Müll vermeiden
Nachhaltiger Konsum: Was steckt hinter den Unverpackt-Läden?
Veröffentlicht am:03.05.2021
6 Minuten Lesedauer
„Zero Waste“ („Null Müll“) ist in aller Munde: Viele Menschen würden gerne Müll und Plastik im Alltag vermeiden. Beim Einkaufen im Supermarkt ist das aber kaum möglich. Deswegen erleben Unverpackt-Läden, die Ware ohne Verpackungen anbieten, gerade einen Boom. Erfahren Sie hier, wie das Einkaufen funktioniert, welche Behälter Sie benötigen und wie nachhaltig und hygienisch das Konzept der Läden ist.
Warum ist so viel Gemüse und Obst in Plastik verpackt?
Es gibt verschiedenste Gründe für Plastikverpackungen: Bestimmte Produkte halten sich etwa länger, wenn sie verpackt sind. Darunter auch die berüchtigte, eingeschweißte Biogurke, die immer wieder die Gemüter erhitzt. Bei den Plastikverpackungen geht es auch darum, dass Verkäufer/innen Bioware von konventioneller Ware unterscheiden können. Einige Supermärkte sind inzwischen offen für andere Lösungen: Sie lasern das Biozeichen auf die Gurke oder verkaufen zwei Zucchini mit einer Banderole, statt sie in Kunststoff zu verpacken.
Doch von einem Supermarkteinkauf ohne Plastik oder anderen Verpackungen sind die Konzepte der Läden noch weit entfernt. Im Gegenteil: Das Verpacken von Obst und Gemüse – ob Bio oder nicht – nimmt laut einer Studie der Verbraucherzentrale Hamburg immer weiter zu. Zwei Drittel der Waren sind in Plastik eingehüllt. Verpackungen erleichtern für Supermärkte die Logistik: Die Ware kann besser gestapelt und transportiert werden. Außerdem steigern sie den Umsatz: Kunden kaufen mehr als sie benötigen, wenn das Gemüse etwa im Doppelpack angeboten wird.
Die Zero-Waste-Bewegung setzt auf weniger Plastik im Alltag. Wie das funktioniert und warum weniger Verpackungsmüll so wichtig für die Umwelt ist.
Was bedeutet unverpackt?
Unverpackt-Läden sind kleine Supermärkte, die sämtliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Kaffee, Reis, Mehl, Nudeln, Eier, Milchprodukte, Süßigkeiten, Kräuter, Gewürze, Essig, Öl und auch Produkte wie Seife und Waschmittel anbieten. Nur Einwegverpackungen sind tabu. Kunden bringen also entweder selbst Behältnisse mit oder können vor Ort Mehrwegbehältnisse erwerben und sie beim nächsten Einkauf wiederverwenden. Die Gefäße werden vor dem Einkaufen gewogen, unterschiedliche Größen und Formen von selbst mitgebrachten Behältnissen sind also kein Problem. Bezahlt wird nur der Inhalt.
Welche Behälter kommen in Frage?
- wiederverwendbare Beutel oder Taschen
- Schraubgläser
- Dosen
- Glasflaschen
- Wachspapier
- alte Shampoo- und Waschmittelflaschen
Viele Produkte wie beispielsweise Haferflocken oder Mehl befinden sich in großen Spendern, aus denen sich die Kundschaft die Ware selbst abfüllen kann. Auch Öl oder beispielsweise Duschgel füllt man selbst ab. Produkte wie Käse können in Wachspapier eingehüllt gut transportiert werden.
Warum ist es sinnvoll, im Unverpackt-Laden einzukaufen?
Deutschland ist trauriger Spitzenreiter beim Verpackungsmüll. Wir produzieren mehr Verpackungen als jedes anderes europäisches Land. Laut Umweltbundesamt steigt der Verpackungsverbrauch jährlich an – und zwar nicht nur der der Industrie, sondern auch der des Endverbrauchers. Plastik ist dabei besonders problematisch. Etwa sechs bis zehn Prozent der produzierten Kunststoffe landen im Meer. Es kann mehrere hundert Jahre dauern, bis sich Kunststoff wieder zersetzt. Meerestiere sterben nicht nur, indem sie Plastikteile essen oder sich darin verheddern, sie nehmen kleinste Plastikteilchen (Mikroplastik) auf. So gelangt Mikroplastik über die Nahrungskette auch in den Körper des Menschen.
Nicht nur auf diesem Weg gefährdet Plastik die Gesundheit: Bei der Herstellung von Verpackungen kommen Chemikalien (sogenannte Additive) zum Einsatz. Wenn die Verpackung mit den Lebensmitteln in Kontakt kommt – etwa mit der Gurke oder Zucchini – kann sie giftige Stoffe an die Nahrung abgeben. Diese können sich laut Bundeszentrum für Ernährung (bzfe) im Organismus des Menschen anreichern.
Durch verpackungs- und plastikfreies Einkaufen lassen sich also nicht nur große Mengen Müll vermeiden, auch die Gesundheit profitiert davon. Außerdem verkaufen die meisten Unverpackt-Läden regionale Bioware: Nachhaltiger Konsum ist so garantiert. Wer sich zum Beispiel über die eingeschweißte Biogurke im Supermarkt ärgert, findet im Unverpackt-Laden Bioware ohne Plastikverpackung.
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Ist es hygienisch, unverpackt einzukaufen?
Das Marktforschungsinstitut „Splendid Research“ hat im Jahr 2018 Menschen befragt, was sie von Unverpackt-Läden halten. In der Studie gaben 58 Prozent der Personen, die die Läden ablehnen an, dies wegen der mangelnden Hygiene zu tun. Diese Angst ist allerdings nicht berechtigt. Läuft der verpackungsfreie Einkauf ordnungsgemäß ab, gibt es keinen Grund für Bedenken. Die meisten Lebensmittel befinden sich, wie schon erwähnt, in großen Spendern, die regelmäßig gereinigt werden. Beim Abfüllen der Ware ist die Hygiene also garantiert.
Vorratsdosen oder Behältnisse, die zum Einkaufen mitgebracht werden, könnten jedoch mit Keimen belastet sein. Deswegen sind Mitarbeiter in Unverpackt-Läden dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass die Behältnisse nicht mit Zangen oder sonstigem Besteck in Berührung kommen. Käse, Wurst oder Brötchen können also zum Beispiel mit Handschuhen in Papier gehüllt und dann in ein Vorratsbehältnis gelegt werden – wenn die Abgabe der Ware hinter der Theke erfolgt. Eine weitere Option: Die lose Ware wird auf der Theke abgefüllt, wo das mitgebrachte Behältnis auf einem Tablett steht.
Ist es in Zeiten der Corona-Pandemie ebenfalls unbedenklich, unverpackt einzukaufen?
In den Unverpackt-Läden werden wie in allen anderen Supermärkten hygienische Maßnahmen zum Schutz vor der Ansteckung getroffen. Flächen werden häufig desinfiziert. Auch die Mitarbeiter desinfizieren sich regelmäßig die Hände und tragen einen Mund-Nasen-Schutz. Der Verband „unverpackt e. V.“ hat den Mitgliedern zusätzlich einen Leitfaden zukommen lassen: Die Kunden sollen darauf hingewiesen werden, sich am Eingang die Hände zu desinfizieren, den Mindestabstand von 1,5 Metern zu wahren und Kinder an der Hand zu halten. Der Aufenthalt im Laden soll auf zehn Personen beschränkt sein, außerdem sollen Handschuhe für das Abfüllen der Ware bereitgestellt werden.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung äußert sich folgendermaßen
„Es gibt derzeit keine Fälle, bei denen nachgewiesen werden konnte, dass sich Menschen über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel mit dem neuartigen Coronavirus infiziert haben. Auch für eine Übertragung des Virus durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen oder kontaminierten Oberflächen, wodurch nachfolgend Infektionen beim Menschen aufgetreten wären, gibt es derzeit keine belastbaren Belege. Allerdings können Schmierinfektionen über Oberflächen nicht ausgeschlossen werden, die zuvor mit Viren kontaminiert wurden.“ (Stand: 15. Februar 2021)
Weil eine Ansteckung über Oberflächen – wie in jedem anderen Supermarkt – also nicht gänzlich auszuschließen ist, ist es wichtig, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Vermeiden Sie außerdem, sich an den Mund, die Augen oder die Nase zu fassen und halten Sie wie gewohnt den Mindestabstand zu anderen Personen ein.
Hier finden Sie einen Unverpackt-Laden in Ihrer Nähe.
Der Verband „unverpackt e.V.“ repräsentiert die Unverpackt-Läden in Deutschland. Auf der Internetseite finden Sie eine Karte, mit der Sie sich alle Unverpackt-Läden in Ihrer Nähe anzeigen lassen können.
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Welche „Zero Waste“-Alternativen gibt es zum Unverpackt-Laden?
In Ihrer Nähe befindet sich kein Unverpackt-Laden? Plastik und Müll vermeiden können Sie auch, indem Sie auf Wochenmärkten oder in Hofläden einkaufen. Die meisten Produkte werden hier lose angeboten. Die Händler füllen Ihnen die Ware außerdem gerne in selbst mitgebrachte Behältnisse oder Beutel. So können Sie sogar auf sämtliche Verpackungen verzichten. Bioläden sind ebenfalls eine sinnvolle Alternative: Dort finden Sie Gemüse und Obst ohne Verpackungen und je nach Laden-Konzept auch Lebensmittel zum Selbstabfüllen.