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Mehr Lebensqualität trotz Sehbehinderung: Soziale Isolation überwinden

Veröffentlicht am:18.03.2025

5 Minuten Lesedauer

Soziale Isolation und Einsamkeit sind ein weit verbreitetes Phänomen, das auch viele Menschen mit einer Sehbehinderung betrifft. Wie gelingt es ihnen, aus dieser Situation herauszukommen?

Ein junger Mann und ein älterer mit Sehbehinderung sitzen im Park auf einer Bank. Der junge Mann richtet ein Smartphone zum rechten Ohr des älteren Mannes. Dieser schmunzelt über das, was er hört.

© iStock / Halfpoint

Was bedeuten soziale Isolation und Einsamkeit?

Soziale Isolation und Einsamkeit können jeden und jede treffen, unabhängig vom Alter und der Lebenssituation. Entscheidend ist, wie zufrieden man mit den eigenen Beziehungen ist und ob man ein soziales Umfeld hat, das einen unterstützt. Menschen mit Sehbehinderung haben jedoch ein erhöhtes Risiko zu vereinsamen, da das Sehen ein zentraler Sinn für Interaktion und Kommunikation ist. Der Blickkontakt ist oft der erste Schritt zur Kontaktaufnahme. Kinder mit einer Sehbehinderung können beispielsweise in der Schule Schwierigkeiten haben, Anschluss zu finden und sich stärker isoliert fühlen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Sehbehinderung. Eine Sehbehinderung bedeutet aber nicht zwangsläufig ein Leben in Einsamkeit und Isolation.

Die Begriffe „Einsamkeit“ und „soziale Isolation“ unterscheiden sich in ihrer Bedeutung. Soziale Isolation ist ein Zustand, der sich auf den Mangelan Möglichkeiten für soziale Kontakte und Interaktion bezieht. Dieser Zustand kann Einsamkeit zur Folge haben. Einsamkeit hingegen ist ein subjektives Gefühl: Betroffene nehmen sich als allein, ungeliebt, unwichtig und unversorgt wahr. Einsamkeit wird oft als schmerzhaft empfunden und hat viele Facetten: Manche Menschen vermissen enge emotionale Bindungen, andere haben weniger soziale Kontakte als sie gerne hätten oder sind von Menschen umgeben, denen sie sich nicht zugehörig fühlen.

Ein Sehverlust bringt Herausforderungen in Bereichen wie Kommunikation, Mobilität, beim Lesen oder Einkaufen mit sich. Verschiedene Studien zeigen: Die sozialen Kontakte nehmen ab, je stärker der Sehverlust voranschreitet. Diese zunehmende Isolation und das womöglich damit einhergehende Gefühl von Einsamkeit können die psychische und körperliche Gesundheit erheblich beeinträchtigen. Zu den möglichen Folgen zählen Depressionen, Unsicherheit, Angstzustände, veränderte soziale Fähigkeiten und ein Verlust an Unabhängigkeit. Zudem ist die Lebenserwartung von Menschen mit Sehbehinderung oft niedriger als bei anderen.

Strategie gegen Einsamkeit

Millionen Menschen in Deutschland – sowohl jüngere als auch ältere – leiden unter Einsamkeit. Um dem entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung eine umfassende Strategie gegen Einsamkeit entwickelt. Diese beinhaltet konkrete Maßnahmen und Projekte. Das Ziel ist, Betroffene aus der sozialen Isolation zu holen. Kommunen werden beispielsweise dabei unterstützt, Orte der Begegnung zu schaffen. Dazu gehören Erzählsalons in plattdeutscher Sprache im Emsland, ein Jugendladen im sächsischen Riesa oder Mehrgenerationenhäuser. Die Strategie gegen Einsamkeit wird fortlaufend weiterentwickelt, um aktuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Was ist eine Sehbehinderung?

In Deutschland gelten strengere Regelungen zur Definition einer Sehbehinderung im Vergleich zur Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nach deutschem Recht wird eine Person als sehbehindert eingestuft, wenn sie auf dem besser sehenden Auge auch mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 30 Prozent von dem sieht, was ein Mensch mit normalem Sehvermögen erkennt.

Als hochgradig sehbehindert gilt, wer auf dem besser sehenden Auge mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als fünf Prozent von dem sieht, was ein Mensch mit normalem Sehvermögen erkennt.

Ein Sehvermögen von unter 5 Prozent kann bedeuten, dass jemand einen Gegenstand erst aus 5 Metern Entfernung erkennt, den ein normal sehender Mensch bereits aus 100 Metern Abstand wahrnimmt. Außerdem kann es bedeuten, dass das Gesichtsfeld so eingeschränkt ist, dass jemand mit geradeaus blickenden Augen nur fünf Prozent des Raumes erfassen kann, den ein normalsichtiger Mensch sieht. Der Grad der Behinderung (GdB) wird vor allem anhand der Sehschärfe beider Augen bestimmt. Zugrunde liegt die sogenannte GdB-Visus-Tabelle.

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Wege aus der sozialen Isolation und Einsamkeit

Soziale Interaktion ist eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und das Gefühl der Zugehörigkeit. Sie hilft, Isolation und Einsamkeit zu überwinden und trägt wesentlich zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Deshalb ist es wichtig, sowohl analog als auch digital vernetzt zu sein. Für Menschen mit Sehbehinderung stehen verschiedene technische Hilfsmittel zur Verfügung, zum Beispiel spezielle Smartphones, Vergrößerungssysteme, Screenreader und Braillezeilen, um das Internet zu nutzen. On- und Offline-Möglichkeiten, um neue Kontakte zu knüpfen, sind zum Beispiel:

  • Ehrenamtliches Engagement: Ehrenamtsbörsen der Kommunen oder Wohlfahrtsverbände informieren über passende Angebote.
  • Mitgliedschaft in einem Sportverein: Gemeinsames Sporttreiben fördert soziale Kontakte und stärkt das Gemeinschaftsgefühl.
  • Nachbarschaftsnetzwerke wie nebenan.de: Hier kann man Hilfe und Begleitung suchen oder anbieten sowie Unternehmungen und Aktivitäten planen.
  • Online-Foren, Chats und soziale Medien: Diese Plattformen ermöglichen den Austausch mit Menschen aus der Umgebung und weltweit.

Angehörige können Betroffene dabei unterstützen, aus der Isolation und Einsamkeit herauszukommen – etwa, indem sie Kontakte zu anderen Betroffenen, zu Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen für Sehbehinderte vermitteln. Wichtig ist jedoch, alle Maßnahmen mit der sehbehinderten Person zu besprechen und abzustimmen. Auch für Angehörige ist die Situation schwierig, wenn die Sehfähigkeit eines geliebten Menschen nachlässt. Deshalb sollten diese sich bei Bedarf selbst Hilfe suchen. Eine Anlaufstelle ist der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV).

Barrierefreie digitale Angebote

Digitale Angebote müssen barrierefrei sein, damit Menschen mit Sehbehinderung sie nutzen können. Das Problem ist jedoch, dass sich gerade soziale Medien auf visuelle Elemente konzentrieren und sie somit für Menschen mit Sehbehinderung schwer zugänglich sind. Webseiten, soziale Medien oder Apps sollten technisch so gestaltet sein, dass alle Menschen sie gut nutzen können, zum Beispiel durch:

  • Alternativtexte bei Bildern
  • eine logische Überschriftenstruktur
  • starke Farbkontraste

Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben für barrierefreie Multimedia-Inhalte entsprechende Richtlinien entwickelt.

Ein sehbehinderter junger Mann mit dunkler Sonnenbrille sitzt in der Stadt auf einer Bank. In der linken Hand hält er einen weißen Langstock, in der rechten ein Smartphone auf der Höhe seines Kinns.

© iStock / Serhii Hryshchyshen

Ein barrierefreies Smartphone hilft Menschen mit Sehbehinderung, Mails zu lesen, Wege zu planen oder abzufragen, wann der nächste Bus kommt.

Audiodeskriptionen

Audiodeskriptionen ermöglichen Menschen, die sehbehindert oder blind sind, Zugang zu visuell transportierten Informationen. Eine Audiodeskription ist eine eigene Tonspur, in der ein Sprecher oder eine Sprecherin den visuell sichtbaren Inhalt in den Pausen beschreibt. Es gibt auch Player, die solche textbasierten Audiodeskriptionen unterstützen und Texte vom Player laut vorlesen lassen.

Intelligente Brillen

Intelligente Brillen zum Beispiel OrCam oder Envision Glasses, sind KI-Hilfsmittel. Sie können Texte in gedruckter Form oder auf Displays vorlesen, Gesichter, Farben und Geldscheine erkennen und die Umgebung grob beschreiben. Apps ermöglichen, die Geräte für den eigenen Bedarf optimal zu konfigurieren.

App Be My Eyes

Hans Jørgen Wiberg ist sehbehindert und hat die App Be My Eyes entwickelt. Sie verbindet weltweit blinde oder sehbehinderte Menschen per Live-Videoanruf mit sehenden Freiwilligen.

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