Psychologie
Psychische Probleme bei Männern: Wie Freunde sich einander unterstützen können
Veröffentlicht am:28.03.2025
7 Minuten Lesedauer
Freundschaft bereichert das Leben, ist ein wichtiger Faktor für die mentale Stabilität und hilft vielen Menschen bei psychischen Problemen. Dazu gehört auch, sich zu öffnen und über die eigenen Gefühle zu reden – was vielen Männern oft schwerfällt.

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Freundschaften stärken das Wohlbefinden von Männern und Frauen
Familien und Partnerschaften erfüllen eine sehr wichtige soziale Funktion. Sie können ein soziales Sicherheitsnetz sein, das uns mit unseren Problemen auffängt und wieder auf die Beine hilft. Familienmitglieder sowie Lebenspartner und -partnerinnen sind Menschen, die Empathie für uns aufbringen, denen wir nicht gleichgültig sind. Das ist von unschätzbarem Wert für diejenigen von uns, die in einer Familie und/oder Partnerschaft leben. Aber was ist mit den Singles, von denen es in unserer modernen Gesellschaft so viele gibt? Für Singles ist Freundschaft besonders wichtig.
Freundschaften funktionieren auf einer ganz anderen sozial-emotionalen Ebene als Liebesbeziehungen oder familiäre Bindungen. Dadurch ergänzen Freundschaften das soziale Geflecht aus Familie und Partnerschaft und sind für jeden Menschen wertvoll. Das rückt Freundschaften auch ins Interesse der psychologischen Forschung. Ein Überblick über die Studienlage zeigt: Stabile und gesunde Freundschaften fördern unser Wohlbefinden und sind zudem ein entscheidender Faktor für unsere geistige Gesundheit.
Freunde und Freundinnen können uns helfen, die Probleme des Lebens zu bewältigen. Menschen, die enge Vertraute haben, sind oftmals mit ihrem Leben zufriedener. Freundschaften im Erwachsenenalter, die soziale Unterstützung und verständnisvolle Anteilnahme bieten, stärken nicht nur das Wohlbefinden, sondern können ganz konkret vor psychischen Problemen wie Depressionen und Angststörungen schützen.
Mit Freunden über Gefühle zu reden, senkt das Stresslevel
Freundschaften tun uns also gut. Dem würden wohl die meisten von uns zustimmen. Aber warum das so ist, was Freundschaften konkret in uns bewirken, gehört zu den vielen ungeklärten Fragen über die menschliche Psyche. Untersucht wurde zum Beispiel, dass der Austausch in einer freundschaftlichen Beziehung unsere Reaktion auf Stress verändern kann. So sind Blutdruckschwankungen geringer, wenn man mit einem Freund oder einer Freundin über Probleme spricht, der oder die einen unterstützt, als wenn man mit einer Person spricht, der man sich nicht so nah verbunden fühlt. Für Männer ist dieser Aspekt besonders wichtig, da viele selbst mit engen Freunden nur ungern über ihre Gefühle sprechen. Aber es lohnt sich, sich einen Ruck zu geben: Das Verständnis eines guten Freundes kann so viel bewirken.
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Freundschaft als Schutzfaktor für die Gesundheit
Angesichts der Herausforderungen des Lebens kann ein enger Freund für Männer eine Art Puffer gegen die negativen Folgen von Problemen oder Konfliktsituationen zu sein. Die Kehrseite der Medaille: Männer, die ohne diesen Schutzfaktor auskommen müssen – weil sie keine guten Freunde (oder auch keine Liebesbeziehungen oder andere Beziehungen) haben, leben mit einem höheren Risiko für ihre psychische Gesundheit. Langzeitstudien bei Männern und Frauen haben sogar gezeigt, dass sich ein Leben ohne Freundschaften auf die körperliche Gesundheit auswirken kann und dass bei den Betroffenen beispielsweise das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöht ist.
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Wie kann ich meinen Freund mit psychischen Problemen unterstützen?
Freundschaft ist zwar ein bedeutender Faktor für die Widerstandsfähigkeit gegenüber psychischen Störungen und Erkrankungen, aber natürlich kein absoluter Schutz. Wenn ein guter Freund von Ihnen psychische Probleme hat, ist Ihre Freundschaft besonders wichtig. Bei Problemen wie einer Depression können Freunde helfen.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihrem Freund schlecht geht, suchen Sie das Gespräch. Aber überfahren Sie Ihren Kumpel nicht; vielleicht gehört auch er zu den Männern, die Probleme haben, sich emotional zu öffnen. Ein geeigneter Einstieg ist zum Beispiel: „Mir ist aufgefallen, dass du dich verändert hast. Täusche ich mich oder möchtest du mit mir darüber sprechen?“ Verlassen Sie sich nicht auf Beteuerungen, wonach alles in Ordnung sei. Vielleicht müssen Sie vorsichtig nachhaken: „Bist du sicher, dass es dir gut geht?“
Manchmal sind wir überfordert: Zum Beispiel, wenn wir lange nichts von einem Freund gehört haben und er uns plötzlich mit der Diagnose einer psychischen Erkrankung konfrontiert. Dann darf „Mann“ auch zugeben, dass er unsicher ist und nicht genau weiß, wie man damit umgehen soll. Verleugnen Sie Ihre Unsicherheit nicht, so wie Ihr Freund ja auch ehrlich zu Ihnen war. Entscheidend ist, dass es Ihnen gelingt, mit Ihrem Freund in einen Gefühlsaustausch zu treten. Allein diese emotionale Verbindung kann eine sehr wirksame Unterstützung sein.
Einfach für den Freund oder die Freundin da sein
Im Umgang mit Männern mit psychischen Problemen ist es am wichtigsten, zu zeigen, dass man immer noch ein Freund ist und dass man sich um die Person sorgt. Sie müssen das nicht immer mit Worten vermitteln. Auch eine Umarmung kann Ihre Gefühle ausdrücken. Unter Freundinnen ist eine Umarmung etwas ganz Normales. Unter Männern nicht immer. Scheuen Sie sich nicht vor körperlicher Nähe. Sie ist ein Zeichen Ihrer Verbundenheit. Die wertvollste Unterstützung, die Sie jetzt geben können, ist einfach für den Freund da zu sein, um zuzuhören und zu reden. Es kann unendlich viel helfen, sich die Zeit zu nehmen, um anzurufen, eine Nachricht zu schreiben, jemanden zu besuchen oder einzuladen. Drängen Sie sich nicht auf, aber lassen Sie es auch nicht zu, dass sich Freunde zurückziehen. Ermuntern Sie Ihre Freunde zu gemeinsamen Aktivitäten.

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Freundschaft ist wichtig, aber kein Ersatz für professionelle Hilfe
Ihre Aufgabe als Freund ist es nicht, konkrete Ratschläge zu geben. Ihr Freund braucht Sie nicht als Psychologen, sondern als einfühlsamen Mann, der sich Zeit nimmt. Es geht vor allem um Ihre freundschaftliche Begleitung, um Ihr Da-Sein. Das ist allerdings kein Ersatz für professionelle Hilfe. Deshalb ist es wichtig, Freunde, von denen Sie vermuten, dass sie ernsthafte psychische Probleme haben, zu ermutigen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Helfen Sie, wenn gewünscht, bei der Suche nach Informationen über eine Psychotherapie oder andere Hilfsangebote.
Hilfe im Alltag
Manchmal fallen die alltäglichen Dinge bei mentalen Problemen schwer. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Freund mit den Verrichtungen des täglichen Lebens überfordert ist, fragen Sie ihn, ob Sie vielleicht helfen können. Auch ganz praktische Hilfe kann sehr wertvoll sein. Denn selbst einfache Hausarbeiten oder Einkaufen können jemandem, der sich in einer schwierigen Phase befindet, unmöglich erscheinen. Ein solches Gebaren wird leicht als übertrieben empfunden. Dennoch sollten Sie die Alltagschwierigkeiten Ihres Freundes oder Ihrer Freundin ernst nehmen und im Rahmen Ihrer Möglichkeiten aushelfen.
Überfordern Sie sich nicht selbst
Vergessen Sie über die Sorge um Ihren Freund nicht sich selbst. Wenn Sie sich verausgaben und aufopfern, ist niemandem geholfen.
- Setzen Sie klare Grenzen für Ihre Unterstützung. Das ist keine Zurückweisung. Es bedeutet nur, dass Sie realistisch einschätzen, was Sie leisten können und was nicht.
- Gönnen Sie sich eine Pause, wenn Sie sie brauchen – etwas Zeit für sich selbst hilft, die eigenen Batterien wieder aufzuladen.
- Teilen Sie Ihre Verantwortung mit anderen, wenn Sie können. Zu wissen, dass es andere Menschen gibt, die Ihren Freund unterstützen, nimmt den Druck von Ihnen.
- Sprechen Sie mit anderen über Ihre eigenen Gefühle, um sich unterstützt zu fühlen.
Interaktive Hilfe zur Selbsthilfe
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Wie mit Freunden über die eigenen psychischen Probleme sprechen?
Vielen Menschen (und nicht nur Männern) fällt es schwer, ihre Gefühle und Gedanken in Worte zu fassen – insbesondere dann, wenn es ihnen nicht gut geht. Wer die eigene Unzufriedenheit ignoriert und negative Gefühle unterdrückt, macht alles nur schlimmer und riskiert psychische Probleme.
Allein über Gefühle zu reden, ist für viele Männer nicht leicht. Wie schwer muss es also sein, über psychische Erkrankungen zu sprechen? Gleichzeitig ist es eine große Hilfe, ihrem besten Freund davon zu erzählen.
Versuchen Sie also, Ihre Hemmungen zu überwinden. Überlegen Sie sich aber genau, wem Sie wirklich vertrauen. Oft ist schon der bloße Gedanke daran, sich zu offenbaren und ein Gespräch über die eigenen psychischen Probleme zu beginnen, überfordernd. Deshalb kann es hilfreich sein, einige grundsätzliche Regeln für den Umgang mit psychischen Problemen zu beherzigen.
Tipps für das erste Gespräch mit dem Freund
- Sprechen Sie nur mit Freunden, denen Sie auch zutrauen, Sie zu unterstützen.
- Suchen Sie sich einen Ort, an dem Sie ungestört sind. Das kann im privaten oder öffentlichen Raum sein oder auch ein gemeinsamer Spaziergang: in jedem Fall dort, wo Sie sich wohl fühlen.
- Planen Sie das Treffen so, dass Sie beide genügend Zeit zum Reden haben.
- Bereiten Sie konkrete Beispiele vor, wie sich Ihre psychische Gesundheit auf Ihren Alltag auswirkt, damit Ihr Freund verstehen kann, worum es geht.
- Sagen Sie klar, wann Sie nur möchten, dass er Ihnen zuhört, und wann Sie seinen Rat brauchen.
- Bereiten Sie sich auf Enttäuschungen vor. Nicht jeder hat das nötige Verständnis oder ist den Herausforderungen gewachsen, die eine psychische Erkrankung mit sich bringt. Wenn Sie diese Möglichkeit im Vorfeld berücksichtigen, kann das eine etwaige Enttäuschung mildern. Und machen Sie Ihrem überforderten Freund keine Vorwürfe.
Auch wenn Sie Probleme haben, aber keinen Freund, an den Sie sich wenden können, gibt es Unterstützung. So bietet zum Beispiel das Männerberatungsnetz eine Orientierung über verschiedene Gesprächs- und Hilfsangebote.
Was tun im Notfall?
Die Hilfe von Freunden, so wertvoll sie auch sein mag, ist kein Ersatz für eine professionelle Behandlung, wenn Sie wirklich ein ernstes psychisches Problem haben. Sprechen Sie darüber mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin. Wenn Sie sich allgemein über Hilfsmöglichkeiten bei Depressionen informieren möchten, erreichen Sie das Info-Telefon Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe unter 0800 / 33 44 533. In Notfällen, beispielsweise bei konkreten Suizidgedanken, setzen Sie sich mit der nächsten psychiatrischen Klinik in Verbindung oder wählen Sie die Notrufnummer 112.