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Tinnitus: Ursachen, Symptome und Behandlung

Veröffentlicht am:29.04.2021

12 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 30.01.2024

Wenn es über eine längere Zeit ohne Erklärung im Ohr zischt, pfeift oder klingelt, wird das als Tinnitus bezeichnet. Was löst die Beschwerden aus? Und was können Betroffene dagegen tun? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Mann hält sich das Ohr, weil er an einem Tinnitus leidet.

© iStock / Nes

Was ist ein Tinnitus?

Tinnitus ist die medizinische Bezeichnung für Ohrgeräusche. Ursprünglich kommt das Wort Tinnitus aus dem Lateinischen und bedeutet „Klingeln“. Menschen, die unter einem Tinnitus leiden, beschreiben die Ohrgeräusche häufig als Pfeifen, Brummen, Rauschen, Klicken, Klopfen oder Summen. Die wahrgenommenen Töne können dabei laut oder leise, hoch oder tief sein. Manche hören sie nur auf einem Ohr, manche auf beiden.

Ein Tinnitus ist oft mit Hörstörungen verbunden, kommt aber auch ohne vor. Tinnitus ist relativ häufig: Etwa jeder vierte Erwachsene in Deutschland hat schon einmal darunter gelitten. Den Ohrgeräuschen liegt fast nie eine ernsthafte Erkrankung zugrunde. Meist verschwinden sie auch wieder von allein. Dauert das Ohrgeräusch nicht länger als drei Monate, wird es als akuter Tinnitus bezeichnet. Bleibt der Tinnitus aber über mehr als drei Monate bestehen, spricht man von chronischem Tinnitus. Die Schweregrade und der Verlauf eines Tinnitus können sehr unterschiedlich sein. Meist wird dieser als wenig störend empfunden oder kann gut durch Hörhilfen (Hörgeräte) ausgeglichen werden. Manche der Betroffenen leiden aber sehr unter dem Tinnitus, weil er sie dauerhaft privat und beruflich belastet.

Arten von Tinnitus

Können nur die Betroffenen die Ohrgeräusche hören, andere aber nicht, spricht man von einem subjektiven Tinnitus. Daneben gibt es den sehr seltenen objektiven Tinnitus, auch pulssynchroner Tinnitus genannt, bei dem Mediziner und Medizinerinnen das Geräusch ebenfalls hören oder nachweisen können. Bei solch einem durch Gefäßprobleme verursachten Tinnitus lassen sich die Pulsgeräusche mit einem Stethoskop in der Halsarterie wahrnehmen.

Was sind Ursachen für einen Tinnitus?

Ein Tinnitus ist ein Zeichen dafür, dass im Hörsystem etwas nicht stimmt. Zu diesem komplexen System gehören neben dem Außen-, Mittel- und Innenohr auch der Hörnerv, die Hörbahn sowie das Hörzentrum im Gehirn. Alle Teile des Hörsystems können ursächlich für einen Tinnitus sein. So können die Ohrgeräusche sogar durch ein Stück Ohrenschmalz ausgelöst werden, das den Gehörgang im Außenohr blockiert. In über 90 Prozent der Fälle tritt ein Tinnitus in Verbindung mit Schwerhörigkeit auf. Häufig wird der Hörverlust von den Betroffenen jedoch gar nicht so empfunden, weil die Einschränkung durch den Tinnitus im Vordergrund steht. Vorübergehend kann auch eine Lärmbelastung einen Tinnitus auslösen. Menschen, die in einer lauten Umgebung arbeiten, zum Beispiel Arbeitskräfte in Fabriken, auf Baustellen oder Musikschaffende, können im Laufe der Zeit einen Tinnitus entwickeln, wenn die ständige Lärmbelastung winzige sensorische Haarzellen im Innenohr beschädigt. Daher ist es an Arbeitsplätzen mit Lärmbelastung vorgeschrieben, einen Gehörschutz zu tragen.

Tinnitus kann durch bestimmte Krankheiten des Ohres und der Hörbahn, zum Beispiel Morbus Menière, Otosklerose und chronische Mittelohrentzündungen, Kiefergelenksprobleme oder aufgrund eines geplatzten Trommelfells ausgelöst werden.

Ein Tinnitus kann zudem mit anderen Grunderkrankungen verbunden sein, zum Beispiel mit Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen, Angststörungen oder Depression. Er kann ebenso eine Nebenwirkung von Medikamenten sein, unter anderem von Chemotherapien, Antibiotika, Aspirin und bestimmten anderen Schmerzmitteln. In den meisten Fällen lässt sich allerdings keine Ursache für einen Tinnitus feststellen.

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Mögliche Folgen eines Tinnitus

Die meisten Betroffenen können sehr gut mit dem Tinnitus leben. Löst ein Tinnitus jedoch ernsthafte Belastungen aus, können sich daraus schwerwiegenden Probleme entwickeln, zum Beispiel:

So beugen Sie einem Tinnitus vor

Lärmbedingter Hörverlust, der auf eine Schädigung der Haarzellen des Innenohrs zurückzuführen ist, ist eine der häufigsten Ursachen für Tinnitus. Das Wichtigste, das Sie dagegen tun können, ist, sich vor lauten Geräuschen zu schützen. Zum Beispiel, indem Sie sich von Lärmquellen entfernen, die Lautstärke verringern oder Ohrenstöpsel beziehungsweise Ohrenschützer tragen. Das ist zum Beispiel sinnvoll auf einer Baustelle, beim Arbeiten mit lauten Geräten oder beim Besuch eines lauten Konzerts. Zudem sollten Sie stets darauf achten, Ohrenerkrankungen gut auszukurieren, sodass Sie diese nicht verschleppen. Wenn möglich, sollten Sie Stress vermeiden und versuchen, keine Angst vor einem Tinnitus zu entwickeln. Entspannungstechniken können helfen, das parasympathische Nervensystem anzusprechen und so Stress und Angst effektiv zu reduzieren.

Eine Seniorin meditiert in der Lotusposition auf dem Boden in ihrem Schlafzimmer.

© iStock / Goodboy Picture Company

Körperliche und mentale Entspannung, beispielsweise durch Yoga und Meditation, können helfen, die Tinnitus-Belastung zu lindern.

Tinnitus: Wann zum Arzt oder zur Ärztin?

Tinnitus tritt bei vielen Menschen auf und verschwindet meist wieder von alleine. Sie sollten allerdings nicht zögern, Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin aufzusuchen, wenn:

  • der Tinnitus Sie belastet,
  • er schlimmer wird,
  • er Ihren Schlaf und Ihre Konzentration beeinträchtigt,
  • Sie sich durch den Tinnitus ängstlich oder depressiv fühlen,
  • der Tinnitus gemeinsam mit einem plötzlichen Hörverlust (Hörsturz) auftritt.

Der Allgemeinmediziner oder die Allgemeinmedizinerin überprüft, ob es eine behandelbare Ursache für den Tinnitus gibt: Blockiert zum Beispiel Ohrenschmalz den Gehörgang oder liegen Erkrankungen vor, die den Tinnitus verursachen könnten? In der Regel erfolgt eine Überweisung an einen HNO-Arzt oder eine HNO-Ärztin, weil es sich beim Tinnitus um eine Störung des Hörsystems handelt. Diese werden Hals, Nase und Ohren untersuchen, das Gehör überprüfen und weitere Untersuchungen durchführen, um die Lautstärke und den Schweregrad des Tinnitus einzuordnen. Expertinnen und Experten unterscheiden dabei vier Schweregrade:

  • 1. Grad – Der Tinnitus ist gut kompensiert, kein Leidensdruck.
  • 2. Grad – Der Tinnitus tritt hauptsächlich bei Stille auf und wirkt störend bei Stress und Belastungen.
  • 3. Grad – Der Tinnitus führt zu einer dauernden Beeinträchtigung im privaten und beruflichen Bereich. Es treten Störungen im emotionalen, kognitiven und körperlichen Bereich auf.
  • 4. Grad – Der Tinnitus führt zur völligen Dekompensation im privaten Bereich – das wiederkehrende oder dauerhafte Störgeräusch ist zu einer psychischen Belastung geworden, Betroffene sind berufsunfähig.

Die HNO-Ärztinnen und -Ärzte können auch dabei helfen einzuschätzen, wie schwer die Beeinträchtigung ist, die der Tinnitus bei Ihnen verursacht und was man dagegen tun kann. Wenn Sie zusätzliche Begleiterkrankungen haben, die mit dem Tinnitus in Verbindung gebracht werden können, werden womöglich weitere Ärztinnen und Ärzte eingebunden. Das können Neurologinnen oder Neurologen sein, Orthopädinnen oder Orthopäden sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte. Wenn es sich um psychosomatische Begleiterkrankungen handelt, können Psychiaterinnen und Psychiater oder Psychologinnen und Psychologen einbezogen werden.

Was ist ein Tinnitus und wie wird er behandelt? Antworten gibt Doc Felix.

Chronischer Tinnitus: So wird er behandelt

Gibt es eine zugrundeliegende Erkrankung oder bekannte Ursache, wird diese behandelt. Für einen subjektiven, chronischen Tinnitus gibt es zwar viele Therapieansätze – leider kann jedoch keine der Therapien nachprüfbar den Tinnitus heilen oder abschwächen. Allerdings gibt es wirksame Behandlungsansätze, wie unten beschrieben, die Ihnen dabei helfen, mit dem Tinnitus gut leben zu können.

Wenn es sich um einen subjektiven, chronischen Tinnitus handelt, für den es keine äußere, behandlungsfähige Ursache gibt, wird Sie Ihr Arzt oder Ihre Ärztin beraten. Insbesondere wird er oder sie über die Ergebnisse der Untersuchungen informieren und Ihnen sagen, was Sie gegen eine Verschlimmerung der Ohrgeräusche tun können. Außerdem wird der Arzt oder die Ärztin erklären, welche Möglichkeiten es gibt, die Belastungen durch den Tinnitus zu vermindern und gegebenenfalls Methoden anbieten, die einen guten Umgang damit ermöglichen können.

  • Bei einer schwerwiegenden Belastung durch den Tinnitus, insbesondere, wenn diese zu Depressionen oder Angststörungen führt, kann eine kognitive Verhaltenstherapie sinnvoll sein. Dabei erlernen Sie Strategien, um mit dem Tinnitus gut leben können.
  • Bei einer zugrundeliegenden Schwerhörigkeit können Hörgeräte helfen. Das kann insofern Ihren Tinnitus lindern, indem Sie wieder vermehrt Außengeräusche wahrnehmen, die den Tinnitus überdecken.
  • Der Austausch mit anderen Betroffenen kann ebenfalls guttun. Hier können Sie zudem vom Wissen und den Erfahrungen der anderen profitieren. Kontakte zu Selbsthilfegruppen und Informationen rund um das Thema Ohrgeräusche finden Sie bei der Deutschen Tinnitus-Liga.

Apps, die gegen einen Tinnitus helfen sollen, indem sie die Tinnitusfrequenzen aus der Musik filtern, haben sich in einer Studie leider als unwirksam erwiesen. Sinn dieser Apps soll es sein, dass Sie wie gewohnt Ihre Lieblingsmusik hören, jedoch filtern die Apps die Frequenz aus den Songs, die Ihr eigener Tinnitus hat. Liegt Ihr Tinnitus-Ton beispielsweise bei 1000 Hertz, wird dieser Bereich aus der Musik ausgeblendet. So soll die App den Tinnitusbereich beruhigen und die Intensität des Geräuschs mildern. Kritiker bemängeln, dass das damit verbundene Hören der Lieblingsmusik über Kopfhörer möglicherweise zu weiteren Schädigungen des Ohres führt.

Was Sie selbst gegen Ihren Tinnitus tun können:

  • Wichtig ist es, dem Tinnitus wenig Bedeutung im eigenen Leben zu geben. Entspannung kann dabei helfen, zum Beispiel durch Yoga oder andere Entspannungsübungen.
  • Sich auf den Tinnitus zu konzentrieren, kann ihn verschlimmern. Bleiben Sie aktiv und lenken Sie sich so vom Tinnitus ab.
  • Vermeiden Sie möglichst Faktoren, die den Tinnitus schlimmer machen, zum Beispiel Stress oder Lärm.
  • Um den Tinnitus auszublenden und am Abend besser Schlaf zu finden, kann ein Maskieren des Tinnitus, also eine Überdeckung durch andere Geräusche, helfen – durch einen Zimmerspringbrunnen oder angenehme Geräusche wie Meeresrauschen oder Sommernachtgeräusche.
  • Meiden Sie völlige Stille, in dieser wird der Tinnitus stärker wahrnehmbar.

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