Stoffwechsel
Bekommen Kinder, die vegetarisch oder vegan ernährt werden, alle Nährstoffe, die sie brauchen?
Veröffentlicht am:27.03.2025
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Ernährung ohne Fleisch eignet sich für Kinder, sagen Experten und Expertinnen. Allerdings sollte man sich beraten lassen und auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12, Eiweiß und weiteren Stoffen achten. Von rein veganer Kost raten die meisten ab.

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Vegan leben liegt im Trend
Manche tun es für das Klima oder weil sie nicht wollen, dass Tiere für ihre Ernährung leiden müssen. Andere glauben, dass sie dadurch ihrer Gesundheit etwas Gutes tun. Aber unabhängig von den individuellen Motiven: Vegetarische und vegane Ernährung liegen im Trend.
Schätzungen gehen davon aus, dass sich inzwischen rund drei Prozent aller in Europa Lebenden vegan ernähren. Eine vegane Ernährung bedeutet dabei mehr Verzicht als die vegetarische Variante: Je nach Definition und individueller Ausgestaltung sind Vegetariern und Vegetarierinnen zumindest noch Milchprodukte, Eier oder beides erlaubt. Vegan Lebende verzichten auf jede Art von tierischen Produkten.
Zu viel Fleisch ist ungesund, darüber ist man sich in der Ernährungswissenschaft einig. Zu beachten ist aber bei vegetarischer oder veganer Ernährung: Je mehr Lebensmittel man von seinem Speiseplan verbannt, desto genauer muss man darauf achten, dass die verbleibende Nahrung den Bedarf an allen lebensnotwendigen Nährstoffen deckt.
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Kinder vegan ernähren? Experten und Expertinnen raten ab
Für Kinder gilt das in besonderem Maß. Dadurch, dass sie noch wachsen, sind ihre Körper auf eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen angewiesen. Die meisten ernährungswissenschaftlichen Institutionen raten daher davon ab, Kinder ausschließlich pflanzlich zu ernähren. So schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung: „Eine vegane Ernährung (…) im gesamten Kindes- und Jugendalter wird von der DGE aufgrund des erhöhten Risikos für eine Nährstoffunterversorgung sowie einen Nährstoffmangel und deren teilweise irreversiblen Konsequenzen weiterhin nicht empfohlen.“ Es erhöhe sich sonst das Risiko für Anämien, neurologische Schäden oder Entwicklungsstörungen.
Zu bedenken ist beispielsweise, dass pflanzliche Getränke, die als Ersatz für Kuhmilch angeboten werden, in der Regel deutlich weniger Eiweiß und Kalzium enthalten. Einigen sind auch größere Mengen Zucker zugesetzt. Hier sollte man genau die Liste mit den Inhaltsstoffen studieren. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät dazu, wenigstens Milchprodukte und Eier in den kindlichen Speiseplan zu integrieren. Eine solche Ernährung sei machbar, wenn sie vielseitig und nährstoffreich ist.
Wer sein Kind trotzdem vegan ernähren möchte, dem raten die Expertinnen und Experten einhellig dazu, dies nur mit guter Kontrolle und Beratung zu tun, etwa in Absprache mit einem Ernährungsberater oder einer Ernährungsberaterin. Gleiches gilt übrigens auch für vegan lebende Mütter während der Stillphase.
Kinder brauchen viele Nährstoffe und Energie
Vor allem ist – bei Kindern wie bei Erwachsenen – Vitamin B12 ein Thema. Wenn es fehlt, drohen Blutarmut, Gedächtnisschwäche, Müdigkeit und weitere neurologische Störungen. In ausreichender Menge kommt es nur in tierischen Produkten vor. Wer ausschließlich pflanzlich isst, hat keine Chance, seinen Bedarf an diesem Stoff über die Nahrung zu decken. Vegan lebende Menschen müssen hier unbedingt zu Ergänzungsmitteln greifen – für Kinder empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin eine Einnahme von 5 bis 25 Mikrogramm pro Tag. Weiteres sollte man mit Kinderärztin oder Kinderarzt besprechen. In manchen Fällen kann eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte ratsam sein – auch, um einen Mangel an anderen Stoffen rechtzeitig zu entdecken.
Für Kinder ist ein Mangel an solchen wichtigen Stoffen besonders problematisch, da ihr Körper – im Gegensatz zu Erwachsenen – noch keine großen Reserven bilden konnte, von denen er zehren kann. Einige Studien haben ergeben, dass Kleinkinder, die vegetarisch oder vegan ernährt werden, tendenziell dünner und kleiner sind, als solche, bei denen auch Milchprodukte, Fleisch und Fisch auf dem Speiseplan stehen.
Weitere Themen bei veganer Ernährung sind unter anderem Eiweiß, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D, Vitamin B2, Eisen, Zink, Jod, Selen und Kalzium. Und zusätzlich zu den schon erwähnten Nährstoffen spielt bei Heranwachsenden auch eine Rolle, dass diese ausreichend mit Energie, sprich Kalorien, versorgt werden müssen. Daher sollten im Essen von kleinen Kindern zum Beispiel nicht zu viele Fasern oder sonstige Ballaststoffe enthalten sein. Denn die füllen den Magen, liefern aber keine Energie.

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Wo ist welcher Nährstoff drin?
Auf einige lebensnotwendige Stoffe sollten vegan lebende Menschen besonders achten. Das gilt in noch stärkerem Maß für Kinder. Hier folgen einige Beispiele, womit eine ausreichende Versorgung mit diesen Stoffen gewährleistet werden kann:
- Eiweiß: Bohnen, Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse, Samen, grünes Blattgemüse, Soja
- Omega-3-Fettsäuren: Leinsamen, Chia, Walnüsse, Algen, Rapsöl, Walnussöl, Sojabohnen
- Eisen: Vollkornprodukte, Bohnen, Soja, Nüsse, Samen, grünes Blattgemüse
- Zink: Getreide, Hülsenfrüchte, Soja, Nüsse, Samen
- Jod: Jodsalz
- Kalzium: Mandeln, Soja, Feigen, grüne Blattgemüse, Sesam
- Vitamin D: Sonnenlicht – nach Absprache mit einem Arzt oder einer Ärztin kann Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden
- Vitamin B2: Vollkornprodukte, Nüsse, Pilze, Ölsaaten, Hülsenfrüchte
- Selen: Paranüsse, Steinpilze, Hülsenfrüchte, Getreide, Kohl
- Vitamin B12: Hier sind Nahrungsergänzungsmittel für Kinder wie für Erwachsene unverzichtbar. Allerdings eignen sich nicht alle Multivitaminpräparate dazu, da sich das in ihnen enthaltene Vitamin B12 nicht gut aufnehmen lässt. Hier sollte man sich beraten lassen.
Generell gilt: Die in verschiedenen Lebensmitteln enthaltenen Stoffe unterscheiden sich in Konzentration, Verträglichkeit und weiteren Eigenschaften. Daher sollte auch hier möglichst weitreichend variiert werden.
Sind Kompromisse die Lösung?
Die meisten Experten und Expertinnen raten davon ab, Kinder ausschließlich vegan zu ernähren. Wer es trotzdem tun will, der sollte sich in Sachen Ernährung unbedingt beraten lassen und sich mit Kinderarzt oder -ärztin abstimmen.
Eine vegetarische Ernährung mit Milchprodukten und Eiern halten Fachleute dagegen für besser möglich. Aber auch hier gilt es, genau auf den Speiseplan und die nötigen Nährstoffe zu achten. Studien sehen durchaus positive Effekte für die Entwicklung des Kindes. Etwa ein geringeres Risiko für Herz- und Kreislaufprobleme im Erwachsenenalter gegenüber Kindern, die viel Fleisch zu sich nehmen.
Allerdings weisen die Institutionen auch darauf hin, dass noch weitere Forschung zum Thema nötig ist. So sind einige Langzeiteffekte von fleischloser Ernährung bei Kindern noch nicht abschließend klar, zum Beispiel auf die Knochengesundheit. Einige Forschende regen für die Kinderernährung einen Kompromiss an: Essen mit nur wenig Fleisch und Fisch. Und wenn, dann hochwertig und in Bioqualität.
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