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Junge Pflegebedürftige: Besondere Bedürfnisse und Herausforderungen im jungen Alter
Veröffentlicht am:09.04.2025
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Eine Pflegebedürftigkeit ist in jedem Alter mit Herausforderungen verbunden. Da junge Menschen mit Blick auf ihr Alter mitten im Leben stehen, haben sie aber besondere Bedürfnisse. Doch wie sehen diese aus und wie geht die „Junge Pflege“ darauf ein?

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Pflegebedürftigkeit betrifft nicht nur ältere Menschen
Pflegebedürftigkeit ist keine Frage des Alters, sie kann Menschen in jeder Lebensphase treffen, dennoch wird die Pflege vor allem als Thema für ältere Menschen diskutiert. Doch wie viele junge Pflegebedürftige gibt es tatsächlich in Deutschland? Statistiken zufolge sind nur etwa 1,8 Prozent der Pflegebedürftigen jünger als fünfzehn Jahre, zwischen dem fünfzehnten und 60. Lebensjahr sind 1,3 Prozent der Menschen auf pflegerische Unterstützung angewiesen, danach steigt der Hilfebedarf mit zunehmendem Alter kontinuierlich an. Die Gründe für die Pflegebedürftigkeit in jungen Jahren sind vielfältig, hier spielen Alterungsprozesse keine Rolle, sondern vielmehr Erkrankungen, Behinderungen oder Entwicklungsstörungen. Pflegebedürftigkeit entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen den Erfordernissen der Selbstpflege, also den Bedürfnissen des täglichen Lebens, und den Fähigkeiten, diese selbst zu erfüllen. Bis zu einem bestimmten Alter sind Kinder und Jugendliche grundsätzlich auf ein gewisses Maß an Pflege angewiesen – Experten und Expertinnen haben hier den Begriff „Pflegeabhängigkeit“ geprägt. Die Bezeichnung drückt aus, dass Menschen in jungen Jahren auf Unterstützung angewiesen sind, um zu lernen, sich um sich selbst zu kümmern und künftige Anforderungen in den Bereichen Entwicklung und Gesundheit, wie zum Beispiel die Einhaltung von Arztterminen, zu bewältigen. Hat der Nachwuchs das Schul- oder Jugendalter erreicht, nimmt diese Form der Abhängigkeit ab, Pflegebedürftige Jugendliche oder junge Erwachsene sind jedoch weiterhin auf Hilfe angewiesen.
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Welche Herausforderungen gibt es in der Jungen Pflege?
Die Junge Pflege richtet sich an Menschen, die vor dem Rentenalter auf eine Unterstützung und Betreuung angewiesen sind. Diese gesonderte Pflegeform ist wichtig, denn jüngere Menschen haben in der Regel andere Bedürfnisse und Vorstellungen als ältere Personen mit einem Pflegebedarf. Auch wenn sich Menschen grundsätzlich in jedem Lebensalter nach Unabhängigkeit sehnen, ist der Wunsch nach Autonomie bei jungen Personen besonders ausgeprägt. Außerdem sieht bei ihnen eine altersentsprechende Gestaltung des Alltags anders aus – hier können Aktivitäten, kulturelles Interesse, ein großes Netz an sozialen Kontakten und das Streben nach Bildung eine deutlich größere Rolle spielen, als bei älteren Personen. Auf diese Bedürfnisse einzugehen, kann im ambulanten und stationären Bereich eine Herausforderung sein. Pflegebedürftige Kinder und Jugendliche erhalten fast immer eine häusliche Pflege durch ihre Familie – sie stellt die Versorgung sicher, kümmert sich um die Organisation und um die Finanzierung der Unterstützungsleistungen. Zeitgleich beschäftigt sie sich mit den erzieherischen Fragen. Schließlich durchleben auch Eltern pflegebedürftiger Kinder den Abnabelungsprozess, in dem sich der Nachwuchs von ihnen löst und seine Rolle als Erwachsener findet. Unterschiede zwischen der körperlichen Reife und den geistigen Fähigkeiten können jedoch die Ablösung erschweren. Auch deshalb, weil die Anzeichen für die Ablösung wie ein Rückzug oft alleinig der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung zugeschrieben wird. Leben junge Menschen in einem Pflegeheim, machen sie nicht selten die Erfahrung, dass die Angebote auf ältere Personen zugeschnitten sind. Als belastend empfinden sie beispielsweise den vorstrukturierten Tagesablauf, der ihnen nur wenig Handlungsfreiheit gibt.
Pflegeheime und weitere Wohnformen für junge Erwachsene
Selbstständigkeitserfahrungen sind wichtig für den Ablösungsprozess zwischen Eltern und Kind – das gilt auch bei körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen im jungen Erwachsenenalter. Ein Auszug aus dem Elternhaus ist aber nicht immer nur ein Schritt in die Selbstständigkeit, sondern manchmal wird der Wechsel der Wohnumgebung auch durch neue pflegerische Anforderungen nötig. Diese können sich auch plötzlich im Leben ergeben, wenn junge Erwachsene schon ihre eigene Wohnung bewohnen. Da ein soziales Umfeld aus überwiegend älteren Menschen den Bedürfnissen junger Personen kaum oder nicht gerecht wird, ist ein Pflegeheim womöglich für viele Betroffene keine attraktive Wohnform. Eine Wohngemeinschaft für junge, überwiegend selbstständige, Pflegebedürftige könnte eine Alternative sein – in der betreuten Form unterstützt eine Präsenzkraft die Bewohnenden bei der Alltagsgestaltung. Pflegeaufgaben kann ein ambulanter Pflegedienst übernehmen. Das selbständige Wohnen steht auch bei sogenannten Quartiersprojekten im Vordergrund – hier werden verschiedene Versorgungsangebote, beispielsweise ambulante Pflegedienste, aber auch Nachbarschaftshilfe, vor Ort gebündelt. Auch Pflegeeinrichtungen bieten mittlerweile gesonderte Plätze beziehungsweise Bereiche für junge Pflegebedürftige an und reagieren auf ihren Bedarf mit einem speziellen Freizeitangebot sowie viel Raum für Selbstbestimmung und Individualität. Pflegestützpunkte können beispielsweise über Angebote zur Jungen Pflege in der Nähe informieren.

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Wie kann der Alltag für junge Pflegebedürftige optimal gestaltet werden?
Junge Pflegebedürftige legen in der Regel viel Wert auf Selbstbestimmtheit, zum Beispiel bei ihren Freizeitbeschäftigungen oder ihrem Tagesrhythmus. Sie haben dabei oft die gleichen Interessen wie Gleichaltrige, sie begeistern sich für das Musizieren, für Sportevents, Ausflüge und Kinogänge. Ein angepasstes Pflegekonzept nimmt Rücksicht auf die Bedürfnisse und bringt möglichst viel Normalität in den Alltag. Dies ist vor allem für Personen wichtig, die nach einem Unfall plötzlich auf Hilfe angewiesen sind. Um soziale Kontakte aus den Pflegeeinrichtungen heraus aufrechtzuerhalten, ist das Internet für junge Menschen besonders bedeutsam. Auffallend ist, dass sie bestehende Strukturen hinterfragen – dadurch entwickeln sie oft wertvolle Ideen, um die Junge Pflege weiter zu gestalten. Werden diese gehört und berücksichtigt, trägt das zu einem Gefühl von Geborgenheit bei.
Welche Unterstützungsleistungen gibt es für junge Pflegebedürftige?
Für junge Erwachsene sind die Leistungen der Pflegekasse eine wichtige Unterstützung. Sobald ein anerkannter Pflegegrad vorliegt, der bei der Pflegekasse beantragt wird, können sie verschiedene Angebote in Anspruch nehmen. Neben dem Pflegegeld und Pflegesachleistungen zur Sicherstellung der häuslichen Pflege, beteiligt sich die Pflegekasse auch an den Pflegekosten in einer Pflegeeinrichtung und zahlt einen Zuschlag für anspruchsberechtigte Wohngruppen. Zudem stehen jungen Pflegebedürftigen Leistungen zur Teilhabe zu, die unter anderem den Besuch einer Schule oder das Absolvieren einer Ausbildung mittels Hilfsmittel, Assistenz oder Unterstützungsangeboten fördern. Informationen erhalten Eltern oder junge Pflegebedürftige bei der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) oder direkt bei der Pflegekasse.
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