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Rettungsgasse bilden: Jede Minute zählt

Veröffentlicht am:25.07.2024

5 Minuten Lesedauer

Nach einem Unfall oder einem anderen medizinischen Notfall ist schnelle Hilfe wichtig. Deshalb sind Autofahrende verpflichtet, eine Rettungsgasse zu bilden, damit Rettungskräfte zügig zur Einsatzstelle gelangen. Wie und wann? Darüber klären wir auf.

Nahaufnahme eines Auto-Seitenspiegels. Darin ist ein Krankenwagen, der von hinten näherkommt. Die Autos auf der Autobahn haben eine ordnungsgemäße Rettungsgasse gebildet.

© iStock / ollo

Platz schaffen, Leben retten

Nach einem Crash im Straßenverkehr oder einem anderen medizinischen Notfall ist schnelle Hilfe wichtig. Einsatzfahrzeuge von Polizei und Rettungsdienst müssen auch bei einem Stau zügig zur Einsatzstelle gelangen. Daher sind Autofahrende dazu verpflichtet, eine Rettungsgasse zu bilden.

Das geschieht in der Praxis jedoch nur durchschnittlich gut, berichtet Marco König, Notfallsanitäter und Vorsitzender des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst. Statt sich ordentlich einzureihen, reagieren manche Fahrer und Fahrerinnen mit hektischen Lenkbewegungen und wissen nicht, wohin sie fahren sollen. „Wir erleben es regelmäßig, dass zwar die meisten Fahrzeuge auf der Autobahn eine Rettungsgasse gebildet haben“, sagt Marco König. „Aber es gibt immer wieder zwei, drei Fahrzeuge, die dazwischenstehen und erst versuchen, rüberzulenken, wenn sie die Rettungskräfte im Rückspiegel erblicken. Sie blockieren den Weg – dadurch verlieren wir wertvolle Zeit.“

Rettungsgasse richtig bilden

Grundsätzlich gilt auf Autobahnen: Die Rettungsgasse muss immer zwischen der ganz linken Fahrspur und der daneben gebildet werden – und zwar bereits bei stockendem Verkehr, nicht erst im Stau. Das gilt sowohl bei zweispurigen als auch bei drei- und vierspurigen Autobahnen. Diejenigen, die auf dem linken Fahrstreifen unterwegs sind, weichen nach links aus, die anderen fahren nach rechts. Das ist wichtig, denn wenn alle Fahrzeuge stehen, wird es fast unmöglich, noch eine gute Position einzunehmen. „Viele vergessen zudem, dass alle Fahrzeuge ein Stückchen rücken müssen, notfalls sollten Fahrende auf der rechten Spur auch den Standstreifen mitnutzen“, so König. „Sonst ist möglicherweise nicht genügend Platz in der Rettungsgasse, wenn zum Beispiel Lastwagen auf der mittleren Spur stehen.“ Vergleichbare Regeln zur Bildung einer Rettungsgasse gelten auch in der Schweiz, in Slowenien, Ungarn und Tschechien. In Österreich sind die Bildung und das Freihalten einer Rettungsgasse sogar im Verkehrsgesetz vorgeschrieben. In Deutschland regelt die Bußgeldkatalog-Verordnung, wie Verstöße geahndet werden. Autofahrerinnen und Autofahrer, die keine Rettungsgasse bilden oder diese unerlaubt nutzen, müssen mit empfindlichen Strafen rechnen.

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Es ist eigentlich einfach: Wenn Sie auf der linken Spur unterwegs sind, fahren Sie so weit wie möglich nach links. Achten Sie darauf, ausreichend Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu halten.

Befahren Sie eine der anderen Spuren, sollten Sie so weit wie möglich nach rechts fahren und ausreichend Abstand zum Fahrzeug vor Ihnen halten.

Wenn Sie sich einem Stauende nähern, sollten Sie schon während des Abbremsens darauf achten, Lücken zur Bildung einer Rettungsgasse zu schaffen.

Bleiben Sie aufmerksam. Achten Sie auf die anderen Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen, um jederzeit zügig und richtig handeln zu können.

Unfallstelle sichern

Wenn es kracht, müssen Autofahrende Erste Hilfe leisten. Wichtig ist dabei, auch an den eigenen Schutz zu denken. Denn plötzlich mitten auf der Autobahn zum Stehen zu kommen, ist sehr gefährlich. „Wer Zeuge oder Zeugin eines Unfalls wird, sollte im Zweifelsfall zuerst am Unfallort vorbeifahren und an einer sicheren Stelle auf dem Standstreifen anhalten“, erklärt Sanitäter Marco König. „Dann ist es wichtig, die Unfallstelle zu sichern, also – wenn möglich – das Warndreieck vor dem Unfallort aufzustellen und natürlich einen Notruf abzusetzen: mit der 112 oder 110.“

Doch immer wieder kommt es vor, dass Autofahrende, die hinter dem Unfallwagen gefahren sind, aussteigen, das Geschehen beobachten oder sogar filmen, statt die Unfallstelle zu sichern und Erste Hilfe zu leisten. Auch Rettungskräfte werden von Schaulustigen dabei behindert, Verletzte zu versorgen.

Während seiner Einsätze erlebt Marco König es nur selten, dass Passanten ihm und seinen Kollegen gegenüber aggressiv werden. Ignorantes Verhalten erlebt er dafür umso öfter. Vor allem im Stadtverkehr. „Fußgänger und Fußgängerinnen sowie Radfahrende bekommen es schlichtweg nicht mit, wenn Rettungskräfte sich nähern, weil sie Kopfhörer im Ohr haben“, sagt er.

Nach einem Unfall kommt es für die Helfer und Helferinnen vor allem darauf an, eine verletzte Person schnell in ein Krankenhaus zu bringen. Autofahrende sollten die Rettungsgasse deshalb keinesfalls schließen, nachdem ein Rettungsfahrzeug an ihnen vorbeigefahren ist. Es könnte sein, dass noch weitere folgen.

Im Stadtverkehr gilt: Alle anderen Verkehrsteilnehmenden müssen Platz machen und vorübergehend auf ihr Vorfahrtsrecht verzichten, wenn ein Rettungsfahrzeug Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet hat. Dieses Sonderrecht bedeutet aber nicht, dass die Fahrerinnen und Fahrer der Rettungsfahrzeuge die öffentliche Sicherheit missachten und mit weit überhöhter Geschwindigkeit über eine rote Ampel fahren können.

Im Gegenteil. Auch wenn mit verletzten Menschen im Auto jede Minute zählt, heißt es vor allem, Ruhe zu bewahren und plötzliche Ausweichmanöver, scharfes Bremsen oder Beschleunigen möglichst zu vermeiden. Denn was vielen nicht klar ist: Während der Fahrt sind die Sanitäter und Sanitäterin stark gefordert. Sie müssen die verletzte Person versorgen und brauchen dafür so viel Ruhe, wie es eben möglich ist – zum Beispiel, um ein Medikament zu spritzen. In einem solchen Fall geben sie der Person hinter dem Lenkrad ein entsprechendes Signal, dass nun keine ruckeligen Manöver erfolgen sollten. Dass Rettungskräfte möglichst ruhig fahren können, haben auch Autofahrende mit in der Hand – indem sie einen Rettungswagen zügig vorbeilassen und ihm rechtzeitig ausweichen. Vorausschauendes Fahren sei für Rettungskräfte besonders wichtig, erklärt König. „Denn wir haben im Einsatz ein bis zu neunfach höheres Risiko, in einen Unfall verwickelt zu werden.“

Ein Patient wird für den Weitertransport im Rettungswagen vorbereitet.

© iStock / kzenon

Nach einem Unfall kommt es für die Helfer und Helferinnen vor allem darauf an, eine verletzte Person schnell in ein Krankenhaus zu bringen.

Kein Kavaliersdelikt

Rettungskräften jederzeit die Vorfahrt zu gewähren, hilft, Menschenleben zu retten. Keine Rettungsgasse zu bilden, ist daher kein Kavaliersdelikt. Und hat auch Konsequenzen. Es drohen Strafen und Bußgelder. Mit 200 bis 320 Euro müssen Autofahrende laut Bußgeldkatalog rechnen, wenn sie keine Rettungsgasse bilden. Dazu bekommen sie zwei Punkte in Flensburg und dürfen einen Monat lang kein Auto fahren.

Das gilt auch für die Auto- und Motorradfahrende, die gern hinter den Rettungsfahrzeugen hinterherfahren, um schneller voranzukommen. Die unerlaubte Nutzung einer Rettungsgasse wird inzwischen genauso verfolgt und geahndet.

Die gesetzliche Grundlage

In Deutschland ist die Bildung einer Rettungsgasse in der Straßenverkehrsordnung geregelt. In Paragraph 11 Absatz 2 heißt es: „Stockt der Verkehr auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung, so müssen Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußersten linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“

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