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Gesundheitsmagazin

Psychologie

Das Gefühl im Job aufzufliegen: Impostor-Syndrom

Veröffentlicht am:12.01.2023

5 Minuten Lesedauer

Wer am Hochstapler-Syndrom, auch Impostor-Syndrom genannt, leidet, zweifelt seine eigene berufliche Leistung an. Viele Betroffene halten sich irrtümlich selbst für Hochstapler, da sie glauben, sie hätten ihren Job nicht verdient.

Eine Frau mit Kopftuch sitzt an einem Tisch und hält einen Bleistift in der rechten Hand, während sie auf ein paar Arbeitsblätter schaut.

© iStock / Korrawin

Was ist das Impostor-Syndrom?

Unter dem Impostor-Syndrom leiden meist leistungsstarke Personen, die ihre objektiven Erfolge nicht ihren eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen zuordnen. Anhaltende Selbstzweifel und die ständige Angst, als Betrüger oder Hochstapler (Englisch: impostor) entlarvt zu werden, sind zwei Anzeichen des Impostor-Syndroms. Betroffene schreiben ihre Erfolge häufig externen Faktoren, wie Glück, Zufall oder Hilfe von anderen, zu und führen Rückschläge auf ihre berufliche Unzulänglichkeit zurück. Den Begriff „Hochstapler-Syndrom“ prägten die beiden Psychologinnen Dr. Pauline R. Clance und Suzanne A. Imes erstmals 1978. In einem Artikel beschrieben sie ihre Beobachtung, dass sich viele erfolgreiche Frauen als Hochstaplerinnen fühlten und dass sie glaubten, ihre beruflichen Leistungen würden überschätzt.

Das Impostor-Syndrom wird weder als eine psychische Störung noch als Persönlichkeitszug eingeordnet. Es handelt sich dabei um ein psychologisches Phänomen. Zunächst gingen Forschende davon aus, dass das Impostor-Syndrom hauptsächlich bei leistungsstarken, berufstätigen Frauen auftrete. Neuere Forschungen konnten jedoch feststellen, dass das Hochstapler-Syndrom bei Männern und Frauen in vielen beruflichen Situationen vorkommt. Außerdem kann das Impostor-Syndrom auch außerhalb des beruflichen Kontexts auftreten – zum Beispiel bei Eltern und in Familien, in Beziehungen oder in der Schule. Der Fokus der Forschung liegt bisher aber auf dem Impostor-Syndrom im beruflichen Umfeld.

Bin ich ein Hochstapler?

Folgende Gefühle können auf ein Hochstapler-Syndrom hinweisen:

  • Das Gefühl, dass berufliche Erfolge nur durch Glück und nicht durch eigene Leistungen erreicht wurden.
  • Die Angst, als Versager oder inkompetent wahrgenommen zu werden.
  • Das Gefühl, dass Mehrarbeit und Überstunden die einzigen Wege sind, um die Erwartungen zu erfüllen.
  • Das Gefühl, Aufmerksamkeit und Wertschätzung für eigene Leistungen nicht verdient zu haben.

Folgen des Impostor-Sydroms

Das Gefühl, ein Hochstapler zu sein, kann nicht nur den (Arbeits-)Alltag erschweren. Auch gesundheitliche Folgen sind möglich:

Studien haben gezeigt, dass das Impostor-Syndrom zu einem Rückgang der Arbeitsleistung und Arbeitszufriedenheit führen und gleichzeitig das Risiko für einen Burnout erhöhen kann. Es gilt auch als möglicher Auslöser von Angststörungen und Depressionen.

Führen die mit dem Impostor-Syndrom einhergehenden Gefühle zu einem hohen Leidensdruck, ist es ratsam, eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen.

Was sind die Ursachen des Impostor-Syndroms?

Wodurch das Phänomen ausgelöst wird, ist nicht gänzlich geklärt. Studien legen nahe, dass die Erziehung und der familiäre Hintergrund dabei eine Rolle spielen könnten – zum Beispiel, wenn Eltern die Bedeutsamkeit von Leistung und Erfolg ihrer Kinder stark in den Vordergrund stellen. Zudem fällt es Kindern schwerer, ihre Leistung realistisch einzuschätzen, wenn Eltern unterschiedlich auf Erfolge reagieren – beispielsweise mal mit Kritik und mal mit übermäßigem Lob.

Neben der Erziehung spielt Perfektionismus womöglich eine weitere Rolle bei der Entwicklung eines Impostor-Syndroms. Betroffene denken häufig, dass jede Aufgabe, die sie anpacken, perfekt erledigt werden muss, und sie bitten selten um Hilfe. Sie haben hohe, meist unrealistische Ziele und Maßstäbe, an denen sie sich selbst messen, und zeigen kontraproduktive Gedanken und Verhaltensweisen, wenn sie diesen nicht gerecht werden. Perfektionismus kann dabei zwei typische Reaktionen im Alltag herbeiführen: Entweder die betroffene Person zögert die anstehenden Aufgaben hinaus, aus Angst, diese nicht zur vollsten Zufriedenheit ausführen zu können. Oder die Person bereitet die Aufgabe mit hohem Arbeits- und Zeitaufwand vor – was Überlastung zur Folge haben kann.

Ist eine Person eher introvertiert oder hat ein geringes Selbstwertgefühl, neigt sie ebenso eher dazu, das Impostor-Syndrom zu entwickeln.

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Wie man das Hochstapler-Syndrom überwinden kann

Das Impostor-Syndrom kann zu einem Teufelskreis werden: Aus Angst, als Hochstapler entlarvt zu werden, nehmen Betroffene aus einem Gefühl der Unzulänglichkeit oft noch mehr Arbeit auf sich, um die beruflichen Erwartungen zu übertreffen. Der Erfolg, den sie damit erzielen, führt sie zu der Überzeugung, dass dieses überambitionierte Verhalten und hohe Anstrengungen nötig sind, um den Job überhaupt zu verdienen.

Diese Tipps können Ihnen helfen, den Kreislauf zu durchbrechen:

Sprechen Sie mit Anderen

Menschen mit Impostor-Syndrom kann es helfen, das Gespräch mit Personen zu suchen, deren Leistungen sie selbst wertschätzen oder die für sie wie Mentoren sind. Sie können dabei helfen, die eigenen Leistungen realistisch einzuordnen. Auch der allgemeine Austausch mit Kollegen und Kolleginnen, Arbeitgebenden und Vorgesetzten oder dem Freundeskreis kann für die betroffene Person befreiend sein. Von anderen Menschen zu erfahren, dass sie auch Selbstzweifel haben oder an dem Impostor-Syndrom leiden, dient dem Überwindungsprozess. Selbst die ehemalige US-amerikanische First Lady Michelle Obama sprach offen über ihr Impostor-Syndrom und zeigt damit, dass selbst Menschen, die von anderen als Vorbild wahrgenommen werden, von Selbstzweifeln geplagt sind.

Eine Frau sitzt auf einem Schreibtisch und schaut einen Kollegen an, der die rechte Hand hebt und offen mit ihr spricht.

© iStock / xavierarnau

Wer am Impostor-Syndrom leidet, tut gut daran, ein offenes Gespräch mit seinen Kolleginnen und Kollegen über die Arbeit und das persönliche Verhältnis zu den eigenen Leistungen zu suchen.

Lernen Sie Komplimente anzunehmen

Um den Gedanken der Unzulänglichkeit entgegenzuwirken, hilft es, bewusst Komplimente anzunehmen. Keine Tiefstapeleien nach dem Motto „dieser Pitch war doch gar nicht so originell“ oder Entschuldigungen wie „mit mehr Zeit könnte das Projekt noch besser laufen“. Eine effektive Übung ist es, mit dem Satz „Danke, ich freue mich über das positive Feedback“ Komplimente einfach anzunehmen. Mit etwas Geduld kann diese Ansicht verinnerlicht werden.

Führen Sie ein Erfolgstagebuch

Kleine und große Erfolge, jedes Kompliment, jedes gute Feedback aufzuschreiben, hilft dabei, die eigenen Kompetenzen zu erkennen. Ein Erfolgstagebuch kann das Selbstwertgefühl unterstützen: So kann es gelingen, sich durch die Augen anderer wohlwollender zu beurteilen. Ein solches Tagebuch kann auch eine nützliche Hilfe sein, wenn beispielsweise ein Feedbackgespräch oder eine Gehaltsverhandlung anstehen und die inneren Dialoge zurück in den negativen Kreislauf rücken.

Niemand ist perfekt

Impostor-Syndrom und Perfektionismus gehen oft Hand in Hand. Für Menschen mit dem Hochstapler-Syndrom ist es wichtig, sich nicht mehr auf die Perfektion zu fokussieren. Denn es ist normal, dass uns Fehler unterlaufen. Frei nach dem Motto: „Nur wer Fehler begeht, kann auch aus ihnen lernen.“

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