Psychologie
Was kann ich tun, wenn mein Partner nicht über seine Gefühle redet?
Veröffentlicht am:29.04.2025
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Ihr Partner zeigt Anzeichen psychischer Belastung, spricht aber nicht darüber? Diese Strategien helfen Ihnen, das Thema anzusprechen, und gleichzeitig auf Ihre eigenen Bedürfnisse zu achten.

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Inhalte im Überblick
Mental Health-Probleme: Welche Warnsignale gibt es?
Es ist beunruhigend, wenn sich der Partner verändert, zurückzieht, ständig gereizt oder betrübt ist. Sollte man ihn ansprechen, auch wenn er sagt, dass alles in Ordnung ist? Und wie geht man damit um, wenn er gar nicht über seine Gefühle sprechen möchte?
Veränderungen, die länger als zwei Wochen anhalten, können Hinweise auf eine psychische Belastung sein. Dazu zählen zum Beispiel Schlafprobleme, starke Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwierigkeiten oder sozialer Rückzug. Solche Anzeichen bedeuten nicht automatisch, dass Ihr Partner eine psychische Erkrankung hat. Aber sie können ein Zeichen sein, dass etwas nicht stimmt oder die psychische Gesundheit (Mental Health) leidet – und dass es sinnvoll ist, das Thema vorsichtig anzusprechen.
Über Gefühle reden: Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch?
Gerade, wenn sich jemand abkapselt oder Probleme verdrängt, ist es schwer, den richtigen Moment für ein Gespräch zu finden. Doch wer frühzeitig handelt, kann den Partner unterstützen – und sich selbst vor Überforderung schützen.
Suchen Sie für ein Gespräch über die Stimmung oder das Verhalten Ihres Partners einen ruhigen Moment. Wählen Sie einen Zeitpunkt, an dem Sie beide ungestört sind und keine Termine oder Verpflichtungen anstehen – beispielsweise bei einem Spaziergang oder wenn die Kinder im Bett sind. Schalten Sie Ihr Telefon auf lautlos, damit Sie nicht abgelenkt werden.
Sprechen Sie behutsam über Ihre Gedanken, statt Vorwürfe zu machen, zu kritisieren oder zu analysieren. Schildern Sie einfach, was Ihnen aufgefallen ist. Zum Beispiel so:
„In letzter Zeit wirkst du oft niedergeschlagen. Wenn du möchtest, höre ich dir gern zu.“
Oder:
„Ich mache mir Sorgen. Magst du mir erzählen, wie es dir geht?“

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Gute Kommunikation: Wie führe ich ein Gespräch, ohne mich aufzudrängen?
Offen über Mental Health oder Gefühle zu sprechen, ist für viele Menschen ungewohnt. Damit sich beide Teilnehmende wohlfühlen, sollten Sie während des Gesprächs folgende Punkte beachten:
- Hören Sie aufmerksam zu und lassen Sie Pausen zu.
- Geben Sie keine vorschnellen Ratschläge.
- Bleiben Sie ruhig und wertschätzend.
- Versichern Sie, dass das Gesagte vertraulich bleibt.
- Erwarten Sie keine schnellen Lösungen. Manchmal ist das Zuhören an sich schon ein wichtiger Schritt. Zeigen Sie, dass das Thema jederzeit wieder aufgegriffen werden kann.
Wichtig ist es, dabei keinen Druck ausüben. Manchmal braucht es Zeit, bis sich jemand öffnet. Anstatt Ihrem Partner Ratschläge zu geben, fragen Sie ihn, was ihm helfen würde, sich besser zu fühlen, wenn er über seine Emotionen spricht. Sie können ihm auch anbieten, gemeinsam nach Unterstützung zu suchen. Ein erster Schritt könnte sein, einen Termin beim Hausarzt oder der Hausärztin oder einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin zu vereinbaren. Auch dabei gilt: Bieten Sie Hilfe an, aber überlassen Sie ihm die Entscheidung. Zum Beispiel so: „Wenn du möchtest, helfe ich dir dabei, eine Praxis zu finden oder einen Termin auszumachen.“
Warum ist es wichtig, auch auf die eigene psychische Gesundheit zu achten?
Wer sich Sorgen macht, möchte oft alles tun, um zu helfen. Doch bei aller Fürsorge sollten Sie auch auf sich selbst achten. Es ist nicht Ihre Aufgabe, jedes Problem zu lösen oder dauerhaft als emotionale Stütze bereitzustehen. Fragen Sie sich einmal ehrlich: Wie viel kann und möchte ich geben? Wo wird es mir zu viel? Zudem kann es in Gesprächen über psychische Belastungen und Gefühle vorkommen, dass die Stimmung kippt. Vielleicht spüren Sie Angst, Schuldgefühle, Traurigkeit oder sogar Wut in sich aufsteigen – das ist völlig normal. Möglicherweise wird Ihnen auch Verantwortung zugeschoben.
Wie kann ich Anteil nehmen und trotzdem meine Grenzen wahren?
Wenn Sie beobachten, dass Sie der Austausch stark belastet, ist es wichtig, Grenzen zu setzen. Sagen Sie offen, wenn Ihnen etwas zu viel wird oder Sie sich unwohl fühlen. Holen Sie sich Unterstützung bei einer vertrauten Person, Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin, wenn Sie die Situation mit Ihrem Partner nicht mehr allein tragen können. Denken Sie immer daran: Sie können Hilfe anbieten, aber Sie tragen nicht die Verantwortung für die Gesundheit Ihres Partners.
Gaslighting: So erkennen Sie ungesunde Gesprächsdynamiken
Manche Menschen erleben während des Gesprächs mit ihrem Partner auch Formen von Manipulierung – etwa, wenn der Partner versucht, Sie zu verunsichern oder an Ihrer Wahrnehmung zweifeln zu lassen. Dieses Verhalten wird als Gaslighting bezeichnet. Typische Sätze sind: „Du übertreibst doch nur“, „Das bildest du dir alles ein“ oder „Du verstehst das alles falsch.“ Wem so etwas auffällt, sollte zukünftig darauf achten. Denn Auffälligkeiten bedeuten nicht zwingend, dass Gaslighting vorliegt. Viele Menschen setzen gegenüber anderen manipulatives Verhalten ein, wenn sie sich angegriffen fühlen oder selbst einen Fehler begangen haben. Registrieren Sie solches Verhalten Ihnen gegenüber aber häufiger, sollten Sie dem eigenen Gefühl, Ihrer Wahrnehmung sowie Ihren Erinnerungen trauen und sich dann unbedingt an eine Beratungsstelle, einen Psychotherapeuten oder eine Psychotherapeutin wenden. Denn Gaslighting ist eine Form des emotionalen Missbrauchs. Eine erste Anlaufstelle kann für betroffene Frauen beispielsweise das bundesweite Hilfetelefon des Bundesamtes für Familie unter der Telefonnummer 08000 116 016 sein. Das Bundesfamilienministerium hat Beratungsangebote für Männer zusammengestellt.
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Das können Sie für Ihre Selbstfürsorge tun
Die Diagnose einer psychischen Erkrankung beim Partner, beispielsweise eine Depression, kann Angehörige belasten. Viele fühlen sich überfordert und wissen allein nicht mehr weiter. Das ist völlig normal und kein Grund zur Scham. Folgende Maßnahmen können in einer solchen Situation helfen:
- Informieren Sie sich: Angehörigen hilft es in der Regel, Symptome und Krankheitsverlauf zu kennen. Dadurch können Sie Anzeichen richtig deuten, Betroffene besser verstehen und gegebenenfalls unterstützen. Nähere Informationen zu psychischen Erkrankungen finden Sie beispielsweise beim Informationsportal für psychische Gesundheit und Nervenerkrankungen sowie beim Männergesundheitsportal unter „Psychische Erkrankungen“.
- Die eigenen Sorgen teilen: Psychische Probleme oder Erkrankungen des Partners wirken sich auch auf die Beziehung aus und können belasten. Dann hilft es, sich mit einer Vertrauensperson über die eigene Situation und die eigenen Gefühle auszutauschen. Zudem gibt es bundesweite Selbsthilfegruppen für Angehörige.
- Sich selbst nicht aus dem Fokus verlieren: Wer über die eigenen Grenzen geht und sich im schlimmsten Fall für den anderen aufgibt, ist keine Unterstützung, sondern gefährdet sich auch selbst. Nehmen Sie sich Auszeiten und beachten Sie Ihre eigene emotionale Kapazität.
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Psychotherapie: ambulante Hilfe
Bei Verdacht auf eine psychische Erkrankung oder als Unterstützung für die Angehörigen, hilft eine psychologische Beratung oder eine Psychotherapie. Diese kann in der Regel ambulant durchgeführt werden.