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Was steckt hinter einer Farbenschwäche oder Farbenblindheit?

Veröffentlicht am:19.06.2023

5 Minuten Lesedauer

Wer Probleme hat, Farben richtig zu erkennen, hat vermutlich eine Farbsehschwäche. Eine vollständige Farbenblindheit ist hingegen selten. Es gibt unterschiedliche Formen der Farbsehschwäche, die entweder angeboren sind oder im Laufe des Lebens entstehen. Heilen lässt sich eine Farbsehstörung nicht.

Eine Augenärztin testet einen Patienten mit einer Farbtafel auf Farbenblindheit.

© iStock / Dobri Dobrev

Farbenblindheit und Farbenschwäche: Was ist das?

Verantwortlich für das Farbensehen sind die Farbsinneszellen (auch Zapfen genannt) in der Netzhaut des Auges. Es gibt drei verschiedene Arten von Zapfen, die auf unterschiedliche Wellenlängen des Lichts reagieren: Zapfen für kurze (blaue), mittlere (grüne) und lange (rote) Wellenlängen des Lichts. Trifft Licht auf die jeweiligen Zapfen der Netzhaut, führt dies – vereinfacht gesagt – zu einer Reaktion in den Zapfen, die über die Nervenbahnen und Verschaltungen in der Netzhaut über den Sehnerv an das Gehirn weitergeleitet wird.

Bei manchen Menschen fehlen bestimmte Zapfen oder sie funktionieren nicht richtig. Wenn ihre Empfindlichkeit nur herabgesetzt ist, sprechen Fachleute von einer Farbsehschwäche. Eine echte Farbenblindheit liegt vor, wenn gar keine Farbinformationen weitergeleitet werden.

Fachleute unterteilen Farbsehschwäche oder Farbenblindheit danach, wie viele Zapfen betroffen sind:

  • Achromasie oder Achromatopsie: Diese Farbenblindheit kommt nur selten vor. Es fehlen alle drei Zapfentypen, weswegen die Betroffenen keinerlei Farben wahrnehmen können. Sie können nur Hell-Dunkel-Abstufungen unterscheiden, denn dafür sind weitere Lichtsinneszellen zuständig – die Stäbchen.
  • Monochromasie: Nur ein Zapfentyp ist funktionsfähig. Dadurch können zwei Farben nicht wahrgenommen werden, das Farbsehen ist also stark eingeschränkt.
  • Dichromasie: Zwei von drei Zapfentypen sind funktionsfähig, der dritte Zapfentyp nicht oder nur eingeschränkt. Dadurch fehlt die Wahrnehmung einer Farbe.

Welche Arten der Farbsehschwäche und Farbenblindheit gibt es?

Es gibt nicht nur unterschiedliche Arten der Farbensehstörungen, sondern auch verschiedene Ausprägungen. Bei den meisten Menschen ist eine Dichromasie die Ursache – ein Zapfentyp arbeitet also unzureichend oder gar nicht. Das führt dazu, dass Betroffene manche Farben nicht so gut sehen oder Nuancen der Farbe nicht unterscheiden können. Die jeweilige Farbe erscheint beispielsweise heller oder sogar grau.

Rot-Grün-Farbenblindheit

Die Rot-Grün-Farbsinnstörung kommt am häufigsten vor. Hier ist es schwierig, den Unterschied zwischen Rot und Grün zu erkennen. Es gibt vier Arten, die alle auf eine Dichromasie zurückzuführen sind:

  • Die Deuteranomalie ist die häufigste Form der Rot-Grün-Farbensehstörungen. Dabei ist die Funktionsweise der Zapfen für grünes Licht abgeschwächt, weswegen das Grün matter erscheint oder sogar eher wie Rot aussieht.
  • Arbeiten die Zapfen für Grün gar nicht, sprechen Fachleute von einer Deuteranopie (Grünblindheit). Betroffene können dadurch den Unterschied zwischen Rot und Grün nicht erkennen.
  • Bei der Protanomalie ist die Funktion der Zapfen für Rot herabgesetzt, weswegen Rot weniger wahrgenommen wird.
  • Wenn die Zapfen für Rot ganz ausfallen, liegt eine Protanopie (Rotblindheit) vor – Rot und Grün machen optisch keinen Unterschied.

Blau-gelbe Farbenblindheit

Bei dieser seltenen Form der Sehstörung ist die Ursache ebenfalls eine Dichromasie – die Blau-Zapfen funktionieren nicht oder nicht richtig.

  • Die leichte Form (Farbsehschwäche) ist die Tritanomalie, bei der die Zapfen schlechter arbeiten, aber die Wellenlänge für Blau zumindest teilweise noch identifizieren. Blau sehen diese Menschen eher als türkis oder grau. Oft haben sie auch Schwierigkeiten, Gelb zu erkennen.
  • Bei der Tritanopie (Blaublindheit) sind die Zapfen vollständig funktionslos und Betroffene sind nicht in der Lage, Blau zu erkennen. Farben, die auf Rot und Grün basieren, können sie erkennen.

Blauzapfenmonochromasie

Eine Monochromasie, also wenn nur ein einziger Zapfentyp funktionsfähig ist, ist normalerweise angeboren. In der Regel handelt es sich dabei um die Zapfen für Blau, weswegen Ärzte und Ärztinnen diese Farbenblindheit auch als Blauzapfenmonochromasie bezeichnen. Die Patienten und Patientinnen sind nahezu farbenblind. Sie nehmen lediglich Blau wahr. Weitere Symptome kommen wie bei der vollständigen Farbenblindheit hinzu, etwa eine hohe Lichtempfindlichkeit sowie schnelle Augenbewegungen (Nystagmus).

Vollständige Farbenblindheit

Betroffene, die vollständig farbenblind sind, können überhaupt keine Farben erkennen (Achromasie). Sie sehen nur verschiedene Graustufen und Kontraste, weil dies die verbleibenden Stäbchen in der Netzhaut möglich machen, die deutlich lichtempfindlicher sind als die Zapfen, aber nur schwarz-weiß sehen können. Diese Art der Farbsehstörung ist mit knapp 3.000 Betroffenen in Deutschland selten. Oft ist auch das Sehvermögen insgesamt gestört, die Betroffene können also auch nicht scharf sehen und alles ist überbelichtet. Daneben besteht in der Regel Lichtempfindlichkeit und Nystagmus.

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Wie entstehen Farbsehschwäche und Farbenblindheit?

Farbensehstörungen können verschiedene Ursachen haben. Am häufigsten werden sie vererbt – in leichter, mittlerer oder schwerer Ausprägung. Farbsehstörungen, treten bei Männern 20 Mal häufiger auf als bei Frauen, da sich die meisten Gene für das Farbsehen auf dem X-Chromosom befinden. Frauen besitzen von diesem zwei, das heißt, wenn auf einem das Gen defekt ist, haben sie es nochmals auf dem anderen X-Chromosom. Männer haben hingegen nur ein X-Chromosom und statt des zweiten X- ein Y-Chromosom. Vererbte Farbfehlsichtigkeiten betreffen in der Regel beide Augen und bestehen ab der Geburt.

Neben der Vererbung können folgende Faktoren das Risiko dafür erhöhen, dass Menschen farbenblind werden oder eine Farbsehschwäche entwickeln. Dann tritt sie mitunter auch nur in einem Auge auf:

  • Bestimmte Krankheiten erhöhen das Risiko, etwa die genetisch bedingte Bluterkrankung Sichelzellenanämie, ein gestörter Zuckerstoffwechsel (Diabetes mellitus), Augenerkrankungen wie eine Makuladegeneration oder Grüner Star (Glaukom) sowie neurologische Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz, Multiple Sklerose oder Parkinson. Auch Alkoholismus führt zu einer größeren Wahrscheinlichkeit für Farbensehstörungen.
  • Einige Medikamente können ein Risikofaktor sein, zum Beispiel Hydroxychloroquin, das unter anderem bei Rheuma angewendet wird.
  • Chemikalien, etwa Schwefelkohlenstoff oder Düngemittel, können das Farbensehen beeinträchtigen.
  • Mit zunehmendem Alter lässt die Fähigkeit, Farben zu sehen, nach.
Mithilfe einer optischen Kohärenztomografie untersucht eine Augenärztin unterschiedlichen Schichten des Auges.

© iStock / Rabizo

Die optische Kohärenztomografie stellt grafisch die verschiedenen Schichten des Auges dar, etwa die feine Struktur der Netzhaut.

Wie wird eine Farbsehschwäche oder Farbenblindheit behandelt?

Ob Sie eine Farbsehschwäche haben oder sogar farbenblind sind, kann ein Augenarzt oder eine Augenärztin anhand eines Tests feststellen. Dazu stehen zum Beispiel verschiedene Bilder zur Verfügung, die aus farbigen Punkten bestehen, in denen Zahlen oder Formen in einer anderen Farbe versteckt sind. Wenn Sie eine Farbsehstörung haben, werden Sie einige der Motive nur schwer oder gar nicht erkennen können. Mit einer sogenannten Elektroretinographie (ERG) lässt sich zudem feststellen, ob die Netzhaut richtig funktioniert. Auch innere Strukturen des Auges können Augenärzte und Augenärztinnen sich genauer ansehen, und zwar indem sie eine sogenannte optische Kohärenz-Tomographie (OCT) durchführen.

Heilen lassen sich Farbensehstörungen bislang nicht, aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Symptome abzumildern. Menschen, die eine Farbsehschwäche haben, können zum Beispiel eine getönte Brille oder speziell gefärbte Kontaktlinsen tragen. Sie verstärken den Farbton, der schwächer wahrgenommen wird, um die Unterscheidung zu verbessern. Liegt eine echte Farbenblindheit (Achromasie) vor, ist das allerdings nicht möglich – da Zapfen fehlen oder gar nicht arbeiten, hilft auch ein verstärktes Signal nicht. Es werden zurzeit Gentherapien für komplett Farbenblinde entwickelt, die aber noch im experimentellen Stadium sind.

Für farbenblinde Personen gibt es eine Reihe von Tricks, wie sie die Farbschwäche ausgleichen können:

  • Sie sollten sich die Reihenfolge von Farben wie zum Beispiel bei der Ampel einprägen.
  • Man kann sich von jemandem mit guter Farbenwahrnehmung helfen lassen, die Kleidungsstücke im Schrank so zu ordnen, dass Kleidungsstücke, die zueinander passen, nebeneinander hängen.
  • Es gibt Apps für das Smartphone und digitale Geräte, mit denen man Farben bestimmen kann.

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