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Kostenfalle In-Game-Käufe – der kleine Schritt vom Spiel zum Gaming

Veröffentlicht am:24.09.2024

6 Minuten Lesedauer

Glücks- und Computerspiele hatten einst wenig miteinander zu tun. Beim Glücksspiel ging es immer schon um Geld, bei Games um Spaß. In-Game-Käufe und sogenannte Lootboxen verwischen die Grenzen – und sind eine Gefahr für Kinder und Jugendliche.

Ein Junge sitzt mit einem Tablet und Kopfhörern auf einem Sofa und schaut auf den Bildschirm.

© iStock / Goads Agency

Computerspielsucht bei Kindern und Jugendlichen

Computerspielsucht ist – unabhängig von der Thematik des In-Game-Kaufs – ein ernstzunehmendes Risiko für Kinder und Jugendliche, wenn sie einen Großteil ihrer Lebenszeit mit Spielkonsolen oder Online-Spielen verbringen. Problematische Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen war schon vor der Corona-Pandemie ein viel diskutiertes Thema, in der Zeit des Lockdowns schnellten die Nutzungszeiten in die Höhe und damit auch die Sorgen von Fachleuten und Eltern.

Wie viele Kinder und Jugendliche in Deutschland sind gamingsüchtig?

Das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters führt regelmäßig Befragungen zum Medienkonsum unter Kindern und Jugendlichen durch, auch zu digitalen Spielen. Demnach hat die durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer im Sommer 2023 wieder das Niveau von vor der Corona-Pandemie erreicht (98 Minuten werktags, 168 am Wochenende). Dennoch kann keine Entwarnung gegeben werden: Von den 10- bis 17-Jährigen, die mindestens einmal pro Woche digitale Spiele nutzen, zeigen 4,3 Prozent ein krankhaftes Spielverhalten, so dass von Videospielsucht gesprochen werden kann. Die verhalten positive Nachricht lautet: 2022 waren es noch 6,3 Prozent. Jungen sind mit 5,6 Prozent fast doppelt so oft betroffen wie Mädchen (3,1 Prozent).

Wie erkenne ich Computerspielsucht?

Viele Eltern machen sich Sorgen darüber, wie viel Zeit ihre Kinder mit digitalen Medien und Computerspielen verbringen. Wann ist das Spielverhalten nur übertrieben, wann problematisch, wann ist es eine Sucht? Die Übergänge sind fließend. Mögliche Anzeichen einer Gamingsucht sind, wenn ihr Kind

  • das Spielen über alles stellt,
  • „echte“ soziale Kontakte oder frühere Hobbys vernachlässigt,
  • die Spieldauer nicht kontrollieren, also selbstständig nur schwer aufhören kann,
  • oft über die tatsächliche Spieldauer lügt,
  • gereizt ist, wenn es mit dem Spielen aufhören soll.

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Wie Spielbelohnungen und In-Game-Käufe die Computerspielsucht fördern

Vor allem Online-Spiele haben oft glücksspielähnliche Merkmale, die dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche immer wieder zum Spiel zurückkehren. Viele Handy- und Browserspiele belohnen die Spielenden mit virtuellen Gegenständen für die Bewältigung von Aufgaben oder auch nur für die Wiederaufnahme des Spiels. Die jeweilige Belohnung kann sehr unterschiedlich ausfallen und die Spielenden wissen nicht, was der Algorithmus für sie bereithält: ganz wie beim traditionellen Glückspielautomaten. Bei diesen virtuellen Gegenständen handelt es sich zum Beispiel um Münzen, die als In-Game-Währung dienen (Coins), oder um nützliche Dinge, sogenannte Items wie Waffen oder Ausrüstungsteile. Bei Rollenspielen gibt es auch Accessoires, um das Erscheinungsbild der eigenen Spielfigur zu verändern, sogenannte Skins.

Je mehr Coins, Items und Skins, desto besser. Zum Verdruss vieler Gamer und Gamerinnen kann es kompliziert und langwierig sein, sich die begehrten Objekte zu erspielen. Die Spiele erschweren das oft absichtlich und bieten gleichzeitig eine Abkürzung: Items, Skins und Coins können im In-Game-Shop einfach gekauft werden – für echtes Geld. Mit solchen In-Game- oder In-App-Käufen lassen sich besonders schnelle Spielerfolge erzielen und aus dem kostenfreien Onlinespiel (Free-to-Play) wird durch die Hintertür eine Kostenfalle. Das Geschäftsmodell, für Spielerfolge zu bezahlen (Pay-to-Win), hat sich bei Online-Spielen als so lukrativ erwiesen, dass mittlerweile auch einige PC- und Konsolenspiele, die ohnehin Geld kosten, mit In-Game-Shops versehen sind.

Ein Vater sitzt mit seinem Sohn auf dem Sofa. Der Vater umarmt das Kind von hinten und beide halten mit ihren Händen ein Smartphone. Beide schauen amüsiert auf den Bildschirm.

© iStock / Miljan Živković

Wenn Sie neue Spiel zuerst gemeinsam spielen, erkennen Sie schnell problematische Game-Features.

Lootbox: Glückspiel oder harmloses Überraschungs-Ei?

Eine Lootbox oder Lootchest (Beutetruhe) ist eine Überraschungskiste, über deren Inhalt ein Zufallsgenerator entscheidet. Im Inneren können sich außergewöhnliche Skins oder wertvolle Items verbergen, die dabei helfen, das nächste Level zu erreichen – oder aber vergleichsweise nutzloses Zeug. Lootboxen sind im In-Game-Shop erhältlich oder stehen einfach in der virtuellen Landschaft herum. Dann müssen die Spielenden manchmal den passenden Schlüssel im Shop kaufen. In jedem Fall haben die Kinder und Jugendlichen beim Gaming keinerlei Einfluss auf den Inhalt der Kiste. Die Zufallskomponente rückt Lootboxen deutlich in die Nähe des Glücksspiels. In juristischen Fachkreisen herrscht allerdings Uneinigkeit darüber, ob es sich um Glücksspiel handelt oder nicht – sonst wären Spiele mit Lootboxen für Kinder und Jugendliche in Deutschland längst verboten.

Unabhängig von der juristischen Einordnung: Wie jedes Glücksspiel erhöhen Lootboxen die Suchtgefahr. In der Hoffnung, endlich ein begehrtes Item oder einen seltenen Skin zu ergattern, kann der Kauf von Lootboxen schnell aus dem Ruder laufen. Denn manchmal sind die Spiele so programmiert, dass sie zu Beginn in den Kisten viele hilfreiche Belohnungen bereithalten, die dann mit der Zeit immer seltener werden.

Lootboxen sprechen mit ihren unbekannten Extras das Belohnungssystem des Gehirns an und begünstigen so ein Suchtverhalten bei den Spielenden: Der zunächst häufige Gewinn der begehrten Objekte ist mit positiven Gefühlen verbunden. Wenn die Belohnungen im Spielverlauf gezielt reduziert werden, müssen die Spielenden immer mehr Zeit und Geld investieren, um sich mit wenigen Items zu belohnen und die damit verbundenen positiven Gefühlszustände zu erlangen. Das ist schlecht für das Sozialleben der Spielenden und den Geldbeutel der Eltern.

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Was tun bei Computerspielsucht und ausufernden In-Game-Käufen?

Wenn Kinder oder Jugendliche in digitale Spielwelten eintauchen, vergessen sie leicht die Zeit. Die Angst vor Computerspielsucht bricht sich dann bei den Eltern schnell Bahn, ist aber oft unbegründet. Dennoch sollten Sie Ihre Kinder nicht allzu sorglos in ihrer Mediennutzung gewähren lassen. Wie so oft ist es auch beim Thema Computerspiele besser und einfacher vorzubeugen, als bei verfestigtem Suchtverhalten die Hilfe von Kinder- und Jugendtherapeuten und -therapeutinnen in Anspruch nehmen zu müssen.

Computerspiele nicht verbieten, sondern das Spiel begleiten

Ein generelles Verbot von Computerspielen für Kinder ist nach einhelliger Meinung von Fachleuten kontraproduktiv. Die wichtigste Regel für Sie als Eltern ist, Kinder beim Einstieg in die digitale Mediennutzung nicht alleinzulassen, sondern sie dabei Schritt für Schritt zu begleiten.

Wenn Sie unsicher sind, hilft Ihnen die gemeinsame Initiative SCHAU HIN! des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der ARD und des ZDF sowie der AOK mit Elternangeboten wie Medienkursen oder Medien-Coaches. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet im Rahmen ihrer Präventionskampagne „Ins Netz gehen“ mehrere Hilfestellungen für Kinder und Jugendliche an, zum Beispiel eine E-Mail-Beratung, eine Chat-Beratung oder einen Selbst-Check. Die E-Mail-Beratung ist auch für Eltern gedacht, denen außerdem ein Beratungsstellenfinder für die persönliche Vor-Ort-Beratung weiterhilft.

Konkrete Tipps zur Vorbeugung von Computerspielsucht

  • Setzen Sie feste und begrenzte Nutzungszeiten für digitale Medien.
  • Wählen Sie Spiele mit Ihrem Kind gemeinsam aus.
  • Spielen Sie die Spiele gemeinsam. Das verbindet und Sie erkennen schnell problematische Game-Features.
  • Vermitteln Sie Ihrem Kind einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld.
  • Deaktivieren Sie an Smartphone und Tablets In-App-Käufe. Informieren Sie sich über Jugendschutzeinstellungen von Konsolen, anderen Spielgeräten und Onlinediensten.
  • Hinterlegen Sie niemals Ihre Kreditkarten- oder Bankdaten auf Geräten Ihres Kindes. Sind die Daten einmal im System, gehen In-Game-Käufe im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht vonstatten.
  • Seien Sie Vorbild: Halten Sie sich selbst an Mediennutzungszeiten und familiäre Medienregeln. (Zum Beispiel: Smartphones haben am Essenstisch nichts verloren.)

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