Psychologie
Panikattacken loswerden: So werden sie behandelt
Veröffentlicht am:26.01.2022
5 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 18.12.2023
Wiederkehrende schwere Angstanfälle, die nicht vorhersehbar sind, kennzeichnen eine Panikstörung. Frauen sind davon mehr als doppelt so häufig betroffen. Warum entstehen die Angstanfälle? Wie äußern sie sich? Und was können Betroffene dagegen tun?
Was ist eine Panikattacke?
Das Herz rast, Luftnot stellt sich ein, Schweiß bricht aus, die Hände zittern und es wird einem schwindlig – aus heiterem Himmel auftretende und schnell zunehmende starke Angst ist das beherrschende Gefühl bei einer Panikattacke. Wer sie erlebt, hat oft den Eindruck, die Kontrolle vollständig zu verlieren oder befürchtet sogar zu sterben.
Wenn solche Panikattacken wiederholt auftreten, spricht man von einer Panikstörung. Charakteristisch für eine Panikstörung ist, dass die Angstanfälle nicht in spezifischen Situationen oder unter bestimmten Umständen auftreten, so dass es für die Betroffenen nicht vorhersehbar ist, wann die die nächste Panikattacke auftreten wird. Die Panikattacken gehen mit einer Vielzahl körperlicher Symptome einher.
Was läuft bei einer Panikattacke im Körper ab? Grundsätzlich ist Angst eine sinnvolle und in kritischen Situationen sogar überlebenswichtige Reaktion unseres Körpers. Bei drohender Gefahr löst das vegetative Nervensystem durch die Ausschüttung von Stresshormonen eine Reihe von Reaktionen aus: Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt. Die Atmung beschleunigt sich, damit mehr Sauerstoff ins Blut gelangt. Die Muskeln spannen sich an. Der Körper wird dadurch in die Lage versetzt, sehr schnell auf die Gefahr zu reagieren – entweder durch Flucht oder durch Angriff.
Bei Angststörungen, zu denen auch die Panikstörung zählt, treten diese körperlichen Reaktionen jedoch auch auf, wenn keine reale Gefahr besteht.
Ursachen: Was löst eine Panikattacke aus?
Bei der Entstehung von Angsterkrankungen spielen biologische, psychologische und soziale Ursachen eine Rolle. So besteht oft eine genetische Veranlagung, die das Risiko zur Entwicklung einer Angsterkrankung erhöht. Zudem findet sich ein Ungleichgewicht an bestimmten Botenstoffen im Gehirn, das Ansatzpunkt für die medikamentöse Interventionen bei Angsterkrankungen sein kann. Auch in der Kindheit erlebte Traumata und in der Gegenwart durchgemachte Schicksalsschläge, wie der Tod eines geliebten Menschen, oder chronische psychische Überlastung können zur Entstehung einer Angsterkrankung beitragen.
Darüber hinaus spielen bei der Entstehung von Panikstörungen vermutlich kognitive Aspekte, wie die besonders aufmerksame Beobachtung der Reaktionen des eigenen Körpers, eine Rolle. Die Medizin geht davon aus, dass Menschen mit einer Panikstörung körperliche Signale wie den eigenen Herzschlag stärker beachten und leichter fehlinterpretieren. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass sie in einer eigentlich normalen Beschleunigung des Herzschlags infolge körperlicher Aktivität ein Warnzeichen für ein organisches Problem des Herzens sehen. Diese Interpretation löst Angst aus, die zu einer Ausschüttung von Stresshormonen führt und dadurch wiederum die besorgniserregenden körperlichen Symptome verstärkt. Die erhöhen wiederum weiter die Angst, dass tatsächlich ein körperliches Problem, zum Beispiel ein Herzinfarkt, drohen könnte. Auf diese Weise geraten die Betroffenen in einen Teufelskreis.
Situationen, in denen Panikattacken aufgetreten sind, werden von den Betroffenen danach oft vermieden. Dies kann auch auf Orte zutreffen, bei denen die Betroffenen befürchten, sie bei Panikattacken nicht schnell verlassen zu können oder dort keine adäquate Hilfe zu bekommen – insbesondere öffentliche Plätze und größere Menschenmengen. In diesem Fall ist auch die Rede von einer Agoraphobie (Platzangst), die häufig zusammen mit einer Panikstörung auftritt.
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Häufige körperliche Symptome bei einer Panikattacke
- Herzrasen, Herzklopfen
- rasche Atmung bis zur Hyperventilation
- Atemnot bis zum Gefühl des Erstickens
- Brustschmerzen, Enge in der Brust
- Hitzewallungen und Schweißausbrüche
- Zittern
- Schwindelgefühle
Typische psychische Symptome einer Panikattacke
- plötzlich auftretende und sich schnell steigernde starke Angstgefühle
- Angst, die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden oder zu sterben
- das Gefühl, sich selbst fremd zu sein oder eine eigentlich bekannte Umgebung plötzlich als seltsam fremd wahrzunehmen.
Wie läuft eine Panikattacke ab?
Wie fängt eine Panikattacke an? Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Ihre physiologische Ursache liegt zunächst in der überschießenden Stressreaktion. Betroffene geraten dadurch in einen Teufelskreis der Angst, in dem sich die Angstgefühle und die körperlichen Symptome gegenseitig verstärken.
Kennzeichen einer Panikattacke sind ihr plötzliches Auftreten und ihre relativ kurze Dauer. Nach etwa 10 bis 30 Minuten klingt eine Panikattacke in der Regel wieder ab.
Was hilft bei Panikattacken sofort?
Im Moment der Panikattacke setzt das rationale Denken weitgehend aus. Die Angst ist so intensiv, als gäbe es eine reale Bedrohung. Daher ist es wichtig, Strategien zu trainieren, um sich im Akutfall selbst beruhigen zu können. Diese Tipps zur Panikattacken-Soforthilfe haben sich bewährt:
Erste Hilfe gegen Panikattacken
- Ergreifen Sie Maßnahmen, um eine weitere Eskalation der Stresssituation zu verhindern, beispielsweise indem Sie Ihre Atmung bewusst kontrollieren und versuchen, langsamer und ruhiger zu atmen.
- Nutzen Sie gegebenenfalls auch Entspannungstechniken, die Sie zuvor erlernt haben, um sich zu beruhigen.
- Machen Sie sich bewusst, dass Ihre Angstattacke keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen wird und nach einigen Minuten wieder verschwindet. Versuchen Sie daher die Angst, so unangenehm sie auch sein mag, auszuhalten, bis sie nachlässt und schließlich ganz verschwindet.
„Notfallkoffer“ gegen die Panikattacke
Experten raten oft auch zu einem Trick, der eigentlich in der Therapie von Borderline-Störungen eingesetzt wird, sich aber auch bei Panikattacken bewährt hat: dem „Panikattacken-Notfallkoffer“. Er lässt sich individuell packen und enthält bewährte „Skills“ gegen die Attacke. Das kann ein Gegenstand sein, mit dem Sie etwas Schönes verbinden, ein Foto, ein Duft oder ein Lied. Alternativ können Sie zur Ablenkung einen leichten Schmerzreiz wählen, der Ihnen keine Verletzung zufügt, beispielsweise ein Gummiband, das Sie am Handgelenk gegen die Haut schnalzen lassen oder eine Zitrone, in die Sie hineinbeißen. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, was Ihnen am besten hilft.
Wie werden Panikstörungen behandelt?
Bei wiederholt auftretenden Panikattacken sollte ein Arzt oder Psychotherapeut aufgesucht werden, um abzuklären, ob eine Panikstörung vorliegt. In einer körperlichen Untersuchung kann dabei auch ausgeschlossen werden, dass den körperlichen Beschwerden organische Ursachen zugrunde liegen. Panikstörungen können sehr gut mit einer Psychotherapie behandelt werden. Ergänzend oder alternativ kommen auch bestimmte Medikamente in Frage.
Psychotherapie bei Panikstörungen
Sehr gut belegt ist die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie bei Panikstörungen mit und ohne begleitende Agoraphobie. Dabei wird analysiert und hinterfragt, wie die Angstanfälle ablaufen, welche Rolle die Bewertungen der Betroffenen dabei spielen und welche alternativen Bewertungs- und Reaktionsmöglichkeiten bestehen. Zudem werden die Betroffenen dabei unterstützt, sich ihrer Angst aktiv zu stellen und ihr eventuell bestehendes Vermeidungsverhalten abzubauen.
Medikamente gegen Panikattacken
Zur medikamentösen Behandlung von Panikstörungen können Antidepressiva, wie beispielsweise selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), eingesetzt werden. Beruhigungsmittel (sogenannte Benzodiazepine) sind dagegen zu einer längerfristigen Behandlung von Angststörungen nicht geeignet. Sie reduzieren akute Ängste zwar sehr schnell, können aber abhängig machen. Sie sollten daher am besten gar nicht oder nur in Ausnahmefällen, wie schwere Erkrankungen ohne Behandlungsalternativen, für kurze Zeit verordnet werden.
Für pflanzliche Beruhigungsmittel wie Johanniskraut oder Baldrian fehlen ausreichende wissenschaftliche Nachweise, dass sie bei Panikstörungen wirksam sind.
Achten Sie auf sich!
Vollwertige Ernährung, ausreichend Schlaf, regelmäßige körperliche Aktivität, Achtsamkeit, Entspannungsübungen und andere Techniken zur Stressbewältigung, die Pflege sozialer Kontakte und der Verzicht auf Suchtmittel, wie Nikotin und Alkohol, können das Risiko für Panikattacken senken.
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