Sucht
Symptome bei Sexsucht erkennen und richtig behandeln
Veröffentlicht am:21.02.2023
3 Minuten Lesedauer
Bei einer Sexsucht (Hypersexualität) verlieren Betroffene wiederholt und über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten hinweg die Kontrolle über ihr Sexualverhalten. Das führt zu großen Belastungen im Alltag.
Was versteht man unter Sexsucht?
An sich sind Sexualität und das damit verbundene Verlangen ein ganz natürlicher und gesunder Bestandteil des menschlichen Lebens. Beides kann sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein – je nach Geschlecht, Alter, Lebensphase und Lebensumständen sowie individuellen Neigungen und Bedürfnissen. Nimmt der Drang nach sexueller Stimulation oder Befriedigung so starke Ausmaße an, dass Betroffene ihr sexuelles Verhalten trotz negativer Konsequenzen über einen längeren Zeitraum nicht mehr kontrollieren können, spricht man oft von einer Sexsucht (Hypersexualität).
Sexsucht ist jedoch ein sehr unscharf abgegrenzter Begriff, dessen Einordnung in das Spektrum psychischer Erkrankungen lange umstritten war. In der bislang gültigen internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD-10) wird das gesteigerte sexuelle Verlangen den sexuellen Funktionsstörungen zugeordnet. In der neuen internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD-11) wird das Krankheitsbild jedoch als zwanghafte Sexualverhaltensstörung (Compulsive Sexual Behavior Disorder, CSBD) den Impulskontrollstörungen zugeordnet.
Gründe für eine zwanghafte Sexualverhaltensstörung
Bei Hypersexualität sind die Ursachen meist nicht eindeutig zu benennen. Betroffene berichten teilweise, dass sexuelle Aktivitäten ihnen dabei helfen, negative Gefühle nicht mehr zu spüren oder Trauer und Verlustgefühle in schwierigen Lebenssituationen, wie einer Kündigung oder einer Trennung, auszublenden. Einige Experten vermuten auch einen Mangel an Nähe und Zuwendung in der Kindheit, den die Betroffenen durch übermäßige Sexualität auszugleichen versuchen.
Wie viele Menschen sind sexsüchtig?
Da das Krankheitskonzept der zwanghaften Sexualverhaltensstörung neu ist, gibt es bislang kaum belastbare Daten zur Häufigkeit der Erkrankung. In einer US-amerikanischen Internet-Befragung aus dem Jahr 2019 erfüllten 8,6 Prozent der 2.300 Teilnehmer bestimmte Screening-Kriterien für eine zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung. Männer waren häufiger als Frauen betroffen und Menschen mit sehr hohem oder sehr niedrigem Einkommen häufiger als solche mit mittlerem Einkommen. Da in der Studie keine validierten Diagnosekriterien erfasst wurden und keine ärztliche oder psychotherapeutische Überprüfung der Screening-Ergebnisse erfolgte, wurde die Zahl der Betroffenen jedoch möglicherweise überschätzt.
Hypersexualität: Kontrollverlust und negative Folgen als Merkmal
Eine Sexsucht kann auf verschiedenen sexuellen Aktivitäten basieren: Sex mit einem Partner, exzessives Masturbieren, ausgeprägter Konsum von Pornografie, Telefon- oder Cybersex. Ein starker Sexualtrieb oder das häufige Durchführen sexueller Handlungen begründen allein jedoch noch keine Hypersexualität. Entscheidend für die Diagnose ist der wiederholte und andauernde Kontrollverlust über das eigene Sexualverhalten trotz drohender oder bereits eingetretener negativer Folgen.
Merkmale und Symptome einer zwanghaften Sexualverhaltensstörung:
- Wiederholte sexuelle Aktivitäten werden zum zentralen Fokus des Lebens.
- Es wurde mehrfach und über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten erfolglos versucht, die sexuellen Impulse zu kontrollieren und die sexuellen Aktivitäten zu reduzieren.
- Das Sexualverhalten verursacht erhebliche Belastungen und/oder deutliche Verschlechterungen im persönlichen, familiären, sozialen oder beruflichen Bereich oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
- Das Sexualverhalten führt zur Vernachlässigung der eigenen Gesundheit sowie anderer persönlicher Belange und Verantwortlichkeiten.
- Aus dem Sexualverhalten resultiert wenig oder keine Befriedigung.
Passend zum Thema
Sexsüchtig – so sieht die Behandlung aus
Zunächst ist es wichtig, herauszufinden, ob sich hinter einem ausgeprägten Sexualverhalten tatsächlich eine manifeste Erkrankung verbirgt. Dabei können die zahlreichen lokalen Suchtberatungsstellen in ganz Deutschland eine sehr gute erste Anlaufstelle sein, etwa das Weiße Kreuz. Sie haben viel Erfahrung dabei, Betroffenen unterschiedlicher Suchterkrankungen Wege aus der Sucht aufzuzeigen und sie auf diesem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Wenn der Verdacht auf ein pathologisch gesteigertes sexuelles Verlangen oder eine zwanghafte Sexualverhaltensstörung besteht, sollte dieser durch einen Psychiater oder eine Psychiaterin oder aber durch einen Psychotherapeuten oder eine Psychotherapeutin abgeklärt werden. Gemeinsam mit diesen kann dann auch die weitere Behandlung geplant werden.
Verständnis, Rat und Unterstützung können Sexsucht-Betroffene auch in Selbsthilfegruppen finden. Angehörige Sexsüchtiger finden Hilfe bei S-Anon.