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Fentanyl, die Gefahr aus den USA

Veröffentlicht am:10.09.2024

4 Minuten Lesedauer

Inmitten der Opioid-Krise fällt eine Substanz in den USA besonders auf: Fentanyl. Als Medikament eingesetzt, dämpft sie starke Schmerzen, als Droge missbraucht ist Fentanyl für viele Todesfälle verantwortlich. Doch wie wirkt die Substanz im Körper?

Blaue Pillen in einer kleinen Plastiktüte, die von einer Männerhand in Nahaufnahme aus einer Jackentasche gezogen wird.

© iStock / Bill Oxford

Was ist Fentanyl und wie wird es eingesetzt?

Fentanyl kam bereits im Jahr 1963 auf – damals verabreichten Mediziner und Medizinerinnen das Medikament über die Vene. Mittlerweile steht der Wirkstoff auch als Hautpflaster oder als Lutschtablette zur Verfügung. Die Substanz gehört, genauso wie Morphin, zu den Opioiden, wird allerdings synthetisch, also ausschließlich künstlich im Labor hergestellt. Doch was ist Fentanyl für ein Medikament? Ärzte und Ärztinnen können Fentanyl bei starken chronischen Schmerzen verschreiben, bei denen nur Opioide ausreichend helfen – das kann beispielsweise bei Tumorschmerzen der Fall sein. Außerdem wird die Substanz zur Einleitung und Aufrechterhaltung einer Narkose eingesetzt.

Fentanyl unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Auch in den USA gibt es ein Gesetz, das die Herstellung, Einfuhr, den Besitz und die Nutzung ausgewählter Substanzen regelt: den Controlled Substances Act. Fentanyl gehört hier zu den kontrollierten Substanzen. Insbesondere die Verschreibungspflicht soll sicherstellen, dass Menschen Fentanyl nur unter ärztlicher Aufsicht und bei einem entsprechenden Bedarf erhalten. Trotz der Vorsichtsmaßnahmen ist die Substanz aber für viele Todesfälle verantwortlich – das liegt daran, dass Fentanyl als Droge missbraucht wird.

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Wie wirkt Fentanyl im Körper?

Im Vergleich zu anderen Opioiden gelangt Fentanyl schneller in den Blutkreislauf und wirkt daher zügiger. Verabreichen Mediziner und Medizinerinnen Fentanyl über eine Spritze, wirkt die Substanz nach etwa fünf bis 120 Sekunden. Die Fentanyl-Wirkung kann mehrere Stunden anhalten – hier ist entscheidend, ob und inwiefern der Patient oder die Patientin bereits an die Substanz gewöhnt ist. Mit der Zeit kann der Körper eine Toleranz ausbilden – dann benötigen Menschen eine höhere Dosis zur Schmerzlinderung. Fentanyl wirkt deutlich stärker als Morphium (etwa 100-mal potenter) und Heroin (50-mal potenter), das bedeutet, dass mit einer geringeren Dosis die gleiche Wirkung erzielt werden kann.

Hochpotente Opiate wie Fentanyl sind:

  • schmerzlindernd
  • sedierend (beruhigend)
  • verstopfend, in Bezug auf den Darm

Fentanyl kann zur Unterdrückung des Atemantriebs bis hin zum Atemstillstand führen. Charakteristisch ist außerdem eine Verengung der Pupillen.

Fentanyl kann süchtig machen

Fentanyl bindet an die Opioidrezeptoren im Körper. Diese befinden sich unter anderem im Gehirn, und zwar in Bereichen, die Schmerzen und Emotionen regulieren. Die Substanz aktiviert daraufhin das Belohnungssystem, das in verschiedenen Regionen des Vorder- und Mittelhirns verankert ist. Menschen können durch die Einnahme von Fentanyl extreme Glücksgefühle oder Euphorie empfinden, was sie dazu anregt, die Substanz als Droge erneut zu konsumieren. Wer ein zwanghaftes Verlangen nach Fentanyl hat, gilt als süchtig. Selbst wenn Betroffene das Medikament nach ärztlicher Anweisung einnehmen, können sie beim Absetzen Entzugserscheinungen durch eine entstandene Abhängigkeit wie Unruhe, Muskelschmerzen, Schlafprobleme oder Durchfall entwickeln – eine Abhängigkeit kann in eine Sucht übergehen.

Fentanyl als Teil der Opioid-Krise in den USA

In den USA nutzen viele Menschen Opioide als Droge, dadurch steigen die Todesfälle durch Überdosierungen stark an – alleine im Jahr 2017 endete das für über 47.000 Personen tödlich. Doch was macht Fentanyl in den USA so gefährlich und welche Rolle spielt es in der Opioid-Krise?

  • Insbesondere in Nordamerika sind Fentanyl und verwandte Verbindungen, bekannt als „Fentanyls“, mittlerweile die wichtigsten illegalen Drogen.
  • Seit dem Jahr 2013 beobachten Experten und Expertinnen einen rasanten Anstieg der Todesfälle durch eine Überdosierung mit Fentanyl – von den 50.000 Todesfällen, die im Zusammenhang mit Opioiden standen, wurden mehr als 36.000 auf Fentanyl zurückgeführt.
  • Illegales Fentanyl wird in Laboren produziert – danach wird es in Form von Pulver und Pillen verkauft oder Augentropfen und Nasenspray beigemengt. Außerdem kann es auf Löschpapier getropft werden.
  • Einige Drogendealende kombinieren Fentanyl mit anderen Drogen wie Kokain, Heroin oder Methamphetamin, da bereits wenig Fentanyl ein großes Rauschgefühl auslöst – das macht die Drogenmischung in der Herstellung besonders günstig.
  • Drogenkonsumierende lösen die Substanz jedoch hauptsächlich aus Fentanyl-Pflastern, um sie sich anschließend zu spritzen.
  • Bei einer Überdosis Fentanyl kann sich die Atmung verlangsamen oder stoppen. Gelangt dadurch nicht mehr genug Sauerstoff ins Gehirn, können Konsumierende ins Koma fallen, Hirnschäden entwickeln oder versterben.
  • Fentanyl wirkt stärker als andere Opioide wie Morphin – unterschätzen Menschen die Wirkung oder nehmen sie die Substanz unbeabsichtigt, zum Beispiel in beigemengter Form ein, kann das zu Überdosierungen führen.
  • Bei einer Überdosierung können Mediziner und Medizinerinnen ein Medikament namens Naloxon verabreichen.
Apothekerin, die in einer Apotheke an einer geöffneten Schublade steht, in der einen Hand ein Rezept, in der anderen eine Medikamentenpackung.

© iStock / Portra

Um Fentanyl in Deutschland zu verschreiben, benötigen Mediziner und Medizinerinnen ein Rezeptformular, das sie zuvor bei der Bundesopiumstelle beantragen müssen.

Ist Fentanyl auch in Europa ein Problem?

In Deutschland sind mehrere stark wirksame Opioide zugelassen, darunter auch Fentanyl. Jeder Arzt und jede Ärztin kann es mit einem Betäubungsmittelrezept verordnen. Das Rezeptformular müssen Mediziner und Medizinerinnen allerdings zuvor bei der Bundesopiumstelle beantragen, ohne solche Vordrucke ist eine Verschreibung nicht möglich. Obwohl Opioide wie Fentanyl in Deutschland und in anderen europäischen Ländern erhältlich sind und es im letzten Jahrzehnt einen Anstieg von Verschreibungen gab, kommen Todesfälle durch Opioide hier deutlich weniger vor als in den USA. Allerdings existieren nur wenige Informationen über den illegalen Konsum von Fentanyl innerhalb Europas. Viele Mitgliedstaaten können keine Daten oder Berichte in Bezug auf Überdosierungen, Beschlagnahmungen oder Todesfälle vorlegen. Vereinzelte Berichte legen nahe, dass es durch eine Verknappung von Heroin auf dem Markt eine kleine Anzahl von Todesfällen in Zusammenhang mit Fentanyl gibt.

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