Pflegeformen
Digitalisierung in der Pflege: Vor- und Nachteile
Veröffentlicht am:14.12.2022
5 Minuten Lesedauer
Bessere Kommunikation zwischen Pflegekräften und ein schnelleres Eingreifen bei Stürzen – die Digitalisierung in der Pflege hat viele Vorzüge. Wo unterstützt die digitale Pflege ganz konkret und welche Herausforderungen gibt es noch zu meistern?
Was ist Digitalisierung in der Pflege?
Eine Pflegefachperson schiebt einen Dokumentationswagen über die Gänge der Klinikstation. An jedem Krankenzimmer hält sie an und erfasst bei den Patienten und Patientinnen Vitalparameter wie den Blutdruck und die Körpertemperatur. Danach trägt sie die Werte handschriftlich in die Mappen ein, die im Dokumentationswagen hängen. Genau dieser Anblick könnte bald der Vergangenheit angehören, denn die Digitalisierung in der Pflege nimmt zu. Dadurch sieht der klassische Dokumentationswagen vielerorts bereits jetzt anders aus: Anstatt mit Hängemappen ist er mit einem Tablet ausgestattet und anstatt eines Kugelschreibers nutzt die Pflegefachkraft einen Touchscreen, um die Pflegedaten zu erfassen. In den letzten Jahrzehnten entwickelten Hersteller immer mehr Systeme, um die Digitalisierung in der Pflege zu unterstützen. Diese nutzen aber nicht nur Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Pflegeheime – pflegebedürftige Menschen und pflegende Angehörige können mittlerweile auch von cleveren Systemen für den Heimgebrauch profitieren. Hier liegt der Fokus aber eher auf der Überwachung, um beispielsweise Stürze zu vermeiden.
Beispiele für die Digitalisierung in der Pflege
Therapieroboter, die elektronische Patientenakte, Programme zur Leistungsabrechnung und Überwachungssysteme zum Schutz vor Stürzen – es gibt eine Vielzahl von Innovationen, um die Pflege zu digitalisieren. Manche von ihnen unterstützen die Digitalisierung im Pflegeheim bereits effektiv, andere befinden sich noch in der Entwicklungs- oder Testphase.
Digitalisierung in der Pflege mit elektronischer Dokumentation
Die Dokumentation gehört zur Pflegetätigkeit dazu – sie ist wichtig, um den Genesungsfortschritt nachvollziehen zu können und um die Behandlung, falls nötig, neu auszurichten. Allerdings ist die Dokumentation auch recht zeitaufwendig. Digitale Systeme sollen den Zeitaufwand minimieren. Sie bieten beispielsweise die Möglichkeit, bestimmte Daten im Formular zu hinterlegen. Mit wenigen Klicks können Pflegekräfte Blutdruckwerte oder Beschwerden in der Akte der Patienten und Patientinnen hinterlegen. Diese sind dann auch für andere Pflegepersonen leicht einzusehen – eine unleserliche Handschrift, die das Lesen von Papierakten oft zu einer Herausforderung macht, ist mit der Digitalisierung in der Pflege kein Problem mehr. Moderne Systeme unterstützen Pflegefachpersonen auch bei der Gabe von Medikamenten. Sie weisen beispielsweise darauf hin, dass die Medikation bei pflegebedürftigen Menschen umgestellt wurde.
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Elektronische Patientenakte
Seit Januar 2021 haben Versicherte Anspruch auf eine elektronische Patientenakte – hier können auf Wunsch des Versicherten unter anderem Befunde, Diagnosen, Medikationspläne und Therapiemaßnahmen gespeichert werden.
Digitalisierung in der Pflege mit Telepflege
Mit Telepflege ist es beispielsweise möglich, zwischen Pflegeanbietern und pflegebedürftigen Menschen, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, Daten per Sensor auszutauschen. Dazu zählen beispielsweise Blutzucker-, Blutdruck- oder Pulswerte. Betroffene können auch mit Sensoren ausgestattet werden, die einen Alarm abgeben, wenn sie stürzen oder sich über lange Zeit nicht bewegen. Pflegekräfte unterstützen Pflegebedürftige aus der Ferne per Telefon oder Videotelefonie, im Notfall kommt der Pflegedienst oder ein Mediziner beziehungsweise eine Medizinerin vorbei. Telepflege bietet insbesondere Menschen in ländlich gelegenen Orten ein Gefühl von Sicherheit und eine bessere Kommunikation mit Pflegepersonen. Zudem können so pflegebedürftige Menschen gegebenenfalls länger in ihrer häuslichen Umgebung wohnen bleiben und müssen nicht in eine Pflegeeinrichtung umziehen.
Digitalisierung in der Pflege mit Technischer Assistenz
Der recht abstrakte Begriff „Technische Assistenz“ meint Gerätschaften, die Routineabläufe für Pflegepersonen einfacher gestalten oder sie ihnen sogar ganz abnehmen. So können beispielsweise spezielle Sensormatten, die unter die Matratze gelegt werden, mit einem Signal darauf hinweisen, dass eine sturzgefährdete Person das Pflegebett verlässt. Pflegekräfte können dann unmittelbar reagieren und Betroffene in das Bett zurückführen und gegebenenfalls weitere pflegerische Unterstützung anbieten. Dank der Sensormatten kann das Personal die Kontrollgänge verringern und hat mehr Zeit für Pflegetätigkeiten. Geräte, die Patienten oder Patientinnen an die Medikamenteneinnahme erinnern, können Pflegepersonen ebenfalls entlasten.
Digitalisierung in der Pflege mit Robotik
In der Intensivmedizin unterstützen Medizinroboter bereits chirurgische Eingriffe und auch in der Pflege wird der Einsatz von Robotern immer wieder diskutiert. Die robotergestützte Pflege steht allerdings noch am Anfang – die Roboter könnten als Hebehilfe oder Transportsysteme dienen. Die Mobilisierung (Bewegung) von pflegebedürftigen Personen, das Anreichen von Essen oder das Transportieren von Wäsche könnten also zukünftig Roboter übernehmen. Diese Form der Digitalisierung entlastet so womöglich auch das Arbeitspensum von Pflegefachkräften.
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Warum ist die Digitalisierung in der Pflege wichtig?
Der demografische Wandel führt zu einer angespannten Pflegesituation. Schließlich nimmt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen hierzulande immer weiter zu, gleichzeitig gehen aber in den nächsten zehn bis zwölf Jahren etwa 500.000 Pflegefachkräfte in den Ruhestand. Die Digitalisierung könnte einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Arbeitsalltag zu entzerren – Pflegekräfte wenden mithilfe ausgefeilter Systeme weniger Zeit beispielsweise für die Dokumentation auf – und davon profitieren auch die pflegebedürftigen Menschen.
Folgende Vorteile hat die Digitalisierung in der Pflege:
- Bessere Kommunikation zwischen Pflegefachkräften, insbesondere durch eine digitale Dokumentation.
- Mehr Zeit der Pflegekräfte für die Patienten und Patientinnen durch technische Assistenzsysteme oder digitale Dokumentationslösungen, die Aufgaben abnehmen beziehungsweise reduzieren.
- Entlastung von Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen, beispielsweise durch technische Assistenzsysteme wie Sensormatten oder Geräte zur Erinnerung an die Medikamenteneinnahme.
- Länger selbstbestimmt und sicher im eigenen Haushalt leben, zum Beispiel mit Telecare oder tragbaren Lösungen wie einem Hausnotrufsystem mit integriertem Sturzsensor.
Die Digitalisierung kann auch Nachteile haben
In der Digitalisierung in der Pflege sind noch viele Herausforderungen zu meistern. Entsprechende Anwendungen müssen sicher funktionieren und den Alltag sinnvoll unterstützen. Außerdem gibt es hohe Ansprüche an die Datensicherheit. Schließlich ist es sehr wichtig, dass sensible Daten wie Krankheitsdiagnosen sicher unter Verschluss bleiben. Das sieht auch die EU-Datenschutz-Grundverordnung so, die gesundheitsbezogenen Daten unter einen verschärften Schutz stellt. Eine weitere Herausforderung ist die Akzeptanz. Damit digitale Lösungen genutzt werden, müssen sie von Einrichtungen, Anwendenden und der Gesellschaft akzeptieren werden – das kann jedoch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, dauern. Doch lohnt sich der Weg? Viele Experten und Expertinnen meinen ja – auch wenn es gewisse Nachteile beziehungsweise Gefahren gibt. Noch sind die Systeme recht teuer und der Nutzen nicht immer klar. Eines steht jedoch fest: Grundlegende Probleme wie ein Mangel an Pflegefachkräften oder eine nicht zufriedenstellende Vergütung kann auch die Digitalisierung in der Pflege nicht lösen.
Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege
Zukünftig wird die Digitalisierung in Pflegeheimen, in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen sowie im häuslichen Umfeld noch stärker voranschreiten. Dafür hat das Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege die Weichen gestellt.
Wichtige Eckpunkte des Gesetzes sind:
- Pflegebedürftige können Digitale Pflegeanwendungen (DiPAs) auf mobilen Endgeräten nutzen. Die Pflegekasse beteiligt sich mit bis zu 50 Euro pro Monat daran.
- Die Telemedizin wird ausgebaut, beispielsweise kann die psychotherapeutische Akutbehandlung zukünftig auch per Videosprechstunde stattfinden.
- Versicherte und Leistungserbringer bekommen ab 2023 eine digitale Identität, mit der sie sich bei Videosprechstunden oder digitalen Gesundheitsanwendungen authentifizieren können.