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Was eine Sehnerventzündung mit Multipler Sklerose zu tun hat

Veröffentlicht am:04.03.2025

5 Minuten Lesedauer

Eine Sehnerventzündung beeinträchtigt das Sehvermögen meist nur vorübergehend. Sie sollte allerdings ernst genommen werden, da sie sehr häufig ein Anzeichen für Multiple Sklerose ist. Hier erfahren Sie, was die Diagnose „Optikusneuritis“ bedeutet.

Eine junge Frau sitzt mit schmerzerfülltem Gesicht in einem Wohnzimmer. Ihre Augen sind geschlossen. Mit der linken Hand fasst sie sich an das linke Auge.

© iStock / Yurii Yarema

Was ist eine Sehnerventzündung?

Eine Optikusneuritis ist eine entzündliche Erkrankung des Sehnervs (Nervus opticus). Der Sehnerv erfüllt eine zentrale Aufgabe beim Prozess des Sehens. Das menschliche Auge wandelt mit seinen Sinneszellen Lichtstrahlen in Nervensignale um, die vom Auge über die Sehbahn an das Gehirn weitergeleitet werden. Das Gehirn verarbeitet die Nervenimpulse zu Bildern. Der Sehnerv ist der erste Abschnitt der Sehbahn. Er zweigt im hinteren Bereich des Augapfels von der Netzhaut (Retina) ab.

Die Sehnervenentzündung ist eine seltene Erkrankung, von der meist junge Erwachsene betroffen sind. Unter 18 und über 50 Jahren kommt die Sehnervenentzündung kaum vor. Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer.

Was sind die Ursachen einer Sehnerventzündung?

Im Gegensatz zu anderen Entzündungen im Bereich des Auges wie Bindehautentzündung oder Hornhautentzündung wird eine Entzündung des Sehnervs nicht durch Bakterien oder Viren ausgelöst, sondern durch die Immunabwehr. Das bedeutet, dass körpereigene Abwehrzellen in einer Autoimmunreaktion eigenes Gewebe, in diesem Fall Fasern des Sehnervs, angreifen und die Entzündung auslösen. Eine Sehnervenentzündung geht häufig mit einer systemischen Autoimmunerkrankung einher, die mehrere Organe und Bereiche des Körpers betrifft. Dies kann zum Beispiel ein systemischer Lupus erythematodes sein. Sehr viel häufiger tritt eine Sehnervenentzündung jedoch im Zusammenhang mit einer Multiplen Sklerose auf.

Optikusneuritis und Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, die sehr unterschiedliche Symptome hervorrufen kann. Die Beziehung zwischen Sehnerventzündung und MS ist sehr eng: Etwa die Hälfte aller MS-Betroffenen hatte zuvor eine Sehnerventzündung und bei etwa 15 bis 20 Prozent der MS-Patienten und -Patientinnen markiert eine Sehnerventzündung den ersten MS-Schub. Während hier also die Sehnerventzündung und der Ausbruch der MS zusammenfallen, liegen bei anderen Betroffenen Jahre zwischen der Entzündung des Sehnervs und der späteren MS.

Nichtsdestotrotz besteht auch dann ein Zusammenhang, den die Statistik verdeutlicht: Die Wahrscheinlichkeit, zehn Jahre nach einer Sehnerventzündung an MS zu erkranken, liegt bei etwa 40 Prozent und 40 Jahre nach der Entzündung bei etwa 60 Prozent. Das Risiko ist abhängig davon, ob es zum Zeitpunkt der ersten Sehnerventzündung bereits weitere Auffälligkeiten gibt, die in Richtung einer MS hindeuten.

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Typische Symptome: Wie macht sich eine Sehnerventzündung bemerkbar?

Meist ist eine Sehnerventzündung einseitig, das heißt, sie betrifft nur ein Auge. Das erste Anzeichen der Erkrankung sind normalerweise Schmerzen, vor allem wenn das Auge beim Wechsel der Blickrichtung bewegt wird. Diese Schmerzen treten meist plötzlich auf. Innerhalb von Stunden bis Tagen kommt es zu einer deutlichen Sehverschlechterung des betroffenen Auges. Betroffene beschreiben ihren Seheindruck dann als

  • unscharf oder nebelartig,
  • kontrastarm
  • und dunkler.

Außerdem werden Farben als schmutzig und blass wahrgenommen.

Üblicherweise nimmt die Sehschärfe nach dem Beginn der Sehverschlechterung noch einige Tage weiter ab und erreicht nach etwa ein bis zwei Wochen ihren Tiefpunkt. Danach bessert sich das Sehvermögen wieder. Mehr als die Hälfte der Menschen mit einer Sehnerventzündung erreicht auch ohne Behandlung nach zwei Monaten wieder eine normale Sehschärfe, nach einem halben Jahr sind es fast alle.

Es gibt Erkrankungen des Auges, die mit einer Sehverschlechterung einhergehen, und solche, die mit Schmerzen verbunden sind. Tritt beides zusammen auf, spricht das für eine Optikusneuritis. Die Kombination von einseitigen Schmerzen und einseitiger Sehverschlechterung ist typisch für eine Entzündung des Sehnervs.

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Wie eine Sehnerventzündung diagnostiziert wird

Wenn Sie unter Augenschmerzen leiden und/oder eine Sehverschlechterung bemerken, sollten Sie zügig eine augenärztliche Praxis aufsuchen. Ein Augenarzt oder eine Augenärztin wird insbesondere dann eine Sehnerventzündung vermuten, wenn Sie sowohl Schmerzen als auch eine Sehverschlechterung haben. Spezielle Tests können den Verdacht bestätigen.

Ein Augenarzt untersucht das rechte Auge einer Patientin mit einem augenärztlichen Diagnosegerät.

© iStock / Ivan Rodriguez Alba

Bei der Diagnose einer Sehnervenentzündung wird unter anderem untersucht, wie die Pupille auf Licht reagiert.

Abgrenzung von anderen Augenerkrankungen

Außerdem geht es darum, andere mögliche Augenerkrankungen auszuschließen. Wenn folgende Merkmale zutreffen, gilt die Diagnose einer Sehnerventzündung als wahrscheinlich:

  • Erkrankungsalter zwischen 18 und 50 Jahren
  • Einseitigkeit
  • Bewegungsschmerz
  • plötzlicher Beginn der Beschwerden und selbstständige Besserung

Ist dies nicht der Fall, kann es sich auch um eine seltene Sonderform der Sehnerventzündung handeln.

Zusatzdiagnose Multiple Sklerose

Bei der Diagnose einer Sehnerventzündung ist die Frage nach der Ursache sehr wichtig. Es besteht ein enger Zusammenhang mit der MS. Ihr Augenarzt oder Ihre Augenärztin wird es daher nicht bei dieser Diagnose belassen, sondern Sie an eine Facharztpraxis für Neurologie (Nervenheilkunde) überweisen. Dort wird untersucht, ob der Entzündung des Sehnervs eine MS zugrunde liegt oder ein erhöhtes MS-Risiko besteht. Eine wichtige Untersuchung ist die Magnetresonanztomographie (MRT). Sie kann nicht nur die Entzündung des Sehnervs direkt sichtbar machen, sondern auch typische Veränderungen im Gehirn, die auf eine bestehende MS oder ein erhöhtes MS-Risiko hinweisen. Weitere Laboruntersuchungen können sich anschließen, insbesondere bei einem erstmaligen Auftreten oder einem untypischen Krankheitsbild.

Behandlung einer Sehnerventzündung

Die Schmerzen im Auge und die Sehverschlechterung bessern sich in der Regel auch ohne Behandlung, was ja gerade ein Merkmal der Sehnerventzündung ist. Es gibt Medikamente, die die Erholung des Sehvermögens beschleunigen oder das Rückfallrisiko verringern können. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn das Rückfallrisiko bei einer Sehnerventzündung kann hoch sein. Wie Ihr Augenarzt oder Ihre Augenärztin die Entzündung konkret behandelt, ist eine individuelle Entscheidung. Häufig wird eine kurzzeitige hochdosierte Kortisontherapie angewendet.

Weil eine Sehschwäche nur in seltenen Fällen dauerhaft bestehen bleibt, ist die Prognose für die Sehnerventzündung selbst gut. Eine grundsätzlich andere Frage sind die Behandlung einer möglichen MS beziehungsweise Vorsorgemaßnahmen. Tritt eine Sehnerventzündung im Rahmen eines MS-Schubs auf, folgt dir Behandlung den Richtlinien der MS-Therapie. Hier stehen Arzneimittel zur Verfügung, die beispielsweise Veränderungen im Gehirn begrenzen, die Zahl der MS-Schübe reduzieren und damit den Krankheitsverlauf verlangsamen können. In einem MS-Behandlungskonzept ist die Sehnerventzündung nur eines von vielen möglichen Symptomen dieser Autoimmunerkrankung, deren therapeutische Begleitung in den Bereich der Neurologie fällt.

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