Sucht
TikTok – wie süchtig macht die Trend-App?
Veröffentlicht am:11.10.2024
4 Minuten Lesedauer
TikTok ist die am schnellsten wachsende Social-Media-App weltweit und erreicht vor allem ein junges Publikum. Was den Reiz der Kurzvideo-Plattform ausmacht – und welche Bedenken es gegen sie gibt.
Wie funktioniert TikTok?
In keinem anderen sozialen Netzwerk verbringen die Deutschen so viel Zeit wie auf TikTok: Laut Global Digital Report 2024 liegt die monatliche Nutzungsdauer bei knapp 38 Stunden – umgerechnet ist das mehr als eine Stunde pro Tag. Damit liegt TikTok deutlich vor Facebook (11 Stunden, 24 Minuten), Instagram (10 Stunden, 45 Minuten) und WhatsApp (8 Stunden, 24 Minuten). TikTok startete 2016 in China als ein auf Kurzvideos spezialisiertes soziales Netzwerk. Die App stellt einen großen Pool an Musiktiteln und zahlreichen Effekten zur Verfügung, mit denen die Nutzerinnen und Nutzer Videos bearbeiten können. Andere können dann auf diese Videos reagieren, indem sie sie liken oder teilen.
Bekannt wurde TikTok vor allem mit Gesangs- und Tanzeinlagen, heute findet man in der App nahezu alle Themen – von Schminktipps über Hobbygärtnerei bis hin zu Kochtipps und Anlageberatung. Da die meisten Videos sehr kurz sind, bekommt man auf TikTok viele Inhalte in kürzester Zeit zu sehen. Zudem sind die Kurzvideos im Hochformat für das Abspielen auf Mobilgeräten optimiert. Vor allem bei der Generation Z, also den von 1997 bis 2012 Geborenen, kommen die authentischen Inhalte gut an. Auch die intuitive Bedienung trägt dazu bei, dass TikTok zu den beliebtesten Apps gehört.
So funktioniert der TikTok-Algorithmus
Geht es um den Erfolg von TikTok, darf man neben den kurzweiligen, authentischen Inhalten und dem Design einen entscheidenden Faktor aber nicht außer Acht lassen: den Algorithmus. Unter allen Social-Media-Plattformen verfügt TikTok über einen der ausgefeiltesten Algorithmen überhaupt. Was bedeutet das genau?
Maßgeschneiderte Inhalte
Der Algorithmus entscheidet darüber, welche Videos wir auf TikTok überhaupt zu Gesicht bekommen. Natürlich kann man die Kanäle anderer Nutzerinnen und Nutzer direkt abonnieren, um deren Inhalte zu sehen. Doch die meisten Videos empfiehlt der Algorithmus auf Basis der verschiedenen Daten, die die App während der Nutzung sammelt. Sie misst beispielsweise, wie lang man sich ein Video anschaut oder ob man den Like-Button klickt. Je mehr dieser Daten dem Algorithmus zur Verfügung stehen, desto besser stellt er sich auf die Vorlieben der Nutzerinnen und Nutzer ein. Die Inhalte werden immer präziser zugeschnitten, die Vorhersagen genauer. Dieser personalisierte Ansatz hat dazu beigetragen, die Nutzerbindung auf TikTok zu stärken.
Passende Artikel zum Thema
Mit Nonstop-Unterhaltung in die Sucht?
Wer sich bei TikTok anmeldet, gerät in eine Spirale. Je mehr man die App nutzt, desto treffsicherer werden die Vorhersagen. Dadurch gewinnt die Plattform an Attraktivität – und man verbringt wiederum mehr Zeit dort. Zumal die Videos in einer Endlosschleife abgespielt werden, es gibt Unterhaltung ohne Unterbrechung. Der Sog, der davon ausgeht, ist groß. Studien belegen, dass viele das Zeitgefühl verlieren, wenn sie in der App unterwegs sind. Sie geraten in einen „Flow-Zustand“, der dazu führt, dass sie völlig in der von TikTok geschaffenen Umgebung aufgehen. Nicht umsonst gilt TikTok als die Social-Media-Plattform, die am stärksten süchtig macht. Der endlose Scroll-Mechanismus erschwert es den Nutzerinnen und Nutzern zusätzlich, die App zu verlassen. Bei vielen führt dieses Prinzip dazu, dass sie TikTok exzessiv nutzen. Der ständige Konsum von kurzweiligen Inhalten kann das Verlangen nach immer mehr Unterhaltung verstärken. Außerdem löst jedes Like einen Dopamin-Schub in unserem Gehirn aus, also eine Art Glück-Überschwemmung im Körper, der zu einer Abhängigkeit nach diesem Belohnungsgefühl führen kann.
Endless Scrolling
Endless Scrolling bedeutet übersetzt so viel wie „unendliches Scrollen“. Die Technik kommt vor allem in sozialen Medien zum Einsatz. Nutzerinnen und Nutzer wird der Eindruck vermittelt, dass sie unendlich weit nach unten scrollen können, ohne dass die Inhalte ausgehen. Je nach Plattform laden immer wieder Bilder, Videos oder Texte nach. So werden Menschen länger auf der Seite oder in der App gehalten.
TikTok – was sagt das Gesetz?
TikTok steht schon länger unter Beobachtung. Die EU kritisiert den mangelnden Jugendschutz schon seit Jahren und hat im Februar 2024 ein formelles Ermittlungsverfahren gegen TikTok eingeleitet. Darin will die EU-Kommission auch klären, ob der Algorithmus des Netzwerks in die Abhängigkeit führen kann. Ein zweites Verfahren wurde im April desselben Jahres eingeleitet. Darin soll untersucht werden, ob die bisher nur in Spanien und Frankreich veröffentlichte App TikTok Lite die psychische Gesundheit von Minderjährigen gefährdet. Mittlerweile gab TikTok dem Druck der EU nach und schaltete die umstrittene Belohnungsfunktion in TikTok Lite ab. Auch in den USA wird über ein TikTok-Verbot diskutiert. Im April 2024 brachte der US-Senat ein Gesetz auf den Weg, um den Eigentümer Byte Dance zum Verkauf zu bringen.
So hilft die AOK
Elternratgeber „SCHAU HIN!“ bei Spiel- und Onlinesucht
Eltern sind dazu aufgerufen, auf das psychische und seelische Wohl ihres Kindes zu achten. Nützliche Tipps und Hinweise zum Thema Spiel- und Onlinesucht bietet der Elternratgeber „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht“.