Sucht
Ständig online: Internetsucht vermeiden und bekämpfen
Veröffentlicht am:18.03.2021
4 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 08.08.2024
Smartphone und Tablet sind für viele Menschen ein ständiger Begleiter – privat und beruflich. Doch Handysucht hat ihren Preis: Stress, Schlafprobleme oder auch ernste Erkrankungen wie Depressionen und Burnout können die Folge sein. Wie es gar nicht erst so weit kommt und welche Tipps gegen den Stress helfen.
Das Smartphone ist fester Bestandteil unseres Alltags
Es piept, es klingelt – und selbst ohne Signalton fordert das Smartphone viel Aufmerksamkeit. Durchschnittlich 53 Mal am Tag aktivieren Handy-Besitzer ihr Gerät. Und unterbrechen so etwa alle 18 Minuten die Tätigkeit, mit der sie gerade beschäftigt sind. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher der Universität Bonn. Die meiste Zeit verbringen die Menschen dabei mit Social-Media-Anwendungen, wie Facebook, WhatsApp oder mit Spielen. Hinzu kommt, dass viele Firmen ihre Mitarbeiter mit Tablets und Smartphones ausstatten, um ihnen so größtmögliche Flexibilität ermöglichen.
Die ständige Ablenkung hat ihren Preis
Die ständige Erreichbarkeit und Beschäftigung mit dem Gerät steigert nicht nur das Risiko für eine Smartphone-Abhängigkeit, sondern auch das Risiko, permanent abgelenkt zu sein. Tatsächlich sorgen Smartphones laut Statistiken für mehr Verkehrsunfälle als Alkohol.
Forscher der University of Texas fanden zudem heraus, dass die häufige Nutzung eines Handys die kognitive Leistungsfähigkeit schmälert – die Effektivität des Gehirns ist gemindert. Die Erinnerung wird schlechter, die Lernleistung und auch die Kreativität nehmen ab.
Darüber hinaus können persönliche Beziehungen durch die ständig fehlende Aufmerksamkeit leiden und zu Streit mit dem Partner oder einer engen Freundin führen.
Gibt es eine Smartphone-Sucht?
Sowohl die Nutzung sozialer Netzwerke und Messenger-Dienste, als auch das ständige Telefonieren kann zu einer Sucht führen.
Sucht ist eine ernstzunehmende Krankheit, bei der u. a. biologische und psychische Faktoren eine Rolle spielen und die durch eine Fehlsteuerung des Belohnungssystems im Gehirn entsteht. Durch den Konsum eines Suchtmittels (z. B. Drogen, Alkohol oder Medikamente) wird Euphorie oder ein Gefühl von Zufriedenheit ausgelöst, das den Nutzenden dazu verleitet, immer mehr des Suchtmittels zu sich zu nehmen. Dadurch lernt das Gehirn, das Suchtmittel als positiven Reiz wahrzunehmen. Fehlt dieser Reiz, entsteht ein Defizit – was dazu verleitet, das Mittel erneut zu konsumieren. Eine Handysucht im eigentliche Sinne gibt es jedoch nicht – da Menschen zwar nach einer Substanz süchtig werden können, nicht aber nach einem Gegenstand. Es gibt aber sogenannte Verhaltenssüchte, wie Kaufsucht, Spielsucht oder Sportsucht. Dazu zählt auch die Internetsucht.. Bei Frauen, die das Internet übermäßig viel nutzen, ist es der Drang, in den sozialen Netzwerken aktiv zu sein und der Wunsch nach Resonanz, bei Männern sind es eher Online-Spiele. Statt Handysucht sollte man daher eher von Internetsucht sprechen.
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Die Risikofaktoren einer Internetsucht
Tatsächlich gibt es Merkmale, die bei Personen, die an einer Internetsucht leiden, häufig vorkommen:
- Impulsivität
- ein geringes Selbstwertgefühl
- fehlende Gewissenhaftigkeit
- starkes Empfinden von Einsamkeit und das Gefühl, nicht genug unterstützt zu werden
- Misstrauen gegenüber Mitmenschen
- hohe Stressempfindlichkeit
- Bindungsängste aufgrund von Erfahrungen in der Kindheit
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Die Merkmale einer Internetsucht
Anerkannte klinische Diagnosekriterien gibt es bislang nur für die „internetbezogene Spielsucht“. Fachleute gehen aber davon aus, dass die Kriterien für die Sucht nach anderen Internetanwendungen ähnlich aussehen. Vor allem drei Merkmale sind besonders stark mit einer ausgeprägten Internetsucht verbunden:
- die Fokussierung auf das Smartphone als Hobby
- Nervosität oder Angstgefühle, wenn das Smartphone nicht in Reichweite ist
- eine starke und noch zunehmende Dauer der Smartphonnutzung
Mögliche Folgen einer Internetsucht
Die Folgen einer unbehandelten Internetsucht können gravierend sein. Neben Schlafproblemen und psychischen Störungen wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung), Depressionen oder Angststörungen kann es zu einem gesellschaftlichen und beruflichen Abstieg kommen. Nicht nur eine Partnerschaft kann unter der Sucht leiden, auch die Leistungen in der Schule oder im Beruf.
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Diese Tipps können helfen
Wer den Verdacht hat, an einer Internetsucht zu leiden, sollte sich auf jeden Fall professionelle Hilfe suchen. Geeignete Anlaufstellen sind zum Beispiel Suchtberatungsstellen oder der Hausarzt. Mit dem Experten können Sie besprechen, welche Maßnahmen helfen können.
- Feste Zeiten definieren: Um feste Handy-Nutzzeiten zu definieren, hilft die Anfertigung eines Nutzungsprotokolls. Wann ist man für Arbeitsbelange erreichbar und wann nicht? Dazu gehört auch, das Handy auszuschalten (z. B. vor dem Schlafengehen oder beim Essen) und nicht sofort auf jede E-Mail zu reagieren.
- Grenzen ziehen: Indem man bewusst bestimmte Einstellungen auf seinen Endgeräten wählt, kann man seinen Zugang selbst begrenzen. Die beruflichen E-Mails sollte man beispielsweise nicht mit seinem privaten Smartphone synchronisieren und eingehende Benachrichtigungen nicht mit visuellen oder auditiven Reizen versehen.
- Priorisieren: Welche Nachrichten oder Mails muss man tatsächlich heute noch beantworten? Was hat Zeit bis morgen? Eine To-Do-Liste kann helfen, den Überblick zu behalten.
- Auf Me-Time und Freizeit achten: Gerade während der Zeit im Homeoffice fällt auf, wie schnell man „eben noch“ eine E-Mail beantwortet – obwohl es bereits Feierabend oder sogar Wochenende ist. Ein Ausgleich ist hier entscheidend – am besten mit einem Spaziergang an der frischen Luft oder einer anderen Aktivität ohne mit dem Internet verbunden zu sein. So sorgt man automatisch für eine günstige Work-Life-Balance.