Verdauungssystem
Colitis ulcerosa: Alarm im Dickdarm
Veröffentlicht am:27.07.2022
6 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 27.07.2023
Bei der Colitis ulcerosa kommt es zu schweren, oft blutigen Durchfällen mit krampfartigen Schmerzen und Fieber. Nehmen Sie die Symptome ernst, denn in extremen Fällen droht sogar Lebensgefahr. So wird die chronische Dickdarmentzündung behandelt.
Was ist Colitis ulcerosa?
Schubweise blutiger Durchfall und krampfartige Bauchschmerzen – bei einer Colitis ulcerosa ist die Schleimhaut des Dickdarms entzündet. Das führt zu starken Beschwerden, die die Betroffenen für einige Zeit regelrecht außer Gefecht setzen. Solche Symptome sollten immer schnellstmöglich von einem Arzt oder einer Ärztin abgeklärt werden.
Nach einem akuten Colitis-ulcerosa-Schub klingen die Beschwerden meist wieder ab. Doch die Ruhe im Darm trügt. Denn die Dickdarmentzündung verläuft chronisch. Das heißt: Die Betroffenen müssen jederzeit damit rechnen, dass ein erneuter Krankheitsschub auftritt.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED)
Colitis ulcerosa zählt zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), ebenso wie Morbus Crohn. Sie unterscheidet sich von Morbus Crohn dahingehend, dass sich die Entzündung auf den Dickdarm beschränkt, während Morbus Crohn den gesamten Verdauungstrakt betreffen kann. Etwa 150.000 Menschen in Deutschland sind an einer Colitis ulcerosa erkrankt.
Viele Betroffene erleben zum ersten Mal während der Schulzeit oder der Ausbildung Symptome einer Colitis ulcerosa. Danach haben sie zeitlebens mit der Erkrankung zu tun. Ein Großteil erleidet immer wieder Krankheitsschübe, nur selten bleibt es bei einem einmaligen Ereignis. In der Zeit zwischen den Schüben regeneriert sich die Darmschleimhaut und die Entzündung klingt ab. Manche Colitis-ulcerosa-Betroffene leiden allerdings kontinuierlich unter den Entzündungen. Eine Colitis ulcerosa kann durch spezifische Therapien zur Ruhe kommen, ein erhöhtes Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken, bleibt dennoch. Warum es zu einer Colitis ulcerosa kommt, ist noch nicht abschließend geklärt. Es gibt Hinweise auf eine genetische Komponente, denn es gibt eine familiäre Häufung. Geschwister von Colitis ulcerosa-Patienten und -Patientinnen erkranken 10- bis 50-mal häufiger als der Rest der Bevölkerung. Zur Zeit wird geforscht, ob eine fehlgeleitete Überreaktion des Immunsystems ursächlich für die Erkrankung ist. Zusammenhänge mit der Ernährung haben sich bisher nicht bestätigt.
Diese typischen Anzeichen deuten auf einen Colitis-ulcerosa-Schub hin:
- Durchfall (blutig, schleimig)
- häufiger Stuhlgang
- Bauchschmerzen, die mit Krämpfen einhergehen können
- Wunden im Mund, eventuell Geschwüre
- Abnahme des Körpergewichts, gegebenenfalls Untergewicht
- Fieber
- Entzündungen der Gelenke, etwa Knie oder Hüfte
- Hautausschlag
- gerötete Augen, die oftmals schmerzen
- Gefühl von Abgeschlagenheit
- erhöhter Herzschlag bei einem schweren Verlauf
Unterschiedliche Schweregrade einer Colitis ulcerosa
Die chronisch-entzündliche Darmerkrankung kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Der Großteil der Colitis ulcerosa-Patienten und -Patientinnen (etwa 60 Prozent) hat eine milde Verlaufsform. Dabei ist die Entzündung auf den Enddarm beschränkt. Die Schübe sind meist leicht und vor allem durch häufigeren, blutig-schleimigen Stuhlgang (bis zu viermal täglich) gekennzeichnet. Einen mittelschweren Verlauf hat etwa ein Viertel der Betroffenen. Bei einem Schub haben sie meist bis zu sechsmal am Tag blutigen, schleimigen Durchfall, erhöhte Temperatur sowie Bauchkrämpfe und ein Krankheitsgefühl. Zehn Prozent der Colitis ulcerosa-Fälle verlaufen schwer. Betroffene haben während der Schübe unter anderem starken Durchfall (mehr als sechsmal am Tag), hohes Fieber, mit einem erhöhten Puls und ein starkes Krankheitsgefühl.
Mögliche Folgen einer Colitis ulcerosa
Durch die Durchfälle und Blutungen und dem damit oftmals einhergehenden Appetitverlust kann es im Rahmen einer Erkrankung zu einem starken Gewichtsverlust kommen. Dabei spielt oftmals auch die Angst der Betroffenen vor den Symptomen eine Rolle, weshalb sie weniger Nahrung oder nur noch bestimmte Lebensmittel zu sich nehmen. Ein Mangel an Eisen, Folsäure und weiteren Mikronährstoffen sowie Eiweiß kann die Folge sein. Auch ein Flüssigkeitsmangel kann durch die häufigen Durchfälle ausgelöst werden. Das kann zu lebensbedrohlichen Situationen führen, die eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus erforderlich machen können.
Mögliche Komplikationen
Als Komplikation bei einer Colitis ulcerosa können sich Abszesse und Fisteln bilden. Diese können zu schwerem Krankheitsgefühl mit Fieber und pochenden Schmerzen führen und müssen unbedingt ärztlich behandelt werden – nicht selten müssen vor allem Fisteln operativ entfernt werden, um weiteren Abszessbildungen vorzubeugen. Die Entzündung der Darmschleimhaut kann außerdem zu Verengungen bis hin zu einem Darmverschluss führen. Beides muss ärztlich behandelt werden, damit der Stuhlgang ungehindert den Darm passieren kann.
Colitis ulcerosa: Medikamente gegen die Darmentzündung
Medikamente, die bei Menschen mit Colitis ulcerosa zum Einsatz kommen, zielen darauf ab, akut die Entzündungen der Darmschleimhaut zu beseitigen und erneute Schübe zu verhindern. In der Akuttherapie werden zum Beispiel Arzneimittel mit dem Wirkstoff Mesalazin, aber auch kortisonhaltige Medikamente verwendet. Schlägt diese Therapie nicht an, kommen sogenannte Immunsuppressiva zum Einsatz, die das Immunsystem unterdrücken und so die Entzündung ersticken sollen. Noch relativ neu sind sogenannte therapeutische Antikörper, die ebenfalls das Immunsystem beeinflussen können. Ist ein Schub überstanden, wird zudem Mesalazin als Erhaltungstherapie eingesetzt, um erneute Schübe zu verhindern.
Bei besonders schweren Fällen mit Komplikationen, wenn mit Medikamenten keine Linderung der Symptome erzielt werden kann, sind unter Umständen operative Maßnahmen notwendig. Dabei wird – je nach Schweregrad und Ausdehnung der Colitis sowie der Art der Komplikationen – ein Teil oder der komplette Dickdarm entfernt (Kolektomie).
Darmkrebsvorsorge
Menschen mit einer Colitis ulcerosa haben ein höheres Risiko an Dickdarmkrebs zu erkranken. Der Wirkstoff Mesalazin, der bei aktuten Schüben zur Anwendung kommt, kann zwar das Risiko reduzieren, einen Dickdarmkrebs zu entwickeln. Dennoch ist eine engmaschige und regelmäßige Kontrolle besonders wichtig. Ein Facharzt oder eine Fachärztin für Gastroenterologie sollte den Darm je nach Risikokonstellation in den empfohlenen Intervallen untersuchen: entweder jährlich, alle zwei bis drei Jahre, oder einmal alle vier Jahre.
Ernährung bei Colitis ulcerosa
Menschen mit Colitis ulcerosa müssen außerhalb eines Schubes keine spezielle Diät halten. Es wird eine ausgewogene und gesunde Ernährung empfohlen. Während eines Schubs sollten sie auf leichte Kost achten, blähende und fettige Lebensmittel gilt es zu vermeiden. Gemüse und Obst nehmen sie besser gedünstet als roh zu sich – so ist es leichter verdaulich. Durch die schweren Durchfälle kann es bei Menschen mit Colitis ulcerosa leicht zu einem Mangel an Vitaminen, Elektrolyten und Mineralstoffen wie Eisen kommen. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin sollte hier eine entsprechende Substitution erfolgen. In einem schweren Schub kann auch die Ernährung über eine Vene sinnvoll sein, um den Darm zu entlasten.
Einigen Betroffenen konnte in Studien auch mit Probiotika geholfen werden. Dies sind Präparate, die bestimmte Mikroorganismen enthalten, wie zum Beispiel Bifidobakterien, Milchsäurebakterien (Laktobazillen) oder Escherichia coli. Studien zeigten, dass es unter dieser Behandlung zu einer Schubreduktion kam.
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