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Virtuelles Wasser und Wasserfußabdruck – was steckt dahinter

Veröffentlicht am:23.01.2024

6 Minuten Lesedauer

Unser Wasserverbrauch ist höher, als viele glauben. Wir verbrauchen es nicht nur beim Duschen, sondern auch durch Konsum. So fällt bei Herstellung und Transport eines jeden Produkts im Haushalt eine bestimmte Menge Wasser an.

Auf einem grünen Blatt ist ein Fußabdruck in Form von Wasser zu sehen.

© iStock / amriphoto

Was ist virtuelles Wasser?

Virtuelles Wasser zu erklären, fällt leichter, wenn man zwei Aussagen betrachtet:

  • „Unter den Industrienationen ist Deutschland gut im Wassersparen.“
  • „In Deutschland wird viel zu viel Wasser verbraucht.“

Beides stimmt – aber wie geht das zusammen? Der erste Satz bezieht sich auf den direkten Wasserverbrauch über das Leitungswasser. Der ist in Deutschland relativ niedrig. Der direkte Wasserverbrauch pro Kopf lag 2019 in Deutschland durchschnittlich bei rund 128 Litern am Tag, 1991 waren es noch 144 Liter. Viele andere europäische Länder liegen über diesem Durchschnittswert.

Indirekter Wasserverbrauch gleich virtueller Wasserverbrauch

Was wir dabei nicht bedenken, ist unser indirekter Wasserverbrauch. Darauf bezieht sich die zweite Aussage. Er wird auch virtueller Wasserverbrauch genannt, weil wir selbst ihn gar nicht wahrnehmen. Virtuelles Wasser ist die in den Produkten versteckte Wassermenge: Wasser, das bei der Erzeugung unserer Nahrungsmittel und der Produktion von Bekleidung oder Gebrauchsgegenständen in der Herstellungsregion verdunstet, verbraucht oder verschmutzt wird. Und dieser virtuelle Wasserverbrauch beläuft sich auf circa 4.000 Liter je Einwohner oder Einwohnerin in Deutschland pro Tag. Forschungen aus dem Jahr 2022 im Auftrag des Umweltbundesamtes gehen sogar von 7.200 Litern aus.

Das meiste virtuelle Wasser wird nicht in Deutschland verbraucht

Ganze 86 Prozent des virtuellen Wassers werden nicht in Deutschland verbraucht, sondern in Anbauländern im Ausland. Oft herrscht dort ein trockenes Klima und wegen des Klimawandels zunehmend auch Wassermangel. Beispielsweise verschärft der Anbau von Avocados oder Südfrüchten in trockenen Regionen die Situation. Vor allem, wenn für die Bewässerung Grundwasser genutzt wird. Dann kann es zu sinkenden Grundwasserspiegeln kommen, was die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung gefährdet.

Was ist der Wasserfußabdruck?

Der virtuelle Wasserverbrauch ist wichtig für die Berechnung des Wasserfußabdrucks. Ein Wasserfußabdruck setzt sich zusammen aus dem direkt genutzten und dem virtuellen Wasser, das eine Person, ein Land oder ein Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum verbraucht, oft angegeben in Liter pro Tag.

Der Wasserfußabdruck eines Lebensmittels oder Produkts besteht aus der Menge Wasser, die nötig ist, um eine bestimmte Menge des Produkts zu erzeugen oder herzustellen. Dieser Fußabdruck wird bei Lebensmitteln in Liter je Kilogramm (l/kg) angegeben.

Der Wasserfußabdruck berücksichtigt wie der CO₂-Fußabdruck jeweils eine Umweltwirkung. Wobei viele Produkte, die einen großen Wasserfußabruck haben, auch einen großen CO₂-Fußabdruck aufweisen – allein schon wegen der Transportwege aus den wärmeren Erzeugerländern zum Beispiel nach Europa.

Grünes, blaues und graues Wasser

Um die Aussagekraft des Wasserfußabdruckes zu verbessern, wird das Wasser in drei Kategorien unterteilt:

  • Grünes Wasser ist natürlich vorhandenes Boden- und Niederschlagswasser, das von Pflanzen aufgenommen und verdunstet wird.
  • Blaues Wasser ist Wasser aus künstlichen Bewässerungsanlagen, das aus Seen, Flüssen oder dem Grundwasser stammt. Bei zu hoher Entnahme fehlt es im regionalen Ökosystem.
  • Graues Wasser ist die Wassermenge, die nötig ist, um verunreinigtes Wasser so weit zu verdünnen, dass die Wasserqualität gesetzliche Grenzwerte einhält. Solch graues Wasser fällt in der Industrie an und auch in der Landwirtschaft, zum Beispiel durch Dünge- und Pflanzenschutzmittel.

Es kommt nicht nur auf die Gesamtmenge an

Anhand der drei Kategorien lässt sich verdeutlichen, dass es nicht entscheidend ist, wieviel Wasser insgesamt verbraucht wird, sondern vielmehr wo und welches. Ein Beispiel: Der durchschnittliche Wasserfußabdruck von Orangen beträgt global 560 l/kg und bei Äpfeln 822 l/kg. Trotzdem ist der Wasserfußabdruck von Äpfeln oft besser als der von Orangen. Warum? Ein bei uns angebauter Apfel wächst in einer Region, in der es viel öfter regnet als in den meisten Erzeugerländern von Orangen. Der Wasserfußabdruck eines heimischen Apfels hat deshalb einen großen Grünwasser-Anteil. Für Orangen ist hingegen oft mehr blaues Wasser nötig – und das meist in wasserarmen Regionen.

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Beispiele für den Wasserfußabdruck verschiedener Produkte

  • Rindfleisch

    Der weltweite durchschnittliche Wasserfußabdruck von Rindfleisch beträgt 15.400 l/kg. Allerdings variiert der Fußabdruck je nach gekauftem Produkt stark. Hier spielen Faktoren wie Fütterung, Haltungsform und Herkunftsregion der Tiere hinein. Der Fußabdruck von Rindfleisch besteht zwar zu über 90 Prozent aus grünem Wasser, aber auch die restlichen Prozentpunkte, die blaues und graues Wasser ausmachen, sind angesichts der Gesamtmenge an Wasser noch enorm. Das verdeutlichen Daten aus einer Studie im Auftrag des World Wildlife Fund (WWF): In den drei Jahren bis zur Schlachtung frisst ein Rind durchschnittlich rund 1300 Kilogramm Getreide und 7200 Kilogramm Heu oder Silage, wofür mehr als drei Millionen Liter Wasser benötigt werden. Dazu kommen 24.000 Liter Wasser, die das Rind in dieser Zeit trinkt, und circa 7.000 Liter für die Stallreinigung. Zusammen ergibt das knapp 3,1 Millionen Liter Wasser. Weil ein Rind durchschnittlich 200 Kilo Fleisch liefert, ergeben sich so die 15.400 l/kg.

  • Tomaten

    Tomaten verdeutlichen besonders gut, dass es beim Wasserfußabdruck oft auf die Herkunft ankommt. Der globale Durchschnittswert ist 214 l/kg mit 50 Prozent grünem, 30 Prozent blauem und 20 Prozent grauem Wasser. Blickt man nach Europa, gibt es beim Wasserfußabdruck beträchtliche Unterschiede. Ein Kilogramm Tomaten benötigt im trockenen Spanien 48 Liter Blau- und Grauwasser, in Deutschland neun und in den Niederlanden nur zwei. Das hängt auch mit dem niederländischen Anbau auf Substrat zusammen. Allerdings ist der typische Gewächshausanbau in den Niederlanden sehr energieintensiv.

  • Kaffee

    Kaffee schlägt mit 18.900 l/kg im globalen Durchschnitt zu Buche. Bei einer durchschnittlich großen Kaffetasse sind das rund 132 Liter pro Tasse. Das bezieht sich auf die Pflege des Kaffeebaums, die Ernte, Verarbeitung und den Transport bis zum Supermarkt. Der Fußabdruck besteht zu durchschnittlich 96 Prozent aus umweltneutralen Grünwasser, was allerdings von Anbauland zu Anbauland variiert: Beispielsweise wird in Vietnam, wo die Regenzeit nicht gut zum Anbau von Kaffee passt, mit 3.152 Litern je Kilogramm rund doppelt so viel Blau- und Grauwasser verbraucht wie in Kolumbien (1533 Liter je Kilogramm).

  • Baumwolle

    Ein T-Shirt benötigt für seine Herstellung je nach Quellenangabe durchschnittlich rund 2.500 bis 2.700 Liter Wasser und eine Jeans rund 8.000 Liter. Dieser Wasserverbrauch bezieht sich nur auf den Anbau der Baumwolle und hängt stark von den klimatischen Bedingungen im Anbauland der Baumwolle ab. Bei usbekischer Baumwolle ist der Wasserverbrauch 13-mal höher als in den USA. Die Weiterverarbeitung mit zum Beispiel Bleichen und Färben verbraucht zusätzliches Wasser, aber hierzu fehlen gesicherte Daten. Fachleute schätzen, dass es je nach Verarbeitung und Färbung bei einem T-Shirt bis zu 15.000 Liter anfallen.

  • Computer

    Für die Herstellung eines Computers werden rund 20.000 Liter Wasser verbraucht. Das liegt vor allem an den seltenen und wertvollen Rohstoffen, die in Hightech-Geräten verarbeitet sind. Um diese Rohstoffe aus der Erde zu gewinnen, ist ein erheblicher Wasseraufwand erforderlich.

  • Auto

    Für ein einziges Auto mit Verbrennungsmotor und all seinen Metallteilen, Kunststoffen sowie seiner umfangreichen Elektronik sind durchschnittlich 400.000 Liter virtuelles Wasser fällig. Bei großen Modellen kann es erheblich mehr sein.

Ein Apfel mit Wassertropfen hängt an einem Zweig.

© iStock / redstallion

Regionales und saisonales Obst und Gemüse verursachen den kleinsten Wasserfußabdruck.

Tipps zum Verkleinern des persönlichen Wasserfußabdruckes

Mit bewusstem Konsum lässt sich der eigene Fußabdruck verkleinern und der virtuelle Wasserverbrauch reduzieren.

Tipp 1: Greifen Sie zu regionalem und saisonalem Obst und Gemüse. Sie haben immer den kleinsten Wasserfußabdruck – und auch sonst eine gute Umweltbilanz.

Tipp 2: Reduzieren Sie Ihren Fleischkonsum. Der Wasserfußabdruck von Fleisch und tierischen Erzeugnissen ist immer größer als der von pflanzlicher Nahrung. Hier zählt nicht nur hinein, was ein Tier selbst trinkt, sondern vor allem, wie viel Wasser für Futterpflanzen benötigt wird.

Tipp 3: Essen Sie öfter mal Bio, denn Bioprodukte kommen ohne den Einsatz von synthetischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln aus und punkten daher besonders beim Grauwasser. Außerdem sind biologisch bewirtschaftete Flächen humusreicher und speichern mehr Bodenwasser.

Tipp 4: Trinken Sie Leitungswasser. Das spart virtuelles Wasser, das bei Wasser aus Flaschen beim Abfüllen, Transport und der Flaschenreinigung verbraucht wird.

Tipp 5: Bei Smartphones und Co. lohnt sich ein Blick auf sogenannte Refurbed-Portale. Diese bieten im Bereich Elektronik eine Vielzahl an erneuerten und hochwertigen Produkte an.

Tipp 6: Bei der Kleidung sollte auf sogenannte Fast Fashion, also schnell produzierte und zu niedrigen Preisen verkaufte Ware, verzichtet werden. Tragen Sie Kleidung länger, was vor allem dann klappt, wenn Sie gute Qualität einkaufen.

Tipp 7: Alte technische Geräte und Kleider kann man oft noch verschenken oder verkaufen, statt sie zu entsorgen. Und haben Sie schon einmal über den Erwerb eines gebrauchten Geräts oder von Secondhand-Kleidung nachgedacht?

Berechnen Sie Ihren persönlichen Wasserfußabdruck

Die gemeinnützige friedens- und entwicklungspolitische Organisation Weltfriedensdienst e. V. (WDF) hat eine Online-Wasserampel konzipiert, mit der Sie herausfinden können, wie viel Wasser Sie in Ihrem Lebensalltag tatsächlich verbrauchen.

Dazu beantworten Sie Fragen zu Ihrem Konsumverhalten und legen täglich oder häufig benutzte Produkte in einen virtuellen Warenkorb. Die Online-Anwendung berechnet Ihren Fußabdruck und gibt zusätzliche Infos zu jedem einzelnen Produkt.

Die Ampelfarben ordnen den Wasserfußabdruck ein, sowohl den einzelner Produkte als auch Ihren persönlichen Gesamtfußabdruck.

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