Zähne
Karies bei Kindern: Besser vorbeugen statt bohren
Veröffentlicht am:07.01.2022
8 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 23.02.2024
Karies bei Kindern muss nicht sein. Mit der richtigen Zahnpflege ab dem Säuglingsalter lässt sich beim Nachwuchs das Risiko für ein Loch deutlich reduzieren. Fluorid spielt dabei eine wichtige Rolle.
Wie und warum entsteht Karies?
Karies ist im Grunde eine Infektionskrankheit, die die Zähne angreift. Sie entsteht, wenn verschiedene Faktoren zusammenkommen, die zum Verfall der harten Zahnsubstanz führen. Essen wir beispielsweise viele Kohlenhydrate, süße Nahrung und putzen uns nicht ausreichend und regelmäßig genug die Zähne, entsteht Zahnbelag. Die dort enthaltenen Kariesbakterien wandeln den Zucker in der Nahrung in Säure um, die wiederum die Mineralstoffe aus dem Zahnschmelz lösen. Der wichtigste Erreger ist der sogenannte Streptococcus mutans, der durch seine Stoffwechselaktivität Säuren produziert, die für Karies verantwortlich sind.
Normalerweise kann der Speichel den Zahnschmelz in nahrungsfreien Zeiten wieder „reparieren“. Wiederholt sich durch den häufigen Verzehr von zuckerhaltigen Zwischenmahlzeiten oder Getränken der Säureangriff auf die Zähne jedoch zu oft, bleibt für deren natürliche Remineralisation durch den Speichel nicht genügend Zeit: Das Gleichgewicht zwischen Entkalkung und „Reparatur“ verschiebt sich zugunsten der Entkalkung. Karies entsteht.
Ist der Schmelz porös geworden, können Mikroorganismen in den Zahn eindringen und ihn von innen heraus zerstören. Im Anfangsstadium wirken die Zähne kalkig-weiß oder haben braune Flecken. Im späteren Verlauf kommen Schmerzen hinzu und irgendwann sind dunkle Löcher an den Zähnen zu sehen.
Karies bei Kindern: Entstehung und Folgen
Die kariesauslösenden Bakterien sind nicht von Geburt an in der Mundhöhle vorhanden, sondern werden übertragen – meist von den Eltern. Dies geschieht aufgrund des engen Kontakts mit dem Speichel der Eltern – beispielsweise durch Ablecken des Schnullers oder das Vorkosten des Essens mit demselben Löffel. Aber auch das Saugen an Fläschchen oder Schnabeltassen, die mit zuckerhaltigen Getränken gefüllt sind, greift den Zahnschmelz an. Denn durch das ständige Nuckeln am Fläschchen werden die Zähne – vor allem die oberen beiden Frontzähne – der Kleinkinder dauerhaft mit Zucker umspült.
Karies hat ernstzunehmende Folgen für die frühkindliche Entwicklung des Gebisses. Milchzähne halten den Platz frei für die bleibenden Zähne, unterstützen die Entwicklung der Kiefer- sowie Mundmuskulatur und werden zum Kauen und Sprechenlernen benötigt. Wenn die Zähnchen bei Kleinkindern jedoch aufgrund von Karies schlimmstenfalls gezogen werden müssen, kann sich der Kieferknochen durch die Fehlbelastung nicht wie vorgesehen ausbilden. Infolgedessen kann es zu einer ungleichen Bisslage und zu Kieferfehlstellungen kommen.
Passende Artikel zum Thema
Karies bei Kinderzähnen vorbeugen
Während über die vergangenen drei Jahrzehnte der Kariesbefall bei Jugendlichen in Deutschland um 90 Prozent reduziert werden konnte, ist die frühkindliche Karies in Deutschland noch immer ein Problem. So zeigt eine Studie der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.V. (DAJ), dass jedes zehnte dreijährige Kind ein behandlungsbedürftiges Gebiss hat. Ein Grund hierfür ist, dass bei Milchzähnen der Zahnschmelz vor allem in den Zahnzwischenräumen wesentlich dünner und weicher ist als bei den bleibenden Zähnen.
Seit Frühjahr 2021 gibt es deshalb neue Empfehlungen zur Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter. Diese beinhalten erstmals einheitliche Richtlinien aller relevanten Fachgesellschaften und -organisationen zur Anwendung von Fluorid (und Vitamin D), um Karies in dieser Altersgruppe vorzubeugen. Aber auch das richtige Zähneputzen und die Ernährung spielen bei der Karieprävention eine wichtige Rolle. Im Folgenden erfahren Sie, worauf Sie wie achten sollten.
1. Fluorid und Vitamin D zur Kariesprävention bei Kindern
Fachleute empfehlen, dass Eltern ihrem Baby ab der zweiten Lebenswoche täglich eine Tablette mit Vitamin D und Fluorid geben.
Sobald die ersten Zähne da sind, haben Eltern zwei Möglichkeiten bei der Fluoridgabe. Lassen Sie sich bei der Entscheidung von Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Kinderärztin beraten. Auch Ihr Zahnarzt oder Ihre Zahnärtzin kann eine Empfehlung aussprechen.
- Möglichkeit 1 – Fluorid in Tablettenform: Geben Sie Ihrem Kind täglich eine Tablette, die Vitamin D und Fluorid enthält. Beginnen Sie mit dem ersten Zähneputzen jedoch zunächst ohne Zahnpasta oder nur mit einer fluoridfreien Zahnpasta.
- Möglichkeit 2 – Fluoridhaltige Zahnpasta: Geben Sie Ihrem Baby bis zum zweiten erlebten Frühsommer täglich eine Tablette nur mit Vitamin D und nutzen Sie beim Zähneputzen eine Zahnpasta mit 1000 ppm (parts per million) Fluorid. Die Menge sollte nicht größer als ein Reiskorn sein.
Achten Sie darauf, dass Ihr Kind nicht zu viel Fluorid zu sich nimmt. Die bleibenden Zähne eines Kindes entwickeln sich in den ersten acht Lebensjahren. Wenn in dieser Zeit Fluorid regelmäßig in zu hohen Mengen in den Körper gelangt, kann eine Zahnfluorose enstehen. Diese zeigt sich in Form von Flecken und Verfärbungen der bleibenden Zähne. Da Babys und Kleinkinder noch nicht in der Lage sind, die Zahnpasta auszuspucken, würden sie bei einer zu großen Menge an Zahnpasta zu viel Fluorid aufnehmen. Geben Sie Ihrem Kind daher keine Fluorid-Tabletten, wenn Sie eine fluoridhaltige Zahnpasta zum Zähneputzen benutzen. Beim Zähneputzen ist es wichtig, die Menge korrekt zu dosieren.
Wie schützen Fluorid und Vitamin D vor Karies?
Fluorid wirkt über verschiedene Wege kariesvorbeugend:
- Fluorid hilft, Mineralstoffe aus dem Speichel in den Zahnschmelz einzubauen und ihn so zu härten. Der Zahn wird widerstandsfähiger.
- Fluorid wird auf der Zahnoberfläche gespeichert und freigesetzt, wenn die Säuren der Kariesbakterien den Zahnschmelz angreifen. Die Kariesbakterien werden gehemmt.
In der Zeit der Zahnentwicklung wirken Fluoride von innen. Sie gelangen über die Blutbahn zu den Zahnkeimen und lagern sich in den unreifen Zahnschmelz ein.
Vitamin D ist am Kalzium- und Phosphatstoffwechsel des Körpers beteiligt. Da diese beiden Mineralstoffe für den Aufbau von gesunden und starken Zähnen wichtig sind, ist ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel wichtig, um Karies vorzubeugen.
2. Richtiges Zähneputzen mit Kindern
Wenn der erste Milchzahn durchbricht, führen Sie Ihr Kind allmählich an das regelmäßige Zähneputzen zweimal täglich heran. Dabei ist es wichtig, Ihr Kind behutsam und spielerisch an die Zahnbürste und das Zähneputzen zu gewöhnen. Säuglinge erkunden Gegenstände mit Mund, Zunge und Lippen. Dieses Verhalten, das in der Mitte des ersten Lebensjahres besonders stark ausgeprägt ist, kann Eltern dabei unterstützen, dem Kleinkind das Zähneputzen spielerisch beizubringen. Zusätzlich können ein Lied, ein lustiger Reim oder eine Geschichte das Kind zum Mitmachen animieren.
Spätestens ab einem Alter von zwölf Monaten sollten die Milchzähne des Kindes mindestens zweimal täglich mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta mit einem Fluoridgehalt von 1.000 ppm geputzt werden. Nehmen Sie zunächst nur eine reiskorngroße Menge, ab einem Alter von 24 Monaten darf sie erbsengroß sein. Ergänzend kann ein drittes Zähneputzen in Kindergarten oder Kita erfolgen. Zum Putzen eignet sich eine Babyzahnbürste mit einem kleinen runden Bürstenkopf und weichen abgerundeten Borsten.
Wann können Kinder ihre Zähne selbst putzen?
Erst wenn die Schrift des Kindes rund und schön ist, ist die Motorik der Hand in der Regel ausgeprägt genug, um die Zähne wirklich sauber putzen zu können. Das ist im Alter von etwa acht Jahren der Fall.
3. Zahngesunde Ernährung – wichtig für die Kariesprävention
Zu einem effektiven Schutz vor Karies bei Kindern gehört eine zahngesunde Ernährung. Zudem ist es wichtig, dass Eltern ihren Kindern keine zuckerhaltigen Getränke in Säuglingsflaschen geben und sie nicht dauerhaft an Fläschchen nuckeln lassen.
Eher die Ausnahme sollten sein:
- süße Zwischenmahlzeiten und salzige Snacks (Kekse, Chips)
- weiche und klebrige Kinderprodukte (Fruchtriegel)
- Fruchtpürees aus Tütchen zum Aussaugen (Quetschies)
- Fertigprodukte mit Zucker (Babybrei, Soßen, Ketchup, Fruchtjoghurts)
zucker- und säurehaltige Getränke (Limonaden, Schorlen) - Zucker und Süßungsmittel wie Honig, Sirup, Dicksaft oder Rohrzucker
Um Karies bei Kleinkindern zu verhindern, ist es besser, Kinder nur einmal täglich naschen zu lassen, möglichst als Nachtisch. Anschließend sollten sie ein Glas Wasser trinken und später die Zähne putzen. Da saure und süße Lebensmittel Kalzium und Phosphor aus dem Zahnschmelz lösen, der daraufhin weich wird, sollten Sie mit dem Zähneputzen nach dem Essen eine halbe Stunde warten.
Fazit: Gerade bei Kindern ist die Kariesprävention wichtig. Bleiben die Milchzähne kariesfrei, ist das Kariesrisiko bei den bleibenden Zähnen geringer. Denn die kariesauslösenden Bakterien im Milchzahngebiss können auch auf die bleibenden Zähne übergehen. Noch ein Vorteil: Verankern sich die Präventionsmaßnahmen bereits in Kindheitsalter, werden sie zur Gewohnheit und bleiben im Alltag – auch mit den bleibenden Zähnen – bestehen.
Passende Artikel zum Thema
Zahnarztbesuche sind wichtig, um Karies vorzubeugen
Je früher der erste Zahnarzttermin stattfindet, desto leichter gewöhnen sich Kinder daran. Am besten wählen Sie einen Arzt oder eine Ärztin aus, der oder die sich auf die Behandlung von Kindern spezialisiert hat. Der erste Zahnarztbesuch steht an, sobald sich der erste Zahn zeigt –also zwischen dem sechsten und neunten Lebensmonat.
Nach dieser ersten zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung folgen noch zwei weitere Termine: Zwischen dem 10. und 20. und zwischen dem 21. und 33. Lebensmonat. Ab dem Alter von zweieinhalb bis sechs Jahren sind insgesamt drei weitere Früherkennungsuntersuchungen vorgesehen.
Gut zu wissen: Die Zeiträume zwischen diesen zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen sind in etwa dieselben wie bei den kinderärztlichen Vorsorgeterminen (U-Untersuchungen) U5 bis U7. Auch der Kinderarzt beziehungsweise die Kinderärztin achtet während der U-Untersuchungen auf die Zahngesundheit Ihres Kindes. Bereits ab der U2 geht es zum Beispiel um die mögliche Zugabe von Fluorid und Vitamin D.
So hilft die AOK
Zahnärztliche Behandlung bei Kindern
Die AOK fördert die Zahngesundheit von Kindern mit einem umfassenden Leistungspaket.
Die Zahnarzttermine sind nicht nur dafür da, das Kariesrisiko Ihres Kindes einzuschätzen. Der Arzt oder die Ärztin berät auch zur richtigen Mundhygiene für die ersten Milchzähne und gibt Tipps, worauf Eltern bei der Ernährung achten sollten. Zudem wird die Mundhöhle begutachtet, um mögliche Zahnstellungs- oder Kieferfehlstellungen frühzeitig zu erkennen.
Karies bei Kinderzähnen: Wie sieht die ärztliche Behandlung aus?
Der Zahnschmelz der Milchzähne ist nur halb so dick wie bei den bleibenden Zähnen, besitzt einen geringeren Mineraliengehalt und ist somit anfälliger für Karies. Diese kann bei den Milchzähnen schneller bis zum Nerv wandern und dort zu eitrigen Infektionen führen. Deshalb ist es wichtig, kariöse Milchzähne zu behandeln:
- Die Vorstufe von Karies sind Kreideflecken auf dem betroffenen Zahn. In diesem Stadium lässt sich Karies durch das Auftragen von Fluoridlack oft noch stoppen.
- Ist schon ein Loch im Zahn, entfernt der Zahnarzt oder die Zahnärztin die befallenen Stellen mit dem Bohrer und füllt sie anschließend.
- Ist bei kleinen Kindern bereits der Zahnnerv angegriffen, und eine Wurzelbehandlung nötig, erfolgt diese besonders schonend. Der Zahnarzt oder die Zahnärztin entfernt dabei nur den erkrankten Teil des Nervs. Danach wird der Zahn mit einer Milchzahnkrone versorgt, einer Art Überzug, der über den behandelten Zahn gestülpt wird. Kronen kommen auch zum Einsatz, wenn Milchbackenzähne oder Milchschneidezähne so stark zerstört sind, dass eine Füllung nicht mehr halten würde.
Der Zahnarzt oder die Zahnärztin versucht stets, die Milchzähne zu erhalten, da diese als Platzhalter für die folgenden Zähne eine wichtige Funktion einnehmen. Deswegen ist es so wichtig, Karies bei Kindern zu vermeiden.