Fit im Alter
Fahrtauglichkeitsuntersuchung: sicher Auto fahren im Alter
Veröffentlicht am:22.06.2022
4 Minuten Lesedauer
Schlechter sehen, weniger hören, langsamer reagieren – mit dem Alter nehmen Reaktionsfähigkeit und die Leistung der Sinne ab. Wann eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung sinnvoll ist und welche guten Mobilitätsalternativen es zum Auto gibt.
Sollte man mit 80 noch Auto fahren?
Das Alter ist nicht entscheidend. Vor allem der allgemeine Gesundheitszustand und die Fahrerfahrung tragen zum sicheren Autofahren bei. Fakt ist: Gerade Fahranfängerinnen und Fahranfänger haben ein besonders hohes Unfallrisiko, nicht ältere Menschen. Letztere fahren tendenziell nämlich vorausschauender, halten Abstand und vermeiden riskante Fahr- und Überholmanöver. Doch Sehkraft, Hörvermögen und die Reaktionsfähigkeit lassen im Alter nach. Auch die Einnahme von Medikamenten sowie Erkrankungen können die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen. Zu den Krankheiten, die das Autofahren im Alter häufig erschweren, zählen:
- grauer Star
- Schwerhörigkeit
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Durchblutungsstörungen
- Lungenerkrankungen
- Altersdiabetes (Diabetes mellitus Typ 2)
- Parkinson
- Demenz
Um auch noch mit 80 oder 90 Jahren sicher Auto zu fahren, sollten Seniorinnen und Senioren deshalb regelmäßig ihre Fahrtauglichkeit überprüfen. Sie können sich dafür einem allgemeinen Gesundheits-Check mit Hör- und Sehtest bei dem entsprechenden ärztlichen Fachpersonal unterziehen und einen Fahr-Fitness-Test speziell für ihre Altersgruppe machen. Diese werden von verschiedenen Verkehrsorganisationen angeboten.
Was wird bei einer ärztlichen Fahrtauglichkeitsuntersuchung gemacht?
Rein statistisch nimmt die Fahrtüchtigkeit nach dem 75. Lebensjahr deutlich ab. Ältere Menschen verarbeiten Informationen langsamer, ihre Reaktionszeit verlängert und die Beweglichkeit reduziert sich. Regelmäßige Überprüfungen des Gesundheitszustands sind hierzulande jedoch nicht vorgeschrieben. Bei spürbaren Veränderungen sollten Personen im Rentenalter daher unbedingt freiwillig zunächst zur Hausärztin oder zum Hausarzt gehen und den allgemeinen Gesundheitszustand im Rahmen einer Fahrtauglichkeitsuntersuchung überprüfen. Dazu gehören Blutbild (im Labor), Puls- und Blutdruckmessung und EKG. Die Hausärztin oder der Hausarzt überweist die Betroffenen gegebenenfalls zusätzlich an Fachkolleginnen oder Fachkollegen – Hör- und Sehtests bei der Ohren- beziehungsweise der Augenärztin klären, ob für das Richtungshören noch hohe Töne wahrgenommen werden und die Sehschärfe generell und auch im Dunkeln ausreicht.
Die Angst, dass die Ärzte eine eventuell festgestellte Fahruntüchtigkeit melden müssen, ist unbegründet – die Medizinerinnen und Mediziner unterliegen wie sonst auch der Schweigepflicht. Übrigens: Die Verkehrswachen empfehlen einen jährlichen Sehtest schon ab 40 Jahren und einen Hörtest alle zwei Jahre ab 60 Jahren. Im gleichen Alter sollten Seniorinnen und Senioren damit beginnen, regelmäßig ihre Reaktionsfähigkeit überprüfen zu lassen.
Passende Artikel zum Thema
Was wird bei einer Fahrtauglichkeitsuntersuchung bei ADAC & Co. gemacht?
In der hausärztlichen Praxis können allerdings nur die grundlegenden körperlichen Voraussetzungen für das Autofahren geprüft werden. Ob die Betroffenenbeispielsweise noch gelenkig genug sind, um ohne Probleme einen Schulterblick zu machen, kann die Ärztin oder der Arzt schwer feststellen. Ebenso wenig kann er beurteilen, ob Personen im Rentenalter die Situationen im Verkehr korrekt einschätzen. Eine gute Ergänzung zur Fahrtauglichkeitsuntersuchung beim ärztlichen Fachpersonal sind daher sogenannte Mobilitäts-Checks oder Fitness-Checks speziell für ältere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, die von verschiedenen Verkehrsorganisationen angeboten werden.
Bei der DEKRA (Deutscher Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein) folgt beispielsweise auf eine verkehrsmedizinische Untersuchung eine verkehrspsychologische Begutachtung. Dabei beobachten die Sachverständigen das Fahrverhalten auch in der Praxis. Der ADAC arbeitet für seinen Fahr-Fitness-Check mit Fahrschulen zusammen, die ebenfalls das Fahrverhalten analysieren. Ähnlich läuft es beim TÜV ab, der zusätzlich anbietet, Untersuchungsergebnisse der Hausärztin oder des Hausarztes gemeinsam zu besprechen. Unter anderem die Deutsche Verkehrswacht, der ADAC, der TÜV, der Automobil-Club Verkehr und die Fahrschulen bieten spezielle Sicherheitstrainings und Seminare für Seniorinnen und Senioren an, in denen diese ihr Wissen erweitern und ihre praktischen Fähigkeiten verbessern können.
Übrigens: Wenn Menschen im Rentenalter fit sind, aber keinen Führerschein haben, können sie diesen auch mit im hohen Alter noch machen. Eine offizielle Altersgrenze gibt es nicht.
Wenn Seniorinnen und Senioren unsicher fahren: Was können Angehörige tun?
Für Familienmitglieder ist es eine schwierige Situation, wenn sie den Eindruck haben, ältere Angehörige fahren schlechter Auto als früher – zeigen darauf angesprochen jedoch keine Einsicht. Dann ist viel Einfühlungsvermögen gefragt. Mitunter kann es auch helfen, Alternativen zum Autofahren aufzuzeigen.
Gespräche über die Fahrtüchtigkeit
Wenn Sie den Eindruck haben, ältere Verwandte fahren unsicher, sollten Sie das Gespräch suchen. Wählen Sie die Ich-Perspektive, damit das Gegenüber sich nicht angegriffen fühlt: „Ich habe den Eindruck, dass…“ Sprechen Sie nach Möglichkeit konkrete Vorfälle von einer gemeinsamen Fahrt an, Kratzer am Auto und Ähnliches. Machen Sie deutlich, dass Sie sich Sorgen machen.
Das Fahren einschränken
Sind die Einschränkungen noch nicht so stark, können schon wenige Tipps die Sicherheit deutlich verbessern. Bitten Sie Ihre Angehörigen beispielsweise:
- auf Fahrten in der Dämmerung und bei Dunkelheit zu verzichten
- das Auto bei Regen, Schnee und Glatteis stehen zu lassen
- für Besorgungen Uhrzeiten auszuwählen, zu denen der Verkehr nicht so dicht ist
- viel befahrene Strecken oder unübersichtliche Kreuzungen zu meiden
Technische Ausstattung verbessern
Wenn es finanziell möglich ist, sollten Sie prüfen, ob der Kauf eines neuen Fahrzeugs, das beispielsweise über eine erhöhte Sitzposition verfügt, sinnvoll ist. Hilfreich sind zudem Assistenzsysteme wie automatisches Bremsen bei einem Hindernis oder ein Spurhalteassistent.
Öffentliche Verkehrsmittel
Viele Seniorinnen und Senioren halten an ihrem Führerschein fest, weil sie Angst haben, Mobilität einzubüßen. Da kann es hilfreich sein, Alternativen aufzuzeigen – und diese eventuell gemeinsam auszuprobieren. Für Bus und Bahn gibt es zudem vergünstigte Seniorentickets. Für ungewöhnliche Uhrzeiten oder Strecken kann das Taxi eine Lösung sein – schließlich fallen die Kosten fürs eigene Auto weg. Kürzere Strecken sollten ältere Menschen möglichst zu Fuß zurücklegen und auf diese Weise ihre Beweglichkeit erhalten.
Vorsicht mit Pedelecs
Manche Seniorinnen und Senioren liebäugeln statt eines Autos mit einem Pedelec. Doch bei den beliebten Fahrrädern mit elektronischer Unterstützung ist Vorsicht geboten: Sie sind für zunehmend eingeschränkte Menschen nicht geeignet. Die Unfallgefahr ist angesichts des möglichen Tempos einfach zu groß.
Führerschein entziehen
Kann man Personen im Rentenalter den Führerschein entziehen, wenn sie uneinsichtig sind? Das kann nur die Führerscheinstelle entscheiden. Sie wird normalerweise aktiv, wenn die Fahrerin oder der Fahrer aufgefallen ist, etwa nach einem Unfall, Fehlverhalten wie auffälliger Geschwindigkeitsüberschreitung oder körperlichen und geistigen Ausfallerscheinungen. Sie kann medizinische und psychologische Gutachten anfordern, um die Fahrtauglichkeit zu prüfen.