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Gesundheitsmagazin

Sucht

Pornosucht erkennen und überwinden

Veröffentlicht am:04.11.2024

5 Minuten Lesedauer

Ob Videos, Clips oder Bilder: Das Internet ist voll von pornografischen Inhalten. Kostenlose Webseiten sind rund um die Uhr verfügbar. Das kann schnell zu einer Pornosucht führen. Wie findet man wieder hinaus? Wir klären auf.

Eine Hand hält eine Fernbedingung in Richtung Fernseher. Auf diesem sind verschiedene Porno-Webseiten zu sehen, jedoch nur verschwommen zu erkennen.

© iStock / Diy13

Porno-Webseiten: Kostenlose Pornografie im Internet

Ein einfacher Klick reicht aus und schon können wir jederzeit  Pornos auf unserem Smartphone oder Tablet ansehen – und das sogar kostenlos auf speziellen Webseiten wie Pornhub. Die Nutzung solcher Angebote ist weit verbreitet. Allerdings liegen bisher keine genauen Zahlen vor, wie viele Menschen sich regelmäßig Pornos auf solchen Plattformen anschauen.

Was sind eigentlich Pornos?

Pornografie soll Lust machen und die Fantasie anregen. Doch was sind Pornos eigentlich? Loveline.de, das Jugendportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), hat das kurz und knapp zusammengefasst. 

  • Pornos (Pornografie) sind Filme, Texte, Fotos, Zeichnungen und Animationen. Sie zeigen Menschen, die Sex miteinander haben.
  • Es werden fast nur die Geschlechtsorgane gezeigt und verschiedene Stellungen. Das soll für die Zuschauenden erregend sein.
  • Liebe und Zärtlichkeit spielen keine Rolle.
  • Pornos sind von Erwachsenen für Erwachsene gemacht.

Menschen haben viele Gründe, um Angebote von Porno-Webseiten wie Pornhub zu nutzen. Pornos dienen zur Unterhaltung, Entspannung und als Zeitvertreib. Im Zusammenhang mit Masturbation sind sie auch Anregung und Inspiration. Pornos sollen von negativen Gefühlen ablenken, beim Abbau von Stress helfen, und sie werden auch als Hilfsmittel gegen Einsamkeit genutzt. Gerade die Einsamkeit gehört zu den Faktoren, die mit einem erhöhten Porno-Konsum verbunden sein können. 

Vor allem die Zahl junger Menschen, die sich einsam fühlen, wird immer größer. In den vergangenen 30 Jahren hat sie sich mehr als verdreifacht. Das zeigen die Ergebnisse des ersten Einsamkeitsbarometers in Deutschland, das 2024 veröffentlicht wurde. Im Jahr 2021 betrug die Einsamkeitsbelastung bei den 18- bis 29-Jährigen 14,1 Prozent.

Auch Angstzustände und Depressionen hängen mit dem Pornokonsum eng zusammen.Dabei zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede. Jungen und Männer schauen zu einem wesentlich höheren Prozentsatz Pornos als Mädchen und Frauen. Einer der Gründe: Jungen und Männer wollen sich dabei selbst befriedigen. Die Bilder und Darstellungen in Pornos passen weniger zu den Bedürfnissen und Wünschen von Mädchen und Frauen.

Ist Pornosucht eine Krankheit?

Die Pornografie-Nutzungsstörung wird als häufigste Form der „Störung mit zwanghaftem Sexualverhalten“ angesehen. 2022 ist die neue ICD-11, die „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems” der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Kraft getreten. Darin sind alle Krankheiten aufgelistet, die es nach offizieller Ansicht der WHO gibt. Neu in der der ICD-11 ist die Diagnose zwanghaftes Sexualverhalten (ICD-11-Code 6C72). Das ist ein wichtiger Meilenstein für die Behandlung von Betroffenen. Ein Therapeut oder eine Therapeutin kann nun die Diagnose stellen und die Sucht behandeln.  

Was ist Pornosucht?

Die Pornografie-Nutzungsstörung, im Volksmund auch als Pornosucht bezeichnet, gehört zu den sogenannten Verhaltenssüchten. Betroffene sind nicht von einer Substanz, wie etwa von Medikamenten, Alkohol, Heroin oder Nikotin abhängig, sondern von dem Verhalten oder dem Gefühl, das durch die entsprechende Handlung hervorgerufen wird. Im Gegensatz zu einer Drogensucht fehlen bei Menschen, die pornosüchtig sind, körperliche Anzeichen für eine Abhängigkeit.

Gerade bei jungen Männern ist der Online-Konsum von Pornografie in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen und zu einem immer größeren Problem geworden, das eng mit einem zwanghaften Sexualverhalten verbunden ist. Doch nicht jeder Mann und jede Frau, die regelmäßig Pornos konsumieren, entwickeln ein exzessives Verlangen danach und werden süchtig. Ein Indiz für Pornosucht ist der Kontrollverlust. Das heißt, Betroffene können den Konsum nicht einschränken – das Anschauen von Pornos ist ein zwanghaftes Verhalten.

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Folgen einer Pornosucht

Sex macht Spaß und glücklich. Er ist wohltuend für Körper und Geist und äußerst gesund. Wenn wir sexuell erregt werden, setzt das Gehirn das Glückshormon Dopamin frei. Und dieses Gefühl möchten wir immer wieder haben. Auch wenn wir beim Sex allein sind. Das Masturbieren und die Orgasmen, die beim Anschauen von Pornos ausgelöst werden, können eine Art Sog entwickeln und schließlich zur Sucht werden. Mit der Folge, dass die Arbeit, soziale Kontakte und persönliche Verpflichtungen vernachlässigt werden. Betroffene ziehen sich noch weiter aus dem sozialen Leben zurück und isolieren sich. Das führt zu noch mehr Einsamkeit. Ihnen fehlen zudem oft Strategien im Umgang mit den eigenen Emotionen. Einsamkeit und Schwierigkeiten, Emotionen zu regulieren, können die Pornosucht verschlimmern oder aufrechterhalten. Das wird vor allem bei Männern beobachtet, die allein oder noch bei ihren Eltern leben. 

Ein Mann hat es sich auf einem Doppelbett gemütlich gemacht. Mit dem Rücken lehnt er sich an ein Kissen. Das rechte Bein ist aufgestellt. Er trägt ein weißes T-Shirt und kurze Shorts. Vertieft blickt er auf sein Tablet, das er in der linken Hand hält.

© iStock / Addictive Stock

Ganz versunken blickt ein Mann auf sein Tablet.

Übermäßiger Pornokonsum schadet der psychischen Gesundheit

Besonders bei Minderjährigen können sich Pornos nachteilig auf die psychische Gesundheit auswirken, sexuelle Fantasien, Einstellungen und Verhaltensweisen negativ beeinflussen. Websites wie Pornhub zeigen den Partner oder die Partnerin als reines Sexualobjekt und völlig beziehungslos. Bei Mädchen und jungen Frauen kann der Pornokonsum auch dazu führen, dass sie mit ihrem Körper unzufrieden sind und sich in einigen Fällen sogar plastischen Operationen unterziehen, zum Beispiel Brustoperationen und Schamlippenkorrekturen. Denn die Pornoindustrie gaukelt ihnen vor, ihr Wert basiere auf ihrem körperlichen Erscheinungsbild. Ein ähnlicher Trend wurde bei Männern beobachtet, die sich einer Penisoperation unterzogen.

Pornos und Hypersexualität

Bei Menschen, die häufig und immer wieder langanhaltende erregende emotionale Erfahrungen machen, besteht auch die Gefahr, dass sie ein unkontrolliertes, hypersexuelles Verhalten entwickeln, eine Sexsucht. Das erschwert eine Partnerschaft und ein normales Sexualverhalten. Porno-Konsum kann zudem zu einer Erektionsstörung führen, weil die sexuelle Stimulation im wirklichen Leben nicht mit den online zugänglichen Inhalten übereinstimmt.

Sexualaufklärung

Sexualaufklärung ist eine Aufgabe der Schulen, aber auch der Familien. Es geht darum, Kindern und Jugendlichen altersgemäße Antworten auf ihre Fragen rund um Liebe, Freundschaft, Pubertät, Verhütung, Schwangerschaft oder Geburt zu geben und sie über die Gefahren von Pornos aufzuklären.

Lehrkräfte finden auf dem Deutschen Bildungsserver Arbeitsblätter und Unterrichtsmaterialen. Wie Eltern ihren Nachwuchs vor pornografischem Material bestmöglich schützen können, darüber informiert die Initiative SCHAU HIN!

Welche Gesetze sollen Kinder und Jugendliche vor Pornos schützen?

In Deutschland ist es zwar gesetzlich verboten, Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren pornografische Inhalte zugänglich zu machen, trotzdem kommen sie damit gewollt oder ungewollt in Berührung: über digitale Kanäle, Messenger-Dienste oder Social Media. Die EU Kids Online-Studie von 2019 zeigte, dass 42 Prozent der 12- bis 14-Jährigen und 65 Prozent der 15- bis 17-Jährigen in Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten bei der digitalen Mediennutzung mit sexuellen Darstellungen in Kontakt gekommen waren. Auch internationale Studien und Trendanalysen bestätigen dieses Bild.

Kinder und Jugendliche vor Pornosucht besser schützen

Im Kindesalter kann das Anschauen von Pornografie dazu führen, dass durch die unrealistischen Geschlechterstereotypen die sexuelle Identität und die Beziehungen zu anderen negativ beeinflusst werden. Je früher Jugendliche mit dem Konsum beginnen, desto höher ist das Risiko, später eine Pornografie-Nutzungsstörung zu entwickeln. Deshalb ist es wichtig, dass der Jugendschutz im Bereich der Online-Pornografie besser greift. Behörden, Kultureinrichtungen und Eltern sollten die Nutzung des Internets überwachen und Kinder und Jugendliche über die Gefahren von Pornografie informieren und bei Polizei oder Jugendämtern melden, wenn bestimmte Inhalte ihrer Meinung nach kinder- und jugendgefährend sind. Kinder und Jugendliche brauchen zudem Begleitung, wie sie sicher, verantwortungsvoll und selbstbestimmt mit dem Internet umgehen können.

Was tun gegen Pornosucht?

Die Moderatorin und Influencerin Louisa Dellert sprach 2023 in einem Podcast offen über ihren jahrelangen Pornokonsum. Ihren Partnern hatte sie das verheimlicht. Pornos zu schauen, war für sie in stressigen Lebensphasen eng mit Druckabbau verbunden. „Ich habe eine Zeit lang Pornos sehr, sehr intensiv genutzt und konsumiert – und das war irgendwann auch nicht mehr gesund.“

Um die Therapie der Pornosucht zu verbessern, arbeitet die Justus-Liebig-Universität Gießen an dem Projekt "PornLoS" (Pornografie-Nutzungsstörung effektiv behandeln – Leben ohne Suchtdruck). Geleitet wird es von Psychologieprofessor Dr. Rudolf Stark. Das Ziel ist, in den kommenden Jahren neue Therapieansätze zu erforschen und zu erproben. Dazu gehören zwei Varianten einer sechsmonatigen Intensivbehandlung, die aus einer kombinierten psychotherapeutischen Einzel- und Gruppentherapie besteht. Die beiden Varianten unterscheiden sich im Hinblick auf das Therapieziel: Wird eine Abstinenz oder eine reduzierte Nutzung von Pornos angestrebt? Speziell geschulte Psychotherapeutinnen und -therapeuten führen die Intensivbehandlungen durch. Ergänzt werden sie durch eine digitale App, die eingesetzt wird, um Risikosituationen zu erkennen.

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