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Müll vermeiden

Wie vermittelt man Kindern Umweltbewusstsein?

Veröffentlicht am:07.04.2022

7 Minuten Lesedauer

Kinder spielen gerne in der Natur und fühlen sich eng mit ihr verbunden. Wie können Eltern ihre Kinder zusätzlich für Umweltschutz begeistern? So steigern Gespräche und nachhaltige Projekte das Umweltbewusstsein.

Mutter und Vater zeigen den Kindern die Umwelt.

© iStock / skynesher

Johannes Plotzki ist Naturpädagoge und Gründer der Bildungsinitiative „LANDSCHAFTSABENTEUER“. Er berät Schulen zu Bildungsprozessen im Freien und ermöglicht Kindern die Nähe zur Natur. Im Interview verrät er, wie wichtig eine umweltbewusste Bildung ist und worauf Eltern im Alltag achten können.

Wie wichtig ist es, Kinder umweltbewusst zu bilden?

Wir Menschen besitzen keinen Alternativplaneten. Um unser Überleben zu sichern, müssen wir deshalb mit den Ressourcen zurechtkommen, die der Planet Erde uns liefert. Umweltbewusstsein spielt hier eine wichtige Rolle, denn so erhalten Menschen Ressourcen wie Pflanzen, die sie ernähren, oder ein Klima, das auch nachfolgenden Generationen das Leben auf der Erde ermöglicht. Eltern können das Umweltbewusstsein also gar nicht früh genug stärken, schon bei den Kleinsten. Ein Bewusstsein für die Umwelt beziehungsweise das Klima sichert das menschliche Überleben und stärkt die Bindung zur Natur.

Naturpädagogische Methoden setzen dort ganz gezielt an, indem sie den Kontakt zwischen Mensch und Natur intensivieren. Diesen Kontakt stellen Naturpädagogen über die Sinne der Kinder her. Die Umwelt mit den Ohren zu hören, sie mit den Augen zu sehen, mit den Fingern zu erspüren oder mit der Nase zu riechen – das alles schafft eine Verbindung. Genau diese Verbindung fördert bei Kindern das vernetzte Denken, also das Verständnis dafür, dass es immer eine Wechselwirkung zwischen unserer Handlung und den Auswirkungen auf die Natur gibt.

Eine umweltbewusste Bildung klappt am besten durch den direkten Kontakt mit der Natur. Losgelöst von Tastatur und Bildschirmen lernen Kinder, praktische Aufgaben zu bewältigen, wie einen Unterschlupf zu bauen und so auch ihre Feinmotorik zu schulen.

„Die Umwelt mit den Ohren zu hören, sie mit den Augen zu sehen, mit den Fingern zu erspüren oder mit der Nase zu riechen – das alles schafft eine Verbindung.“

Porträt von Johannes Plotzki, Naturpädagoge und Gründer von LANDSCHAFTSABENTEUER.

Johannes Plotzki
Naturpädagoge und Gründer der Bildungsinitiative „LANDSCHAFTSABENTEUER“

© privat

Ab welchem Alter verstehen Kinder, was Umweltbewusstsein bedeutet?

Das Verständnis für die Umwelt entwickelt sich bei Kindern erst mit zunehmendem Lebensalter. Einen festen Lebensmonat oder ein fixes Lebensjahr, in dem Kinder verstehen, was Umweltbewusstsein ist, gibt es nicht. Vielmehr kommt es hier auf die Fähigkeit zur emotionalen Bindung an. Ist ein Kind in der Lage, eine emotionale Beziehung zu einem Lebewesen aufzubauen, wächst in ihm der Wunsch, es zu beschützen. Jedoch appelliert nicht jedes Lebewesen zwangsläufig an die kindlichen Emotionen – während Kinder einen Hasen oft als niedlich empfinden, ist ein Regenwurm oder eine Spinne weniger beliebt. Eltern können hier in Gesprächen vermitteln, dass jedes Lebewesen wertvoll ist und einen wichtigen Platz auf dieser Erde hat.

Wie erklärt man „Umweltbewusstsein“ kindgerecht?

Der Mensch kann mit seinem Verhalten die eigenen Lebensgrundlagen gefährden – das anzuerkennen, bedeutet Umweltbewusstsein. Viel geeigneter als reine Erklärungen ist aber der direkte Kontakt mit der Natur. Auf diese Weise können selbst die Kleinsten eine Beziehung zu ihrer Mitwelt aufbauen und Umweltbewusstsein aktiv leben. Eltern ermöglichen diesen wichtigen Kontakt mit dem Gang in die Natur. Nicht immer muss es eine große wilde Waldrunde sein, auch ein Besuch an einem Bach oder das Entlangschlendern an einem Grünstreifen bringt Kindern die Vielfalt der Natur näher. Wer möchte, kann sich auch die Natur in die Wohnung holen – gemeinsam eine Bohne keimen zu lassen oder sich um eine Zimmerpflanze zu kümmern, auch das bringt Kindern die Natur näher.

Wie kann man das „Klima“ greifbar machen für Kinder?

Die Begriffe „Klima“ oder „Klimawandel“ für Kinder begreiflich zu machen, ist eine größere Herausforderung, als Kindern die Natur erleben zu lassen. Schließlich kann der Nachwuchs das Klima nicht anfassen oder direkt damit in Verbindung treten. Eltern können ihren Kindern den Wert des Klimas in Gesprächen näherbringen und ihnen erklären, was im Zuge des Klimawandels passieren kann. Trockene Böden, Baumarten, die nicht mehr wachsen können, oder ein steigender Meeresspiegel – das alles sind mögliche Folgen des Klimawandels. Den Klimawandel Kindern zu erklären ist sinnvoll, aber auch mit Taten können Eltern die Wichtigkeit unterstreichen. Zum Beispiel, indem sie ihr Kind mit dem Rad zur Schule begleiten und erklären, warum das dem Klima hilft.

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Ist es wichtig, als Elternteil ein Vorbild zu sein?

Eltern haben eine wichtige Vorbildfunktion, denn sie sind bedeutende Bezugspersonen – Kinder lernen also unmittelbar von ihnen. Trotzdem ist es nicht notwendig, dass Eltern in ein Schwarz-Weiß-Denken verfallen. Praktisch keinen Handschlag mehr zu tun, aus Befürchtung, etwas in der Natur aus dem Gleichgewicht zu bringen, darum geht es nicht. Stattdessen können wir alle eine achtsamere Haltung gegenüber den Lebensgrundlagen annehmen und so auch Kindern ein gutes Vorbild sein. Den Müll richtig zu trennen oder das Licht bei Verlassen eines Zimmers auszuschalten, sind Tätigkeiten, in denen sich Eltern als Vorbild positionieren können. Auch die Art, wie ich als Elternteil auf meine Mitmenschen zugehe und wie ich mit sogenanntem Ungeziefer oder Unkraut im Garten verfahre, hat Vorbildcharakter.

Ein Kind sitzt im Kindersitz auf dem Fahrrad.

© iStock / AleksandarNakic

Eltern können ihren Kindern umweltbewusstes Verhalten beibringen, indem sie selbst mit gutem Beispiel voran gehen.

Kinder orientieren sich durchaus an den für uns oft belanglosen Tätigkeiten. Die Herausforderung für Eltern besteht darin, dass sie den Kindern nicht vermitteln, dass sie selbst frei von Widersprüchen sind. Mit all unseren Verhaltensweisen beeinträchtigen wir irgendetwas – wenn wir auf eine Fläche treten, erwischen wir manchmal unbeabsichtigt einen Käfer, wenn wir gehen, verdrängen wir Luft, die vorher da war. Nichts und niemandem zu schaden, das schafft keiner von uns, aber mehr Achtsamkeit für unsere Mitwelt, das ist wichtig.

„Auch die Art, wie ich als Elternteil auf meine Mitmenschen zugehe und wie ich mit sogenanntem Ungeziefer oder Unkraut im Garten verfahre, hat Vorbildcharakter.“

Porträt von Johannes Plotzki, Naturpädagoge und Gründer von LANDSCHAFTSABENTEUER.

Johannes Plotzki
Naturpädagoge und Gründer der Bildungsinitiative „LANDSCHAFTSABENTEUER“

© privat

Wie erzieht man Kinder umweltbewusst?

Zunächst finde ich den Begriff „Erziehung“ hier nicht passend. Ich möchte ja mit jemandem in Beziehung treten und ihn nicht irgendwo hinziehen, wo ich ihn gerne haben möchte. Auf dem Weg zu mehr Umweltbewusstsein können Eltern ihren Nachwuchs vielmehr begleiten – ich nutze hier gerne den Begriff „Naturbildung“: Um Kinder umweltbewusst zu bilden, können Eltern Impulse in den Alltag einbinden. Mittlerweile gibt es eine große Auswahl an kindgerechten Büchern und Fernsehformaten, die sich mit dem Schutz der Umwelt und dem Teilbereich, dem Klima, beschäftigen. Spezielle Angebote vor Ort wie Naturwerkstätten oder die Pfadfinder sensibilisieren Kinder für das Thema Umweltschutz und stellen eine Verbindung zur Natur her. Mancherorts gibt es sogar Kindergärten, die Waldstunden ermöglichen oder Konzepte wie die „Draußenschule“ (www.draussenschule.de).

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Was können Kinder gegen den Klimawandel tun?

Kinder können auf jeden Fall einen Beitrag für den Klimaschutz leisten, bei der Wahl der Möglichkeiten kommt es aber auf das Alter an. Wenn Jugendliche sich dafür einsetzen möchten, dass der Klimawandel mehr Aufmerksamkeit erhält, können sie sich der „Fridays for Future“-Bewegung anschließen. Kinder können sich im Alltag kleine Herausforderungen, sogenannte Challenges, setzen. Schaffe ich es, zwei Monate lang nichts bei einem Versandhaus zu bestellen, um so Verpackung und Lieferung einzusparen? Schaffe ich es, nach den Ferien dauerhaft mit meinen Klassenkameraden zu Fuß zur Schule zu gehen, um so das Auto für den Schulweg überflüssig zu machen? Kinder und Jugendliche begegnen solchen Herausforderungen häufig mit viel Ehrgeiz.

Gibt es praktische Umwelttipps für den Alltag?

Mit kleinen Tipps können Eltern Impulse für das Umweltbewusstsein in den Alltag einbringen. Ohne moralischen Zeigefinger, aber mit hilfreichen Erklärungen dazu, warum eine Tätigkeit sinnvoll ist und was sie bringen kann, kommt die elterliche Botschaft am besten an. Vergleiche können das kindliche Bewusstsein ebenfalls anregen: Stell dir vor, du möchtest deine Puppe von hier nach da (Beispiel Kindergarten) bringen, würdest du sie mit dem Auto oder mit dem Fahrrad dort hinfahren?

Weitere Tipps:

Mit welchen Projekten kann ich das Umweltbewusstsein stärken?

Konkret definierte Projekte haben den Vorteil, dass Kinder einen Anfang und ein Ende sehen, also auch ein Ergebnis für ihre Bemühungen erhalten. Außerdem dauern Projekte häufig länger und halten so den Kontakt zwischen Kindern und der Umwelt ausdauernder aufrecht. Einen Nachmittag im Park Müll sammeln und sich anschließend ansehen, wie voll der Müllsack ist, oder ein Ausflug zur Recyclinganlage könnte ein Projekt sein. Kreative Eltern und Kinder können Baumwolltaschen und Bienenwachstücher gestalten oder ein Vogelhäuschen bauen. Ist das Schulbrot im Bienenwachstuch verpackt oder beobachten Kinder Vögel am eigens gebauten Häuschen, ist das für sie ein besonderes Erfolgserlebnis. Bei Jugendlichen ist übrigens auch das Upcycling beliebt, mit dem sie ausgediente Materialien zu neuen Produkten formen.

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