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Psychologie

Arachnophobie – Was tun bei Angst vor Spinnen?

Veröffentlicht am:02.01.2023

5 Minuten Lesedauer

Spinnenphobien sind auch in Regionen häufig, in denen es keine gefährlichen Spinnen gibt. Das wird in der Wissenschaft unterschiedlich erklärt. Wenn man darunter leidet, gibt es vielversprechende Ansätze, um die Arachnophobie zu überwinden.

Eine junge Frau mit dunklen langen Haaren blickt erschrocken und ängstlich, die Hände hält sie schützend vor den Brustkorb.

© iStock / SB Arts Media

Sind Spinnen wirklich harmlos?

Wenn es Herbst wird in Deutschland, sind die heimischen Spinnenarten ausgewachsen. Viele von ihnen haben im September ihre Paarungszeit. Deshalb sind sie jetzt auf ihrer Partnersuche besonders aktiv und mobil. Viele Spinnen kriechen beim Ausschwärmen durch gekippte Fenster oder offene Türen auch in unsere Häuser. Dadurch nehmen die Begegnungen zwischen Mensch und Spinne im Herbst zu – zumindest gefühlt. Denn weil die Spinnen jetzt größer sind als im Sommer, werden sie von Menschen leichter wahrgenommen. Außerdem trifft man nun im Haus auf alle möglichen Spinnenarten und nicht nur auf die gewohnten Hausspinnen, die ganzjährig in Kellern wohnen. Aber egal ob Haus- oder Gartenspinne, ob netzbauende Spinne oder Springspinne – eines haben die meisten in Deutschland lebenden Arten gemein: Heimische Spinnen sind für Menschen in der Regel harmlos.

Auch giftige Spinnen wie die heimische Dornfingerspinne und die Hauswinkelspinne sowie eingewanderte Arten wie die zur Familie der Kräuseljagdspinnen gehörende Nosferatuspinne, die wegen gestiegener Temperaturen im Zuge des Klimawandels mittlerweile auch in Deutschland vorkommen, ändern grundsätzlich nichts daran. Wenn sie sich angegriffen fühlen, können diese Spinnen Menschen beißen. Das tun sie aber äußerst selten und ihr Biss wird als weniger schmerzhaft als ein Wespenstich beschrieben. Gefährlich ist ihr Gift nur für Insekten sowie andere Spinnen – und für die ist es ja auch gedacht.

Trotz ihrer Harmlosigkeit kommt eine friedlich in der Ecke hockende Spinne einigen Menschen wie ein Monster auf acht Beinen vor. Solche Menschen werden Arachnophobiker und -phobikerinnen genannt.

Was ist eine Arachnophobie?

Die wortwörtliche Bedeutung des aus dem Altgriechischen stammenden Fachbegriffs Arachnophobie lautet: „Spinnen-Furcht“. Und die haben viele Menschen: In Deutschland sind schätzungsweise fünf Prozent der Bevölkerung von einer Arachnophobie betroffen, darunter deutlich mehr Frauen als Männer.

Angst zu haben, gehört zum Menschsein dazu. Angst kann sehr sinnvoll sein: Furcht vor einer realen Gefahr löst eine angemessene Reaktion aus, zum Beispiel Flucht oder die Bereitschaft zur Gefahrenabwehr einschließlich einer gesteigerten Aufmerksamkeit für den angstauslösenden Reiz. Bei einer Arachnophobie handelt es sich aber nicht um eine sinnvolle Angst, sondern um ein psychisches Phänomen, das Fachleute eine spezifische Angststörung nennen. Diese liegt dann vor, wenn die empfundene Angst deutlich über das Ausmaß der tatsächlichen Bedrohung hinausgeht und somit unverhältnismäßig ist. Das angstauslösende Objekt wird von den Betroffenen aktiv vermieden beziehungsweise nur unter starker Furcht ertragen. Die Angst und Vermeidung halten über mindestens sechs Monate an und führen zu Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen des täglichen Lebens. Eine Tierphobie wie die Spinnenphobie ist eine sogenannte spezifische Phobie. Das heißt, die Angst bezieht sich auf eine bestimmte Situation, einen Gegenstand oder ein Lebewesen. Bei einer Tierphobie kommt zur Angst häufig noch Ekel vor dem jeweiligen Tier hinzu.

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Warum haben Menschen Angst vor Spinnen?

Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Forschende haben zur Ursache der Arachnophobie unterschiedliche Theorien entwickelt. Die jeweiligen Theorien schließen sich aber nicht gegenseitig aus.

  • Entwicklungsbiologisch: schon der Anblick genügt

    Wenn Menschen Angst vor bestimmten Tieren wie Spinnen haben, könnte das entwicklungsgeschichtlich auf die Furcht vor tatsächlich gefährlichen Tieren zurückgehen. Eine solche Furcht war in der menschlichen Frühzeit wichtig für das Überleben. Dieser evolutionsbiologischen These zufolge hätten unsere Vorfahren Kontakt zu gefährlichen Spinnen gehabt, vor denen Angst zu haben berechtigt war. Das könnte sich bis heute erhalten haben. Hierzu wurden zum Beispiel Versuche durchgeführt, bei denen Babys Fotos von Spinnen gezeigt wurden. Die Babys haben darauf auffällig reagiert, obwohl sie noch keine eigenen Erfahrungen mit Spinnen gemacht haben können.

  • Entwicklungspsychologisch: erlernt von den Eltern

    Nach der zweiten Theorie ist nicht eine genetische Veranlagung (haupt-)verantwortlich für die Arachnophobie, sondern unser Lernverhalten. Kinder beobachten bei ihren Eltern, dass diese sich gegenüber Spinnen vorsichtig verhalten oder verschreckt und angewidert reagieren. Dieses Verhaltensmuster wird von den Eltern übernommen. Wenn man außerdem den Kontakt zu Spinnen meidet, kann aus einer Angst vor etwas, mit dem man sich nicht auseinandersetzt, unter Umständen eine Phobie entstehen.

Muss eine Arachnophobie behandelt werden?

Nicht jede Angststörung erzeugt einen gleich schwerwiegenden Leidensdruck. Die Angst vor bestimmten Tieren – seien es Spinnen oder auch Schlangen – schränkt Betroffene im Alltag oft weniger ein als zum Beispiel die Angst vor Gruppensituationen bei einer sozialen Phobie – schließlich begegnet man diesen Tieren seltener, als man soziale Situationen meistern muss. Viele Menschen, die Angst vor Spinnen haben, kommen deshalb gut damit zurecht und erfahren durch ihre Angst keine wesentlichen Beeinträchtigungen ihres alltäglichen Lebens. Außerdem können sie auf Verständnis ihrer Mitmenschen bauen: Ängste vor Spinnen, Schlangen und anderen Tieren kommen häufig vor, weswegen sie von anderen verstanden und akzeptiert werden.

Wenn die Angst vor Spinnen allerdings zu deutichen Einschränkungen des sozialen, beruflichen oder sonstigen Alltagslebens führt, dann liegt eine klinisch manifeste spezifische Phobie vor, bei der eine Therapie erwogen werden sollte. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Betroffene aus Furcht vor Spinnen nicht mehr in den Keller oder die Garage gehen können und den eigenen Balkon oder Garten genauso meiden wie Ausflüge ins Grüne. Das schränkt den Alltag und das Sozialleben merklich ein. Daher ist bei entsprechendem Leidensdruck eine Psychotherapie sinnvoll und in der Regel auch sehr wirksam.

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Arachnophobie-Therapie: Angst vor Spinnen überwinden

Mit Vernunft allein lässt sich gegen eine Arachnophobie nicht vorgehen – sie ist ihrem Wesen nach irrational. Aber mit Verhaltenstherapien lassen sich Phobien meist erfolgreich behandeln. Die von den meisten Experten und Expertinnen empfohlene Therapieform bei Spinnenphobie ist die sogenannte Konfrontationsbehandlung oder Expositionstherapie. Hier geht es darum, Betroffene schrittweise mit Spinnen zu konfrontieren, um sie nach und nach an den Anblick der harmlosen, aber für sie furchteinflößenden Tiere zu gewöhnen.

Diese behutsame Annäherung an die Achtbeiner kann es Menschen mit einer Spinnenphobie ermöglichen, ihre Angst und Abwehrhaltung abzulegen und den negativen Einfluss der Spinnen auf ihren Alltag zu verringern. Am Anfang einer Konfrontationstherapie können Gespräche über Spinnen stehen, auf die Fotos und dann Filme folgen. Erst am Schluss der Therapie kommt das lebende Objekt ins Spiel, dem man sich räumlich annähert, das man in einem verschließbaren Beobachtungsglas mit Lupendeckel betrachten und schließlich sogar berühren kann. Oft reichen schon wenige Therapiestunden aus, um eine Arachnophobie zu überwinden, berichten Therapeuten und Therapeutinnen.

Eine junge blonde Frau mit Pferdeschwanz beobachtet eine Spinne, die sich in einem Beobachtungsglas befindet.

© iStock / Fotosmurf03

Ein Beobachtungsglas ist eine gute Möglichkeit, Spinnen zu betrachten.

Wie kann man einer Arachnophobie vorbeugen?

Dass viel mehr Frauen Angst vor Spinnen haben als Männer, könnte daran liegen, dass Mädchen mit einer Spinnen-Aversion den Kontakt zu Spinnen in der Regel konsequent vermeiden. Diese Vermeidungsstrategie begünstigt eine spätere Phobie. Demgegenüber müssen sich Jungen öfter ihren Ängsten stellen, weil Mutproben zu ihrem Spielverhalten gehören: Kneifen gilt hier nicht, auch nicht beim Spinnen-Sammel-Wettbewerb. Eine solche spielerische Konfrontation kann womöglich dazu beitragen, dass Phobien gar nicht erst entstehen. Daraus lässt sich folgern: Vorbeugende Maßnahmen gegen Arachnophobie bauen auf dem gleichen Prinzip auf wie die Therapie: Konfrontation.

Untersuchungen mit Unterrichtsmodellen in Grundschulen stützen solche Überlegungen. Durch gezielt eingesetzte Lehrinhalte, die sich positiv mit Spinnen auseinandersetzen, lassen sich Angst und Ekel reduzieren und es kann sogar Sympathie für Spinnen erzeugt werden. Auch hier geht es darum, eine Vermeidungshaltung aufzubrechen und eine bewusste und direkte Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Abneigung zu ermöglichen.

Wer selbst Angst vor Spinnen hat oder seine Kinder an Spinnen gewöhnen möchte, kann dank der in der Regel harmlosen heimischen Spinnen selbst aktiv werden und auf die Pirsch gehen, um die Achtbeiner aus der Nähe zu beobachten. Aber für den Anfang reicht vielleicht auch schon ein interessanter Naturfilm über Spinnen.

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