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Partydroge Lachgas: Zwischen Medizin und Missbrauch

Veröffentlicht am:15.07.2024

4 Minuten Lesedauer

Lachgas wird in Sahnespendern und als Narkosemittel verwendet – und auch als Rauschmittel immer beliebter. Was genau ist Lachgas? Welche Risiken sind mit dem Konsum verbunden? Und wie ist die rechtliche Lage?

Eine Lachgaskartusche liegt auf einem nichtaufgeblasenem grünen Luftballon auf einem verwitterten Holzbrett.

© iStock / Ian_Redding

Was ist Lachgas und wie wird es verwendet?

Lachgas ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Distickstoffmonoxid (N2O), ein farbloses Gas mit süßlichem Geruch. Wird Lachgas inhaliert, wirkt es unter anderem schmerzlindernd, kann aber auch für Glücksgefühle sorgen und sogar Halluzinationen hervorrufen.

Lachgas in der Medizin

Seinen Durchbruch feierte Lachgas zunächst in der Medizin: 1844 setzte Horace Wells als Erster Lachgas bei einer Zahnbehandlung als Narkosemittel ein. Bis heute wird es von Zahnärztinnen und -ärzten verwendet, um Ängste und Schmerzen von Patientinnen und Patienten zu lindern. Außerhalb der Medizin kommt Lachgas vor allem bei Stickstoffdüngern in der Landwirtschaft zum Einsatz oder als Treibgas für Sprühflaschen, um zum Beispiel Sahne aufzuschäumen.

Lachgas als Rauschmittel

Neben der Verwendung in der Medizin hat Lachgas auch eine lange Geschichte als Freizeitdroge. Bereits in den 1830er-Jahren wurde es zur Belustigung des Publikums auf Jahrmärkten eingesetzt oder auf „Lachgaspartys“ inhaliert. Auch auf den Raves und Technopartys der 1990er-Jahre war Lachgas beliebt. Über die schmerzstillende Wirkung hinaus verursacht das Gas einen leichten Rauschzustand, der als hypnotisch oder tranceartig beschrieben wird. Andere berichten von verstärkten Sinneseindrücken und einem Kribbeln am ganzen Körper. Wenige Sekunden, nachdem das Lachgas eingeatmet wurde, tritt die Wirkung ein – und lässt wenige Minuten später schon wieder nach. Um den schnellen Rausch zu wiederholen, wird Lachgas oft in großen Mengen konsumiert.

Was macht Lachgas so beliebt?

Die Wirkung von Lachgas ist seit mehr als zwei Jahrhunderten bekannt, doch seit einigen Jahren verzeichnen viele europäische Länder einen Anstieg des Freizeitkonsums von Distickstoffmonoxid. Im Global Drug Survey (GDS) 2019 – eine Umfrage unter Drogenkonsumenten aus mehr als 30 Ländern –, schnitt Lachgas in der westlichen Welt als zehntbeliebteste Droge ab. 91 Prozent aller Teilnehmenden hatten Lachgas bereits mindestens einmal konsumiert. Seine Beliebtheit verdankt Lachgas einerseits seiner leichten Verfügbarkeit, da sich die Gaskartuschen problemlos im Supermarkt oder im Internet kaufen lassen. Sogar in Automaten wird seit einiger Zeit Lachgas neben Süßigkeiten angeboten. Im Vergleich zu den Preisen für andere Rauschmittel ist Lachgas zudem recht günstig.

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Welche Nebenwirkungen hat Lachgas?

Lachgas fällt nach aktueller Rechtslage nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Vermutlich hält sich deshalb bei Konsumentinnen und Konsumenten hartnäckig die Vorstellung, dass Lachgas eine relativ harmloses „Legal High“ sei. Doch der Kick aus Luftballon oder Sahnespender ist mit Vorsicht zu genießen.

Akute Nebenwirkungen

Weil das eingeatmete Distickstoffmonoxid den Sauerstoff aus den Lungenbläschen verdrängt, kann es zu einer Hypoxie kommen – einer Sauerstoffunterversorgung des gesamten Organismus. Konsumierende laufen Gefahr, das Bewusstsein zu verlieren. Das ist besonders riskant, wenn Hilfsmittel wie Plastiktüten eingesetzt werden, um die Intensität zu steigern. Wer Lachgas inhaliert hat, sollte außerdem nicht am Straßenverkehr teilnehmen oder Maschinen bedienen. Das Rauschmittel stört die Koordination und beeinträchtigt die Orientierung. Zudem birgt das Inhalieren direkt aus der Kartusche große Gesundheitsrisiken. Strömt das komprimierte Gas aus der Kapsel, dehnt es sich ruckartig aus. Die Kartuschen kühlen dabei auf bis zu -55 Grad Celsius herunter. Die Folge können schmerzhafte Erfrierungen an der Lippe oder an den Händen sein.

Langfristige Nebenwirkungen

Wer Lachgas über einen längeren Zeitraum konsumiert, riskiert schwere Langzeitfolgen. „Bei Dauergebrauch kann Lachgas das Nervensystem dauerhaft schädigen“, erklärt Burkhard Blienert, Drogenbeauftragter der Bundesregierung. „Es kann zu Lähmungen führen.“ Lachgas verändert die chemische Struktur des Vitamins B12, wodurch es dem Körper nicht mehr zur Verfügung steht. Der Vitamin-B12-Mangel kann zu einer Polyneuropathie führen, bei der vor allem Empfindungen an Händen und Füßen nicht mehr wahrgenommen werden.

Wie ist die rechtliche Lage?

Besitz und Erwerb von Lachgas sind bislang in Deutschland nicht verboten. Nach einem signifikanten Anstieg an Meldungen in Giftnotrufzentralen bescheinigte die Europäische Drogenstelle EMCDDA der EU jedoch ein wachsendes Problem in Bezug auf den Missbrauch von Lachgas. In der Folge haben Länder wie Großbritannien, die Niederlande, Dänemark oder die Schweiz den Besitz und Verkauf von Lachgas verboten. Die Niederlande und Großbritannien stuften Lachgas zudem als Droge ein. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will rasch für strengere Regeln sorgen, um den Verkauf von Lachgas als Partydroge besonders an junge Leute einzudämmen. Dazu könnte Lachgas schon bald in die Liste von psychoaktiven Stoffen aufgenommen werden, um den Verkauf zu reglementieren.

Sommer in der Großstadt. Nahaufnahme einer Frau, die einen roten Luftballon aufbläst. Das Gesicht der Frau ist hinter dem Luftballon verborgen.

© iStock / PixelsEffect

Lachgas wird häufig mit Luftballons konsumiert: Das Lachgas wird in den Luftballon gefüllt und dann eingeatmet.

Wie soll ich mich verhalten, wenn mein Kind Lachgas konsumiert?

Niemand kann mit hundertprozentiger Sicherheit verhindern, dass das eigene Kind mit Drogen oder Rauschmitteln in Berührung kommt. Eltern können ihre Kinder aber zu Selbstständigkeit erziehen und dazu beitragen, dass sie richtige Entscheidungen treffen. Dazu gehört auch, die Kinder sachlich über Drogen zu informieren, um die Neugierde zu befriedigen – und für die Langzeitfolgen zu sensibilisieren.

Wenn Eltern mitbekommen, dass ihr Kind Lachgas konsumiert, ist es sinnvoll, zunächst Ruhe zu bewahren und auf eine entspannte Gesprächssituation zu warten. Im Gespräch sollten die Erwachsenen eine klare Haltung einnehmen und gleichzeitig das Gefühl vermitteln, dass sie jederzeit ansprechbar sind. Nicht das Rauschmittel, sondern die Ängste um das Kind sollten im Vordergrund stehen. Vorwürfe haben keinen Platz.

Besorgte Eltern können sich zudem auf www.drugcom.de und www.digisucht.de informieren und Auskünfte über Beratungsangebote einholen.

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