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Amöbenruhr: Wie gefährlich ist die Infektionskrankheit?

Veröffentlicht am:24.09.2024

7 Minuten Lesedauer

In den meisten Fällen verläuft eine Amöbenruhr ohne Symptome. Doch eine Infektion mit dem Parasiten kann auch heftige Durchfälle auslösen und sogar in andere Organe streuen. Mehr dazu und wie Sie sich schützen können, lesen Sie hier.

Eine junge Frau auf einem Markt in einem tropischen Land kauft ein Getränk in einer Kokosnuss, dekoriert mit einem Schirmchen.

© iStock / Oleh_Slobodeniuk

Amöbenruhr: Was sind die Symptome und wodurch wird sie ausgelöst?

Bei der Amöbenruhr, medizinisch Amöbiasis, handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die unter anderem mit heftigen Durchfällen einher gehen kann. Ausgelöst wird die Krankheit durch die Amöbe Entamoeba histolytica. Eine Amöbe ist ein Einzeller, der parasitär lebt. Die Amöbe ernährt sich also, indem sie sich in einem sogenannten Wirt, in diesem Fall im menschlichen Körper, einnistet.

Entamoeba histolytica lebt von den Bakterien und dem Gewebe im Dickdarm und kann sich dort stark vermehren. Sie bildet sogenannte Zysten, die über den Stuhl ausgeschieden werden und die Erkrankung verbreiten. Andere Menschen können sich durch die Aufnahme dieser Zysten mit der Amöbenruhr infizieren. Bis zu den ersten Symptomen können wenige Tage bis Wochen oder Monate vergehen. Nur selten zeigt sich die Krankheit erst nach mehreren Jahren.

In den meisten Fällen verläuft eine Amöbenruhr jedoch ohne Krankheitszeichen, lediglich bei ungefähr zehn Prozent der Betroffenen zeigen sich Symptome. Die Krankheit kann in verschiedenen Ausprägungen auftreten. Medizinerinnen und Mediziner unterscheiden zwischen der intestinalen und der extraintestinalen Amöbiasis.

Die intestinale Amöbiasis: Teilweise heftige Durchfälle

Der Begriff intestinal bedeutet „zum Darm gehörend“. Dort bricht die Erkrankung bei einem symptomatischen Verlauf zuerst aus. Die Verläufe der intestinalen Amöbenruhr sind unterschiedlich schwer. Der Beginn ist oft schleichend. Bei einem leichten Krankheitsverlauf klagen die Patientinnen und Patienten meist über Krämpfe im Bauchraum und schleimigen Durchfall, der auch mit Blut gesprenkelt sein kann.

Bei schweren Verläufen kann es zu heftigen und blutigen, schaumig-schleimigen Durchfällen mit Fieber kommen. Der Durchfall wird auch als „himbeergeleeartig“ beschrieben. Das Blut ist ein Zeichen für eine Entzündung des Darms, in deren Verlauf sich auch kleine knötchenartige Entzündungen an der Darmwand bilden können. Das führt mitunter zu einem Darmverschluss. Auch eine Darmperforation, also ein Durchbruch der Darmwand, ist möglich. Dabei kann Darminhalt in die Bauchhöhle gelangen und dort eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) verursachen.

Die Amöbiasis kann chronisch werden oder nach einer Phase der vermeintlichen Gesundung wieder neu aufflammen.

Die extraintestinale Amöbiasis: Leberabszess möglich

Diese Ausprägung der Krankheit betrifft weniger als ein Prozent der Infizierten. Die auslösenden Amöben durchdringen dabei die Darmschleimhaut und verbreiten sich über das Blut in andere Organe. Obwohl die Krankheit ihren Ursprung im Darm hat, haben bei einem extraintestinalen Verlauf nur ein Drittel der Betroffenen typische Darmbeschwerden wie Durchfall.

Am häufigsten ist bei einem extraintestinalen Verlauf die Leber betroffen, wobei sich ein Leberabszess, eine schmerzhafte Eiteransammlung, bilden kann. Dabei kommt es oft zu einer Vergrößerung der Leber, begleitet von akuten Beschwerden wie Druck und Schmerzen im Oberbauch, Fieber und Abgeschlagenheit. Patientinnen und Patienten verlieren hierbei häufig an Gewicht. Unbehandelt kann ein Leberabszess zum Tod führen. Von den Leberabszessen sind besonders häufig Männer zwischen dem 40. und dem 60. Lebensjahr betroffen.

Der Leberabszess kann auch aufplatzen und Vereiterungen der Bauchhöhle sowie Ansammlungen von Eiter in benachbarten Organen, wie einen Lungen- oder Herzbeutelabszess, verursachen. Das sind akut lebensbedrohliche Situationen, die sofort behandelt werden müssen. Der weitere Verlauf muss genau beobachtet werden.

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Übertragung: Wie kann man sich mit der Amöbenruhr anstecken?

Geschätzt infizieren sich weltweit jedes Jahr ungefähr 50 Millionen Menschen mit der Amöbenruhr. Allerdings bleiben 90 Prozent der Infizierten asymptomatisch, zeigen also keine Anzeichen einer Erkrankung. Sie sind jedoch auch ohne ausgebrochene Krankheit – in der Regel unwissend – mögliche Überträgerinnen und Überträger der Amöbenruhr.

Wenn infizierte Menschen die hochansteckenden Zysten der Amöbe Entamoeba histolytica über den Stuhl ausscheiden, können diese unter feuchten Bedingungen wochen- bis monatelang überleben und auch infektiös bleiben. Gelangen die Erreger ins Trinkwasser oder in das Wasser, das mit roh zu verzehrenden Lebensmitteln in Berührung kommt, besteht ein großes Risiko, sich mit der Amöbiasis anzustecken.

Eine Ansteckung durch fäkale Übertragung ist auch von Mensch zu Mensch möglich, dies gilt besonders bei anal-oralen Sexualpraktiken. Eine Mangel- oder Unterernährung, ein geschwächtes Immunsystem sowie Alkoholabhängigkeit erhöhen das Risiko zu erkranken. Bei Schwangeren und Kleinkindern kann die Infektion besonders schnell und heftig verlaufen.

Wo ist die Ansteckungsgefahr besonders hoch?

Die Krankheit ist weltweit verbreitet, kommt aber vor allem in Ländern mit schlechten hygienischen Bedingungen in tropischen und subtropischen Regionen wie Indien, Thailand, Vietnam, bestimmten Regionen Afrikas sowie Zentral- und Südamerika vor. Durch verunreinigtes Trinkwasser oder den Mangel an sanitären Anlagen kommt es dort immer wieder zu regelrechten Epidemien.

Für Menschen aus Deutschland und anderen Ländern besteht vor allem die Gefahr, sich auf Reisen in tropische Gebiete mit dem Erreger anzustecken. Dies geschieht dann meist durch den Verzehr von rohem Obst und Gemüse, nicht durchgebratenem Fleisch oder Fisch sowie über das Trinkwasser. Auch über infiziertes Wasser, das beispielsweise zum Abwaschen oder Zähneputzen genutzt wird, können sich Urlauberinnen und Urlauber anstecken.

Eine Reihe von kleinen Tontöpfen, auf offenen Kochmöglichkeiten. Eine Köchin hebt den Deckel eines Topfes an, zu sehen ist ein Fleischgericht.

© iStock / Alex Liew

Die Amöbenruhr überträgt sich auch über infizierte rohe Speisen. Deswegen ist es ratsam, auf den typischen öffentlichen Märkten in tropischen und subtropischen Gebieten nur gut Durchgegartes zu essen.

Diagnose: Wie wird die Amöbiasis erkannt?

Wenn Sie an schleimigem oder sogar blutigem Durchfall leiden, sollten Sie zu Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt gehen. Das gilt auch, wenn Sie Schmerzen und ein Druckgefühl im Oberbauch, vielleicht auch Fieber haben.

Medizinerinnen und Mediziner sollten immer hellhörig werden, wenn Betroffene berichten, dass sie im Urlaub oder auf Geschäftsreise in tropischen oder subtropischen Ländern waren. Deswegen ist es wichtig, in der Arztpraxis über vergangene Reisen zu berichten – auch wenn diese vielleicht schon einige Wochen oder Monate zurückliegen.

Über eine Stuhlprobe oder eine Gewebeprobe kann die Infektion im Labor erkannt werden. Dies geschieht mikroskopisch, über den Nachweis der Amöben-DNA oder bestimmte Erregerproteine (Antigene).

Eine Blutprobe kann Hinweise geben, wie schwer der Verlauf ist – zum Beispiel durch erhöhte Entzündungswerte oder auffällige Leberwerte. Ab etwa einer Woche nach Beginn der Erkrankung sind auch Antikörper im Blut nachweisbar. Einen Leberabszess oder die Infektion eines anderen Organs können Ärztinnen und Ärzte mit einer Ultraschalluntersuchung und, bei weiterem Abklärungsbedarf, gegebenenfalls auch mit einer Computertomografie (CT) oder in seltenen Fällen einer Magnetresonanztomografie (MRT) feststellen.

Um eine weitere Verbreitung des Erregers einzudämmen, ist es sinnvoll, wenn auch alle Personen, die im selben Haushalt leben, Mitreisende und Sexualpartnerinnen und -partner auf Entamoeba histolytica getestet werden.

Eine Meldepflicht einzelner Krankheitsfälle gibt es in Deutschland nicht. Falls sich aber Infektionen häufen, die auch miteinander zusammenhängen könnten, sollte dies gemeldet werden.

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Wie wird die Amöbenruhr behandelt?

Jede Infektion mit Entamoeba histolytika muss behandelt werden. Auch bei einer Infektion ohne Krankheitszeichen ist es wichtig, die Erreger abzutöten, um zu verhindern, dass sich die Krankheit überträgt oder – vielleicht erst Monate später – doch noch Symptome auftreten. Hierzu erhalten die Betroffenen ein Antibiotikum über zehn Tage. Bei invasiven, symptomatischen Krankheitsverläufen werden nacheinander zwei verschiedene antibiotische Wirkstoffe jeweils zehn Tage lang eingesetzt. Bei schweren Durchfällen können die Patientinnen und Patienten zusätzlich einen Flüssigkeits- und Elektrolytersatz bekommen, auch Schonung und vielleicht sogar Bettruhe sind dann wichtig.

Ein Leberabszess muss nur in wenigen Fällen punktiert werden, damit Eiter über eine Drainage abgeleitet werden kann. In der Regel bildet sich der Abszess im Verlauf der Behandlung zurück.

Sind die Betroffenen sehr geschwächt oder haben ein hohes Risiko für Komplikationen, werden sie stationär ins Krankenhaus aufgenommen, müssen dort jedoch in der Regel nicht isoliert werden. Bei leichteren Verläufen mit ambulanter Behandlung sollten Betroffene auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten, um den durchfallbedingten Wasser- und Elektrolytverlust auszugleichen. Zudem sind Hygienemaßnahmen wichtig, um zu vermeiden, dass weitere Menschen sich anstecken. Erkrankte – ganz gleich, ob sie Symptome zeigen oder nicht – dürfen Schulen und andere Gemeinschaftseinrichtungen erst wieder betreten, wenn durch Stuhluntersuchungen bestätigt wurde, dass sie die Infektion nicht mehr weiterverbreiten können. Der Grund ist, dass auch Patientinnen und Patienten ohne Symptome auf gemeinschaftlich genutzten Toiletten möglicherweise Zysten ausscheiden, durch die sich weitere Menschen anstecken könnten.

Vorbeugung: Wie lässt sich eine Ansteckung mit der Amöbenruhr vermeiden?

Eine Impfung gegen die Amöbenruhr gibt es nicht. Reisen Sie in ein tropisches oder subtropisches Land, ist es wichtig, ein paar Dinge zu beachten, um sich vor der Ansteckung zu schützen.

  • Trinken Sie kein Leitungswasser, sondern nur abgekochtes Wasser oder hygienisch in Flaschen abgefülltes Mineralwasser.
  • Vermeiden Sie Getränke mit Eiswürfeln (Leitungswasser) und Speiseeis.
  • Nutzen Sie auch zum Zähneputzen und zum Abwaschen kein Leitungswasser oder abgestandenes Wasser.
  • Essen Sie kein rohes Obst und Gemüse oder Salate.
  • Wenn Sie selbst kochen: Garen und braten Sie die Speisen gut durch.
  • Achten Sie auf gründliches Händewaschen nach dem Gang zur Toilette und bevor Sie Essen zubereiten oder zu sich nehmen.

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