Psychologie
Hate Speech: Was tun gegen Hass und Hetze im Netz?
Veröffentlicht am:09.08.2022
5 Minuten Lesedauer
Hate Speech im Internet wird zu einem immer größeren Problem. Aus Angst vor Anfeindungen und Beleidigungen trauen sich viele Menschen nicht mehr, ihre Meinung öffentlich zu äußern. Was Betroffene gegen Hass im Netz tun können.
Was ist Hate Speech?
Das World Wide Web gibt allen Menschen eine Stimme und die Möglichkeit, sich öffentlich mitzuteilen. Das hat Vor-, aber auch Nachteile. Denn mit dem Gefühl der vermeintlichen Anonymität sinkt zum Teil die Hemmschwelle für verletzende Äußerungen. Werden Worte gezielt eingesetzt, um Menschen zu beleidigen, herabzusetzen und auszugrenzen, sprechen Fachleute von Hate Speech („Hassrede“). Opfer von Hate Speech werden vor allem Personen oder Personengruppen aufgrund bestimmter Attribute, wie ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion, sexuellen Orientierung, sozialen Zugehörigkeit oder ihrem Geschlecht. Oft richtet sich die Hetze auch gegen diejenigen, die sich für die betroffenen Personen einsetzen und Partei ergreifen.
Hate Speech im Netz verbreitet sich nicht nur in Form von Kommentaren, sondern auch über Bilder, Videos oder Sprachnachrichten. Das Ziel der sogenannten Haterinnen oder Hater ist es, ihre Opfer zu diffamieren, einzuschüchtern und auszugrenzen. Wenn Menschen aufgrund eines tatsächlichen oder zugeschriebenen Merkmals in Gruppen eingeteilt, abgewertet und ausgegrenzt werden, spricht man auch von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF).
Formen von Hate Speech
Typische Verhaltensmuster von Hate Speech | Hate-Speech-Beispiele |
---|---|
Beleidigungen | „Schwuchtel“ |
Verallgemeinerungen | „Alle Flüchtlinge sind faul und wollen nur das Geld vom Staat.“ |
Gleichsetzung | Juden = Israel |
Bewusste Verbreitung falscher Tatsachen | „Die Flüchtlinge haben alle teure Handys.“ |
Tarnung als Humor | „Ich will auch ein neues Handy, also werde ich im nächsten Leben Asylant.“ |
Wir-/Die-Rhetorik | „Die bedrohen ‚unsere‘ Frauen!“ |
Aufruf zu Gewalttaten | „Die sollte man alle abknallen!“ |
Warum ist Hate Speech so gefährlich?
Mittlerweile ist Hate Speech zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem herangewachsen. In der aktuellen Forsa-Befragung (2022) zu Hate Speech, die im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) durchgeführt wurde, gaben drei Viertel (78 Prozent) der Befragten an, schon einmal Hasskommentare im Internet gesehen zu haben.
Vor allem die große Reichweite und Anonymität des Internets erschweren die Eindämmung von Hasskommentaren und machen sie so gefährlich. Ist ein Kommentar erst einmal veröffentlicht, kann er in kürzester Zeit ein Millionenpublikum erreichen. Das ist zum einen eine große Qual für alle Betroffenen. Zum anderen kann bereits die Meinung einer kleinen Minderheit das Bild der öffentlichen Stimmung verzerren, zu Unruhen in der Gesellschaft führen und Ängste schüren. Die Reichweite des Internets ermöglicht zudem den Zusammenschluss von Haterinnen und Hatern und damit die Fortführung von Hetze und Diskriminierung von Menschen.
Anders als im Alltag müssen sich Haterinnen und Hater im Internet weder mit den Reaktionen ihrer Opfer auseinandersetzen, noch müssen sie eine direkte Gegenwehr von ihnen oder der Umwelt fürchten. Diese „Schutzbarriere“ enthemmt das Verhalten der Hassrednerinnen und -redner und führt meist zu noch extremerem Hass. Während die Betroffenen den menschenverachtenden Äußerungen im Netz schutzlos ausgeliefert sind, fürchten die Haterinnen und Hater meist keine strafrechtlichen Konsequenzen. Dafür legen sich viele Täterinnen und Täter ein Fake-Profil unter falschem Namen an, was ihre Verfolgung durch die Polizei zusätzlich erschwert – aber nicht unmöglich macht.
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Was sind die Folgen von Hate Speech?
Worte können Menschen nicht nur verletzen, sie können im schlimmsten Fall sogar krank machen. Dabei sind vor allem junge Menschen betroffen, weil sie tendenziell stärker in den sozialen Netzwerken unterwegs sind und dort auf Hasskommentare stoßen. Besonders ihnen fehlt oftmals die nötige Medienkompetenz, um Hate Speech richtig einordnen zu können. Aber auch Erwachsene können Opfer verbaler Gewalt werden. Häufig leiden die Betroffenen unter den Auswirkungen der Hasstiraden. Nicht selten führen sie zu einem verminderten Selbstwertgefühl, zu einer verringerten Leistungsfähigkeit, zu Ess- oder Schlafstörungen und im Extremfall sogar zu Selbstmordgedanken.
Hass im Netz, der sich gezielt gegen Personen richtet, führt außerdem dazu, dass sich die Betroffenen nicht mehr öffentlich äußern wollen. Sie fürchten weitere Angriffe und halten sich daher bedeckt – ebenso wie andere, mitlesende Nutzerinnen und Nutzer. Hate Speech schränkt damit indirekt die Meinungsfreiheit ein.
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Was tun gegen Hate Speech?
Wer auf Hasskommentare stößt oder sogar selbst betroffen ist und sich mit der Situation überfordert sieht, sollte nicht zögern und Hilfe holen. Ob bei Freundinnen und Freunden oder der Familie – wichtig ist, dass Sie sich jemandem anvertrauen und sich nicht allein mit den Kommentaren auseinandersetzen. Zudem gibt es viele Beratungsstellen und Webseiten wie Schau Hin oder Hate Aid , die über Hate Speech aufklären und aufzeigen, was man dagegen tun kann. Meist helfen schon wenige Klicks, um Haterinnen und Hatern die Stirn zu bieten:
- Hasskommentare kontern: Egal ob Sie selbst oder andere betroffen sind, Hass im Netz sollte nicht unkommentiert stehen bleiben. Machen Sie Ihren Standpunkt deutlich und erläutern Sie, warum der betreffende Kommentar menschenverachtend ist. Dabei sollten Sie sich jedoch auf keine Endlosdiskussion einlassen. Bleiben Sie außerdem stets sachlich und respektvoll.
- Hate Speech melden: Melden Sie Bilder, Kommentare oder andere Inhalte, die zu Hass und Gewalt aufrufen, bei der jeweiligen Plattform. Im Zweifel wird der Hater oder die Haterin sogar von der Plattform gesperrt.
- Beweise sichern:</strong Dokumentieren Sie Hate Speech durch das Aufnehmen von Screenshots für den Fall, dass die Einträge später gelöscht werden. Speichern Sie am besten auch den Namen und das Profil der Verfasserin oder des Verfassers.
- Anzeige erstatten: Hate Speech ist kein Bagatelldelikt, sondern erfüllt in den meisten Fällen einen Straftatbestand, wie zum Beispiel im Fall der Beleidigung, Verleumdung oder Volksverhetzung, und kann bei der Polizei angezeigt werden. Zeigt der Täter oder die Täterin keine Einsicht und führt die Hetze fort, zögern Sie nicht und erstatten Sie Anzeige.
Im Fall von Hate Speech sollten Sie stets im Hinterkopf behalten, dass die Täterinnen und Täter mit ihrem Hass meist nur eine kleine Minderheit der Gesellschaft abbilden. Solange Sie selbst einen respektvollen Umgang in der Diskussion wahren und den Kommentaren keine Bedeutung beimessen, nehmen Sie den Haterinnen und Hatern und allen Hassreden schnell den Wind aus den Segeln.