insbesondere im Winter feucht
- Inhalieren – Wasserdampf hilft, die Schleimhäute abschwellen zu lassen, ohne oder mit Zusatz von ätherischen Ölen, Kräutern oder Salzen
- Abschwellende Nasensprays erleichtern das Atmen
- Viel trinken, besonders Tee
- Bei Halsschmerzen Hustendrops lutschen – gegen leichte Kopf- und Gliederschmerzen helfen Schmerzmittel
Atemwegsinfekte: Warme Zwiebelsäckchen bei Ohrenschmerzen
Die Wunderknolle Zwiebel hilft nicht nur bei Insektenstichen, die ätherischen Öle wirken antibakteriell und desinfizierend bei akuten Ohrenschmerzen, gerade bei Kindern ab etwa acht Monaten. Denn Mittelohrentzündungen treten bei Kindern häufig als Begleiterscheinung von Infekten auf.
Rezept: Warme Zwiebelsäckchen
Das braucht man:
- 1 kleine Zwiebel
- (Kinder-)Socke oder Teefilter aus Papier oder Papiertuch
- Stirnband, Tuch, Mütze
So wird es gemacht:
- Die Häute der Zwiebel werden auseinander gepellt
- In den Filter oder ein Papiertaschentuch füllen
- Das Päckchen in einer Schale über kochendem Wasser erwärmen.
- Leicht drücken, damit der Saft austritt
- Temperatur am eigenen Unterarm testen
- Stirnband, Mütze oder Tuch um den Kopf des Patienten, darunter – über dem schmerzenden Ohr – das Zwiebelsäckchen feststecken.
- Etwa 20 Minuten wirken lassen – mehrfach am Tag frisch anwenden. Schläft das Kind dabei ein, können die Säckchen auch länger auf den Ohren bleiben.