Stoffwechsel
Warnzeichen für Diabetes bei Kindern: Was Eltern wissen müssen
Veröffentlicht am:05.11.2024
6 Minuten Lesedauer
Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung von Kindern. Unbehandelt kann dies gefährlich für Ihr Kind sein. Woran Sie einen Diabetes erkennen können und was im Zweifelsfall zu tun ist, erfahren Sie hier.
Wenn Kinder an Diabetes erkranken: Ist es Typ 1 oder Typ 2?
Bei Diabetes mellitus geht es immer um den Blutzucker, aber Diabetes ist nicht gleich Diabetes. Es gibt zwei Haupttypen: Entweder kann der Körper kein Insulin produzieren (Typ-1-Diabetes) oder er kann es nur unzureichend verwerten. Fachleute nennen das Insulinresistenz (Typ-2-Diabetes).
Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das normalerweise von der Bauchspeicheldrüse produziert und ins Blut abgegeben wird. Der Botenstoff ist notwendig, damit der Zucker, den wir über die Nahrung aufnehmen, in die Körperzellen gelangt, um dort in Energie umgewandelt zu werden. Ohne Insulin oder bei einer Insulinresistenz sammelt sich der Zucker im Blut an, was zu verschiedenen Beschwerden führt.
- Typ-2-Diabetes tritt meist bei Erwachsenen auf und gilt als „Zivilisationskrankheit“. Das bedeutet, dass er oft (aber nicht immer) mit Lebensstilfaktoren wie ungesunder Ernährung, Bewegungsmangel oder Übergewicht zusammenhängt. Da Typ-2-Diabetes in der Regel eine längere Lebensphase mit ungünstigen Einflussfaktoren voraussetzt, sind Kinder selten betroffen.
- Typ-1-Diabetes tritt häufig erstmals im Kindes- und Jugendalter auf. Meist handelt es sich hier um eine Autoimmunerkrankung. Typ-1-Diabetes ist die am weitesten verbreitete Stoffwechselerkrankung im Kindesalter. In Deutschland gibt es jährlich etwa 3.500 Neuerkrankungen in der Gruppe der unter 17-Jährigen. Typ-1-Diabetes wird am häufigsten im Alter zwischen 10 und 14 Jahren neu diagnostiziert. Typ-2-Diabetes kommt zwar auch vor, aber bei über 90 Prozent aller Diabetesfälle bei Kindern und Jugendlichen handelt es sich um Typ-1-Diabetes.
Wie entsteht Diabetes bei Kindern?
Diabetes bei Kindern ist also in den meisten Fällen keine Folge des Lebensstils, sondern eines gestörten Immunsystems. Bei Typ-1-Diabetes (wie bei Autoimmunerkrankungen allgemein) bildet der Körper sogenannte Autoantikörper, die körpereigene Strukturen angreifen; im Fall von Typ-1-Diabetes die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produzieren. Dabei entzünden sich die Zellen und werden zerstört. Die Folge ist: Der Körper von Menschen mit Diabetes-Typ-1 kann kein oder nur sehr wenig eigenes Insulin bilden. Warum das Immunsystem fehlgesteuert arbeitet, ist noch ungeklärt. In manchen Familien tritt Typ-1-Diabetes gehäuft auf, es liegt also ein erblich bedingt erhöhtes Erkrankungsrisiko vor. Die Forschung vermutet weitere Einflüsse wie Infektionen oder Umweltfaktoren. Welche Rolle diese genau spielen, muss noch weiter untersucht werden.
Warum Diabetes bei Kindern gefährlich ist
Typ-1-Diabetes früh zu erkennen, ist wichtig. Unbehandelt ist er sogar lebensbedrohlich. Die größte Gefahr stellt die diabetische Ketoazidose dar. Bis es zu dieser sogenannten Stoffwechselentgleisung kommt, passiert Folgendes: Weil nicht ausreichend Zucker in die Zellen gelangt, baut der Körper vermehrt Fett ab, um Energie zu gewinnen. Dadurch entstehen bestimmte Stoffwechselprodukte (Ketonkörper), die den Organismus übersäuern und den Elektrolythaushalt verändern. Im schlimmsten Fall kann es zum ketoazidotischen Koma (diabetisches Koma) kommen: ein lebensbedrohlicher Zustand, der intensivmedizinisch behandelt werden muss.
Passende Artikel zum Thema
Wie erkennt man Diabetes bei Kindern: Symptome und frühe Warnzeichen
Wenn Typ-1-Diabetes nicht behandelt wird, bleiben die Blutzuckerwerte dauerhaft erhöht. Dies ist am Anfang nicht gleich spürbar. Typ-1-Diabetes entwickelt sich in mehreren Stadien. Zunächst gibt es nur Autoantikörper im Blut, dann steigt der Blutzucker an und schließlich gibt es auch deutliche körperliche Symptome. Die häufigsten vier Warnzeichen eines Typ-1-Diabetes sind:
- beständige Müdigkeit (wegen fehlender Energie)
- häufiges Wasserlassen (weil Zucker über die Nieren ausgeschieden wird, was zu Flüssigkeitsverlust führt)
- anhaltender Durst (wegen des Flüssigkeitsverlusts)
- Gewichtsverlust (wegen des Flüssigkeitsverlusts und des Fettabbaus)
Weitere mögliche Krankheitszeichen sind Appetitlosigkeit oder das Gegenteil: unmäßig gesteigerter Appetit. Ein Symptom wie Müdigkeit kommt auch bei anderen Erkrankungen vor. Das erschwert es Eltern, die Symptome von Typ-1-Diabetes bei ihrem Kind richtig einzuschätzen. Hier gilt: Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig in die ärztliche Praxis. Denn wenn die Blutzuckerwerte dauerhaft stark erhöht sind, steigt jeden Tag das Risiko einer Ketoazidose und eines ketoazidotischen Komas.
Symptome bei einer diabetischen Ketoazidose
Eine Ketoazidose kann an folgenden, zum Teil sehr charakteristischen Zeichen dieser Stoffwechselentgleisung erkannt werden:
- Atem, der säuerlich nach Aceton riecht. Aceton ist ein Stoffwechselprodukt, das in geringen Mengen auch über die Atemluft ausgeschieden wird. Bei einer Ketoazidose steigt der Acetongehalt und damit auch dessen Wahrnehmbarkeit im Atem.
- beschleunigte Atmung (sogenannte Kußmaul-Atmung)
- Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen
- Bewusstseinsverlust bei ketoazidotischem Koma
Wann sollten Sie ärztliche Hilfe suchen und wie wird Diabetes diagnostiziert?
Wenn Sie bei Ihrem Kind Anzeichen auf einen Diabetes bemerken, sollten Sie umgehend einen Untersuchungstermin bei Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Kinderärztin vereinbaren. Bei Symptomen einer Ketoazidose hingegen, muss sofort notärztliche Hilfe gerufen werden.
Die Standardmethoden bei der Diagnose von Diabetes bei Kindern und Erwachsenen sind:
- Blutzuckermessung (sowohl nüchtern als auch zu einem beliebigen Zeitpunkt).
- Oraler Glukosetoleranztest (Glukosebelastungstest), bei dem Ihr Kind ein Glas Zuckerlösung trinkt. Der Test zeigt, wie gut das Kind eine größere Menge Zucker verarbeiten kann.
- Bluttest auf Autoantikörper zum Nachweis eines autoimmun bedingten Typ-1-Diabetes.
Passende Artikel zum Thema
Was bedeutet die Diagnose Typ-1-Diabetes für Ihr Kind?
Typ-1-Diabetes ist eine chronische, nicht heilbare Erkrankung. Das bedeutet, dass Ihr Kind sein Leben lang täglich seinen Blutzuckerspiegel kontrollieren und regelmäßig Insulin zuführen muss. Die gute Nachricht ist: Kontinuierliche und kontrollierte Insulingabe ermöglicht Kindern und allen Menschen mit Typ-I-Diabetes eine nahezu unbeschwerte Teilnahme am alltäglichen Leben. Kinder werden dabei nicht wie kleine Erwachsene behandelt. Es gibt spezielle Behandlungskonzepte für Typ-1-Diabetiker und -Diabetikerinnen im Kindes- und Jugendalter. Die entsprechende Fachrichtung heißt pädiatrische Diabetologie.
Am Anfang steht eine kindgerechte Diabetes-Schulung, die Ihrem Kind und auch Ihnen als Eltern hilft, den Alltag mit den entsprechenden Hilfsmitteln möglichst gut zu gestalten. Außerdem trägt die moderne Medizintechnik dazu bei, dass Kinder mit der richtigen Behandlung ein langes und normales Leben führen können. Die Diabetestechnologie hat große Fortschritte gemacht, um die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes zu verbessern.
Die wichtigsten Hilfsmittel für Kinder mit Typ-1-Diabetes
Heutzutage muss ihr Kind nicht mehr mit Insulinampullen hantieren und Spritzen aufziehen. Medizinische Hilfsmittel erleichtern das Diabetes-Management und die Diabetes-Behandlung.
Insulinpens
Das Spritzen von Insulin klappt am besten mit vorgefüllten Insulinpens. Das sind spezielle, leicht zu handhabende Spritzen, die wie Kugelschreiber oder Textmarker aussehen. Inzwischen gibt es sie auch digital, so dass die Pens die Insulinabgabe dokumentieren, die richtige Menge dosieren und die Kinder daran erinnern können, dass es Zeit für eine Portion Insulin ist.
Insulinpumpen
Statt Insulin jedes Mal selbst zu spritzen, können Kinder auch ein kleines tragbares Gerät, eine sogenannte Insulinpumpe, verwenden. Dazu wird eine winzige Kanüle unter die Haut gelegt, die mit der kleinen, programmierbaren Pumpe verbunden ist. Die Pumpe wird ständig am Körper getragen (zum Beispiel am Gürtel), kann aber unter bestimmten Umständen auch für einige Stunden abgelegt werden. Die Pumpe gibt jeweils genau die Insulinmengen ab, die die Kinder über den Tag benötigen, um einen erhöhten Blutzuckerspiegel zu korrigieren.
Kontinuierliche Glukosemessung (CGM – Continuous Glucose Monitoring)
CGM-Systeme helfen Kindern dabei, ihren Blutzuckerspiegel zu überwachen. Sie arbeiten mit einem Sensor, der unter die oberste Hautschicht gelegt wird. Das System misst kontinuierlich den Blutzucker und signalisiert, wann es Zeit für eine Insulingabe ist.
Automated Insulin Delivery (AID)-Systeme
Insulinpumpen und CGM-Systeme sind heute technisch in der Lage, miteinander zu kommunizieren. Wenn sie miteinander vernetzt sind, spricht man von einem AID-System. Der Pumpe wird jeweils genau vorgegeben, wie viel Insulin sie wann abgeben soll, wobei auch diese Systeme nicht vollautomatisch funktionieren und zum Beispiel Mahlzeiteninsuline extra abgerufen werden müssen. AID-Systeme können das Diabetes-Management deutlich verbessern, erfordern aber eine umfassende intensive Schulung und Auseinandersetzung mit den Systemen.
Vorsorgeuntersuchungen für Kinder
Für diese Früherkennungsuntersuchungen übernimmt die AOK die Kosten
Jedes Kind entwickelt sich auf seine eigene Weise. Kinderärzte und -ärztinnen erkennen bei den U-Untersuchungen und J-Untersuchungen, ob bei Ihrem Kind alles in Ordnung ist.