Stoffwechsel
Cushing-Syndrom (Morbus Cushing) – wenn zu viel Cortisol krank macht
Veröffentlicht am:09.01.2025
6 Minuten Lesedauer
Die Erkrankung ist selten, aber die Folgen für die Betroffenen sind gravierend. Beim Cushing-Syndrom ist der Körper hohen Mengen Cortisol ausgesetzt, was unter anderem zu Bluthochdruck, Gewichtszunahme und Muskelschwäche führen kann.
Was ist das Cushing-Syndrom?
Beim Cushing-Syndrom dreht sich alles um Cortisol. Das körpereigene Hormon wird in der Nebennierenrinde gebildet und gehört zur Familie der Glukokortikoide, die den Stoffwechsel, das Nervensystem und das Herz-Kreislauf-System beeinflussen.
Bei Stress schüttet der Körper verstärkt Cortisol aus, um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Cortisol bewirkt zusammen mit anderen Hormonen wie Noradrenalin und Adrenalin, dass Glucose für das Gehirn besser verfügbar ist und sich die Konzentrationsfähigkeit erhöht. Das ist in Notfällen oder bei kurzer Anspannung sehr hilfreich. Beim Cushing-Syndrom wird jedoch dauerhaft zu viel Cortisol produziert. Der Körper wird mit dem Stresshormon regelrecht geflutet.
Das nach dem amerikanischen Arzt Harvey Cushing benannte Cushing-Syndrom ist selten. Pro Jahr erkranken etwa zwei bis fünf von einer Million Menschen daran, Frauen sind häufiger betroffen.1 Auch wenn die Erkrankung grundsätzlich in jedem Alter auftreten kann, zeigt sie sich meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Die Zusatzbezeichnung „Syndrom“ deutet darauf hin, dass viele verschiedene Symptome das Krankheitsbild prägen können.
Welche Ursachen führen zum Cushing-Syndrom?
Eine gesteigerte Menge Cortisol im Blut kann zwei verschiedene Gründe haben: Der Körper bildet zu viel Cortisol (endogenes Cushing-Syndrom) oder der Cortisol-Überschuss ist eine Folge von Medikamenten, die eingenommen werden (exogenes Cushing-Syndrom).
Es kommt kaum vor, dass der Körper von sich aus zu viel Cortisol bildet. Selten sind Tumore an der Nebennierenrinde der betroffenen Patientinnen und Patienten eine Ursache für die Überproduktion. In etwa 80 Prozent der diagnostizierten Fälle sind bei der endogenen Form gutartige Tumore der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) an der Unterseite des Gehirns für die Beschwerden verantwortlich. Die Hirnanhangdrüse produziert das Hormon Adrenocorticotropes, kurz meist ACTH genannt. Dieses Hormon reguliert, wie viel Cortisol die Nebennierenrinde ausschüttet. Wird die Nebennierenrinde durch zu viel ACTH überstimuliert, steigt die Cortisolmenge bei den Betroffenen an. Diese Form des Cushing-Syndroms wird Morbus Cushing genannt.
Häufiger entstehen die Symptome jedoch durch die Einnahme von Medikamenten, etwa einer Langzeitbehandlung mit Glukokortikoiden wie Cortison. Der Körper kann Cortison in Cortisol umwandeln – dadurch entsteht ein entzündungshemmender und immunsystemunterdrückender Effekt. Das kann Menschen mit rheumatischen Erkrankungen, wie der rheumatoiden Arthritis, oder entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn helfen. In hohen Dosen über eine längere Zeit eingenommen, können diese Medikamente das Cushing-Syndrom verursachen.
Die Symptome des Cushing-Syndroms und Morbus Cushing im Überblick
Befindet sich zu viel Cortisol im Blut, kann das viele unterschiedliche Beschwerden verursachen. Das liegt daran, dass Cortisol im Körper verschiedene Aufgaben übernimmt. Es ist unter anderem am Eiweiß-, Zucker- sowie Fettstoffwechsel beteiligt und beeinflusst das Immunsystem.
Folgende Symptome können beim Cushing-Syndrom und bei Morbus Cushing auftreten:
- Bluthochdruck: Patienten und Patientinnen können einen Bluthochdruck entwickeln, der das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.
- Vermehrter Appetit und Gewichtszunahme: Das Körperfett lagert sich vor allem um den Bauch herum ab, die Arme und Beine bleiben meist schlank – das spricht für eine Stammfettsucht. Betroffene neigen zu „Hamsterbäckchen“, einem „Vollmondgesicht“ oder dem „Stiernacken“. Das gilt auch für Frauen.
- Vermehrte Körperbehaarung: Vor allem bei Frauen zeigt sich eine stärkere Körperbehaarung. Sie kann im Gesicht, etwa in Form eines „Damenbartes“, oder in der Intimzone sowie auf der Brust auftreten. Betroffene können aber auch unter Haarausfall leiden.
- Auffälligkeiten an der Haut: Akne, kleine Einblutungen in die Haut, rote Streifen am Bauch oder Blutergüsse – Das Cushing-Syndrom spiegelt sich auch auf der Haut wider. Typisch sind außerdem Verfärbungen der Haut – so können Narben deutlich dunkler erscheinen. Patienten und Patientinnen bekommen mitunter eine sehr dünne Haut und leiden unter einer verzögerten Wundheilung.
- Erschöpfung und Muskelschwäche: Betroffene fühlen sich selbst bei einer normalen Belastung schnell müde – manchmal liegt das auch an Schlafstörungen, die mit der Erkrankung zusammenhängen können. Darüber hinaus kann es zu einem Verlust an Muskelkraft kommen.
- Veränderungen bei der Monatsblutung und dem Sexualtrieb: Bei Frauen, die unter dem Cushing-Syndrom leiden, kann das Ausbleiben der Periode ein Symptom sein. Männer bilden manchmal eine Erektionsstörung aus und verlieren das Interesse an der Sexualität.
Kann das Cushing-Syndrom auch zu psychischen Veränderungen führen?
Ist der Körper dauerhaft einem erhöhten Cortisolspiegel ausgesetzt, kann sich dies auch auf die Psyche beziehungsweise das Verhalten auswirken. Ein Überschuss an Cortisol kann zu Stimmungsschwankungen führen. Auch eine Psychose ist möglich, insbesondere bei psychischen Vorerkrankungen. Darüber hinaus sind Betroffene manchmal ängstlich oder zeigen depressive Symptome, wie ein ausgeprägtes Gefühl von Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit. Betroffene führen die Beschwerden möglicherweise erst einmal auf psychische Ursachen wie eine Depression zurück, was die Diagnose des Cushing-Syndroms erschweren und verzögern kann.
So diagnostizieren Mediziner und Medizinerinnen das Cushing-Syndrom
Sprechen die Beschwerden für ein Cushing-Syndrom, erkundigen sich Ärzte und Ärztinnen zunächst, ob die Betroffenen Medikamente einnehmen, die eine exogene Form der Erkrankung auslösen können. Ist das nicht der Fall, ordnen sie Untersuchungen an, die Auskunft über den Cortisolspiegel geben. Dazu gehört unter anderem der Dexamethason-Test: Morgens wird der basale Wert von Cortisol im Blut gemessen, am Abend nehmen Patienten und Patientinnen dann eine Tablette Dexamethason ein, das die Cortisolproduktion stoppen soll. Zeigt sich am nächsten Morgen ein zu hoher Cortisolspiegel im Blut, kann das auf ein Cushing-Syndrom hinweisen. Da unter anderem Stress und Depressionen das Ergebnis verzerren können, wird unter Umständen zusätzlich ein Urin- oder Speicheltest durchgeführt.
Im nächsten Schritt bestimmen die Mediziner und Medizinerinnen die Form des Cushing-Syndroms. Dafür informieren sie sich mit Bluttests über den ACTH-Spiegel – also die Menge jenes Hormons im Blut, das die Nebennieren zur Produktion von Glukokortikoiden anregt. Ein niedriger ACTH-Gehalt im Blut deutet darauf hin, dass nicht die Hirnanhangdrüse das Problem ist, sondern womöglich ein Tumor an der Nebennierenrinde.
Ist der ACTH-Spiegel erhöht, sind meist Veränderungen der Hirnanhangdrüse für die Entwicklung von Morbus-Cushing-Symptomen verantwortlich. In beiden Fällen müssen die Tumoren selbst untersucht werden, um festzustellen, ob es sich um eine gutartige Geschwulst oder einen bösartigen Tumor handelt.
Haben die Laboruntersuchungen den Verdacht auf eine bestimmte Körperregion als Ursache für die erhöhte Cortisolproduktion gelenkt, kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Ein Tumor in der Nebennierenrinde kann mittels Computertomographie, Ultraschall oder Magnetresonanztomographie sichtbar gemacht werden. Die Hirnanhangdrüse lässt sich besonders gut mit der Magnetresonanztomographie untersuchen.
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Die Behandlung des Cushing-Syndroms hängt von der Ursache ab
Unbehandelt kann die Erkrankung Patienten und Patientinnen stark zusetzen, sowohl psychisch als auch physisch. Ohne Therapie sinkt die Lebenserwartung, vor allem durch den Bluthochdruck und das damit verbundene erhöhte Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Darüber hinaus begünstigt das Syndrom unter anderem die Entstehung von Osteoporose oder kann einen Diabetes auslösen.
Ziel bei der Behandlung des Cushing-Syndroms ist, den Cortisolspiegel wieder auf ein normales Niveau zu reduzieren. Ist ein Tumor der Nebenniere oder der Hypophyse die Ursache, wird dieser chirurgisch entfernt. Gelingt das nicht, erhalten Patienten und Patientinnen unter Umständen eine Bestrahlung oder Chemotherapie. Bis die Operation erfolgt, können Betroffene Medikamente einnehmen, um die Cortisolproduktion in der Nebenniere zu hemmen. Eine medikamentöse Therapie zur Senkung des erhöhten Cortisols im Blut ist auch eine Behandlungsoption, wenn der chirurgische Eingriff nicht die erhoffte Wirkung zeigt oder ein Tumor als Ursache nicht gefunden wird. Wenn bis hierhin keine der vorherigen Therapiemöglichkeiten bei Betroffenen greift, kommt eine Entfernung beider Nebennieren in Betracht. Diese muss jedoch sorgfältig abgewogen werden, da die Patienten und Patientinnen danach ihr Leben lang eine Hormonersatztherapie erhalten müssen.
Bei einem exogenen Cushing-Syndrom sollte die eingenommene Glukokortikoidmenge reduziert werden, sofern es die Grunderkrankung zulässt. Ziel sollte dabei sein, die sogenannte „Cushing-Schwelle“ zu unterschreiten, also die Menge an Kortison, ab welcher die Entstehung eines behandlungsbedingten Cushing-Syndroms wahrscheinlich ist. Zum Beispiel gelten 7,5 mg Prednisolonäquivalent pro Tag als Cushing-Schwellendosis. Dabei ist zu beachten, dass schon länger eingenommenes Kortison nicht plötzlich abgesetzt werden darf, sondern ausgeschlichen werden muss. Andernfalls besteht die Gefahr eines absoluten Mangels, da die Nebenniere sich erst wieder an die eigene Produktion anpassen muss.
Neben der ursächlichen Behandlung müssen natürlich auch die entstandenen Symptome therapiert werden – dazu zählt zum Beispiel die Behandlung eines ausgelösten Diabetes oder auch eines Bluthochdrucks.
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Dazu zählt auch der Gesundheit-Check-up ab dem 35 Lebensjahr. Hier erfolgt eine körperliche Untersuchung, unter anderem werden der Blutdruck überprüft und der Urin untersucht. Anschließend klärt der Arzt oder die Ärztin über die Untersuchungsbefunde auf.