Organe
Wie funktioniert das Ohr?
Veröffentlicht am:16.08.2023
5 Minuten Lesedauer
Hören ist ein vielschichtiger Prozess, an dem viele winzige Komponenten beteiligt sind: kleine Knochen, Membrane, Sinneszellen und Nerven. Es ist faszinierend, wie sie zusammenspielen, damit wir ein Geräusch hören und einordnen können.
Das menschliche Ohr: Aufbau
Die Ohren sind komplex aufgebaut – und ebenso komplex ist das Zusammenwirken der einzelnen Teilsysteme beim Hören. Das Ohr verwandelt Schallwellen in Signale, die über die Nervenbahnen zum Gehirn gelangen. Dort werden sie ausgewertet, indem sie mit früheren Wahrnehmungen und Erfahrungen in Beziehung gesetzt werden. So nehmen wir etwas als laut oder leise wahr, erkennen Sprache oder Geräusche, wie zum Beispiel die Türklingel.
Das Ohr besteht aus drei Hauptteilen:
Außenohr
Zum äußeren Ohr gehören die Ohrmuschel und der äußere Gehörgang, der am Trommelfell endet. Die Ohrmuschel besteht aus Haut, vor allem aber aus elastischem Knorpel. Die Ohrmuschel dient als Trichter, um den Schall in den Gehörgang zu leiten. Der äußere Gehörgang ist 3 bis 3,5 Zentimeter lang. Die Wände des Gehörgangs sind im ersten Abschnitt knorpelig, im zweiten knöchern. In der Haut des knorpeligen Teils befinden sich Talgdrüsen, die Ohrenschmalzdrüsen und Haarfollikel, aus denen kleine Haare wachsen. Ohrenschmalz schützt den Gehörgang vor dem Eindringen von Wasser, Staub und Schmutz. Das Trommelfell ist eine straffe, dünne Haut, die das Außenohr vom Mittelohr abgrenzt.
Mittelohr
Hinter dem Trommelfell folgt auf den äußeren Gehörgang das Mittelohr, zu dem die Paukenhöhle und die drei winzigen, mit Schleimhaut überzogenen Gehörknöchelchen „Hammer“, „Amboss“ und „Steigbügel“ gehören – die kleinsten Knochen im Körper. Der „Hammer“ ist eingelassen in das Trommelfell. Die beiden anderen Gehörknöchelchen sind dann über Gelenke mit dem „Hammer“ verbunden. Der „Steigbügel“ schließt am sogenannten ovalen Fenster ab, eine feine Membran zwischen dem luftgefüllten Raum des Mittelohrs und dem flüssigkeitsgefüllten Raum des Innenohrs. Von der Paukenhöhle geht die so genannte Ohrtrompete ab, eine Röhre, die das Mittelohr mit dem Nasenrachenraum verbindet. Die hier aus- und einströmende Luft gleicht unterschiedliche Druckverhältnisse der Umgebung aus, zum Beispiel beim Fliegen. Funktioniert das nicht richtig, kommt es zu Ohrendruck.
Innenohr
Das Innenohr wird vom Felsenbein geschützt und ist mit einer Flüssigkeit gefüllt, der Perilymphe. Im Innenohr befinden sich die Hörschnecke und daneben das Gleichgewichtsorgan. Die Hörschnecke ist ein knöcherner Gang, der in drei Räume unterteilt ist: Vorhoftreppe, Schneckengang und Paukentreppe. Vorhof- und Paukentreppe sind wie der Rest des Innenohrs mit Perilymphe gefüllt, der mittige Schneckengang aber mit einer anderen Flüssigkeit, der Endolymphe. Die unterschiedlichen Elektrolytgehalte der Lymphen sind wichtig für den Prozess des Hörens.
Den Boden des Schneckenganges bildet eine dünne Haut, die Basilarmembran. Auf ihr liegt das Corti-Organ, in dem die Umwandlung von Schallwellen in Nervenimpulse erfolgt. Es ist mit über 25.000 Flimmerhärchen ausgekleidet. Das sind in Reihen angeordnete Sinneszellen, die auch als Haarzellen bezeichnet werden. Von der Hörschnecke geht der Hörnerv ab, der Ohr und Gehirn verbindet.
Von der Ohrmuschel bis zum Gehirn: Hören einfach erklärt
Folgende Funktionen übernehmen die verschiedenen Knochen und Membranen im menschlichen Ohr beim Prozess des Hörens:
- Die Ohrmuschel fängt Schallwellen auf.
- Der Schall wird über den äußeren Gehörgang in Richtung Mittelohr weitergeleitet.
- Wenn die Schallwellen auf das Trommelfell auftreffen, versetzen sie es in Schwingungen.
- Über die Kette der Gehörknöchelchen – vom „Hammer“ am Trommelfell über den „Amboss“ zum „Steigbügel“ am ovalen Fenster– werden die Trommelfellschwingungen verstärkt und von der luftgefüllten Paukenhöhle in das mit Flüssigkeit gefüllte Innenohr übertragen.
- Im Innenohr werden die verstärkten Schwingungen von der Hörschnecke aufgenommen.
- Die „Härchen“ auf den Haarzellen im Cortio-Organ werden in Schwingung versetzt und diese Schwingungen in elektrische Nervenimpulse umgewandelt.
- Die elektrischen Impulse werden über die Nervenbahnen des Hörnervs an das Hörzentrum im Gehirn weitergeleitet.
- Im Gehirn werden die Impulse in eine für uns verständliche Information umgewandelt, die wir als Töne und Geräusche wahrnehmen.
Neben dem Hören erfüllen die Ohren noch eine weitere wichtige Funktion: Sie sind über das Gleichgewichtsorgan im Innenohr, das auch Vestibularapparat genannt wird, zusammen mit den Augen sowie Rezeptoren in der Haut, den Muskeln, Gelenken und Sehnen am Gleichgewichtssinn beteiligt.
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Beeinträchtigungen und Erkrankungen des Gehörs
Wenn wir schlechter hören, kann das ganz harmlose Ursachen haben, zum Beispiel Wasser im Gehörgang nach dem Baden oder einen mit Ohrenschmalz verstopften Gehörgang.
Aber auch eine Schädigung oder Erkrankung der Ohren kann Schwerhörigkeit verursachen. Solche Erkrankungen können den Gehörgang, das Mittelohr oder das Innenohr betreffen. Wenn Gehörgang oder Mittelohr betroffen sind, spricht man von einer Schallleitungsschwerhörigkeit. Der Schall wird nicht richtig an das Innenohr weitergeleitet und Schallsignale werden leiser.
Liegt das Problem hingegen beim Innenohr, nennt man das Schallempfindungsschwerhörigkeit. Eine solche Innenohrschwerhörigkeit betrifft meist die Hörschnecke, seltener den Hörnerv. Schallsignale werden hierbei verändert wahrgenommen, weil verschiedene Tonfrequenzen unterschiedlich stark betroffen sind. Beide Formen der Schwerhörigkeit können kurzfristig (akut) oder dauerhaft (chronisch) sein. Auch eine Kombination aus Schallleitungs- und Schallempfindungsschwerhörigkeit ist möglich, zum Beispiel, wenn eine Entzündung vom Mittelohr auf das Innenohr übergreift.
Akute Schallleitungsschwerhörigkeit
Außer den schon genannten Verstopfungen des Gehörganges sind mögliche Ursachen:
- Verschluss der Ohrtrompete – meist infolge einer Erkältung oder infolge schneller Luftdruckveränderungen beim Fliegen oder Tauchen.
- akute Mittelohrentzündung: Durch die Ohrtrompete können außer Luft auch Krankheitserreger aus dem Nasen-Rachen-Raum in das Mittelohr gelangen und eine Entzündung auslösen.
- Eine Trommelfellverletzung nach einer Explosion, einem Schlag oder einer Ohrreinigung mit spitzen Gegenständen
- Gehörgangsentzündung
- Verletzungen am Kopf und Schädelbrüche, die die Kette der Gehörknöchelchen unterbrechen
Chronische Schallleitungsschwerhörigkeit
Für eine dauerhafte Beeinträchtigung der Schallweiterleitung sind mögliche Ursachen:
- angeborene Fehlbildungen oder Störungen im Bereich des äußeren oder mittleren Ohrs
- chronische Mittelohrentzündung
- Belüftungsstörung der Ohrtrompete (funktioneller Tubenverschluss)
- Verkalkung der Gehörknöchelchen
- verengter Gehörgang durch Narben oder nach Entzündungen
- selten Wucherungen im Gehörgang oder Mittelohr
Akute Schallempfindungsschwerhörigkeit
Für eine akute Beeinträchtigung des Innenohrs können folgende Ursachen in Frage kommen:
- Hörsturz
- starker Lärm durch eine Explosion oder einen Knall mit so großen Schwingungen, dass Haarzellen absterben
- Infektionserkrankungen, die manchmal auch das Innenohr mitbetreffen, wie zum Beispiel Mumps, Masern oder Scharlach
- Schädelbruch mit Bruch des Felsenbeins
- Riss im ovalen Fenster zwischen Mittelohr und Innenohr
- Nebenwirkungen von bestimmten Medikamenten wie zum Beispiel harntreibende Medikamente, einige Chemotherapeutika oder bestimmte Antibiotika
Chronische Schallempfindungsschwerhörigkeit
Die häufigste Form einer chronischen Schallempfindungsschwerhörigkeit ist die Altersschwerhörigkeit oder Presbyakusis – eine Folge von Verschleißerscheinungen vor allem der Haarzellen in der Gehörschnecke. Meist sind die Wahrnehmung hoher Töne und das Sprachverständnis als erstes beeinträchtigt. Weitere mögliche Ursachen einer chronischen Innenohrschwerhörigkeit sind:
- angeborene Störungen des Innenohrs
- tägliche mehrstündige Lärmbelastung ohne Gehörschutz, zum Beispiel auf Baustellen oder in Musikclubs oder regelmäßiges Musikhören über Kopfhörer bei über 80 Dezibel
- Morbus Menière, eine Innenohrerkrankung, die mit plötzlich auftretendem, starkem Drehschwindel einhergeht
- Erkrankungen der Hörnerven
- Störung im Hörzentrum des Gehirns, zum Beispiel nach einem Schlaganfall
- Gefäßverengungen
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