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Daytrading – Spielsucht durch Aktien

Veröffentlicht am:18.09.2024

5 Minuten Lesedauer

Der Kurs steigt, der Kurs fällt – Daytrader und Daytraderinnen beobachten die Kursschwankungen sehr genau und handeln. Das große Ziel: Den Tag möglichst gewinnbringend abzuschließen. Doch birgt Daytrading die Gefahr, spielsüchtig zu werden?

Der Bildschirm eines Laptops mit einem Aktienkurs-Diagramm und zwei Hände einer Person. Eine Hand liegt auf der Tastatur, die andere zeigt auf eine Zahl auf dem Bildschirm.

© iStock / Zinkevych

Was ist Daytrading?

Zwei große Monitore vor sich, nebenbei läuft der Nachrichtensender und das Smartphone liefert regelmäßig neue Eilmeldungen – beim Daytrading ist es wichtig, ständig auf dem Laufenden zu sein, denn es gibt vieles, was den Markt und damit die Kursbewegungen beeinflusst. Daytrader und Daytraderinnen stehen nervlich oft unter Strom, denn für sie geht es meist um viel Geld. Doch was ist Daytrading überhaupt? Es handelt sich dabei um eine Anlageform, bei der innerhalb eines Tages Aktien gekauft und verkauft werden. Daytrading zeichnet sich also vor allem durch schnelle Finanzbewegungen aus, manchmal öffnen oder schließen Handelnde ihre Positionen sogar innerhalb von Sekunden oder Minuten. Das große Ziel des Tages ist, möglichst hohe Gewinne einzufahren. Auch wenn sich dieses Investitionsmodel für einige wenige Menschen auszahlt, ist es in der Regel auf lange Sicht nicht nachhaltig. Tatsächlich schafft es nur eine Minderheit der Daytrader und Daytraderinnen mit der Zeit Gewinne zu erzielen. In einer Studie beobachteten Forschende alle Personen, die zwischen 2013 und 2015 mit dem Daytrading auf dem brasilianischen Aktienmarkt starteten. Von denjenigen Menschen, die dieses Anlagemodell mehr als 300 Tage verfolgten, verloren 97 Prozent Geld – ungefähr ein Prozent erwirtschaftete den brasilianischen Mindestlohn, allerdings stets begleitet von dem Risiko, alles zu verlieren.

Daytrading und Glücksspiel haben Gemeinsamkeiten

Schnell gewinnen und zügig verlieren, die Chancen auf Erfolg durch eigenes Handeln beeinflussen – auf den ersten Blick gibt es Parallelen zwischen Daytrading und Glücksspiel. Experten und Expertinnen weisen tatsächlich auf Ähnlichkeiten zu einigen Glücksspielarten hin, insbesondere zu Onlineglücksspielen und geschicklichkeitsbasierten Glücksspielen. Zudem ähneln Sportwetten dem kurzzeitigen Handeln mit Aktien – auch hier kann es zu plötzlichen Preisänderungen durch Informationen, beispielsweise durch Leistungsstatistiken des Sportteams, kommen. Ein Unterschied ist jedoch, dass Ergebnisse beim Daytrading nicht nur auf dem Zufall beruhen, sondern Kursschwankungen beispielsweise durch geopolitische Themen ausgelöst werden. Außerdem können Handelnde die Gewinne durch Strategien teilweise beeinflussen.

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Wie viele Daytrader und Daytraderinnen haben eine Glücksspielsucht?

Jemand, der kurzzeitig mit Aktien jongliert, ist nicht automatisch süchtig. Einer nicht repräsentativen Studie aus Australien zufolge fühlen sich aber scheinbar viele Personen, die Daytrading betreiben, zum Glücksspiel hingezogen. Von den mehr als 9.000 Teilnehmenden waren 0,66 % Daytrader und Daytraderinnen, wobei die überwiegende Mehrheit männlich und über 45 Jahre alt war und über ein hohes Einkommen und eine hohe Bildung verfügte. Mehr als 90 Prozent der Daytrader und Daytraderinnen gaben an, sich an Glücksspielaktivitäten zu beteiligen – die Häufigkeit von problematischem Glücksspiel betrug unter ihnen 7,6 Prozent. Im Vergleich zu Menschen, die nicht kurzzeitig mit Aktien handeln, geben sie sich häufiger dem Glücksspiel hin und zeigen öfter ein problematisches Verhalten.

Was macht den Reiz beim Daytrading aus?

Die Aussicht auf einen großartigen Handelstag motiviert viele Daytrader und Daytraderinnen jeden Tag aufs Neue, kurzzeitig mit Aktien zu handeln. Gelingt es ihnen, einen Gewinn zu erzielen, schüttet ihr Körper Dopamin aus. Der Botenstoff sorgt für ein Gefühl von Freude und ist Teil des Belohnungssystems. Ursprünglich diente das System dazu, Menschen zu belohnen, wenn sie überlebenswichtigen Handlungen wie Essen oder dem Konkurrieren nachgehen. Menschen suchen gewissermaßen nach Verhaltensweisen, um Dopamin freizusetzen und sich somit selbst zu belohnen. Dazu kann auch Daytrading beitragen. Manchmal dient der Börsenhandel auch als Ersatz für Glücksspielaktivitäten wie Sportwetten oder Casinogänge – der Reiz besteht auch hier darin, große Auszahlungen und ein sofortiges Feedback zu Gewinnen zu erhalten. Daneben gibt es einige Einflussfaktoren, die Menschen womöglich zu problematischem Tradingverhalten – wie dem ständigen Überprüfen von Kursbewegungen – anregen. Moderne Trading-Apps ähneln vom Aufbau jenen fürs Glücksspiel – sie sind bunt, leicht bedienbar und motivieren zum Handeln. Ein Risiko kann auch von Medieninhalten ausgehen. So werden Daytrader und Daytraderinnen in Videos manchmal ermuntert, hochriskante Investitionsstrategien auszuprobieren. Auf der Jagd nach Erfolg kann das zu großen Verlusten führen.

Einnahmequelle oder Glücksspielsucht? Der Charakter eines/einer Spielsüchtigen

Menschen mit einer Glücksspielsucht können ihren Spieltrieb nicht kontrollieren – auch dann nicht, wenn sie hohe Summen verlieren. Mit ihrem problematischen Verhalten riskieren sie nicht selten den Verlust sozialer Beziehungen und ihre psychische Gesundheit.

In Anlehnung an die Kriterien für eine Spielsucht sollten Tradende bei Folgendem aufmerksam werden:

  • Der Drang zum Traden lässt sich nicht unterdrücken.
  • Die Gedanken kreisen ständig um das Daytrading.
  • Es kommt zur Vernachlässigung von Verpflichtungen, zum Beispiel in Bezug auf die Familie.
  • Lieb gewonnene Freizeitaktivitäten haben keinen Platz mehr im Alltag.
  • Das Geld für das Daytrading wird mittels krimineller Aktivitäten oder Lügen verschafft.
  • Es bestehen Stimmungsschwankungen und eine Neigung zu Wutanfällen.
  • Geld, das durch das Traden verloren wurde, soll durch erneute Investitionen wieder „reinkommen“.
Gestresster Mann in einem Büro, der vor seinem Laptop sitzt und sich mit der rechten Hand an die Stirn fasst.

© iStock / demaerre

Beim Daytrading werden innerhalb eines Tages Aktien gekauft und verkauft, oft geht es um viel Geld – das bedeutet Stress.

Was können Menschen tun, um einer Sucht vorzubeugen oder ihr zu begegnen?

Bei Aktivitäten, die eine gewisse Suchtgefahr bergen, ist es wichtig, das eigene Verhalten zu hinterfragen. Beim Daytrading könnten Personen einen Blick auf ihre Tradingaktivitäten werfen: Bildet das Traden den Lebensmittelpunkt und lässt keinen Platz mehr für Freizeit und soziale Kontakte? Führt das unkontrollierte Handeln mit Aktien zu großen Verlusten, die man wiederholt versucht, zu kompensieren? Das Problem ist jedoch, dass Glücksspielsucht im Gegensatz zu anderen Süchten mit kognitiven Verzerrungen verknüpft ist. Auch Daytrader und Daytraderinnen können beispielsweise davon überzeugt sein, dass sie nur lange genug handeln müssen, um große Gewinne einzufahren. Bemerken Personen bei sich selbst ein problematisches Verhalten oder werden durch ihr Umfeld darauf hingewiesen, kann es sinnvoll sein, Hilfe zu suchen. Das tun Betroffene allerdings nur selten – teilweise aus mangelnder Einsicht, aber auch, weil sie eine Stigmatisierung ihrer psychischen Gesundheit fürchten. Ambulante Suchtberatungsstellen, Suchtkliniken, Praxen für Psychotherapie und Selbsthilfegruppen können jedoch diskret bei der Bewältigung einer Spielsucht und einem problembehafteten Tradingverhalten unterstützen. Der Hausarzt oder die Hausärztin kann eine erste Kontaktstelle sein und auf entsprechende Angebote hinweisen.

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