Organe
Endometriose: verirrtes Gewebe im Unterleib
Veröffentlicht am:14.02.2022
11 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 08.01.2024
Heftige Regelschmerzen, Schmerzen beim Toilettengang oder nach dem Geschlechtsverkehr – die Anzeichen einer Endometriose sind vielfältig und oft stark einschränkend. Heilbar ist die Krankheit nicht, oft lassen sich die Symptome aber deutlich lindern.
Was ist Endometriose?
Endometriose ist bei Frauen eine der häufigsten Erkrankungen des Unterleibs. Dabei siedelt sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter an – was zu vielfältigen Beschwerden führen kann.
Der Verlauf der Erkrankung kann sehr unterschiedlich sein: Bei manchen Betroffenen ist die Lebensqualität massiv eingeschränkt, andere wiederum können mit Therapie fast beschwerdefrei leben oder haben sogar gar keine Symptome.
Wie entsteht Endometriose?
Die genauen Ursachen für Endometriose sind nicht bekannt. Ein gestörtes Zusammenspiel der Hormone und ein fehlerhaft arbeitendes Immunsystem scheinen bei der Entstehung jedoch eine Rolle zu spielen. Zudem wird angenommen, dass erbliche Faktoren von Bedeutung sind.
Einige Experten und Expertinnen gehen davon aus, dass sich bei einer Endometriose Schleimhautzellen im Inneren der Gebärmutter ablösen, in das umliegende Gewebe gelangen und sich dort ansiedeln. Auf diese Weise sollen dann sogenannte Endometriose-Herde entstehen, also Ansammlungen von gebärmutterschleimhautartigem Gewebe an Stellen im Körper, wo sie eigentlich nicht hingehören. Es besteht auch die Theorie, dass sich bestimmte Zellen außerhalb der Gebärmutter aus noch ungeklärten Ursachen in Zellen der Gebärmutterschleimhaut umwandeln.
Wo breitet sich das wuchernde Gewebe aus?
Häufig finden sich die Endometriose-Herde in der Gebärmuttermuskulatur oder in der Eileiterwand. Dabei ist das neu entstandene Gewebe meist mit der Gebärmutterschleimhaut verbunden. Ebenfalls vermehrt besiedeln die Herde die Eierstöcke und die Eileiter sowie den Bereich zwischen der Gebärmutter und dem Enddarm. Deutlich seltener sitzt das wuchernde Gewebe im Bereich der Blase oder des Darms, ganz vereinzelt aber auch in der Lunge oder in anderen Organen außerhalb des Unterleibs.
Die Endometriose-Herde bauen sich wie die normale Gebärmutterschleimhaut im Verlauf des Monatszyklus regelmäßig auf und wieder ab. Blut und Gewebereste können aber nicht über die Scheide abfließen. Der Körper sorgt dann für den Abbau. Gelingt das nicht, können sich die Herde entzünden. Das kann zu Verwachsungen und Narben führen. Auch die Bildung von flüssigkeitsgefüllten Hohlräumen (fachsprachlich Zysten) ist möglich.
Endometriose: Diese Symptome sind möglich
Manche der erkrankten Frauen spüren eine Endometriose gar nicht oder kaum. Viele Betroffene leiden jedoch unter heftigen Schmerzen und Krämpfen, vor allem vor und an den ersten Tagen der Regelblutung sowie während oder nach dem Geschlechtsverkehr. Einige haben auch Beschwerden beim Stuhlgang und beim Wasserlassen. Zudem kann sich Endometriose auf die Fruchtbarkeit auswirken. Studien zeigen, dass 30 bis 50 Prozent der Frauen mit Endometriose unfruchtbar sind. Andersherum ist auch die Wahrscheinlichkeit für unfruchtbare Frauen, an Endometriose zu erkranken, 6- bis 8-mal höher als bei fruchtbaren Frauen.
Die Größe der Herde sagt dabei nicht viel über die Stärke der Symptome aus: Mitunter spüren Frauen selbst ausgedehnte Endometriose-Herde kaum, während auch kleinere Herde, je nach ihrer Lage, sehr heftige Beschwerden verursachen können.
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In welchem Alter und wie häufig tritt Endometriose auf?
Die Endometriose-Herde entstehen hormonabhängig und treten daher im geschlechtsreifen Alter auf – zwischen etwa 15 und 50 Jahren. Endometriose ist keine seltene Erkrankung. Genaue Zahlen liegen nicht vor, doch Experten und Expertinnen schätzen, dass die Häufigkeit zwischen 5 und 15 Prozent bei Frauen im gebärfähigen Alter liegt. Es könnte sogar jede zweite Frau, die von starken Schmerzen während der Regelblutung betroffen ist, Endometriose haben.
Nach den Wechseljahren macht sich die Endometriose in der Regel nicht mehr bemerkbar.
Diagnose Endometriose: Wie wird sie untersucht?
Oft wird Endometriose erst spät als solche erkannt und behandelt, da die Symptome vielfältig und nicht eindeutig sind. Viele Frauen suchen erst dann ärztlichen Rat, wenn sie unter sehr starken Schmerzen leiden oder die Versuche scheitern, schwanger zu werden.
Sprechen Sie Beschwerden, die auf eine Endometriose hindeuten können, zum Beispiel im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen in Ihrer gynäkologischen Praxis an.
Ärzte und Krankenhäuser für Endometriose
Für die Diagnose ist zunächst einmal das ärztliche Gespräch und eine gynäkologische Untersuchung erforderlich. Im Gespräch fragt der Arzt oder die Ärztin zum Beispiel nach der Art und der Stärke der Beschwerden, wann sie auftreten, wie lange sie schon bestehen, wie sehr sie das Leben beeinflussen und ob es bekannte Endometriose-Fälle in der Familie gibt.
Körperliche Untersuchung
Bei der anschließenden Tastuntersuchung wird geprüft, ob der Druck auf bestimmte Bereiche rund um die Gebärmutter schmerzhaft ist und ob Knoten oder Verhärtungen im Bindegewebe des Beckens zu spüren sind. Eine Sichtuntersuchung der Vagina mit einem Scheidenspiegel (Spekulum) gehört ebenfalls zu einer allgemeinen gynäkologischen Untersuchung und kann Hinweise auf die Ursache von Beschwerden liefern.
Ultraschall
Bei einem entsprechenden Verdacht nimmt der Arzt oder die Ärztin in der Regel zunächst eine Ultraschalluntersuchung durch die Bauchdecke und die Vagina vor, bei der sich größere Herde und Zysten meist gut erkennen lassen. Oft kann dann bereits über das weitere Vorgehen entschieden werden.
Bauchspiegelung
Um eine Endometriose wirklich sicher zu diagnostizieren, ist eine Bauchspiegelung, in der Fachsprache Laparoskopie genannt, erforderlich. Bei diesem Eingriff, der unter Vollnarkose stattfindet, wird ein dünnes Rohr mit einer kleinen Kamera in den Bauchraum eingeführt. Damit lassen sich auch kleinere Herde und Verwachsungen erkennen. Es werden Gewebeproben entnommen, mit denen die Diagnose bestätigt werden kann oder auch andere, zum Beispiel bösartige Erkrankungen, ausgeschlossen werden können.
Was kann man tun gegen Endometriose?
Die Behandlung der Endometriose hängt stark von den persönlichen Lebensumständen der Frau ab – etwa davon, ob sie sich noch ein Kind wünscht oder ob die Familienplanung bereits abgeschlossen ist. Daher sollte eine Therapie immer auf den individuellen Fall abgestimmt sein. Im Folgenden werden mögliche Behandlungsoptionen der Endometriose vorgestellt:
- Schmerzmittel
- Hormonpräparate
- Operation
Jede Behandlung birgt Risiken und es gibt keine Erfolgsgarantie. Es gibt bisher auch keine Belege für die Wirksamkeit von komplementärer Medizin wie zum Beispiel Akupunktur oder Homöopathie. Das Gleiche gilt auch für Ernährungsumstellungen, Yoga oder Entspannungsverfahren. Dennoch ist es auch in Hinblick auf andere Risiken lohnenswert, den Lebensstil zu ändern und das eigene Wohlbefinden zu verbessern. Das ist zum Beispiel durch Stressreduktion und mehr Sport und Bewegung möglich. Manche Frauen berichten zudem von der wohltuenden, entspannenden und krampflösenden Wirkung von Wärme durch eine Wärmflasche oder ein Wannenbad – besonders während der Periode.
Schmerzmittel gegen Endometriose
Schmerzmittel werden zur Linderung akuter Beschwerden eingesetzt. Bewährt haben sich insbesondere sogenannte nicht steroidale Antirheumatika, kurz NSAR. Zu ihnen gehören beispielsweise die Wirkstoffe Ibuprofen, Diclofenac und Acetylsalicylsäure (ASS). In niedrigen Dosierungen sind diese Medikamente rezeptfrei in der Apotheke erhältlich, höher dosiert sind sie verschreibungspflichtig. Die frei verkäuflichen Schmerzmittel sollten über einen längeren Zeitraum hinweg nicht ohne ärztlichen Rat eingenommen werden, da sie nie frei von Nebenwirkungen sind.
Welchen Nutzen haben Hormonpräparate bei Endometriose?
Um die körpereigene Hormonproduktion und damit den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, auch außerhalb der Gebärmutter, zu unterdrücken, sind hormonelle Wirkstoffe geeignet. Bei Endometriose kommen insbesondere Gestagene infrage sowie die meisten Anti-Baby-Pillen und sogenannte GnRH-Analoga. Letztere drosseln die Produktion des Östrogens so stark, dass sie eine Frau künstlich in die Wechseljahre versetzen.
All diese Hormonpräparate sind allerdings für Frauen ungeeignet, die schwanger werden möchten, da sie den Eisprung verhindern. Zudem besteht das Risiko für Nebenwirkungen wie beispielsweise Thrombosen, weshalb sie möglichst nur bei starken Beschwerden zum Einsatz kommen sollten – oder aber, weil eine Frau mit ihnen zusätzlich verhüten möchte. Auch die GnRH-Analoga bergen eine Reihe von Nebenwirkungen aus dem Bereich der Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, trockene Vagina und Stimmungsschwankungen. Bei längerfristiger Einnahme ist eine Verringerung der Knochendichte möglich.
Operation bei Kinderwunsch und Funktionseinschränkungen
Frauen mit Kinderwunsch, die keine Hormonpräparate nehmen dürfen, wird daher häufig zu einer Operation geraten. Eine OP ist vor allem dann meist unumgänglich, wenn es die Endometriose-Herde sind, die eine Schwangerschaft verhindern, weil sie zum Beispiel die Eileiter verklebt haben. Zysten, Verwachsungen und Narben können zudem die Funktion der Eierstöcke beeinträchtigen und so die Fruchtbarkeit vermindern. Selbst eine solch schwere Endometriose führt jedoch nicht zwingend zu einem unerfüllten Kinderwunsch. Manchmal kann auch eine medikamentöse Behandlung, die die Eireifung und den Eisprung unterstützen, zum Erfolg führen.
Ziel einer Operation ist es, möglichst alle Endometriose-Herde zu beseitigen. Unvermeidlich ist der Eingriff meist auch dann, wenn die Schleimhautwucherungen die Funktion der Blase oder des Darms stören. Neben der vergleichsweise schonenden Bauchspiegelung besteht die Möglichkeit eines herkömmlichen Bauchschnitts, der Laparotomie. Welche Methode jeweils geeignet ist, sollte mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin besprochen werden. Bei beiden Methoden werden die Herde unter Vollnarkose entweder per Skalpell, Laser oder mit einer elektrisch aufgeheizten Sonde entfernt. Allerdings bilden sich bei etwa einer von fünf operierten Frauen innerhalb von fünf Jahren neue Endometriose-Herde. Vielfach ist dann ein weiterer Eingriff erforderlich.
Operative Entfernung der Gebärmutter, Eierstöcke und Eileiter
Für Frauen mit sehr starken Beschwerden, die keinen Kinderwunsch mehr haben, gibt es eine weitere Option: Die Entfernung der Gebärmutter inklusive der Eierstöcke und Eileiter lässt die Symptome der Endometriose dauerhaft verschwinden. Da ein solch radikaler Eingriff die Frau allerdings von einem Tag auf den anderen in die Wechseljahre versetzt, wird er gewöhnlich nur als letzte Alternative zur Behandlung einer Endometriose in Betracht gezogen. Der Eingriff birgt das Risiko von Komplikationen wie Verletzungen von Organen, Blutungen und Wundinfektionen. Manche Frauen haben danach so starke Beschwerden, dass eine Hormonersatztherapie gewünscht wird. Diese wiederum kann die Endometriose-Beschwerden erneut hervorrufen. Daher sollte ein solcher Schritt nur nach Ausschöpfung aller Alternativen in Erwägung gezogen werden.
Unterstützung finden
Die Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. unterstützt Betroffene mit Beratungs-, Informations- und Selbsthilfeangeboten.