Psychologie
Depression bei Frauen: Symptome erkennen und behandeln
Veröffentlicht am:18.06.2024
7 Minuten Lesedauer
Frauen erkranken häufiger an Depressionen als Männer. Warum das so ist, welche besonderen Formen der Depression es bei Frauen gibt, wie man sie erkennt und was Sie bei einer Depression tun können, erfahren Sie hier.
Was ist eine Depression?
Fast jeder Mensch erlebt Tage, an denen er traurig, schlecht gelaunt oder lustlos ist. Das gehört zum Leben und geht meist wieder vorbei. Hält die gedrückte Stimmung oder die Lustlosigkeit aber mindestens zwei Wochen lang an und betrifft den größten Teil des Tages, kann eine Depression die Ursache sein. Rund 16 bis 20 Prozent aller Menschen erkranken einmal im Leben an einer Depression. Männer und Frauen sind dabei nicht im gleichen Ausmaß betroffen: Frauen leiden ungefähr doppelt so oft unter einer Depression wie Männer.
Symptome einer Depression
Typische Anzeichen einer Depression sind:
- gedrückte Stimmung
- Interessensverlust
- verminderter Antrieb
Hinzu kommen begleitende Symptome wie: Minderwertigkeitsgefühle, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Appetitlosigkeit, Schuldgefühle, Hoffnungslosigkeit oder Gedanken, nicht mehr leben zu wollen.
Unterschiede zwischen Männern und Frauen
Es gibt bei den Krankheitssymptomen keine eindeutigen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. In einigen Untersuchungen wurde jedoch festgestellt, dass depressiv erkrankte Männer häufiger Symptome von Reizbarkeit und Aggressivität zeigen, während Frauen eher über gedrückte Stimmung und Unruhe berichten. Zudem leiden depressive Frauen häufiger an begleitenden Angststörungen, Appetitstörungen und Gewichtszunahme. Männer haben dagegen häufiger begleitend Probleme mit dem Konsum von Alkohol oder anderen Suchtmitteln sowie Störungen der Impulskontrolle. Depressiv erkrankte Frauen unternehmen häufiger Suizidversuche, sterben aber seltener durch Suizid als Männer.
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Warum bei Frauen häufiger eine Depression diagnostiziert wird
Statistiken der Kranken- und Rentenversicherungen erfassen nur Depressionen, die Ärzte und Ärztinnen oder Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten diagnostiziert haben. Unerkannte Depressionen gehen nicht in diese Statistiken ein. Gerade Erkrankungen bei Männern sind aus diesem Grund häufig nicht erfasst, da viele von ihnen psychische Probleme als Schwäche betrachten und sich keine professionelle Hilfe suchen. Frauen tun dies hingegen öfter, weshalb bei ihnen eine Depression häufiger diagnostiziert und damit in den entsprechenden Statistiken erfasst wird.
Allerdings bestätigen auch repräsentative Befragungen, dass Frauen deutlich öfter an Depressionen erkranken als Männer. Deshalb diskutieren Fachleute, dass die unterschiedliche Bereitschaft von Männern und Frauen, über depressive Symptome zu sprechen, die Ergebnisse verzerren könnte. Aber auch die unterschiedliche Sozialisation von Frauen und Männern könnte zu einer unterschiedlichen Wahrnehmung und Äußerung depressiver Symptome geführt haben.
Ursachen einer Depression
Solche Überlegungen allein erklären aber die doppelte Zahl der diagnostizierten Depressionen bei Frauen nicht. Hier hilft ein Blick auf die möglichen Auslöser einer Depression. Unabhängig vom Geschlecht sind dies:
- genetische Faktoren (zum Beispiel Depressionsfälle in der Familiengeschichte)
- traumatische Erlebnisse
- belastende Lebensereignisse
- chronischer Stress, Überlastung und Überforderung im Alltag oder Beruf
- Vereinsamung
- Belastung durch eine körperliche Erkrankung
- hormonelle Umstellungen
Alle genannten Punkte gelten zwar für Frauen und Männer gleichermaßen, einige davon spielen jedoch bei Frauen eine größere Rolle. Die Gründe dafür sind nicht nur körperlicher Natur – Stichwort Hormone – sondern hängen auch stark mit den oft unterschiedlichen Lebensumständen von Männern und Frauen zusammen.
Besondere Risikofaktoren für Depressionen bei Frauen
Für das erhöhte Depressionsrisiko von Frauen spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle:
- Alltagsbelastung: Frauen sind öfter alleinerziehend und öfter durch Beruf und Haushalt doppelt belastet. Arbeit im Haushalt oder bei der Erziehung erfährt zudem oft keine angemessene Würdigung. Anerkennung stärkt das Selbstwertgefühl. Bleibt sie aus, entfällt eine wertvolle Ressource für die psychische Gesundheit.
- Missbrauchserlebnisse: Frauen sind öfter Missbrauchsopfer.
- Hormonelle Veränderungen sind bei Frauen schwerwiegender als bei Männern, zum Beispiel durch eine Schwangerschaft oder während der Wechseljahre. Das erhöht das Risiko für Depressionen. Zudem können bei Frauen im gebärfähigen Alter zyklusabhängige depressive Verstimmungen auftreten.
Peripartale Depression
Viele Mütter durchleben in den Tagen nach der Entbindung eine Phase, in der ihre Stimmung stark schwankt, sie häufig weinen müssen und in der sie müde und erschöpft sind. Umgangssprachlich heißt dieses Phänomen „Baby Blues“. Er klingt in der Regel nach wenigen Tagen von selbst wieder ab. Sollten die depressiven Symptome in Verbindung mit der Geburt eines Kindes allerdings länger anhalten oder stärker ausgeprägt sein, kann sich dahinter eine peripartale Depression verbergen. Bei dieser Erkrankung spielen neben typischen Depressionssymptomen auch die spezifischen Belastungen durch die Mutterschaft und das neugeborene Kind eine besondere Rolle. Oft haben Mütter Zweifel an ihrer Fähigkeit, sich um ihr Baby zu kümmern, und Schwierigkeiten, eine positive Bindung zu ihrem Kind aufzubauen. Darüber zu sprechen, fällt den betroffenen Frauen häufig sehr schwer, weil diese Gefühle nicht den gesellschaftlichen Erwartungen an Mütter nach einer Geburt entsprechen. Wenn peripartale Depressionen nicht angemessen behandelt werden, besteht aber ein erhöhtes Suizidrisiko für die Mutter sowie die Gefahr, dass die depressiven Beschwerden chronisch werden. Zudem können krankheitsbedingte mütterliche Verhaltensauffälligkeiten zu Störungen der emotionalen und kognitiven Entwicklung des Säuglings führen. Deshalb ist es wichtig, Müttern zu ermöglichen, auch über negative Gefühle vor, während und nach der Geburt ihres Kindes zu sprechen – ohne Stigmatisierung. Nur so können peripartale Depressionen frühzeitig erkannt und angemessen behandelt werden.
Depression in den Wechseljahren (perimenopausale Depression)
Aufgrund des sich verändernden Hormonspiegels sind die Wechseljahre eine herausfordernde Zeit für Frauen. Dazu gehören unregelmäßige Monatsblutungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Hitzewallungen. Diese hormonellen und körperlichen Veränderungen können bei einigen Frauen ebenfalls eine Depression auslösen. Neben den allgemeinen Depressionssymptomen leiden die betroffenen Frauen nicht selten unter Reizbarkeit und Ängstlichkeit.
Prämenstruelle dysphorische Störung oder PMS?
Viele Frauen im gebärfähigen Alter leiden unter einem prämenstruellen Syndrom (PMS). Das sind zyklusabhängig auftretende körperliche Beschwerden und emotionale oder Verhaltenssymptome, die ihre Lebensqualität in der zweiten Zyklushälfte beeinträchtigen und die nach der Regelblutung wieder abklingen. Prämenstruelle dysphorsiche Störungen gehen darüber hinaus. Die Symptome sind deutlich schwerwiegender und führen zu erheblichen Beeinträchtigungen im familiären, beruflichen Kontext oder in anderen wichtigen Lebensbereichen. Typisch für diese Erkrankung ist ein Muster aus körperlichen Beschwerden, kognitiven Symptomen (wie Konzentrationsschwierigkeiten) und Stimmungssymptomen (wie Reizbarkeit und gedrückte Stimmung). Die Beschwerden beginnen jeweils mehrere Tage vor der Menstruation und klingen etwa eine Woche nach Menstruationsbeginn wieder ab. Obwohl die beeinträchtigte Stimmung zu den Hauptsymptomen gehört, wird die Erkrankung von europäischen Fachleuten nicht den depressiven Störungen zugeordnet, sondern – wie auch das PMS – den zyklusabhängigen gynäkologischen Beschwerden.
Diagnose und Therapie von Depressionen
Wenn Sie sich traurig oder antriebslos fühlen und wenig Freude an Dingen verspüren, die Sie eigentlich gerne tun, und diese Beschwerden sich auch nach zwei Wochen nicht gebessert haben, sollten Sie medizinischen Rat einholen. In Gesprächen und mit speziellen Fragebögen können Fachleute eine Depression und ihren Schweregrad einschätzen.
Depressionen lassen sich gut behandeln, wobei sich die Therapie bei Frauen nicht grundsätzlich von der bei Männern unterscheidet: Die Hauptsäulen der Behandlung sind Psychotherapie oder die medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva. Bei schweren Depressionen sollten beide Behandlungsansätze kombiniert werden. Behandlungsziel ist, den Betroffenen wieder die uneingeschränkte Teilnahme am sozialen und beruflichen Leben zu ermöglichen und die Lebensfreude wiederherzustellen sowie einen Rückfall zu vermeiden.
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Wie man betroffene Frauen unterstützen kann
Schwangerschaft und Wechseljahre sind weibliche Lebensphasen, die mit großen Umstellungen und Belastungen verbunden sind. Ganz unabhängig von einer Depression sind besondere Achtsamkeit und Verständnis während dieser Zeit hilfreich und wichtig.
Wenn Sie befürchten, dass eine Person in Ihrem Umfeld depressiv ist, können folgende Tipps helfen:
- Suchen Sie das Gespräch und nehmen Sie sich Zeit, zuzuhören. Vermitteln Sie Wertschätzung.
- Motivieren Sie Betroffene, regelmäßig positive Aktivitäten in ihren Alltag zu integrieren und helfen Sie ihnen dabei, den zeitlichen Freiraum dafür zu schaffen.
- Ermutigen Sie die Person, sich medizinisch untersuchen zu lassen, um die Beschwerden abzuklären und eine Behandlung zu beginnen.
Ausführliche Hinweise dazu, wie Sie Betroffene unterstützen und zum Arztbesuch ermutigen können, finden Sie im Familiencoach Depression der AOK.
Wenn Sie sich selbst stark belastet fühlen oder befürchten, an einer Depression zu leiden, sprechen Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin an. Gemeinsam können Sie dann überlegen, wie das Ausmaß Ihrer Beschwerden einzuschätzen ist und ob eine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung erforderlich ist. Kurzfristige Unterstützung und Beratung in psychischen Notlagen bieten auch die Telefonseelsorge (Telefon: 0800/1110111 oder 0800/1110222) oder die Stiftung Deutsche Depressionshilfe an. Auch die AOK informiert Sie über Wege aus der Depression.
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