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Gesundes Wohnen

Warum eine gesunde Lebensweise und Klimaschutz Hand in Hand gehen

Veröffentlicht am:16.03.2022

4 Minuten Lesedauer

Das Auto stehen lassen und aufs Rad schwingen oder das Fleischgericht in der Kantine links liegen lassen? Beides schützt nicht nur das Klima, sondern beugt auch chronischen Erkrankungen vor: Eine klassische Win-Win-Situation.

Personen fahren mit Fahrrädern in der Abenddämmerung in der Stadt.

© iStock / EoNaYa

Porträt von Univ. Prof. Dr. Annette Peters, Direktorin des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München für Gesundheit und Umwelt (HMGU),

© Christian Kielmann

Univ. Prof. Dr. Annette Peters ist Direktorin des Instituts für Epidemiologie bei Helmholtz Munich. Sie forscht zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Luftverschmutzung und anderer Umweltfaktoren und setzt sich mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenerkrankungen in Bezug auf den Klimawandel auseinander.

Bedroht der Klimawandel unsere Gesundheit?

Ja, der Klimawandel hat vielfältige, negative Auswirkungen auf die Gesundheit. In Deutschland ist vor allem Hitze das Problem. Unser Körper kontrolliert unsere innere Temperatur, damit alle Körperfunktionen reibungslos ablaufen. Der Körper ist zwar in der Lage, sich an Temperaturunterschiede anzupassen, wie durch Schwitzen oder eine veränderte Atmung. Das erzeugt aber Stress. Dieser Stress führt während Hitzewellen, die durch den Klimawandel vermehrt auftreten, zu Herzinfarkten, und einer erhöhten Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atemwegserkrankungen. Die durch den Klimawandel veränderten Wetterbedingungen wirken demnach direkt auf die Gesundheit ein und erhöhen die Sterblichkeit in Deutschland.

An der Hitzewelle im Jahr 2003 konnten wir sehen, dass in Europa vor allem ältere Menschen einem besonderen Risiko ausgesetzt sind. Wer an kognitiven Einschränkungen wie Demenz leidet und allein lebt, ist zusätzlich gefährdet. Es fällt den betroffenen Personen schwer, die Hitze wahrzunehmen. Sie trinken nicht ausreichend. Auch Säuglinge sind bei Hitze gefährdet, da die Regulationsfähigkeit des Körpers noch nicht so gut ausgeprägt ist wie bei Erwachsenen.

Wieso häufen sich Atemwegserkrankungen bei Hitze?

Wenn es heiß ist, ist die Luft stärker mit dem Luftschadstoff Ozon und durch Waldbrände mit Feinstaub belastet. Zudem nehmen die negativen Auswirkungen der Luftschadstoffe auf den menschlichen Organismus nehmen zu.

Das konnte man besonders gut an einer Hitzewelle in Russland beobachten. Zeitgleich fanden Waldbrände statt. Es bestand ein verstärkender Effekt zwischen der Hitze und den Schadstoffen in der Luft. Die Sterblichkeit war aufgrund dieser Ereignisse erhöht.

Gibt es weitere Einflüsse des Klimawandels auf die Gesundheit?

2021 haben wir, ausgelöst durch die erhöhten Niederschlagsmengen, die ebenfalls mit dem Klimawandel zusammenhängen, die Flutkatastrophe an der Ahr erlebt. Extremwetterereignisse, bei denen Menschen ihr Hab und Gut und eventuell sogar Angehörige oder Freunde verlieren, haben langfristige Folgen für die mentale Gesundheit. Posttraumatische Belastungsstörungen können auftreten.

Eine weitere Folge des Klimawandels ist, dass sich die Vegetation in Deutschland verändert und damit auch die Blütezeiten von Pflanzen. Allergiker sind vermehrt Allergenen ausgesetzt, weil Pflanzen früher und teilweise auch länger blühen. Die NAKO-Gesundheitsstudie hat über Generationen hinweg gezeigt: Allergien werden häufiger und treten früher auf, die Betroffenen sind bei der Erstdiagnose also jünger.

Hinzu kommt, dass durch die veränderten Klimabedingungen auch in Deutschland neue, tropische Infektionskrankheiten wie beispielsweise Meningitis präsent werden und das Risiko für weitere, weltweite Pandemien steigt.

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Und andersrum: Wie kann ein gesunder Lebensstil Klimaschutz begünstigen?

  1. Lebensmittel, die das Klima schützen, sind gleichzeitig gesund: Wer das Klima nicht belasten will, verzichtet auf Fleisch oder reduziert seinen Fleischkonsum. Die intensive, industriell ausgerichtete Viehnutzung trägt erheblich und direkt zum Ausstoß klimaschädlicher Emissionen bei. Vor allem Methan, das Wiederkäuer wie Rinder ausstoßen, ist ein großes Problem (das Treibhausgaspotenzial von Methan ist etwa 20-mal größer als das von Kohlendioxid, Anm. d. Redaktion). Indirekt hat der Fleischkonsum ebenfalls Auswirkungen auf das Klima: Für die Weidennutzung und Futtermittelproduktion werden riesige Flächen Regenwald abgeholzt. Der Verzicht auf Fleisch hat aber auch gesundheitlich betrachtet große Vorteile: Konsum von rotem Fleisch führt nachweislich zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs. Wer sich gemüsereich und fleischlos (oder fleischarm) ernährt, beugt also den klassischen Volkskrankheiten vor.
  2. Bewegung schützt vor Krankheiten und reduziert den Ausstoß von Treibhausgasen: Wer einen aktiven Lebensstil führt, Fahrrad fährt und zu Fuß geht, statt Auto zu fahren, trägt nicht nur dazu bei, die Luftverschmutzung zu reduzieren, er schützt sich auch vor Krankheiten. Bewegung und sportliche Betätigung haben nachweislich viele positive Auswirkungen auf den Körper. Sie beugen Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs vor und unterstützen unsere mentale Gesundheit. Nicht umsonst wird Bewegung bei der Therapie von Depressionen eingesetzt.
Eine Person macht sich einen Salat und schont so das Klima.

© iStock / DragonImages

Wer regelmäßig zu heimischem Salat greift und öfter auf Fleisch verzichtet, trägt aktiv zum Klimaschutz bei.

Ist Klimaschutz also auch Diabetesprävention?

Ja, denn Diabetes entsteht unter anderem durch eine ungesunde Ernährungsweise und Übergewicht. Rauchen fördert die Erkrankung zusätzlich. Wer zu viel isst, häufig zu verarbeiteten, stark kalorienhaltigen Lebensmitteln mit viel Zucker, Salz und Fett greift und viel Fleisch konsumiert, hat ein erhöhtes Diabetesrisiko. Fettes Essen erhöht zudem die Cholesterinwerte. Wer das Klima schützt, indem er mehr gesunde Lebensmittel wie regionales, saisonales Gemüse und Obst und weniger Fleisch isst, reduziert also auch das persönliche Risiko, an Diabetes zu erkranken.

Welche Effekte hätte ein weitreichender Klimaschutz auf die Gesundheit?

Die Einsparung von Emissionen hätte zur Folge, dass sich die Erde langfristig nicht weiter erwärmt. Weniger Menschen würden an Hitze sterben. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien könnte man die Luftverschmutzung durch fossile Brennstoffe deutlich reduzieren. Von sauberer Luft profitieren fast alle Organe. Es gäbe weniger Atemwegs-, Herzkreislauf- und Krebserkrankungen.

Durch die Umstellung auf erneuerbare Energien wäre eine Umorganisation des täglichen, urbanen Lebens notwendig. Die aktive Mobilität und der öffentliche Nahverkehr würden gefördert. Wir würden in fußgänger- und fahrradfreundlichen, grünen Städten mit sauberer Luft leben, die uns mehr Bewegungsmöglichkeiten bieten und uns so ganz automatisch gesund halten.

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