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Gesundheitsmagazin

Nachhaltige Ernährung

Wie ernähre ich mich klimafreundlich und nachhaltig?

Veröffentlicht am:09.01.2024

7 Minuten Lesedauer

Nachhaltig und klimafreundlich einkaufen und essen, das möchten viele – und sind gleichzeitig unsicher, wie das am besten geht. Was zeichnet eine nachhaltige Ernährung aus und welche Lebensmittel sind besonders klimafreundlich?

Ein Mensch schiebt ein Fahrrad und transportiert auf dem Gepäckträger einen Korb gefüllt mit klimafreundlichen Lebensmitteln wie Äpfeln aus der Region.

© iStock / aaron007

Nachhaltige Ernährung: Was bedeutet das?

Jeder Mensch hat seinen persönlichen ökologischen Fußabdruck. Wie groß der ist, hängt vom persönlichen Lebensstil ab. Unser Energieverbrauch beim Heizen oder für die Mobilität trägt dazu bei, aber auch unsere Ernährungsweise und die CO₂-Bilanz der einzelnen Lebensmittel. Hätten alle Menschen auf der Erde einen so großen ökologischen Fußabdruck wie wir durchschnittlich in Deutschland, würde das, was die Erde für uns Menschen bereithält, nicht für alle ausreichen. Bereits nach gut vier Monaten eines Jahres wären alle Ressourcen der Erde aufgebraucht. Das Global Footprint Network errechnet für jedes Land einen nationalen Erdüberlastungstag. Im Falle Deutschlands wurde 2023 der vierte Mai als Stichtag ermittelt. Für die Industrienationen kommt es jetzt und in Zukunft darauf an, den eigenen Ressourcenverbrauch zu reduzieren.

Unsere Ernährung bietet eine Möglichkeit, unseren Fußabdruck zu verkleinern. Die Produktion von Lebensmitteln hat einen direkten Einfluss auf die Umwelt und den Klimawandel: durch Treibhausgase, die bei der Erzeugung entstehen, über Flächenfraß und Waldrodungen bis zur Gewässerverschmutzung. Zu Fragen des Umweltschutzes kommt die Gerechtigkeitsfrage, die beim Thema Nachhaltigkeit genauso wichtig ist: Wie soll ich mich ernähren, damit für alle Menschen auf dieser Erde jetzt und in Zukunft genügend Nahrungsmittel vorhanden sind?

Nachhaltige Ernährungsweise nach FAO

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hat eine Definition für nachhaltige Ernährung entwickelt, die neben ökologischen auch soziale und gesundheitliche Aspekte berücksichtigt. Demnach soll nachhaltige Ernährung unter anderem

  • geringe Auswirkungen auf die Umwelt haben,
  • biologische Vielfalt und Ökosysteme schützen,
  • zur Lebensmittel- und Ernährungssicherung für alle beitragen und
  • ein gesundes Leben für heutige und künftige Generationen ermöglichen.

Wie lassen sich die Nachhaltigkeitsziele bei der Ernährung erreichen?

Den Zielen der FAO würde wohl jeder zustimmen. Aber wie lassen sie sich sie erreichen? Ein internationales Forschungsteam ist 2019 dieser Frage nachgegangen – mit dem Ergebnis, dass der weltweite Konsum von Gemüse, Obst und Nüssen sich ungefähr verdoppeln und der von Fleisch halbieren müsste. Dann reichen die weltweiten Nahrungsressourcen langfristig für alle Menschen aus und die Umwelt wird nicht überlastet. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat auf dieser Grundlage ein eigenes Verständnis von nachhaltiger Ernährung formuliert. Das BMEL versteht darunter eine pflanzenbetonte Ernährungsweise mit einem Schwerpunkt auf saisonal erzeugten und gering verarbeiteten Lebensmitteln, die idealerweise aus regionaler Produktion stammen.

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Welche Lebensmittel sind am nachhaltigsten?

Nachhaltig ist ein Lebensmittel dann, wenn bei seiner Erzeugung möglichst wenig Ressourcen verbraucht und möglichst wenig Klimagase freigesetzt werden. Das jeweils zu berechnen, ist nicht leicht: Jedes Lebensmittel hat seine ganz individuelle Entstehungsgeschichte und Ökobilanz. Dazu gibt es viele Fragen:

  • Wie wurde das Lebensmittel erzeugt oder angebaut? (Zum Beispiel in Massentierhaltung oder Freilandhaltung, in bestandsgefährdender oder bestandserhaltender Fischerei, in Mono- oder Mischkulturen?)
  • Wie lang war der Transportweg?
  • Welcher Verkehrsträger wurde hauptsächlich benutzt (zum Beispiel Schiff oder Flugzeug, Lkw oder Bahn)?
  • Wie ist das Lebensmittel verpackt (von loser Ware bis zu mehrfachen Plastikschichten)?
  • Wie bringe ich das Lebensmittel nach Hause (mit dem Bus, Fahrrad oder mit dem Auto)?
  • Wie lange bewahre ich ein Lebensmittel im Kühlschrank auf?
  • Wie energieeffizient ist mein Kühlschrank?
  • Und bei zubereiteten Speisen: Wie viel Energie verbrauche ich beim Kochen?

Das gleiche Obst – unterschiedliche Fußabdrücke

Die Antwort auf die Frage, welche Lebensmittel nun tatsächlich am nachhaltigsten sind, ist also schwer. Ein Apfel, der aus Neuseeland auf unserem Tisch landet, hat zum Beispiel eine sehr viel schlechtere Ökobilanz als einer aus regionaler Ernte, der noch im Herbst verzehrt wird. Je länger allerdings der Apfel bei uns im Kühlhaus liegt, desto mehr schrumpft dieser ökologische Vorteil. Und eine frische Ananas, die mit dem Flugzeug nach Deutschland gelangt, hat eine 25-mal schlechtere Ökobilanz als die gleiche Frucht, die mit dem Schiff anlandet.

Pflanzliche Nahrung hat ökologisch immer die Nase vorn

Eines ist gewiss: Obst, Gemüse, Getreide und Co. haben eine bessere Ökobilanz als tierische Erzeugnisse. Tiere brauchen Futter und dessen Anbau zusätzliche Flächen. Deshalb beansprucht die Produktion von Fleisch und Milch insgesamt wesentlich mehr Nutzfläche als der Anbau pflanzlicher Produkte, die direkt vom Menschen verzehrt werden. Dazu kommt noch das klimaschädliche Gas Methan, das Wiederkäuer bei ihren Verdauungsvorgängen freisetzen. So kommt es, dass in Deutschland Fleisch- und Milchviehhaltung für knapp 70 Prozent aller landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Laut Bundeszentrum für Ernährung verursacht pflanzliche Kost durchschnittlich nur ein Zehntel der Treibhausgase, die bei der Erzeugung von Fleisch und Milchprodukten anfallen.

Ein Mensch hält frisch geerntete Karotten in den Händen.

© iStock / Vasil Dimitrov

Saisongemüse aus regionalem Anbau sind die klimafreundlichsten Lebensmittel.

Die CO₂-Bilanz einzelner Lebensmittel

Ein Team von Forschern des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) hat 2020 für rund 200 Lebensmittel den jeweiligen CO₂-Fußabdruck berechnet – und für 35 Lebensmittel weitere Fußabdrücke zum Beispiel zum Flächen-, Wasser- und Energieverbrauch. Dabei wurden unterschiedliche Anbaumethoden, Import aus bestimmten Ländern und Verpackungsformen berücksichtigt.

Tabelle zum CO₂-Fußabdruck von Lebensmitteln

Hier folgen die zehn besten und die zehn schlechtesten der analysierten Lebensmittel, die in Deutschland oft verzehrt werden. Es handelt sich jeweils um Durchschnittswerte: Das heißt, verschiedene Herkünfte oder Erzeugungsarten sind eingerechnet. Der CO₂-Fußabdruck ist in Kilogramm CO₂-Äquivalent je Kilogramm Lebensmittel angegeben. Mit der Maßeinheit CO₂-Äquivalent lassen sich verschiedene Treibhausgase und ihr Treibhauspotenzial vergleichen. Dazu werden die Mengen anderer Gase als Kohlendioxid in die Menge an CO₂ umgerechnet, die den gleichwertigen (äquivalenten) Klimaeffekt hat.

Top 10 LebensmittelCO₂-FußabdruckWorst 10 LebensmittelCO₂-Fußabdruck
Karotten0,1Rindfleisch (Durchschnitt)13,6
Weißkohl0,1Gefrorene Garnelen12,5
Apfel (Bio)0,2Butter (Bio)11,5
Blumenkohl0,2Fischspezialität aus Wildfang
(gefroren)
10,0
Kartoffeln0,2Käse (Bio)7,2
Lauch0,2Hähnchen (Durchschnitt)5,5
Kürbis0,2Sahne (Bio)5,3
Rotkohl (frisch)0,2Fisch aus Aquakultur5,1
Spinat (frisch)0,2Schweinefleisch (Durchschnitt)4,6
Zwiebeln0,2Tomatenmark4,3

Vergleich der CO₂-Fußabdrücke von tierischen und Ersatzprodukten

Interessant ist der direkte Vergleich von „konkurrierenden“ Lebensmitteln. Wie viel Treibhausgase lassen sich durchschnittlich einsparen, wenn man eine pflanzliche Variante wählt?

Original-LebensmittelCO₂-FußabdruckErsatz-LebensmittelCO₂-Fußabdruck
Wurst (zum Beispiel Wiener oder Bratwurst)2,9Veganer Wurstersatz1,7
Rinder-Patty (tiefgekühlt)9,0Patty auf Sojabasis1,1
Vollmilch1,4Milchersatz (Dinkel, Hafer, Mandel)0,3
Magerquark2,4Soja-Quarkersatz0,7
Sahne4,2Sahneersatz auf Haferbasis0,6
Käse (Durschschnitt)5,7Käseersatz auf Kokosbasis2,0
Butter9,0Margarine (vollfett)2,8

Konsequenzen für die eigene Ernährungsweise

Die bloße „Hitparade“ der klimafreundlichsten Lebensmittel allein hilft wenig. Und die gute Ökobilanz von frischem Obst und Gemüse bedeutet nicht, dass wir alle Rohköstler werden sollten. Zum einen haben auch Getreideprodukte wie zum Beispiel Haferflocken oder Brot eine sehr gute CO₂-Bilanz. Zum anderen sind Milchprodukte oder Fisch wertvolle Nahrungsmittel. Auf eine ausgewogene Ernährung mit einem deutlichen Mehr an pflanzlicher Kost kommt es an: mindestens drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst am Tag, etwa 200 bis 300 Gramm Getreide oder Getreideprodukte, 100 Gramm Hülsenfrüchte und 25 Gramm Nüsse – und nur wenig tierische Erzeugnisse. So empfiehlt es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung – und das ist auch gut fürs Klima und senkt den persönlichen Ressourcenverbrauch. Wenn die Menschen in Industrienationen weniger Fleisch verzehren und ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern, ist genug für alle da und die Umwelt wird entlastet.

Und selbst beim Obst- und Gemüsekauf lässt sich noch einiges bewirken. Wie viel es ausmacht, wann man welches Gemüse kauft, zeigt dieses Beispiel: Deutsche Tomaten, die zur hiesigen Hauptsaison geerntet werden, haben einen CO₂-Fußabdruck von 0,3 Kilogramm CO₂-Äquivalent je Kilogramm. Deutsche „Wintertomaten“ aus beheizten Gewächshäusern schlagen aber mit 2,9 zu Buche. Das ist fast zehnmal so viel. Bewusstes, saisonales Einkaufen lohnt sich also.

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Tipps zum nachhaltigen Einkaufen und Essen

  1. Weniger Fleisch und tierische Lebensmittel konsumieren. Stattdessen mehr Hülsenfrüchte als eine gesunde Eiweiß-Alternative zu Fleisch und Wurst einplanen. Davon profitiert die Umwelt am meisten.
  2. Obst und Gemüse möglichst saisonal einkaufen. Saisonal ist deshalb wichtig, weil Gemüse oder Obst aus beheizten Gewächshäusern klimaschädlicher sein kann als importierte Freilandware.
  3. Auf die Herkunft achten. Regional ist meistens besser (wenn auch nicht immer – siehe Punkt 2). Und auch Exoten können sehr unterschiedliche Transportwege haben. Manchmal liegt eine Avocado aus Kenia neben einer aus Peru oder eine süditalienische neben einer neuseeländischen Kiwi.
  4. Lebensmittelverschwendung vermeiden. Weggeworfene Lebensmittel sind eine unnötige Ressourcenverschwendung. Deshalb: Nur so viel einkaufen wie verbraucht wird. Außerdem bedeutet die Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht, dass ein Lebensmittel verdorben ist – wenn hingegen ein Verbrauchsdatum (zum Beispiel bei Geflügel) überschritten ist, darf das Lebensmittel nicht mehr verzehrt werden.
  5. Verpackung einsparen. Bei Obst und Gemüse hat man oft die Wahl zwischen loser und verpackter Ware und bei Getränken zwischen Mehrweg und Einweg. Ein Weniger an Verpackung bedeutet ein Plus für die Umwelt. Und mit wiederverwendbaren Netzen vermeidet man auch die Plastik- und Papiertüten am Obststand.
  6. Wenig hochverarbeitete Lebensmittel. Dazu gehören zum Beispiel Fertiggerichte wie Tiefkühlpizza, die oft zahlreiche minderwertige und synthetischen Zutaten enthalten. Hochverarbeitete Lebensmittel sind nicht nur ungesund, sondern ihre industrielle Produktion ist auch mit einem mehr an Energieverbrauch verbunden. Auch viele Fleischersatzprodukte sind hochverarbeitet. Alternativen stellen hier Hülsenfrüchte dar, aus denen sich Bratlinge oder „Hacksaucen“ zaubern lassen.
  7. Emissionsarm einkaufen gehen oder fahren. In ländlichen Regionen ist die Fahrt mit dem Auto meist nicht zu vermeiden. In der Stadt kann man oft in der Nähe einkaufen und muss nicht mit dem Auto zum Einkaufscenter auf der grünen Wiese fahren.
  8. Energiesparende Küchengeräte verwenden. Ein funktionierendes Gerät durch eines mit besserer Energieeffizienz zu ersetzen, ist ökologisch nicht immer sinnvoll. Beim Neukauf sollte aber darauf geachtet werden, dass Geräte für die Aufbewahrung und Zubereitung von Speisen möglichst wenig Energie verbrauchen. Die teurere Anschaffung amortisiert sich meist durch den geringeren Verbrauch.

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