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Ist eine Hormonersatztherapie ratsam?
Veröffentlicht am:23.07.2021
6 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 24.01.2025
In den Wechseljahren kann eine Hormonersatztherapie gegen Symptome wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen helfen – doch sie kann auch das Krebsrisiko erhöhen.
Was ist eine Hormonersatztherapie?
In den Wechseljahren nimmt die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone ab. Wie oft und wie stark dies zu Beschwerden führt, ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Seit Ende der 1960er-Jahre gibt es für stark betroffene Frauen die Möglichkeit einer sogenannten Hormonersatztherapie, kurz HRT. Ziel ist, den Hormonmangel durch Medikamente künstlich auszugleichen und die Beschwerden der Wechseljahre zu lindern. Die Behandlung wurde schnell sehr populär: Bis vor etwa 20 Jahren galt die Hormonersatztherapie fast als eine Art Jungbrunnen, mit dem sich der Alterungsprozess aufhalten lässt. So wurden Hormone für manche Frauen zu einem Lifestyle-Medikament, das teilweise weit über das natürliche Ende der Wechseljahre hinaus angewendet wurde.
Einsatz gegen die Hitzewallungen in den Wechseljahren
In der Hormonersatztherapie wurde zunächst reines Östrogen eingesetzt. Denn vor allem das Fehlen dieses Hormons führt zu einem der Hauptprobleme der Wechseljahre, den Hitzewallungen. Relativ schnell stellte sich jedoch heraus: Bei Frauen, die noch ihre Gebärmutter hatten, stieg das Risiko für Gebärmutterschleimhautkrebs (Endometriumkarzinom).
Erhöhtes Brustkrebsrisiko bei Hormonersatztherapie (HRT)
Ende der 1990er-Jahre gab es erste Studien, die zeigten, dass eine Hormonersatztherapie das Brustkrebsrisiko bei Frauen erhöht. Dies galt vor allem für die Frauen, die sehr lange eine Hormonersatztherapie erhielten – auch über die eigentlichen Wechseljahre hinaus. Diese Studien konnten bald belegen, dass das Brustkrebsrisiko tatsächlich mit der Anzahl der Jahre steigt, die eine Frau die Hormonpräparate einnimmt.
Insgesamt ist bis heute das Brustkrebsrisiko am besten untersucht. Es steigt sowohl bei der alleinigen Einnahme von Östrogenen als auch bei der Kombinationstherapie mit Gestagenen.
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Herzerkrankungen, Thrombosen, Schlaganfälle: weitere Risiken der Hormonersatztherapie (HRT)
Hormonpräparate erhöhen auch das Risiko für Eierstockkrebs und Gebärmutterschleimhautkrebs, wenn nur ein Östrogen eingenommen wird. Mit der Behandlung steigt aber auch die Gefahr von Herzerkrankungen, Thrombosen und Schlaganfällen. Am höchsten ist das Risiko für die Frauen, wenn die Einnahme in Tablettenform erfolgt. Hormone, die über ein Pflaster auf der Haut aufgenommen werden, sind weniger riskant.
Cremes gegen trockene Schleimhäute im Genitalbereich: Sind sie gefährlich?
Bisher gibt es keine ausdrücklichen Warnhinweise für hormonhaltige Cremes und Gele gegen die Austrocknung der Schleimhäute im Genitalbereich. Viele Frauen in und nach den Wechseljahren leiden darunter. Ist die Schleimhaut zu trocken, kann es leicht zu Verletzungen und dadurch zu Infektionen kommen, zum Beispiel Blasenentzündungen, oder auch zu vaginalen Problemen beim Geschlechtsverkehr. Hormonhaltige Cremes wirken meist nur lokal. Deshalb ist das Risiko für diese Form der Hormonbehandlung gering.
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Wie Hormonersatztherapien bei Hitzewallungen helfen können
Aber haben Hormonersatztherapien auch positive Effekte? Ein Vorteil ist ganz klar: Die Hitzewallungen lassen durch die Gabe von Östrogen fast sofort nach. Und Studien belegen, dass gerade die Hitzewallungen für viele Frauen das belastendste Symptom der Wechseljahre sind, da sie viele andere Probleme nach sich ziehen – Schlafprobleme und Herz-Kreislauf-Probleme beispielsweise. Das führt dazu, dass sich viele Frauen aufgrund der Hitzewallungen insgesamt nicht gut fühlen.
Eine Hormonersatztherapie reduziert diese Probleme nachhaltig. Deshalb sind Expertinnen und Experten heute nicht mehr grundsätzlich gegen eine Hormontherapie in den Wechseljahren: Wenn es kurzfristig einfach nicht anders geht und die Hormone so bald wie möglich wieder abgesetzt werden, können Frauen selbst entscheiden, ob sie bereit sind, dafür ein etwas höheres Risiko einzugehen.
Wie lange eine Hormonersatztherapie dauern sollte
Wenn sich eine Frau für eine Hormonersatztherapie entscheidet, sollte sie die Hormone über ein paar Monate einnehmen – nicht über Jahre. Spätestens wenn das Alter erreicht ist, in dem die Wechseljahre normalerweise zu Ende sein sollten, sollte überprüft werden, ob die Beschwerden nach dem Absetzen der Präparate überhaupt noch bestehen. Von einer längeren Einnahme raten alle Expertinnen und Experten nach wie vor ab.
Zu früh in den Wechseljahren: Hormonersatztherapie als Chance
Anders sieht es für Frauen aus, die aus unterschiedlichen Gründen viel zu früh in die Wechseljahre kommen – etwa durch eine Erkrankung. Für sie ist die Gabe von Östrogenen und Gestagenen eine anerkannte Möglichkeit, einen annähernd normalen Hormonspiegel zu erreichen und so die Folgen zu früher Wechseljahre zu vermeiden, für die Knochengesundheit zum Beispiel. Kommen sie in das Alter, in dem normalerweise die Wechseljahre einsetzen würden, sollten sie die Behandlung jedoch langsam reduzieren und schließlich ganz absetzen.
Cremes und Präparate: Alternativen zur Hormonbehandlung
Für Frauen, die Probleme mit einer trockenen Vagina haben, gibt es zum einen niedrig dosierte hormonhaltige Cremes und Gels für den Genitalbereich. Da sie nur wenig Östrogen in den Körper abgeben, gelten sie als risikoarm. Sie halten die Vaginalschleimhaut gesund und verhindern so Verletzungen, Infektionen und Blasenentzündungen.
An weiteren Alternativen wird intensiv geforscht – bislang allerdings mit wenig gesichertem Erfolg. Eine Alternative sind zum Beispiel sogenannte Phytohormone. Darunter versteht man pflanzliche Hormone, etwa aus Soja oder Leinsamen. Ihre Wirksamkeit ist noch nicht ausreichend belegt. Das gilt auch für Präparate aus der Traubensilberkerze (Cimicifuga), die der Einfachheit halber oft zu dieser Gruppe gezählt wird. Sie sind für Frauen interessant, die eine pflanzliche Alternative suchen. Inwiefern ist belegt, dass Cimicifuga wirkt? Einige Daten deuten darauf hin, dass eine lindernde Wirkung möglich ist. Andere Studien und zusammenfassende Reviews besagen, dass die Wirkung von Präparaten aus der Traubensilberkerze sehr gering ist. Fachleute machen auch darauf aufmerksam, dass zumindest theoretisch nicht ausgeschlossen werden kann, dass hochwirksame Phytoöstrogene ebenfalls das Brustkrebsrisiko steigern. Anwenderinnen von Cimicifuga-Produkten sollten registrierte Arzneimittel verwenden, um Risiken zu vermeiden, die bei der Anwendung ungeprüfter Produkte vorhanden sind.
Ernährungsumstellung als Alternative zur Hormonersatztherapie
Auch der Einfluss einer Ernährungsumstellung auf die Wechseljahresbeschwerden ist in Studien erforscht worden – beispielsweise in Hinblick auf Diäten mit vielen pflanzlichen Produkten und Soja. Dies kann dazu beitragen, sich insgesamt besser zu fühlen – gegen das Hauptproblem der Hitzewallungen hilft eine solche Ernährungsumstellung jedoch kaum. Hitzewallungen lassen sich allerdings reduzieren oder zumindest lindern, indem Frauen in den Wechseljahren viel frisches Obst und Gemüse essen und scharfe Gewürze meiden. Auch der Verzicht auf alkohol- und koffeinhaltige Getränke kann Hitzewallungen lindern.
Nach hormonabhängigem Brustkrebs: Hormonersatztherapie keine Option
Bei vielen Frauen wächst Brustkrebs hormonabhängig. Östrogen und Progesteron können das Brustkrebsrisiko beeinflussen. Deshalb sollten Frauen nach einem hormonabhängigen Brustkrebs keine Hormonersatztherapie machen. Gerade diese Frauen leiden allerdings oft besonders stark unter Hitzewallungen. Für sie können Medikamente infrage kommen, die eigentlich für andere Anwendungsgebiete gedacht sind. Diese reduzieren die Hitzewallungen und das starke Schwitzen zumindest in gewissem Umfang. Für Frauen, die sehr leiden, aber keine Hormone einnehmen dürfen, sind diese verschreibungspflichtigen Medikamente eine Alternative – auch wenn sie ihrerseits Nebenwirkungen haben können. Bei ausgeprägten Schleimhautproblemen im Intimbereich kommen estradiolhaltige Cremes fast immer in Frage, da sie nur wenig Hormone in den Körper abgeben.
Wie der Krebsinformationsdienst bei Problemen in den Wechseljahren helfen kann
Sie sind in den Wechseljahren und leiden unter Beschwerden? Dann können Sie sich an den Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums wenden. Hier können Sie sich telefonisch oder per E-Mail umfassend über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten informieren.
Eigener Weg statt Patentrezept
Ein universelles Mittel gegen Wechseljahresbeschwerden gibt es leider nicht, da die Wirkung von Behandlungen individuell unterschiedlich ist. Betroffene sollten Therapieansätze immer mit ihrer behandelnden Ärztin oder ihrem behandelnden Arzt besprechen. Auch ein Gespräch mit dem Krebsinformationsdienst ersetzt nicht die ärztliche Beratung, da der Dienst keine eigenen Empfehlungen oder Therapieratschläge ausspricht. Die Betroffene und die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt sollten sich auf die individuelle Situation der Frau konzentrieren. Denn die Wechseljahre sind keine Krankheit und den meisten Frauen geht es gut damit, wenn sie ihren eigenen Weg durch diese Zeit finden.