Wasser & Luft
So einfach kann man Mikroplastik reduzieren
Veröffentlicht am:03.03.2021
6 Minuten Lesedauer
Mikroplastik ist überall – in der Erde, im Wasser und in der Luft. Die Kunststoffpartikel mit einem Durchmesser von unter fünf Millimetern sind so klein, dass man sie kaum sehen kann. Zugleich sind sie biologisch nicht abbaubar. Allein in Deutschland belaufen sich die Emissionen auf etwa 330 000 Tonnen pro Jahr, das entspricht etwa vier Kilo pro Kopf.
Was ist Mikroplastik eigentlich?
Es wird derzeit viel darüber diskutiert, wie wichtig es ist, Mikroplastik zu vermeiden. Dabei gibt es noch nicht einmal eine einheitliche Definition für die kleinen Kunststoffpartikel. Hinsichtlich der Größe schwanken die Angaben zwischen 0,0001 Millimeter und kleiner als fünf Millimeter. Wissenschaftler unterscheiden dabei zwei Gruppen: primäres und sekundäres Mikroplastik.
Mit primärem Mikroplastik ist gezielt industriell hergestelltes gemeint, zum Beispiel kunststoffbasierte Granulate oder Pellets.
Dazu nutzt man unterschiedliche Kunststoffe – vor allem:
- Polyethylen (PE), Polypropylen (PP)
- Polystyrol (PS), Polyethylenterephtalat (PET)
- Polyvinylchlorid (PVC), Polyamid (Nylon)
- Ethylenvinylacetat (EVA)
Sekundäres Mikroplastik entsteht, wenn bei Kunststoffen ein chemischer und physikalischer Alterungs- und Zerfallprozess einsetzt.
Wo kommt Mikroplastik in der Umwelt vor?
Schaut man genau hin, lässt sich Mikroplastik überall entdecken. Forscher haben es im Magen-Darm-Trakt von Fischen, Muscheln, Shrimps und anderen Meerestieren nachgewiesen. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit fand Mikroplastik sogar in Mineralwasser, das in Glasflaschen abgefüllt war.
Die Datenlage zu Mikroplastik in Lebensmittel ist jedoch dünn. Analysen fallen schwer, weil sich Standardmethoden schlecht eignen und herkömmliche Messverfahren an ihre Grenzen stoßen. Das liegt vor allem daran, dass es verschiedene Arten von Mikroplastik gibt und diese in ihrer Menge schwer zu bestimmen sind. Hinzu kommt das ungünstige Dichteverhältnis zwischen Plastikteilchen und dem Lebensmittelmaterial, das sich darum befindet – denn je weniger sich die Komponenten in ihrer Dichte unterscheiden, desto schwieriger ist die Analyse mit bekannten Methoden.
Auch von kunststoffhaltiger Kleidung können sich kleine Partikel lösen und beim Waschen in den Wasserkreislauf gelangen. Autoreifen hinterlassen auf den Straßen durch Abrieb Mikroplastik, das in der Umwelt nachweisbar ist. Auch in zahlreichen kosmetischen Produkten, vor allem in Peelings und Duschgels, kommt es vor. Die kleinen Kügelchen werden verwendet, um Hautreste besser zu entfernen und den Reinigungseffekt der Haut zu erhöhen.
Ins Wasser gelangt es über die Kanalisation erst in Kläranlagen, die es momentan noch nicht komplett aussieben können, dann in die Flüsse und schließlich ins Meer. Bis zum vollständigen Abbau können je nach Beschaffenheit des Kunststoffs bis zu 2000 Jahre vergehen. Über die Umwelt gelangt Mikroplastik in die Nahrungskette und schließlich auch in den menschlichen Körper.
Risiken, die von Mikroplastik ausgehen, sind noch weitgehend unerforscht
Laut einer aktuellen Studie für den World Wide Fund For Nature (WWF) nehmen Menschen weltweit durchschnittlich bis zu fünf Gramm Mikroplastik pro Woche über die Atmung in Form von Staub, Trinkwasser und Kosmetikartikeln auf. Das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkarte.
Welche Auswirkungen es auf unsere Gesundheit hat, ist noch weitgehend unerforscht. Ungesund ist es auf jeden Fall dann, wenn dem Plastik weitere Stoffe zugesetzt werden, wie zum Beispiel Bisphenol A (BPA). Erst im Januar 2017 hat die Europäische Union (EU) es wegen seiner schädlichen Wirkung auf das Hormonsystem in die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe aufgenommen. Doch in der Beschichtung von Konserven- und Getränkedosen und vielen anderen Kunststoffprodukten ist BPA noch immer enthalten.
Erstmals hat 2020 der US-Wissenschaftler Rolf Halden von der Arizona State University Mikroplastik in menschlichen Organen, zum Beispiel in der Leber, nachgewiesen. Die Frage, ob die Partikel für den Menschen gesundheitsgefährdend sind, konnte aber auch er nicht beantworten. Die Plastikteilchen können allerdings wie ein Magnet auf Schadstoffe reagieren und Pestizide und andere Umweltgifte an sich binden.
Die EU plant aus Gründen der Risikominimierung, die Verwendung von Mikrokunststoffen ab dem Jahr 2022 zu beschränken. Für Hautärzte wie Dr. Susanne Saha ist diese Maßnahme sinnvoll. Die Leiterin des Arbeitskreises „Mikro- und Makroplastik in der Dermatologie“ beim Berufsverband der Deutschen Dermatologen stellt in ihrer Karlsruher Gemeinschaftspraxis immer mehr Hautirritationen fest, die durch kosmetische Produkte verursacht wurden. „Bisher gibt es keine Langzeitstudien über die Schädlichkeit von Mikroplastik in Kosmetikprodukten. Es ist aber denkbar, dass im Magen-Darm-Bereich Mikroplastikeinlagerungen zu Tumoren führen könnten“, so Dr. Saha.
1. Wie können Sie Mikroplastik in Kosmetikprodukten vermeiden?
In zahlreichen Duschgels, Shampoos, Zahncremes, Peelings, Lippenstiften, Sonnencremes und weiteren Kosmetikprodukten steht Mikroplastik auf der Liste der Inhaltsstoffe. Es lohnt sich daher, das Etikett genauer zu studieren. Finden sich dort beispielsweise Acrylates Copolymer (AC), Polyamide (PA), Polypropylen (PET) oder Polyurethan (PUR), dann ist dies ein Hinweis auf Mikroplastik. Allerdings werden die Bezeichnungen nicht durchgängig einheitlich verwendet. Deshalb ist es für den Verbraucher nicht unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen. Alternativ können Sie zu zertifizierten Produkten greifen, die explizit mit dem Hinweis versehen sind, dass die Hersteller auf Mikroplastik verzichten.
2. Wie vermeiden Sie Mikroplastik beim Kochen und Putzen?
Ein Blick in die Küche offenbart viele Möglichkeiten, auf Mikroplastik zu verzichten. Vor allem Mikrofasertücher sowie einige Spülschwämme bestehen aus Kunstfasern und können beim Putzen oder bei der Wäsche Mikroplastik freisetzen. Lappen aus Baumwolle sind eine gute Alternative.
Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, dass in der Anti-Haft-Beschichtung von Teflon-Pfannen ebenfalls Kunststoff enthalten ist. Es kann sich nicht nur beim Braten, sondern auch beim Spülen ablösen und so in die Umwelt gelangen. Ähnlich langlebig und praktisch wie Teflon-Pfannen sind Produkte aus Gusseisen.
3. Wie verzichten Sie auf Mikroplastik bei Wasch- und Reinigungsmitteln?
Nicht nur Kosmetikhersteller verwenden Mikroplastik in ihren Produkten. Auch in Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Weichspülern sind die winzigen Partikel zu finden. Hier gilt deshalb ebenso: Ein Blick auf die Inhaltsstoffe lohnt sich vor dem Kauf.
4. Gibt es Schuhsohlen ohne Mikroplastik-Abrieb?
Sogar in Schuhsohlen stecken kleinste Kunststoffpartikel. Sie lösen sich in Form von Abrieb beim Gehen und gelangen so in die Umwelt. Mit Sohlen aus Leder oder aus biologisch abbaubarem Naturkautschuk lässt sich Mikroplastik vermeiden.
5. Wie lässt sich Mikroplastik in Kleidung vermeiden?
Besonders bei Funktionskleidung setzen Hersteller gern auf Kunstfasern. Beispiel Fleece-Jacke: Sie fühlt sich kuschelig an, hält den Wind ab und man friert nicht. Doch so praktisch diese Kleidung auch ist, sie kann beim Waschen zahlreiche Mikroplastik-Partikel freisetzen. Nicht nur Sport- und Funktionskleidung enthält Synthetikfasern – man findet sie auch in Strumpfhosen, Socken oder Shirts. Je kleiner die Partikel sind, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass Kläranlagen sie herausfiltern können. Die Alternative zu Kleidung mit Synthetikfasern lautet unter anderem Bio-Baumwolle.
6. Wie vermeiden Sie Mikroplastik beim Kauf von Lebensmitteln?
Es kann auch ganz simpel sein: Wer beim Einkaufen darauf achtet, möglichst viele lose Produkte zu kaufen und auf Plastikverpackungen zu verzichten, kann ebenfalls dazu beitragen, Mikroplastik zu vermeiden, denn der Großteil des Mülls besteht aus Kunststoff. Trennt man ihn richtig, sorgt dies dafür, dass weniger Mikroplastik in den Umweltkreislauf gerät. Zahlreiche Unverpackt-Läden ermöglichen einen verpackungsfreien Einkauf, sodass Plastikmüll gar nicht erst entsteht.
7. Wie können Sie Mikroplastik durch Reifenabrieb vermeiden?
Als einer der größten Verursacher von Mikroplastik gelten Autoreifen. Allein durch den Reifenabrieb entstehen mehrere Tausend Tonnen dieser winzigen Partikel und gelangen in die Luft, in die Erde, ins Grundwasser. Wissenschaftler forschen bereits an Alternativen wie Löwenzahnkautschuk oder veränderten Abriebkonzepten.
Wer versucht, abruptes Bremsen und Anfahren zu minimieren, trägt schon zu einer Reduzierung bei, weil es weniger Abrieb gibt. Am einfachsten lässt sich Mikroplastik in diesem Zusammenhang vermeiden, indem man das Auto öfter einmal stehen lässt und öffentliche Verkehrsmittel benutzt oder mit dem Fahrrad fährt.
8. Digitale Helfer, um Mikroplastik zu vermeiden
Mit der kostenfreien App „CodeCheck“ lässt sich beim Einkauf ermitteln, ob Produkte Mikroplastik enthalten. Einfach den Barcode von Lebensmitteln oder Kosmetikartikeln einscannen – schon zeigt die App, welche Inhaltsstoffe sich darin verstecken.
Auch der Einkaufsratgeber des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) listet Kosmetik auf, die Mikroplastik und andere Kunststoffe enthält: von Zahncreme über Gesichtspflege bis zu Nagellack.