Achtsamkeit
Richtiges Zeitmanagement vermeidet Stress
Veröffentlicht am:15.12.2022
7 Minuten Lesedauer
Die Liste der To-Dos ist lang und trotz unermüdlicher Arbeit ist kein Ende in Sicht? Ein gelungenes Zeitmanagement kann dabei helfen, der Zeit nicht mehr hinterherzurennen und Stress vorzubeugen.
Lothar Seiwert ist Zeitmanagement-Experte und Bestseller-Autor. Im Interview erklärt er, was Menschen davon abhält, produktiv zu sein und welche Methoden das Zeitmanagement unterstützen.
Was versteht man unter Zeitmanagement?
Streng genommen können wir die Zeit nicht managen. Schließlich läuft unsere Lebensuhr stetig weiter. Die Zeitmanagement-Definition bezieht sich vielmehr auf den Umgang mit Zeit. Im Alltag schleicht sich in dem Zusammenhang immer wieder eine Lebenslüge ein. Der häufig genutzte Ausspruch: „Ich habe keine Zeit“, ist schlichtweg falsch. Wir alle haben täglich 24 Stunden zur Verfügung – hier ist nur die Frage, womit wir diese Zeit verbringen. Aus diesem Blickwinkel existieren keine Zeitprobleme, sondern ausschließlich Prioritätsprobleme. Es kann Personen also schwerfallen, den wichtigen Dingen Vorrang zu geben. Genau an dieser Stelle kommt das Zeitmanagement ins Spiel. Es kann viel bewirken, je nachdem, zu welchem Zweck man es einsetzt. Menschen können mit Zeitmanagement-Methoden die wichtigsten Ziele zuerst abhaken und Aufgaben schneller erledigen. Diese neu gewonnene Zeit können sie dann zur Entspannung oder im eher ungünstigen Fall zur Bewältigung von noch mehr Arbeit nutzen. Im besten Fall haben wir alle im Kopf, dass Zeit eine wertvolle Ressource ist – schließlich kann niemand die Uhr zurückdrehen und die Zeit noch einmal nutzen.
„Im besten Fall haben wir alle im Kopf, dass Zeit eine wertvolle Ressource ist – schließlich kann niemand die Uhr zurückdrehen und die Zeit noch einmal nutzen.“
Lothar Seiwert
Europas führender Zeitmanagement-Experte und Bestseller-Autor
Was ist ein gutes Beispiel für Zeitmanagement?
Um gutes Zeitmanagement zu verdeutlichen, ist es sinnvoll, zunächst ein Beispiel für ein ungünstiges oder fehlendes Zeitmanagement anzuführen. Viele Menschen checken ihr elektronisches Postfach beispielsweise schon am Frühstückstisch. Die E-Mail-Flut geht dann meist den ganzen Morgen weiter. Hinzu kommen ungeplante Telefonate. Die Zeit, die Arbeitende für die Beantwortung von E-Mails und Telefonate aufbringen, ist immens – blitzschnell ist der Morgen vorbei. Dann kommt meist das Mittagessen und damit das Leistungstief, ausgelöst durch den gut gefüllten Magen. Bis zu diesem Tageszeitpunkt sind viele Menschen zwar sehr beschäftigt, aber nicht effektiv, ihnen fehlt ein Zeitmanagement. Bei einem guten Zeitmanagement steht die wichtigste Aufgabe zuerst auf der To-do-Liste – ganz wichtig ist also die Prioritätensetzung. Das bedeutet auch, dass E-Mails am besten im Vormittagsprogramm keine Rolle spielen. Außerdem konzentrieren sich Personen mit einem guten Zeitmanagement auf eine einzelne Sache. Indem sie das Monotasking betreiben, können sie die Aufgabe sehr konzentriert und damit meist schneller lösen.
Welche Vorteile hat das Zeitmanagement?
Das Zeitmanagement hat viele Vorteile. Es kann zu weniger Stress und mehr Gelassenheit führen. Genau das tut dem Körper und der Psyche gut. Zeitmanagement kann auch die Produktivität entscheidend verbessern – Beschäftigte können so beispielsweise mit besseren Arbeitsergebnissen glänzen. Der einzige Nachteil ist, dass das Zeitmanagement zu Beginn ein wenig Zeit kostet. Doch nur Menschen, die bereit sind, zunächst einige Minuten zu investieren, können am Ende mit entsprechenden Methoden wie der Prioritätenliste oder dem Tagesplan Zeit effektiver nutzen.
Für wen und für welche Bereiche eignet sich das Zeitmanagement?
Grundsätzlich eignet und empfiehlt sich das Zeitmanagement für jeden Menschen. Gestresste Personen profitieren aber besonders von einem guten Umgang mit der Zeit. Häufig erwähnen wir das Zeitmanagement im Zusammenhang mit beruflichen Tätigkeiten, allerdings kann es genauso gut im Privatleben zum Einsatz kommen. Eltern, die viele Termine koordinieren müssen, zum Beispiel im Vereinssport oder in der Schule, können mit Tagesplänen und Co. viel erreichen. Bei dem Zeitmanagement darf es übrigens ruhig etwas egoistisch zugehen – nach Erfüllung der beruflichen oder privaten Verpflichtungen können sich Betroffene die freigewordene Zeit für persönliche Interessen einplanen. Genau das schafft langfristige Zufriedenheit und steigert die Produktivität im Berufs- oder Privatleben weiter.
„Bei dem Zeitmanagement darf es übrigens ruhig etwas egoistisch zugehen – nach Erfüllung der beruflichen oder privaten Verpflichtungen können sich Betroffene die freigewordene Zeit für persönliche Interessen einplanen.“
Lothar Seiwert
Europas führender Zeitmanagement-Experte und Bestseller-Autor
Welche Tipps verbessern das Zeitmanagement?
Zeitmanagement bedeutet Prioritätensetzung und Gelassenheit. Zur Prioritätensetzung kann eine Prioritätenliste beitragen. Hier gilt die Regel: Wichtigkeit vor Dringlichkeit. Die Dringlichkeit hat stets mit dem Termindruck durch andere Personen zu tun, die Wichtigkeit mit der Aufgabe selbst. Was Menschen als wichtig empfinden, ist aber durchaus unterschiedlich. Es gibt also nicht zwangsläufig eine richtige oder falsche Priorität. Sind sich Personen nicht klar darüber, was auf der Prioritätenliste ganz oben stehen sollte, hilft am besten ein Gespräch mit Beteiligten, das können Vorgesetzte oder der Lebenspartner sein. Um Prioritäten festzuhalten, eignen sich übrigens Textverarbeitungsprogramme, spezielle Online-Tools oder Zeitmanagementlisten in Papierform. Beim Thema Gelassenheit kommt der Tagesplan ins Spiel. Er hilft dabei, die tägliche Aufgabenflut zu ordnen und eine Struktur zu erhalten. Damit der Tagesplan nicht zur Stressfalle wird, ist die Berücksichtigung von genügend Pufferzeiten entscheidend – pro Aufgabe können Betroffene 50 Prozent Reservezeit einplanen. Sind sie doch früher fertig, umso besser. Den Plan erstellen beispielsweise Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen am besten am Tag zuvor – so kann das Unterbewusstsein die anstehenden Aufgaben für den nächsten Tag bereits verarbeiten. Wichtig ist auch ein gewisses Maß an Flexibilität, so können wir notfalls neue wichtige Aufgabenstellungen einplanen. Besonders clever ist es natürlich, wenn Personen erst den Tagesplan erstellen, um einen Überblick über die Aufgaben zu erhalten. Im nächsten Schritt können sie daraus eine Prioritätenliste ableiten, also die wichtigsten Aufgaben für den nächsten Tag auswählen.
Welche Zeitmanagement-Methoden gibt es?
Es gibt viele verschiedene Zeitmanagement-Methoden, die alle den Anspruch haben, einen besseren Umgang mit der Zeit zu vermitteln. Eine klassische Methode ist beispielsweise das Pareto-Prinzip. Dabei steht die Erkenntnis im Vordergrund, dass wir oft schon mit 20 Prozent unserer Zeit – wohl gemerkt richtig eingesetzt – 80 Prozent des Ergebnisses erreichen. Mit welchen Aufgaben erziele ich bei relativ geringem Zeitaufwand die größten Erfolge? Genau diese Überlegung hilft im Rahmen des Pareto-Prinzips dabei, die Ziele im Berufs- oder Privatleben richtig zu setzen. Eine weitere beliebte Zeitmanagement-Methode ist die ABC-Analyse. Hier teilen Anwendende die Aufgaben in A-Aufgaben (sehr wichtig), B-Aufgaben (wichtig) und C-Aufgaben (Kleinkram) ein. Das Eisenhower-Prinzip eignet sich hingegen besonders gut zum wirksamen Delegieren, also um Aufgaben an andere Menschen zu übergeben. Hier identifizieren Anwendende zunächst die wichtigen Aufgaben sowie solche, die wichtig und dringlich sind. Letzteres sind Dinge, die keineswegs aufgeschoben werden sollten, wie die Vorbereitung einer Präsentation, die morgen geplant ist. Bei dem Eisenhower-Prinzip steht die Frage im Mittelpunkt: Muss ich die Aufgabe sofort erledigen oder kann ich sie delegieren oder ignorieren (Papierkorb)? Der gedankliche Papierkorb ist für Aufgaben vorgesehen, die nur geringfügig wichtig und geringfügig dringlich sind. Interessierte probieren am besten mehrere Methoden aus. So finden sie eine Methode, die zu ihrem Leben passt.
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Wann merke ich die ersten Erfolge beim Zeitmanagement?
Das ist das Interessante beim Zeitmanagement. Richtig umgesetzt, beispielsweise mit einem Tagesplan und einer Prioritätenliste, können sich Erfolge praktisch sofort einstellen. Menschen, die zuvor noch nie mit Zeitmanagement-Methoden gearbeitet haben, bringen am besten ein wenig Geduld mit. Mit der Zeit gelingt es ihnen in der Regel immer besser, Aufgaben zu priorisieren und die E-Mails vormittags ruhen zu lassen, um noch produktiver in den Tag zu starten. Dranbleiben und nicht die Motivation zu verlieren, ist sehr wichtig. Schleicht sich der gewohnte Alltag erst wieder ein, checken Betroffene beispielsweise morgens doch wieder die E-Mails oder beschäftigen sich mit weniger wichtigen Aufgaben, nimmt die Produktivität wieder ab.
Was hilft dabei, dranzubleiben?
Zeitmanagement ist im Prinzip wie Autofahren. Bevor wir losfahren, überprüfen wir die Route, die uns zum Ziel führt, schnallen uns an und vieles mehr. Um die anfallenden Aufgaben möglichst gut und schnell zu erledigen, ist auch beim Zeitmanagement ein wenig Vorlaufzeit notwendig. Außerdem ist Konsequenz wichtig – am besten gehören die Zeitmanagement-Methoden ganz selbstverständlich zum Alltag dazu. Damit das gelingt, darf auch die Motivation nicht schwinden. Vielen Menschen hilft es dranzubleiben, wenn sie kleine und große Erfolge beobachten. Ein Zeitmanagement-Tagebuch kann die neugewonnene Produktivität und Zeit sichtbar machen. Dafür können beispielsweise Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen täglich aufschreiben, wie gut sie eine Aufgabe bewältigt und wie sie sich dann gefühlt haben. Dabei stellen die Anwendenden automatisch fest, dass Zeitmanagement nicht immer so klappt, wie gewollt. Es kann immer sein, dass eine ungeplante Aufgabe oder ein nicht vorhersehbares Meeting anfällt. Werden die Pläne ausnahmsweise an einem beliebigen Tag durcheinandergewirbelt, ist das nicht weiter schlimm. Das Schöne ist: Jeden Tag können wir neu mit dem Zeitmanagement beginnen. Ein weiterer Tipp ist, eine Belohnung einzuführen. Wie wäre es mit einem Schwimmbadbesuch in der neu gewonnenen Zeit?