Rückentraining
Rückengesundheit bei Schulkindern
Veröffentlicht am:30.10.2024
5 Minuten Lesedauer
Schmerzen im Rücken können schon Schulkinder treffen. Viele Eltern fragen sich dann, ob der Schulranzen dafür verantwortlich ist – doch wie stark belastet sein Gewicht den wachsenden Rücken und spielen auch andere Faktoren eine Rolle?
Kinder und Jugendliche klagen vermehrt über Rückenschmerzen
Rückenschmerzen sind keine Frage des Alters – das zeigen mehrere Untersuchungen. Konkrete Zahlen nennt die Kinder- und Jugendgesundheitsstudie (KiGGS) des Robert Koch-Instituts. Die Untersuchung unterstreicht, dass Rückenschmerzen zu den häufigsten Beschwerden gehören, auch bei Kindern und Jugendlichen. Wie sich die Symptome im Kreuz äußern, ist auch beim Nachwuchs sehr unterschiedlich. Mittels Fragebögen wurden in einer Untersuchung 735 Schüler und Schülerinnen im Alter von zehn bis achtzehn Jahren im Raum Lübeck zum Thema Schmerz befragt. In beinahe 39 Prozent der Fälle war die Lendenwirbelsäule, also der untere Rücken, der Problembereiter. Der Nachwuchs kann die Rückenschmerzen als dumpf oder stechend empfinden, nicht selten kommt es auch zu Bewegungseinschränkungen oder einer Schonhaltung. Ähnlich wie bei Erwachsenen ist auch bei Kindern Bewegungsmangel ein häufiger Grund, doch kann auch der Schulranzen zu Rückenschmerzen beitragen?
Wie viele Kinder und Jugendliche haben Rückenschmerzen?
In der Kinder- und Jugendgesundheitsstudie (KiGGS) gaben Eltern beziehungsweise Kinder und Jugendliche im Alter von elf bis siebzehn Jahren Auskunft über vorhandene Schmerzen in den letzten drei Monaten. Demnach hatten drei Prozent im Alter von drei bis sechs Jahren Rückenschmerzen, bei den sieben- bis zehnjährigen Kindern waren es bereits sieben Prozent. Einen deutlichen Sprung gab es bei den elf- bis dreizehnjährigen Befragten – hier litten 18 Prozent unter Rückenschmerzen und bei den vierzehn- bis siebzehnjährigen Jugendlichen klagten 44 Prozent über Probleme.
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Schulkinder können spezifische oder nicht spezifische Rückenschmerzen haben
Wenn Schulkinder angeben, dass es im Rücken schmerzt, können verschiedene Ursachen dahinterstecken. Man unterscheidet zwischen spezifischen und nicht spezifischen Rückenschmerzen. Bei spezifischen Rückenschmerzen führen bestimmte Erkrankungen zu den Beschwerden – so kann beispielsweise eine krankheitsbedingte Krümmung der Wirbelsäule (Skoliose) die Rückenschmerzen verursachen. Auch Verletzungen oder entzündliche Prozesse im Rahmen von Rheuma oder einer bakteriellen Infektion können der Auslöser sein. Viel häufiger als spezifische Rückenschmerzen sind allerdings die nicht spezifischen Rückenschmerzen, bei denen keine ursächliche Erkrankung vorliegt. Zur Unterscheidung von spezifischen und nicht spezifischen Rückenschmerzen wird die Ärztin oder der Arzt vorausgegangene Verletzungen, Vorerkrankungen und bestimmte Symptome wie Fieber abfragen und das Kind körperlich untersuchen.
Was begünstigt Rückenschmerzen im Kindes- und Jugendalter?
Es gibt zahlreiche Risikofaktoren, die das Auftreten nicht krankheitsbedingter Rückenschmerzen bei Schulkindern begünstigen. Dazu zählen zurückliegende Schmerzepisoden, also frühere Rückenschmerzen sowie psychische Faktoren wie Ängstlichkeit, geringes Selbstwertgefühl, Depressivität und wenig Lebenszufriedenheit. Zudem spielen das Alter und das Geschlecht eine Rolle, vor allem ältere Jugendliche und Mädchen können über Rückenschmerzen klagen.
Daneben werden noch andere Risikofaktoren diskutiert, die an Rückenschmerzen beteiligt sein könnten. Die Ausübung technischer Sportarten wie Eiskunstlauf, zu wenig Schlaf, die Sitzbedingungen am Schreibtisch und eine familiäre Vorbelastung könnten ebenfalls eine Rolle spielen. Während diese Risikofaktoren Rückenschmerzen wahrscheinlicher machen, können zu viel einseitiges Sitzen und Bewegungsmangel die Beschwerden konkret auslösen.
Bewegungsmangel und Sitzen belasten den Rücken von Schulkindern
Wer rastet, der rostet – dieses Sprichwort lässt sich in gewisser Weise auch auf Rückenschmerzen übertragen, denn Bewegungsmangel gilt als entscheidender Risikofaktor für nicht spezifische Rückenschmerzen. Das liegt daran, dass Bewegung wichtig ist, um die Muskelgruppen, die wiederum eine korrekte Körperhaltung ermöglichen, zu stärken. Schulkinder verbringen während des Unterrichts viele Stunden im Sitzen, kommen sie nach Hause und schauen dort Fernsehen, lesen oder beschäftigen sich mit ihrem Computer, führen sie meist die gleiche Haltung fort. Durch eine nicht ausreichende Ansprache kann sich Muskulatur zurückbilden, sie ist dann nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend zu stützen. Das wiederum führt zu Fehlhaltungen, Verspannungen und zu Rückenschmerzen.
Wie schwer darf ein Schulranzen sein?
Bücher, Hefte, Schulmäppchen und Frühstücksbox – das und vieles mehr kann den Schulranzen zu einem Schwergewicht machen. Eltern plagt manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihr Kind mit dem Tornister oder dem Schulrucksack bepacken. Scheinbar gibt es dafür aber keinen Grund, denn eine Auswertung mehrerer Studien erbrachte keine ausreichenden Beweise, dass getragene Schulranzen das Risiko für Rückenschmerzen im Kindes- und Jugendalter erhöhen. Zu dem gleichen Schluss kommt auch die S3-Leitlinie „Rückenschmerz bei Kindern und Jugendlichen“. Doch wie viel Gewicht kann der Rücken eines Kindes oder Heranwachsenden tatsächlich verkraften? In einer Untersuchung zeigte sich, dass der Nachwuchs 20 Prozent des Körpergewichts auf dem Rücken gut ausgleichen kann – dafür beugt er sich während des Tragens leicht nach vorne, was kaum Energie erfordert. Demnach ist es nicht entscheidend, ob der Schulranzen eine besondere Form hat, sondern wie gut das Kind mit seiner Muskelkraft die Belastung auffangen kann – statt einem federleichten Tornister ist also Sport der richtige Angriffspunkt.
Welche Rolle spielt die Psyche bei kindlichen Rücken- und Nackenschmerzen?
Da der Körper und das psychische Erleben eng miteinander verwoben sind, wundert es nicht, dass Studien auch einen Zusammenhang zwischen Rückenschmerzen und psychischen Symptomen fanden. Eine groß angelegte Studie widmete sich konkret Rückenschmerzen im Jugendalter. Forschende fanden heraus, dass die Teilnehmenden neben Schmerzen im Nacken und Rücken auch häufiger Beschwerden wie Angst oder Depressionen verspürten. Die Ergebnisse legen nahe, dass sich die körperlichen und psychischen Probleme gegenseitig verstärken können: Schmerzen erhöhen den Druck auf die Psyche und psychische Probleme können die Schmerzwahrnehmung verstärken.
Versorgungsangebot
Ängste sind im Kindesalter nichts Ungewöhnliches, übermäßige Ängste können jedoch den Alltag deutlich erschweren und sich im ungünstigsten Fall zu einer Angststörung entwickeln.
Die AOK unterstützt Eltern dabei, Kindern Wege zu vermitteln, wie sie mit Ängsten umgehen und psychische Verspannungen abbauen. Der Familiencoach Kinderängste steht Interessierten unter anderem mit fünf Lernmodulen zur Seite – kostenlos und anonym.
Was hilft gegen Rückenschmerzen bei Kindern?
Der Rücken ist auf regelmäßige Bewegung und Kräftigung angewiesen, das beugt (neuen) Rückenschmerzen effektiv vor. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) hat hilfreiche Tipps herausgegeben, um aus dem Sitzkreislauf auszusteigen. Angelehnt daran können Eltern mit folgenden Tipps vermeiden, dass die kindliche Rückenmuskulatur abbaut:
- Mindestens eine Stunde pro Tag aktiv sein: Ballspiele, Geocaching oder der Besuch auf dem Fußballplatz – es gibt viele Möglichkeiten, den Alltag aktiv zu gestalten.
- Den Schulweg alleine beschreiten: Falls die Schule nicht zu weit entfernt ist, legen Kinder den Weg am besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück – das sorgt vor und nach dem Unterricht für Bewegung.
- In einem Sportverein mitwirken: Die Mitgliedschaft in einem Sportverein ermöglicht mehrmals pro Woche einen sportlichen Ausgleich – Schwimmen gilt als besonders rückenfreundlich, Leichtathletik eher nicht. Ausdauersportarten scheinen Rückenschmerzen besonders effektiv vorzubeugen.
- Medienzeiten begrenzen: PC-Spiele und Videoplattformen üben einen besonderen Reiz auf Kinder und Jugendliche aus – um zusätzliches Sitzen zu vermeiden, können Eltern die Medienzeit gemeinsam mit ihren Kindern begrenzen, dafür bieten sich zahlreiche Apps an.
- Ein Vorbild für den Nachwuchs sein: Bewegung macht meist besonders Spaß, wenn sie gemeinsam ausgeübt wird – Eltern können hier mit guten Beispiel vorangehen und regelmäßige Aktivitätszeiten in den Alltag einführen. Wie wäre es beispielsweise mit einem „Basketball-Dienstag“?