Stoffwechsel
Für immer jung? Tipps zum gesunden Altern
Veröffentlicht am:06.05.2022
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Den Alterungsprozess ausbremsen – davon träumen viele. Welche Rolle die Einstellung dabei spielt und was man bereits in der Kindheit für ein gesundes, langes Leben tun kann. Alternsforscher geben Antworten.
Inhalte im Überblick
Warum wir altern
„Genau genommen beginnt gesundes Altern schon, bevor man das Licht der Welt erblickt“, sagt Dr. Peter Tessarz vom Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns. Es ist nicht nur so, dass Entwicklung und Alterungsprozesse eng miteinander verbunden sind – es gibt auch immer mehr Untersuchungen darüber, dass Faktoren wie Stress oder Fehlernährung bei Schwangeren sich auf die spätere Gesundheit des Kindes auswirken können. Die Universität Jena untersucht sogar, ob ungünstige Bedingungen im Mutterleib das Risiko für Alterserkrankungen wie Diabetes oder Schlaganfälle möglicherweise erhöhen.
„Die Alternsforschung ist noch ein sehr junges Themengebiet“, so der Experte. Es gibt noch jede Menge zu untersuchen. „Da es nicht nur einen Faktor gibt, der beim Menschen über das Älterwerden bestimmt, kann es auch nicht die eine Lösung geben, die den Prozess positiv beeinflusst und uns ein gesundes, langes Leben beschert.“ Altern läuft in allen Organen unterschiedlich ab. Allein im Gehirn sind nach Angaben des Biochemikers über 100 Prozesse daran beteiligt.
Die Ursache für das Altern an sich liegt aber in den Zellen: „Wir wissen, dass zum Beispiel durch unser Essen, UV-Strahlen und Umweltgifte täglich DNA-Schäden an Tausenden Zellen entstehen“, so Dr. Tessarz. „Sind wir jung, haben unsere Zellen ein effektives System, um diese Schäden zu reparieren. Mit zunehmendem Alter wird es aber immer schlechter. Die Zellen verändern sich und verlieren an Funktionsfähigkeit. Sie reagieren weniger gut auf Hormone oder andere Reize, und so läuft nicht mehr alles richtig rund. Das ist der Grund, warum das Risiko für Erkrankungen wie Diabetes oder Krebs im Alter steigt.“
Gut vorgesorgt
Dazu zählen Untersuchungen in der Schwangerschaft, Vorsorge für Kinder aller Altersgruppen, die Krebsfrüherkennung, Vorsorge und Prophylaxe beim Zahnarzt oder Impfungen. Nutzen Sie die kostenfreien Angebote – von der Geburt bis ins hohe Alter.
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Gesund altern – schon als Kind
Aber was entscheidet denn nun darüber, wie alt wir werden? „Wie wir altern, ist nur zu 20 bis 25 Prozent genetisch angelegt“, so Dr. Tessarz. „Sind unsere Eltern und Großeltern sehr alt geworden und lange gesund geblieben, steigt unsere Chance auf ein langes Leben.“ Der größte Anteil entfällt nach Aussage beider Experten jedoch auf Faktoren wie Umwelteinflüsse, Lebensstil, Stress oder auch das psychische Befinden und die Einstellung zum Älterwerden.
Umso wichtiger ist es, bereits in der Kindheit die Weichen für ein gesundes Älterwerden zu stellen. Die Forschungsabteilung für kindliche Entwicklung an der Harvard-Universität in den USA hat drei Grundpfeiler identifiziert, die für eine lebenslange Gesundheit entscheidend sind. Dazu zählen:
- ein stabiles und schützendes Beziehungsumfeld,
- sichere Orte, frei von Giftstoffen und Angst, die ermöglichen, die Welt aktiv zu erkunden und soziale Kontakte zu knüpfen,
- eine gesunde Ernährung, um die optimale Nährstoffversorgung für die körperliche und geistige Entwicklung sicherzustellen.
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Ausgewogene Ernährung für Jung und Alt
Wie wichtig das, was wir essen, für ein langes Leben ist, bestätigt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Demnach sind in Deutschland ernährungsbedingte Krankheiten für zwei Drittel aller Todesfälle verantwortlich. „Da die Basis für ein gesundes Essverhalten bereits in den ersten Lebensjahren gelegt wird, nehmen Eltern hier eine wichtige Vorbildfunktion ein“, sagt Professor Hans-Werner Wahl, Gerontologe und Alternsforscher von der Universität Heidelberg.
Eine ausgewogene Ernährung ist entscheidend für die Funktionsfähigkeit der Zellen: „Je besser die Zellen mit Vitalstoffen versorgt sind, desto effektiver können sie Umweltgifte oder Krankheitserreger abwehren“, sagt Zellforscher Tessarz. Beide Alternsforscher haben gut erprobte Methoden parat, wie sich der Alterungsprozess verlangsamen lässt. „Besonders wirksam ist das sogenannte Intervallfasten“, sagt Dr. Tessarz. Man hält dafür eine Pause von 16 Stunden zwischen der letzten und der ersten Mahlzeit des Tages ein. „Dabei entsteht ein Energiemangel, und die Zelle verändert ihren Stoffwechsel in eine Art Selbstreinigungsprogramm, das den altersbedingt schlechter gewordenen Regenerationsprozess ausgleicht.“
Intervallfasten sollte aber nur nach Rücksprache mit dem Arzt durchgeführt werden und ist für Kinder nicht geeignet. Übrigens haben laut Dr. Tessarz weniger Kalorien am Tag ähnlich positive Effekte: „Mäuse, deren Kalorienzufuhr im Versuch auf 70 Prozent des Tagesbedarfs reduziert wurde, lebten länger, waren gesünder und geistig fitter. Das ist eine wertvolle Erkenntnis, die wir uns auch in fortgeschrittenem Alter zunutze machen können.“
Bewegung verlängert das Leben
Gesundes Älterwerden lässt sich auch durch Bewegung fördern – am besten von Anfang an. „Aus sportlichen Kindern werden meist auch sportliche Erwachsene“, sagt Professor Wahl. Laut der AOK-Familienstudie 2018 spielt aber in jeder dritten Familie körperliche Aktivität in der Freizeit keine Rolle. „Dabei verbessert moderate sportliche Aktivität nicht nur die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff – sondern komplexe Bewegungsabläufe trainieren auch das Gehirn“, so der Experte.
Dass Bewegung sogar den Alterungsprozess verlangsamen kann, erläutert Dr. Tessarz: „Durch Sport holen wir überschüssige Energie aus den Zellen, die sonst zu Zellschäden und Übergewicht führen kann.“ Adipositas sehen beide Experten als einen der wichtigsten Risikofaktoren für eine vorzeitige Alterung und die Entstehung von Krankheiten. „Im Bauchfett werden Botenstoffe produziert, die Entzündungsprozesse im Körper ankurbeln können und im Verdacht stehen, den Alterungsprozess zu beschleunigen. „Durch moderate, regelmäßge Aktivität lassen sich die Entzündungsmarker im Blut allerdings nachweislich senken.“
Jung bleiben beginnt im Kopf
Besonders überraschend jedoch ist, dass sich auch das Denken auf die Lebenserwartung auswirkt. „Wir wissen aus über 50 Studien, dass unsere Erwartungen ans Älterwerden nicht nur maßgeblich beeinflussen, wie wir älter werden, sondern auch wie alt wir werden“, sagt Professor Wahl. Leider prägen oft negative Altersbilder unsere Vorstellung. „Das Älterwerden verknüpfen viele mit Verfall, Krankheit oder Einsamkeit“, sagt der Gerontologe. „Das ist aber sehr einseitig betrachtet. Zum einen gibt es gerade in der Gruppe der Älteren große Unterschiede im Hinblick auf die körperliche und geistige Verfassung.
Zum anderen zeigen die Daten, dass die Zufriedenheit im Alter sogar steigt und Einsamkeit bei Jüngeren ein viel größeres Thema ist.“ Es scheint an der Zeit zu sein, neue, positive Altersbilder zu entwickeln. Fakt ist: „Wer eine positive Sicht auf das Alter hat und sich jünger fühlt, lebt nachweislich länger.“